"Erziehung zur Keuschheit". Das Dokument des Päpstl. Rates für die Familie

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In seinen Ansprachen in Paderborn am 22. Juni 1996 hob der hl. Papst Johannes Paul II. das Elternrecht gegenüber Staat und Schule deutlich hervor: "Die Familie hat entscheidend als Ort der Erziehung aufzutreten." "Der Staat hat eine dienende und ordnende Funktion im Bereich der Schule. Der Elternwille ist entscheidend zu berücksichtigen." Mit diesen Feststellungen bestätigte der Papst die Verteidigung des GOTTgegebenen Elternrechts in der beständigen Lehre der Kirche. ---- Der Päpstliche Rat für die Familie hat dieselbe Antwort auf die Anfragen und Hilferufe zahlreicher Eltern gegeben, die sich an ihn wandten wegen einer Schul-Sexual"erziehung", gegen die sie sich zur Wehr setzen, weil sie ihrer christlichen Überzeugung widerspricht und die Gewissen der Kinder und Jugendlichen verbildet, statt sie zu einer guten Haltung entsprechend den Geboten GOTTES und den christlichen Tugenden zu erziehen. Die kirchliche Sicht der Sexualerziehung ist dargelegt in dem Dokument "Menschliche Sexualität: Wahrheit und Bedeutung. Orientierungshilfen für die Erziehung in der Familie", das der Päpstliche Rat für die Familie am 8. Dezember 1995 veröffentlicht hat.

EINIGE GEDANKEN DARAUS: ---- Die wahre Liebe setzt die Keuschheit voraus, weil das Wachsen der hingebenden Liebe die Zügelung der Leidenschaften und Gefühle voraussetzt. "Niemand kann etwas geben, was er nicht besitzt: wenn der Mensch nicht Herr seiner selbst ist, dann gehört er nicht sich selbst und kann sich mithin auch nicht verschenken" (16). Keuschheit wird daher keineswegs negativ als Unterdrückung und Verlust gesehen, wie das landläufige Vorurteil die Keuschheit missversteht, sondern positiv als Befreiung: "Die Keuschheit ist jene geistige Kraft, die die Liebe gegen die Gefahren von Egoismus und Aggressivität zu schützen und zu ihrer vollen Entfaltung zu führen versteht" (4, vgl. 16). ---- "Die Keuschheit ist das frohe Bekenntnis dessen, der die Selbsthingabe frei von jeder Knechtschaft des Egoismus zu leben vermag" (17). ---- Keuschheit und Selbstbeherrschung gehören darum zusammen. "Jeder weiß aus Erfahrung, dass die Keuschheit es erforderlich macht, gewisse sündhafte Gedanken, Worte und Werke von sich zu weisen." "Diese Selbstbeherrschung besteht darin, dass man entweder die Gelegenheiten meidet, die zur Sünde herausfordern und verleiten, oder dass man die triebhaften Regungen der eigenen Natur zu beherrschen vermag" (18). Die Keuschheit muss also bewahrt oder errungen werden, und sei es im harten, ja heroischen Kampf - nach außen, wenn man in einem Umfeld lebt, in dem "die Keuschheit beleidigt und beschimpft wird", aber überhaupt, für jeden, denn "jeder wird einmal in irgendeiner Weise für kurze oder längere Zeit in eine Situation geraten, in der heroische Akte der Tugend unumgänglich sind". Aber es wird ermutigt: "Mit der Gnade GOTTES können alle keusch leben, auch wenn sie sich in einer dafür wenig günstigen Lage befinden" (19). ----  Darum muss zur Keuschheit erzogen werden. Diese christliche Geschlechtserziehung soll bewirken, --- a) "in der Familie ein positives Klima der Liebe, der Tugend und der Ehrfurcht zu bewahren", --- b) "den Kindern schrittweise den Wert der Geschlechtskraft und der Keuschheit begreiflich zu machen" - durch Unterweisung, Vorbild und Gebet, --- c) den jungen Menschen "zu helfen, ihre eigene Berufung zur Ehe oder zur GOTTgeweihten Jungfräulichkeit zu entdecken" (22).

Als Grundlage der Frage, wer die geschlechtliche Erziehung als Erziehung zur Keuschheit wie durchführen soll und darf, wird sehr nachdrücklich die kirchliche Lehre zum Elternrecht bekräftigt: ---  Erziehung überhaupt ist zuerst und hauptsächlich Aufgabe der Eltern, die "grundlegend zuständig" sind, einfach deshalb, "weil sie Eltern sind" (23)! Sie haben dazu einen besonderen Gnadenbeistand (37, 38); eine ähnliche Standesgnade gilt Alleinerziehenden oder Adoptiveltern usw. Das Recht und die Pflicht der Eltern zur Erziehung sind "unabgeleitet, ursprünglich, unersetzlich und unveräußerlich" (41). (D. h.: Kein Staat, kein Lehrer und keine Elternversammlung darf den einzelnen Eltern ihr Recht streitig machen oder sich als gleichberechtigt daneben stellen!) ---- Die Eltern werden ermahnt und ermutigt, ihre Rechte und Pflichten wahrzunehmen (ihren Kindern eine "angemessene Erziehung zur Keuschheit zuteil werden zu lassen" (44), auch einem Staat und einer Schule gegenüber, die dazu neigen, insbesondere dieses Gebiet des geschlechtlichen Unterrichtes an sich zu reißen: "Die Eltern würden sich schuldig machen, wenn sie es zuließen, dass ihre Kinder außerhalb ihres Zuhauses eine unsittliche oder unangemessene Erziehung erhalten" (44). ---- Bezüglich der Geschlechtserziehung sagt das Dokument sehr klar, dass die Familie der "normale und übliche Ort" (48) ist, um die Kinder und Jugendlichen zu Keuschheit, Schamhaftigkeit und Selbstbeherrschung zu erziehen, und dass eine - ausnahmsweise - Mitwirkung anderer nicht gegen die Eltern geschehen darf, weiter nur in völliger Übereinstimmung mit der Sittenlehre der Kirche, auch bezüglich der Lebensführung der Erzieher, und nur in der Form, dass mit den Eltern zusammengearbeitet wird, nicht aber, indem die Kinder beeinflusst würden (146). - Mit anderen Worten: eine klassenweise Behandlung sexueller Themen wird sehr klar verneint. ---  "Diese der Familie vorbehaltene Aufgabe beinhaltet für die Eltern das Recht, dass ihre Kinder nicht verpflichtet werden können, in der Schule Unterrichtsstunden zu diesem Thema beizuwohnen, wenn sie mit ihren eigenen religiösen und moralischen Überzeugungen nicht übereinstimmen." (64)

Vier Prinzipien zur Geschlechtserziehung legt der Päpstliche Rat für die Familie dann dar: --- Prinzip 1: "Jedes Kind ist eine einzigartige und unwiederholbare Person und muss eine individualisierte Erziehung erhalten" (65) - ein deutliche Absage an den Kollektiv-Unterricht der Schul-Sexual"erziehung"! ----  Prinzip 2: "Die sittliche Dimension muss stets Teil ihrer Erklärungen sein" (68) - die notwendigen Erklärungen (der Eltern!) sollen die Geschlechtlichkeit als Gabe GOTTES und den Wert der Keuschheit erkennen lassen: "Nur wer zur Keuschheit fähig ist, ist auch fähig zur Liebe in Ehe oder Jungfräulichkeit" (68). Die Ablehnung bestimmter Verhaltensweisen soll den Jugendlichen mit guten Begründungen verständlich gemacht werden (nicht bloß "das tut man nicht"). ---- Prinzip 3: "Die Erziehung zur Keuschheit und die jeweils angebrachten Hinweise zur menschlichen Sexualität müssen im größeren Zusammenhang der Erziehung zur Liebe erteilt werden" (70) Gemeint ist: Dem jungen Menschen muss Hilfe angeboten werden, geistlich-sittlich zu wachsen und zum Zeitgeist eine kritische Einstellung zu finden, und er muss Hilfen erfahren, damit er Schwierigkeiten und Versuchungen überwinden kann (natürlich-übernatürliche Mittel: z. B. Zucht der Sinne, Meiden der Sündengelegenheiten, Schamhaftigkeit, gesunde Ablenkungen, Gebet, Sakramente, Marienverehrung, Heilige als Vorbilder; vgl. 71). ----  Prinzip 4: "Die Eltern müssen diese Belehrung mit größtem Zartgefühl, aber unmissverständlich und zum geeigneten Zeitpunkt vornehmen" (75). Sexualerziehung (SE) ist also Sache der Eltern, aber auch sie müssen die Entwicklung jedes Kindes beachten, im Gebet um Erleuchtung für das rechte Vorgehen bitten, sich miteinander besprechen, mit größtem Zartgefühl vorgehen: "Es ist der Sache abträglich, dem Kind gegenüber zu sehr ins Detail zu gehen." (75)

Die wichtigsten Phasen in der Entwicklung des Kindes ---  1. Für die sog. "Jahre der Unschuld" (vom 5. Lebensjahr bis zum Beginn der Pubertät), wird nachdrücklich gefordert: "Diese Zeit der Ruhe und der Unbefangenheit darf keinesfalls von einer unnötigen sexuellen Information getrübt werden" (78). (Dagegen wird bei uns Geschlechtserziehung in der Grundschule und noch früher praktiziert mit Themen wie "Unterschied der Geschlechter" - Skizzen oder sogar farbige Nacktfotos, Auswendiglernen der Bezeichnungen, Ausmalen usw.) Das Dokument mahnt schon die Eltern, in dieser Phase eine vorsichtige Erziehung zu keuscher Liebe nur indirekt zu vollziehen; es stellt fest, dass das in vielen Länder übliche Aufzwingen verfrühter sexueller Information die Entwicklung der Gefühlswelt und der Bildung der Kinder beeinträchtigt. "Die Eltern sollen solche Versuche, die Unschuld ihrer Kinder zu verletzen, freundlich aber bestimmt ablehnen..." (83). Diese haben ein "Recht auf diese Unschuld" (83)!! ----  2. In der Pubertät, wenn der Mensch sich selbst und sein Inneres entdeckt, zum Empfinden der Liebe erwacht und wenn andrerseits durch die biologische Entwicklung die Sexualität bewusst wird, sollen die Eltern (!) die Entwicklung ihrer Kinder besonders aufmerksam beobachten und individuell, in einem Vertrauensverhältnis (Vater/Sohn, Mutter/Tochter) mit den Kindern sprechen: Fragen beantworten und das Gewissen bilden. Gemeint ist hier nicht die gewichtige "Aufklärungsstunde", sondern der Zeitpunkt ist von den Kindern und ihren Fragen her bestimmt, und die Hinweise sollen in zurückhaltendem Ton gegeben werden, in die Perspektive Ehe-Familie-Elternschaft eingebettet (vgl. 87-97). ---- 3. In der eigentlichen "Jugendzeit" kommt es darauf an, dass die Eltern ihren Kindern bei der Suche nach ihrer persönlichen Berufung helfen; dafür ist ihr "Beispiel und Zeugnis von der Treue GOTTES und der gegenseitigen Treue im ehelichen Bund" sehr wichtig; ferner sollen sie "lehren, die Schönheit und Kraft der Keuschheit zu lieben" und "erklären, dass sie, um keusch zu leben, im Gebet und im häufigen und heilsamen Empfang der Sakramente, insbesondere der persönlichen Beichte, über eine unschätzbare Hilfe verfügen" (102). Aber auch die wichtigen Fixpunkte der christlichen Moral sollen die Eltern erläutern können (als Stichworte werden im Dokument näher behandelt: ungeordneter sexueller Genuss, Homosexualität, Selbstbefriedigung, die hedonistische Propagierung der Lust in der Wohlstandsgesellschaft; die Notwendigkeit, gegen den Strom zu schwimmen). ---- usw.

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