(FMG-INFORMATION 96, April 2009)

Tugend – und „Die Kunst zu leben“

 

Von Edward P. Sri

 

Der Zeitschrift „Lay Witness“ der amerikanischen Vereinigung „Catholics United for the Faith“ (Jan./Febr. 2009) verdanken wir wieder einen recht anregenden Beitrag. Autor ist Edward P. Sri, College-Leiter und Professor für Theologie und Hl. Schrift am „Augustine Institute“ in Denver, Colorado; auch Verfasser bzw. Mitarbeiter verschiedener Bücher der „Emmaus Road“-Reihe. Er ist verheiratet, hat fünf Kinder und lebt in Littleton, Colorado. Auf seine ansprechende Art eröffnet er in diesem Beitrag einen Zugang zur Bedeutung der Tugenden.

 

»Ich werde nie die letzten Worte des Ausbilders vergessen: „Und wenn Sie aus Ihrem Kajak fallen sollten, dann versuchen Sie nicht aufzustehen im Fluss.“

Vor etlichen Jahren gingen meine Frau und ich zum Kajak­fahren auf dem Arkansas in die Berge Colorados. Wir waren nie vorher in einem Kajak gefahren, und so schlossen wir uns einer Gruppe an, geführt von einem Ausbilder, der Unterricht im Kajakfahren gab – Unterricht, der unter anderem auch die Warnung beinhaltete, sich nicht im Fluss aufrecht stellen zu wollen. „Der Fluss ist nicht so tief“, sagte er, „aber er ist sehr stark. Wenn Sie ins Wasser fallen, stehen Sie nicht auf, denn der Fluss wird Sie sofort wieder umreißen. Halten Sie nur ihre Schwimmweste fest und waten Sie ans Ufer.“

Wir begannen unser Abenteuer in glattem, ruhigem Wasser; ich saß vorne im Kajak und meine Frau hinten. Alles versprach einen wunderbaren Anfang, als wir den klaren blauen Himmel, die schöne Landschaft um uns herum und die schneebedeck­ten Gipfel der Berge darüber genossen. Aber wir wussten, dass schließlich die Stromschnellen kommen würden, und das würde dann unser erster Test als neue Kajakfahrer sein.

Plötzlich hörten wir es, das donnernde Geräusch der Strom­schnellen. Unser Adrenalinspiegel begann zu steigen und wir machten uns bereit. Es ging direkt in die Stromschnellen hin­ein. Unser Kajak neigte sich zur linken Seite und die Wellen ergossen sich über uns. Wir sprangen auf die rechte Kajakseite und wurden wiederum durchnässt. Wir beugten uns wieder nach links und unser Kajak richtete sich gerade noch rechtzeitig auf, um erfolgreich voranzukommen. Wir schafften es, auf die andere Seite der Stromschnellen zu kommen und kehrten in sicheres, ruhiges Wasser zurück. Wir hatten unseren ersten Test bestanden!

Ich drehte mich, um meiner Frau zuzulächeln, und jubelte: „Wir haben es geschafft!“ Aber Beth hatte einen Ausdruck von Schrecken im Gesicht. Aufgeregt zeigte sie nach vorne und schrie: „Halte es gerade! Halte es gerade!“ Sie merkte, dass sich, als ich mich zu ihr umwandte um – zu früh – zu jubeln, das Boot mit mir gedreht hatte. Im Bruchteil einer Sekunde hatten wir uns um 180 Grad gedreht und schwammen nun plötzlich rückwärts den Arkansas hinunter!

 

Kampf gegen den Strom

Es gelang mir schließlich, das Boot wieder gerade auszurich­ten, aber es war zu spät. Ein großer Baumstamm war zur Hälfte quer in den Fluss gestürzt. Während die anderen unse­rer Gruppe unserem Ausbilder um den Baumstamm herum folgten, fuhren wir direkt auf ihn zu. Unser Kajak stieß gegen den Baumstamm und wurde sofort unter Wasser gezogen. Wir hingen verzweifelt am Stamm und unsere Körper wurden ebenfalls nach unten weggezogen. Es dauerte nicht lange, bis wir unter die Wasseroberfläche gedrückt und von der Strömung mitgerissen wurden.

Ich trieb unter Wasser flussabwärts, festgehalten von der Flut, und mein Hinterteil traf scheinbar jeden Felsen im Flussbett. Ich mochte dieses Gefühl nicht, und raten Sie, was ich getan habe: Ja, ich versuchte mich aufzurichten. Und sogleich, bumm! Der Fluss riss mich wieder um. In Panik versuchte ich mich ein zweites Mal aufzurichten und wurde prompt wiederum unter Wasser gezogen und fortgetrieben. Nach einem misslun­genen dritten Versuch aufzustehen, erinnerte ich mich schließ­lich an die Worte des Ausbilders: „Versuchen Sie nicht, sich im Fluss aufzurichten.“ Ich hielt meine Schwimmweste fest, kam an die Oberfläche, und es gelang mir schließlich, sicher ans Ufer des Flusses zu kommen. Meine Frau hat auch überlebt. Ich fand sie etwa 800 Meter flussabwärts. Und seitdem sind wir nicht mehr Kajak gefahren!

Es ist schwer, einem machtvollen Fluss Widerstand zu leisten. Und ebenso ist es schwer, dem Strom in unserer Kultur die Stirn zu bieten. Es gibt nicht viel Unterstützung von unserer säkularisierten, relativistischen Welt, um ein gutes katholisches Leben zu führen. In den Medien, am Arbeitsplatz und manch­mal sogar in unseren eigenen Familien bekommen wir nicht viel Ermutigung zu einem vertieften katholischen Glauben, für den Aufbau einer stabilen Ehe und dafür, die Kinder fromm für den HERRN zu erziehen. Ganz im Gegenteil. Viele Kräfte ar­beiten unablässig gegen uns, indem sie uns ablenken vom Wichtigs­ten in unserem Leben und indem sie versuchen, uns bei unse­rem Streben in der Nachfolge CHRISTI zu Boden zu werfen.

 

Tugend: Fertigkeiten für die Lebensführung

Wenn wir gegen den Strom unserer Kultur schwimmen wollen, dann brauchen wir dazu etwas, was absolut anspruchsvoll ist. Wenn wir tiefes Vertrauen und enge Vertrautheit in unseren Ehen möchten, wenn wir eine stabiles Familienleben für unsere Kinder aufbauen möchten, wenn wir eine wahre christliche Freundschaft mit anderen pflegen wollen – kurz, wenn wir un­seren katholischen Glauben tief leben und uns nicht umstim­men lassen wollen von der Lebensweise, die die Welt uns aufzwingen will – dann gibt es eines, was wir brauchen, was so gut wie unerlässlich ist, und das ist Tugend.

Egal, wie ehrlich ich wünsche, meinem katholischen Glauben gemäß zu leben und in meiner Verbindung mit CHRISTUS zu wachsen, egal, wie sehr ich wünsche, ein guter Mann für meine Frau, ein guter Vater für meine Kinder und ein guter Freund für die Menschen in meinem Leben zu sein, ohne Tugend wird es mir nicht gelingen, diese Beziehungen gut zu leben. Ich werde weggeschwemmt werden von den Strömungen der Kultur und von meinen eigenen egoistischen Wünschen, wenn ich nicht bewusst und aktiv gegen den Strom schwimme, um die Tugend in meinem Leben zu pflegen.

Der Katechismus der Katholischen Kirche definiert Tugend als „eine feste, beständige Neigung, das Gute zu tun“ (Nr. 1833).  Betrachte die Tugend als eine Fertigkeit, die es uns ermöglicht, das Rechte leicht zu tun und GOTT und den Nächsten so zu lieben, als sei es unsere zweite Natur. Genauso wie verschie­dene Gewerbe und Handwerke bestimmte Fähigkeiten benöti­gen, genauso braucht auch die Kunst der Lebensführung Tu­gend. Die Tugenden sind die entscheidenden Fähigkeiten des Lebens, die wir benötigen, um unser Verhältnis mit GOTT und dem Nächsten vorzüglich zu leben.

Höhenflug

Wenn ich über Tugend unterrichte, dann spreche ich gern von Flugzeugen. Seit meiner Kindheit fasziniert mich das Fliegen. Ich liebte es, zum Flughafen zu gehen und dort die Flugzeuge zu beobachten, wie sie aufstiegen und landeten. Und wenn ich selber im Flugzeug war, wollte ich immer einen Fensterplatz haben, so dass ich den Blick auf den Himmel nach oben rich­ten und auf die Wolken und den Boden tief unten hinab­schauen konnte. Während die meisten Vielflieger einen Sitz­platz am Gang bevorzugen, wähle ich bis zum heutigen Tag einen Fenstersitz, wo ich immer wie verzaubert bin von diesem Gefühl zu fliegen.

Und nun eine Frage an Sie: Nachdem Sie nun von meiner Leidenschaft für das Fliegen gehört haben, veranlasst Sie das jemals, mit mir im Cockpit eines Flugzeuges mitfliegen zu wol­len? Keineswegs! Ich mag das Fliegen sehr schätzen und für Flugzeuge starke Gefühle haben, aber wenn ich nicht die Fä­higkeiten besitze, ein Flugzeug zu steuern, würden Sie nicht den Wunsch haben, mit mir als Ihrem Piloten zu fliegen.

Etwas Ähnliches: Mein Vater war ein Chirurg, und ich wuchs auf damit, ihn zum Krankenhaus zu begleiten und seine Bücher und Bilder über Anatomie und chirurgische Verfahren anzu­schauen. Ich habe meinen Vater als Chirurgen noch in guter Erinnerung und halte Chirurgen noch immer hoch in Ehren. Aber möchten Sie sich auch auf den Operationstisch legen mit mir als Chirurgen, nur weil ich die Chirurgie so schätze? Wohl kaum. Denn da ich nie Medizin studiert habe und auch nicht die Fähigkeiten besitze, Operationen durchzuführen, würden Sie mich nicht als ihren Chirurgen haben wollen.

Das alles sagt einem der gesunde Menschenverstand. Nie­mand würde je in ein Flugzeug steigen mit jemandem, der nicht die Fähigkeiten hätte, das Flugzeug steuern zu können. Und niemand würde sich je auf einen Operationstisch legen bei einem, der nicht die Fähigkeit des Operierens besitzt. Doch in unserer Zeit gehen so viele Menschen Geschäftsbeziehungen, Verabredungen und sogar Ehen ein, ohne jemals die funda­mentale Frage nach der Tugend zu stellen: Besitzt diese Per­son auch die Tugend – die Fähigkeiten –, die nötig sind, um diese Beziehung gut zu leben? Hat diese Person Geduld, Großzügigkeit, Klugheit, Selbstbeherrschung, Demut, Disziplin usw.? Das sind nur einige der vielen Tugenden, die wir benöti­gen, um andere Menschen zu lieben und unsere Verpflichtun­gen ihnen gegenüber erfüllen zu können.

 

Wert oder Tugend?

Wenn ich bei Ehe- und Familienkonferenzen spreche, stelle ich oft den Ehegatten zwei Fragen: Erstens: „Wie viele von Ihnen schätzen ihren Ehegatten/ihre Ehegattin und möchten ihn bzw. sie gut behandeln?“ Alle heben ihre Hand. Zweitens: „Wie viele von Ihnen tun Dinge, die ihren Ehegatten verletzen?" Alle he­ben wieder ihre Hand.

Es ist leicht zu sagen, ich schätze meinen Ehepartner, meine Kinder, meine Freunde und meinen GOTT. Und ich mag es auch ehrlich wünschen, sie alle zu lieben. Aber es braucht viel Mühe, Übung und Gnade, um die Tugenden zu erwerben, die ich benötige, um wirklich ein guter Ehemann, ein guter Vater, ein guter Freund, ein guter Christ zu sein. Die Tugenden wirken wie Kräfte in uns, die uns helfen, andere zu lieben. In der Tat geben uns die Tugenden die Freiheit zu lieben, und ohne die Tugenden sind wir einfach nicht fähig, andere so zu lieben, wie GOTT es meint.

Das ist ein wichtiger Punkt. Als ich jünger war und die Leute in der Kirche über Tugenden reden hörte, hatte ich eine individua­listische Sicht von einem tugendhaften Leben. Ich hatte den falschen Eindruck, dass Tugenden etwas Gutes seien lediglich für meine eigene Seele: für meine moralische Entwicklung oder für mein geistliches Leben. Demut, Frömmigkeit, Freundlich­keit, Klugheit, Enthaltsamkeit – diese und andere Tugenden schienen mir einfach gute Eigenschaften zu sein, die jeder Katholik besitzen sollte, damit er ein guter Christ ist. Die Tu­genden waren wie Kennzeichen, die dich zu einem guten „Pfadfinder“ für GOTT machen.

Tugend sollte jedoch in Beziehungen zu anderen verstanden werden. Die Tugenden sind nicht bloß für das eigene Leben wichtig, sie sind auch die zur Gewohnheit gewordenen Neigun­gen – die Fertigkeiten, die wir benötigen, um GOTT und die Menschen, die GOTT in unser Leben gestellt hat, zu lieben. Wenn ich auf manchen Gebieten keine Tugend besitze, dann schadet das nicht nur mir selbst, es schadet auch den Men­schen, die mir am allernächsten stehen. Sie werden an den Folgen meines Mangels an Tugend leiden.

Wenn ich zum Beispiel einen Mangel an der Tugend der Frei­gebigkeit habe, dann werde ich selbstsüchtige Dinge tun, die meinen Gatten verletzen. Wenn ich einen Mangel an Klugheit besitze und zu viele Stunden mich von Arbeit in Anspruch nehmen lasse und mir zu wenig Zeit für meine Kinder nehme, dann werden meine Kinder die Auswirkungen meiner unklugen Zeiteinteilung zu spüren bekommen. Wenn ich oft vom Leben überwältigt werde und leicht irritiert, gestresst oder ärgerlich werde, dann werden die Leute um mich herum die Folgen mei­nes Mangels an Geduld und Ausdauer zu spüren bekommen.

Und das ist das wohl Tragischste an meinem Mangel an Tu­gend: In dem gleichen Ausmaß wie ich einen Mangel an Tu­gend besitze, werde ich nicht frei zur Liebe sein. Auch wenn ich noch so sehr wünsche, ein guter Sohn GOTTES, ein guter Ehemann und ein guter Vater meiner Kinder zu sein, ohne Tugend werde ich meinem HERRN nicht immer mein Bestes geben. Ich werde meine Frau nicht genügend ehren und ihr dienen können und ich werde auch meine Kinder nicht so gut erziehen können, wie ich es sollte. Mein Mangel an Tugend wird sich auf das Leben anderer Menschen auswirken.

Kardinal Joseph Ratzinger – jetzt Papst Benedikt XVI. – sagte einmal, dass in unserer immer mehr säkularisierten, entchrist­lichten Welt wir „die Kunst zu leben“ verloren haben. In einem Zeitalter moralischer Verwirrung, in dem das Erbe der Tugen­den und der Charakterbildung nicht weitergereicht wird, wissen wir in der Tat nicht, wie das geht, gut zu leben…«

 

»Die Tugend ist eine beständige, feste Neigung, das Gute zu tun. „Das Ziel eines tugendhaften Lebens besteht darin, GOTT ähnlich zu werden“ (hl. Gregor von Nyssa). Es gibt menschliche und GÖTTliche Tugenden.« (KKKK 377)

»Die lässliche Sünde unterscheidet sich wesentlich von der Todsünde. Sie bricht den Bund mit GOTT nicht, schwächt aber die Liebe. In ihr verrät sich eine ungeordnete Neigung zu geschaffenen Gütern. Sie verhindert, dass die Seele in der Übung der Tugenden und im Tun des sittlich Guten Fortschritte macht.« (KKKK 396)

 

 

 

 

 

Es formiert sich Widerstand

 

Weiteres zum Thema „Hirntod“ und Organtransplantation

 

Universitätsprofessor Dr. theol. habil. Joseph Schumacher, Freiburg i. Br. veröffentlichte in der Zeitschrift „Theologisches“ (November/Dezember 2008 Sp. 343-368) einen ausführlichen, faktenreichen Artikel „Anmerkungen zur Frage der Organspende und der Organtransplantation“, in dem er aufzeigt, dass sog. Hirntote in Wahrheit Sterbende sind. Der Artikel ist zu umfang­reich, um ihn in der FMG-INFORMATION wiederzugeben. Gern aber veröffentlichen wir eine Stellungnahme von Prof. Schumacher zu einem Leserbrief des schweizerischen Neurochirurgen Prof. Dr. Probst im „Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt“. Prof. Schumacher hatte dort vergebens um Abdruck seiner Leserzuschrift gebeten. Der Druck der Befür­worter der Organtransplantationen ist offenbar so groß, dass eine gegenteilige Meinung unterdrückt werden kann.

 

»In der Nummer 50 des Schweizerischen Katholischen Sonn­tagsblattes glaubt der Neurochirurg Professor Dr. Charles Probst in einem Leserbrief die Entnahme von unpaarigen vita­len Organen von so genannten Hirntoten mit Berufung auf deren ethische Bewertung durch die katholische Kirche ohne Einschränkung rechtfertigen zu können. Dazu ist festzustellen, dass die Stellung der katholischen Kirche hier keineswegs eindeutig ist. Wenn man im Fall der Organtransplantationen einmal von den medizinischen und gesundheitspolitischen Problemen absieht - es erfolgt keine Heilung, die Transplanta­tionen müssen in der Regel schon bald wiederholt werden und die Kosten überschlagen sich -, liegen die religiös-ethischen Probleme hier zum einen im Kontext des Hirntodes, der eine rein juridische Festlegung darstellt, und zum anderen im Kon­text der Menschenwürde. Ausdrücklich verweist Papst Benedikt XVI. in seiner Stellungnahme zu dem Kongress über die Or­gantransplantationen, der von der Päpstlichen Akademie für das Leben, von der Weltföderation katholischer Vereinigungen von Medizinern und dem italienischen nationalen Transplanta­tionszentrum in der Zeit vom 6. bis zum 8. November 2008 im Vatikan stattgefunden hat, der bezeichnenderweise von dem Pharma-Konzern Novartis, der schon heute Milliarden durch den Verkauf von Immun-Suppressiva verdient, gesponsert worden war, darauf hin, dass man dem Menschen erst dann ein vitales Organ entnehmen darf, wenn er wirklich tot ist, das heißt, wenn er ein Leichnam ist. An dieser Stelle betont der Papst zweimal, dass einem Menschen lebenswichtige Organe nur im Fall des wirklichen Todes entnommen werden dürfen. Auch wenn er dabei nicht den Hirntod als solchen erwähnt, will er ihn in diesem Kontext wohl zumindest vorsichtig in Frage stellen. Es ist sicher, dass es im Vatikan eine starke Gruppe gibt, die eine offizielle Anerkennung des Hirntod-Kriteriums erreichen möchte. Ebenso sicher ist es, dass sie dieses Ziel nicht erreichen wird. Denn der Hirntote ist nicht tot, sondern ein Sterbender, weshalb die Entnahme lebenswichtiger Organe hier der aktiven Euthanasie gleichkommt. Diese aber steht diametral gegen die Moral der katholischen Kirche und auch gegen die Moral weiter Teile der Protestanten. Zudem gibt es glaubwürdige Berichte, dass Hirntote den Hirntod überlebt und dass Hirntote Schwangerschaften ausgetragen haben. Der Mensch ist mehr als sein Gehirn. Wenn der Mensch ein Wesen ist, das aus Leib und Seele besteht, ist es absurd, es dem Mediziner zu überlassen, den Tod eines Menschen festzustel­len.

Die Zahl derer, die den Hirntod nicht als den wirklichen Tod ansehen, scheint heute im Wachsen begriffen zu sein, im Vatikan und in der katholischen Kirche weltweit, aber auch innerhalb der evangelischen Kirche. In diesem Kontext darf nicht übersehen werden, dass die Zahl derer, die die Organ­transplantation theoretisch befürworten oder die sich gegebe­nenfalls persönlich ein Organ implantieren lassen möchten, sehr viel größer ist als die Zahl derer, die bereit sind, ihre Or­gane zu spenden.

Es ist jedoch nicht, wie gesagt, allein der Hirntod, der die Or­gantransplantationen in Frage stellt. Angesichts der konkreten Durchführung der Organentnahme und der Organimplantation sowie angesichts der unkontrollierbaren Möglichkeiten des Missbrauchs in diesem Problemfeld wachsen bei immer mehr Menschen Bedenken auch im Blick auf die Menschenwürde. Diese fordert die Integrität des Menschen, den man nicht aus­schlachten und somit instrumentalisieren darf und dem durch die Entnahme seiner Organe die Möglichkeit genommen wird, die wichtigste und bedeutsamste Stunde seines Lebens, die Geburtsstunde für seine endgültige Existenz, in einem religiö­sen Kontext durchzustehen, umgeben von der Familie und von Freunden und getröstet durch das Gebet und die Sakramente der Kirche.

Organspende und Organtransplantation haben, auch das ist hier zu vermerken, nicht wenige menschliche Tragödien im Gefolge, ganz abgesehen von den mit ihnen unvermeidlichen Missbräuchen. Besonders eklatant ist hier die Verwertung der Organe der Hingerichteten, wie sie in China in großem Stil erfolgt.

Professor Probst meint in seinem Leserbrief, der Mensch dürfe zwar nicht sein ewiges Heil aufs Spiel setzen, um anderen Menschen zu helfen, wohl aber sei er in diesem Kontext ge­halten, materielle Güter aufs Spiel zu setzen, unter Umständen gar sein Leben, wenn das aber für einen Gesunden gelte, gelte das umso mehr für einen Hirntoten. Was der Autor nicht be­denkt, das ist, dass sowohl die Selbsttötung als auch die Fremdtötung niemals erlaubt sein kann, weil ja der Zweck die Mittel nicht heiligt und das Leben stets unantastbar ist. Er übersieht in seiner Argumentation, dass etwa jene, die Maxi­milian Kolbe dem Hungertod aussetzten, als Mörder ange­sehen werden müssen.

Wenn Professor Probst sich in seinem Leserbrief auf positive Äußerungen des Papstes Johannes Paul II. zum Hirntod beruft, so muss er sich sagen lassen, dass es im Munde des gleichen Papstes auch negative Äußerungen dazu gibt.

Es gibt keine Einmütigkeit in dieser Frage in der Kirche. Auch der Gemeinsame Aufruf der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland von 1990 war von Anfang an in beiden Kirchen umstritten. Zudem erweist er sich bei näherem Hinsehen als ausgesprochen oberflächlich und als rein pragmatisch.

Professor Probst ist daran zu erinnern, dass eine moralische Gewissheit nicht mit einer hohen Wahrscheinlichkeit verwech­selt werden darf, dass einem Menschen erst dann lebenswich­tige Organe entnommen werden dürfen, wenn Sicherheit dar­über besteht, dass er tot ist.

Rechtfertigen kann man die Organentnahme von Hirntoten nur mit Hilfe einer konsequentialistischen oder teleologischen Moral, die letztlich darauf hinausläuft, dass der Zweck die Mittel heiligt. Durch die Enzyklika „Veritatis splendor“ vom 6. August 1993 wurde sie ausdrücklich zurückgewiesen. Die katholische Kirche hat sich seit eh und je für eine essentielle Moral ent­schieden. Diese hat allein Bestand auch vor der Vernunft. Die innere Konsequenz der Kirche verlangt in jedem Fall die Ab­lehnung der Organtransplantation, wenngleich zugegeben werden muss, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine dezi­dierte Stellungnahme der Kirche gegen diese Praxis so etwas wie eine Revolution auslösen könnte. Mit einer Billigung der Organtransplantationen würde die Kirche ihre Identität verlie­ren. Für die Kirche kann es als Alternative zur Organtrans­plantation nur den Ausbau der Palliativmedizin geben.

Ich möchte an dieser Stelle auf meinen gut belegten Aufsatz „Anmerkungen zur Frage der Organspende und der Organ­transplantation“ in der katholischen Monatszeitschrift „Theolo­gisches“ Heft November/Dezember 2008 (Jg. 38, Nr. 11/ 12) verweisen.«

 

 

Ein Überblick

 

Der Übersichtlichkeit halber wollen wir die Vorgänge um die kirchlichen Stellungnahmen kurz skizzieren, auch wenn sie in vergangenen Nummern der FMG-INFORMATION schon angesprochen wurden:

 

l In den 80er Jahren hatte sich die „Päpstliche Akademie der Wissenschaften“ hinter die sog. „Harvard-Definition“ vom „Hirntod“ gestellt (vgl. Lucetta Scaraffia im „Osservatore Romano“ 3.9.08).

l Am 14. Dezember 1989 sprach Papst Johannes Paul II. zu Teilnehmern eines von der „Päpstlichen Akademie der Wis­senschaften“ veranstalteten Kongresses zum Thema der Be­stimmung des Todeszeitpunktes von der „wirklichen Wahr­scheinlichkeit, dass jenes Leben, dessen Fortsetzung mit der Entnahme eines lebenswichtigen Organs unmöglich gemacht wird, das einer lebendigen Person ist“ und verneinte daher die Frage, ob es erlaubt sei, ein Leben zu opfern (vgl. J. Schumacher, Theologisches 11-12/2008, Sp.346f).

l Im August 2000 jedoch hielt derselbe Papst eine (von der „Päpstlichen Akademie für das Leben“ vorbereitete) An­sprache vor einem internationalen Kongress der „Transplantation Society“, die sogleich als päpstliche Bestätigung des Hirntod-Kriteriums interpretiert wurde (vgl. Prof. Wolfgang Waldstein, „Die Tagespost“ 25.10.2008, abgedruckt in der FMG-INFORMATION 95, Seite 23-25).

Der amerikanische Bischof Robert F. Vasa hatte zur Papstansprache vom August 2000 in der CUF-Zeitschrift „Lay Witness“ (July/Aug. 2005) Stellung genommen und geschrieben, dass der Papst zwar nicht das „Hirntod“-Kriterium zurückgewiesen habe, aber dies als „umfassende Zustimmung“ zu interpretieren, sei zu viel. Es gebe auf wissenschaftlichen, medizinischen und philosophischen Gebieten viele, die ernste Zweifel vortrügen.

Bischof Vasa: „Ein weiterer Teil des Problems ist, dass die Erklärung des Hl. Vaters nicht erkennen lässt, dass er den Prozess verstanden hat, durch den diese lebenswichtigen Organe wiedererlangt (wiederbelebt) werden, nachdem sie (vorher) als hirntot erklärt wurden. Weiterhin kann ich keine Anzeichen sehen, dass er über die letzten wissenschaftlichen Fortschritte in der Behandlung von schwer hirnverletzten Patienten informiert wurde. - Diese und viele andere Über­legungen haben mich zur persönlichen Überzeugung geführt, dass das derzeit verwendete Kriterium zur Bestimmung des wahren Todes über das neurologische Kriterium (den Hirntod) unzulänglich ist, um (damit) eine Entnahme von unpaarigen le­benswichtigen Organen von solchen Patienten zu recht­fertigen.“

l Als hochrangige amerikanische Wissenschaftler dem Papst schwerwiegende Bedenken vortrugen (von der Führung der „Pp. Akademie für das Leben“ wurde dies kritisiert), bewog das den Papst, einen neuen Kongress durchführen zu lassen, zu dem auch die amerikanischen Wissenschaftler eingeladen wurden.

l Dieser Kongress fand im Februar 2005 bei der „Päpstlichen Akademie der Wissenschaften“ statt. Das Schlussdokument dieser Tagung lehnt mit zahlreichen Argumenten die Hirntod-Definition ab, weil sie erlaube, durch die Organtransplantation „einem unschuldigen Menschen das Leben zu nehmen“, bei dem Versuch, ein anderes Leben zu retten. Dieses Schlussdokument wurde von 15 der 25 Teilnehmer der Tagung unterzeichnet – obgleich im Vorfeld manche Gegner der Hirntod-Definition gar nicht zugelassen worden waren (darunter Prof. Waldstein). Papst Johannes Paul II. konnte aber nicht mehr darauf reagieren, da er bekanntlich am 2. April 2005, also nicht einmal zwei Monate nach dem Kongress, starb. Und die Leitung der „Päpstlichen Akademie der Wissenschaften“ verhinderte eine Veröffentlichung*. – Allerdings wurde dieser Abschlussbericht dann „privat“ als „Essay“ „Brain Death is Not Death“ veröffentlicht (in deutscher Übersetzung erstmals durch die FMG-INFORMATION 87 [S. 25-29: „‚Hirntod’ ist nicht Tod!“], vgl. auch auf unserer Homepage).

l Auf der Titelseite der Vatikanzeitung „L’Osservatore Romano“ griff die bekannte italienische Soziologin (Historikerin) Lucetta Scaraffia anfangs September 2008 das Thema auf. Anlässlich des 40. Jahrestages der sog. „Harvard-Kriterien“ zur Feststellung des „Hirntods“ äußerte sie, eine auf die Hirnfunktion reduzierte Definition menschlichen Lebens widerspreche der katholischen Lehre. Sie wies darauf hin, dass bereits Anfang der 90er Jahre der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, der jetzige Papst, Zweifel an dieser Todesdefinition geäußert habe (vgl. rv 3.9.08). Diese Kriterien für die Todesfeststellung seien inzwischen überholt; sie bezog sich auch auf den erwähnten Kongress von 2005.

l Angesichts der großen Wellen in der internationalen Presse ließ der Pressesprecher des Hl. Stuhls, P. Lombardi SJ, diplomatisch erklären, der Artikel sei ein interessanter Beitrag zur Diskussion, aber keine lehramtliche Äußerung, sondern ein Kommentar der Zeitung in eigener Verantwortung. Kardinal Javier Lorenzo Barragan, Präsident des Päpstlichen Rates für die Krankenpastoral, legte nach und ließ gegenüber der Presse erklären, die Kirche folge „den Aussagen der Wissenschaft“ bezüglich des Hirntodes.

l Wenige Wochen nach dem Artikel veröffentlichte die „Päpstliche Akademie der Wissenschaften“ einen Band mit dem Titel „Warum das Konzept des Hirntodes als gültige Todesdefinition anzusehen ist“ (mit heftigen Angriffen auf „Hirntod“-Gegner wie Prof. Spaemann (vgl. DT 24.2.09)).

l Anfangs November 2008 fand dann in Rom ein von der „Päpstlichen Akademie für das Leben“, der „World Federation of Catholic Medical Association“ (FIAMC) und dem italienischen Nationalen Transplantationszentrum CNT veranstalteter internationaler Kongress zum Thema Organ­spende statt. Papst Benedikt XVI. sprach in einer Audienz für die Kongressteilnehmer dann mehrfach davon, dass eine „Organentnahme allein erlaubt ist bei Vorhandensein des wirklichen Todes“ („nur aus einer Leiche“, „Tod sicher festgestellt“); auf die Frage, ob der sog. Hirntod dieser Bedingung entspreche, ging er aber nicht ein (vgl. FMG-INFORMATION 95, S. 27).

Dass dieser Kongress im November 2008 den „Hirntod“ gar nicht hinterfragte, wird erklärlich, wenn man weiß, wer den Kongress finanziell gesponsert hat: von der Firma „Novartis“, die jährlich Milliarden verdient durch den Verkauf von Immunsuppressiva – Medikamenten, die ein Patient, dem ein Organ eingesetzt wurde, lebenslang nehmen muss (vgl. Dr. med. Regina Breul, DT 27.12.08). Novartis entstand 1996 durch eine Fusion der  beiden Schweizer Chemie-Giganten Sandoz und Ciba-Geigy und agiert weltweit.

Diese Firma Novartis kam aber in jüngster Zeit noch in anderer Hinsicht in die Schlagzeilen: Anfangs Februar 2009 wurde bekannt, dass Daniel Vasella, Präsident des Novartis-Kon­zerns, im deutschen Programm von Radio Vatikan als Kom­mentator vorgesehen war, dann aber wieder ausgeladen wurde (Begründung: die aktuelle Debatte um die Lefebvristen erfor­dere eigene Kommentare, UND „dass ‚Novartis’ offenbar auch Verhütungsmittel herstellt“; das habe man erst aus der Presse erfahren, es beeinflusse aber auch die Entscheidung. Zwar gelte, dass „Kommentatoren der Woche“, „verdiente Persön­lichkeiten, die uns von Katholiken im deutschen Sprachraum empfohlen wurden“, „nicht unbedingt den Standpunkt des Vati­kans wiedergeben“ müssten [vgl. kath.net 6.2.09]). Dann wurde bekannt, dass der Novartis-Chef als Mitglied dem Beirat des Schweizer Benediktinerklosters Einsiedeln angehört, und Abt Werlen nahm Daniel Vasella in Schutz: „die Reduktion des christlichen Glaubens auf die Haltung zur Antibabypille“ sei „nicht zulässig“ (vgl. kath.net 9.2.09).

Die „Päpstliche Akademie für das Leben“ arbeitet also mit einer eindeutig aus Eigeninteresse handelnden Organisa­tion (den italienischen Organtransplanteuren) zusammen und lässt sich die Veranstaltung von einem Pharmaunter­nehmen, das Verhütungsmittel herstellt und an Organ­transplantationen bzw. deren Folgen verdient, finanzieren!

l Am 19. Februar 2009 fand in Rom in der Nähe des Vatikans ein internationaler Kongress zum Thema „Zeichen des Lebens. Ist der ‚Hirntod’ noch Leben?“ statt, den auf Initia­tive des amerikanischen Neonatologen Paul A. Byrne zusam­men mit der „Associazione Famiglia Domani“ eine Reihe vor allem amerikanischer Vereinigungen veranstalteten (American Life League, Family of the Americas Foundation, Human Life International, International Foundation for Genetic Research, Life Guardian Foundation, Northwest Ohio Guild of the Catholic Medical Association, United States Coalition of Life). Referen­ten waren Wissenschaftler aus Italien, den USA, Kanada, Bra­silien, aber auch der deutsche Lebensrechts-Jurist Rainer Beckmann und der Philosoph Josef Seifert. Es gab auch Teilnehmer aus dem deutschen Sprachraum – die „KAO – Kritische Aufklärung über Organtransplantation“, Bremen, der Lebensrechtler Andreas Kirchmair aus Österreich, Mitglieder des Kreises Kath. Ärzte München um Dr. Winkelmann u. a.

Armin Schwibach schrieb in der DT darüber: „Gerade diese völlige Übereinstimmung der wissenschaftlichen Gemeinschaft“ [die der Papst in seiner Ansprache am 7.11.08 gefordert hatte] „ist nicht gegeben, was in einer internationalen Tagung deutlich wurde, während der sich am 19. Februar in Rom Theologen, Ethiker und Ärzte mit der Frage auseinandersetzten, ob der ‚Hirntod’ noch Leben sei. Die Kardinäle Ivan Dias und Sergio Sebastiani verfolgten die Arbeiten aus der ersten Reihe, zu­sammen mit Mitgliedern der Glaubenskongregation sowie Ver­tretern der Päpstlichen Akademien für die Wissenschaften und für das Leben…“ Als zu den Protagonisten der Tagung gehö­rend wird der italienische Professor Roberto de Mattei (Mit­glied des Nationalen Forschungsrates Italiens) genannt, der „bereits 2007 in dem von ihm herausgebrachten Band ‚Finis vitae. Is brain death still life?’ die Stimmen zu Wort (hatte) kommen lassen, die dem Mainstream der wissenschaftlich vertretenen Position des Hirntodes schwerwiegende Fragen entgegenstellten und als Neurologen, Juristen und Philosophen erklärt hatten, dass der Hirntod nicht mit dem Tod des Men­schen zu identifizieren ist“. Schwibach resümierte die Tagung vom 19.2.09, dass „es gegenüber einer vorherrschenden Übereinkunft in der Wissenschaft hinsichtlich des Harvard-Kri­teriums für den Tod schwerwiegende Erwägungen“ gebe, die für eine Fortsetzung der Diskussion sprächen, die Debatte sei offen (DT 24.2.09). Ein Artikel von I. Tumolo in derselben Ausgabe der DT erwähnt unter anderem, dass Mercedes Wilson, selber Mitglied der „Päpstlichen Akademie für das Leben“, und andere Redner die undurchsichtige Haltung innerhalb der Kirche zu dieser Frage beklagten. Die Pp. Akademie überlasse die Fest­legung neuer Todeskriterien fahrlässig einer Gruppe von Ärzten und Politikern.

Aus dem Referat von Prof. Dr. Josef Seifert (Rektor der Inter­nationalen Akademie für Philosophie in Liechtenstein, Mitglied der Päpstlichen Akademie für das Leben und Professor an der Pontificia Universidad Católica de Chile) die einleitenden und einige abschließende Sätze (FMG-Übersetzung):

»Die Festlegung des menschlichen Todes im Sinn des ‚Hirn­tods‘ ist sehr neu und, von einem naiven menschlichen Stand­punkt aus gesehen, mehr als bizarr: das Gegenteil von offen­sichtlich, und schockierend. Um dies einzusehen, reicht es, die folgenden Fragen zu stellen: Ist ein Mensch tot, bei dem wir Herzschlag, Atmung..., Blutdruck, Reflexe, Körpertemperatur, Verdauung etc. finden, der eine Lebensspanne von bis zu 210 Tagen oder sogar 20 Jahren hat, der ein Kind zur Welt bringen und ... am Ende von all dem wirklich sterben kann...? Wer würde das alles oder auch nur einen Teil davon von einem Leichnam erwarten?«

»Der Primat der Moral über die Nützlichkeit. Die medizinischen, ethischen und ökonomischen Konsequenzen der Erkenntnis dieser Wahrheit sind groß und für viele hart, und es tut mir leid, wenn ich an alle Menschen denke – unter denen auch meine engsten Verwandten oder Freunde sein könnten -, die sterben werden, wenn die Wahrheit über den „Hirntod“, der nicht der tatsächliche Tod ist, wieder zur Grundlage medizinischen Han­delns wird.

ABER: Der enorme Nutzen der Herzen neugeborener Babys... für Millionen von Organempfängern oder der Nutzen von Orga­nen von Menschen anderer Rasse kann das Verbrechen ihrer Tötung nicht rechtfertigen, so wie das Töten von lebenden „hirntoten“ Personen niemals gerechtfertigt werden kann mit dem guten und lebensrettenden Gebrauch ihrer Organe.

Der gute und sogar der beste Gebrauch von Organen rechtfer­tigt es niemals, lebende Menschen als tot zu bezeichnen oder sie zu töten.

Die Schwärze der abscheulichen Missetat, die Mütter begehen würden, wenn sie (in der Absicht, ihre Kinder abzutreiben) beginnen, die Organe ihrer Babys herauszuholen und zu ver­kaufen, um die Nachfrage nach allen Organen zu befriedigen, könnte nicht durch tausend Bilder von lächelnden Herzempfän­gern gutgemacht werden!

Die Medizin würde ihr Ethos und ihren moralischen Adel verlie­ren, wenn man Erwägungen über die Nützlichkeit von Organen für Dritte oder über ökonomische Vorteile die Vorherrschaft über die Wahrheit einräumen würde – über die Wahrheit, dass der „Hirntod“ nicht der tatsächliche Tod ist... Und selbst wenn, objektiv gesprochen, der „Hirntod“ der wirkliche Tod wäre, würden wir das nicht mit Gewissheit wissen, aber zwei Wahr­heiten kennen;

1. Der Apneatest tötet manche Patienten, die nicht „hirntot“ sind und

2. In dubio pro vita,(im Zweifel für das Leben)!...«

In einer Presseerklärung der erwähnten deutschen „KAO“ (Kritische Aufklärung über Organtransplantation) zur Tagung in Rom heißt es, dass die Veranstaltung eine Antwort von katholi­schen Wissenschaftlern auf die „von vielen als unzureichend, von anderen als klar“ empfundene Rede des Papstes gewesen sei. So habe die Deutsche Bischofskonferenz „einen Freibrief zur Organentnahme herausgelesen“. „Auf dieser Konferenz, die doppelt so viele Teilnehmer hatte als angenommen – etwa 200 -, stellten die internationalen Experten fest, der ‚Hirntod’ sei weder ein wissenschaftlich belegbarer Begriff noch sei er wirk­licher Tod. Die Definition nütze niemals dem Patienten, son­dern immer nur anderen. Der Hippokratische Eid sei also ‚töd­lich verletzt’ (Prof. Seifert): ‚Das Argument der guten Konse­quenzen kann niemals den Tod anderer rechtfertigen.’ Dieser Gedanke wurde von Prof. Coimbra noch verstärkt. Die Be­handlung von Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma sei meist falsch, weil auf Explantation gerichtet. Unterkühlung und die Gabe bestimmter lebenswichtiger Hormone seien oft lebens­rettend, würden aber mit Rücksicht auf die Explantation unter­lassen. Der immer angewandte Apneatest – Aussetzen der künstlichen Beatmung – führe in 50% der Fälle zu dem Tod, der erst mittels des Tests festgestellt werden sollte. Besonders aufrüttelnd: Ein als ‚hirntot’ Erklärter darf nicht wieder aufwa­chen, weil die Ärzte sonst verklagt werden…“ Bei einer an­schließenden Podiumsveranstaltung sei auch eine internatio­nale Vernetzung gewünscht worden.

Dies scheint angesichts des massiven Drucks, mit dem die „Hirntod“-Befürworter ihre Position vertreten und seriöse, wis­senschaftliche Gegenpositionen unterdrücken, dringend nötig.

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* Ergänzend möchten wir die Schilderung der erschreckenden Vorge­hensweise der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften aufzeigen, die nicht genehme Auffassungen regelrecht unterdrückt, so wie dies Prof. Dr. Josef Seifert in einer Fußnote seines Referates vom 19.2.2009 beim Kongress in Rom notiert. Er hielt dieses Referat in einer früheren Version bereits beim Treffen über die Todeszeichen an der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften (PAS) im Februar 2005.

»Vom Sekretariat der PAS wurde ich informiert, dass dieser Vortrag in die Berichterstattung über dieses Treffen integriert und mehrmals Korrektur gelesen würde, um dann von der PAS veröffentlicht zu wer­den. Als diese Veröffentlichung der Schriften berühmter Kritiker und Experten wie Cicero Coimbra überraschend für eine unbestimmte Zeit verschoben wurde, bot der Nationale Italienische Forschungsrat mir und anderen Referenten an, den gleichen Vortrag nochmals bei einem von ihm organisierten Symposium über Hirntod im Jahre 2006 zu halten und die Schrift dann zu veröffentlichen.

Da die PAS die Veröffentlichung meiner Schrift nicht widerrufen, son­dern nur verschoben hatte, stimmte ich einer Veröffentlichung meiner Schrift beim Nationalen Italienischen Forschungsrat nicht zu, lieferte aber einen anderen Beitrag: Josef Seifert „Über den ‚Hirntod‘ in Kürze: Philosophische Argumente gegen dessen Gleichsetzung mit dem wirklichen Tod und Antworten auf Argumente, die für eine Gleichset­zung stehen“, in: Roberto de Mattei (Hrsg.): Finis Vitae. Is Brain Death still Life? Consiglio Nazionale delle Ricerche, S.189-210)

Während ich auf die angekündigte Veröffentlichung seitens der PAS wartete, schien die PAS jegliches Vorhaben der Veröffentlichung der Vorträge von 2005 verworfen zu haben, denn zu meiner Überraschung berief sie ein oder zwei Jahre später eine andere Arbeitsgruppe und ein anderes Treffen ein zum selben Thema, aber mit weitgehend anderen Rednern, deren Papiere mit Ausnahme von zwei abweichenden Stel­lungnahmen von den Professoren Shewmon und Spaemann, einen „mehrheitlichen Konsens“ und „Bericht“ gegenüber den Hauptergebnis­sen des Treffens vom Jahre 2005 aufwiesen. Damals hatte eine große Mehrheit von medizinischen Forschern, Anästhesisten, Ärzten und Philosophen sich sehr kritisch gegenüber den „Hirntod“-Definitionen geäußert bzw. sie klar zurückgewiesen.

Als diese Schriften des letzten Treffens von der PAS veröffentlicht wurden: Sanchez Sorondo, Die Zeichen des Todes (Päpstl. Akademie der Wissenschaften, Vatikanstadt 2007), wo weder mein Referat noch die der anderen Referenten vom Treffen im Jahre 2005 aufgenommen waren, ohne mir den Grund dafür zu erklären...,

und als die PAS mir einen Bericht von Mons. Sorondo, dem Sekretär der PAS, über das große 5. internationale Symposium über Hirntod-Definitionen in Kuba im Jahr 2008 sandte, in dem er bei der Darstellung der Geschichte des PAS-Standpunktes zu dieser Frage weder unser Treffen und die abweichenden Meinungen bei allen PAS Treffen zu allen Fragen von 1988 an erwähnte (nur das Treffen 1984 hatte einmü­tig die neuen Definitionen befürwortet) noch die herausragenden Kriti­ker der Hirntod-Definitionen wie D. Alan Shewmon oder Cicero Coimbra nannte, die bei dem PAS-Treffen [2007] referiert hatten, aber behandelt wurden, als ob nur ihre Unwissenheit sie zu Gegnern der Hirntod-Definitionen gemacht hätte (vgl. Coimbra: „Der Apneatest – ein töd­liches ‚Desaster‘ am Krankenbett, um ein rechtliches ‚Desaster‘ im Operationssaal zu vermeiden“, gehalten beim Treffen 2005 und dann publiziert in: Roberto de Mattei (Hrsg.), Finis Vitae: Is ‚Brain Death‘ still Life?, [s. oben],

da entschloss ich mich, nicht länger zu warten oder das Referat unver­öffentlicht zu lassen, sondern es in einer neuen Version in Kuba beim dem 5. internationalen Todes-Definitions-Treffen vorzulegen, und es jetzt in einer weiter verbesserten Fassung diesem Symposium [am 19.2.2009 in Rom] zu präsentieren.«

 

 

 

 

 

In Kürze

 

Verweigerung aus Gewissensgründen

Verona. Auch wenn das Recht auf Verweigerung aus Ge­wissensgründen von einigen Ländern verletzt werde, häuften sich die Situationen, die der Christ ablehnen sollte, betonte Stefano Fontana, Leiter des „Internationalen Beobach­tungszentrums Kardinal Van Thuan für die Soziallehre der Kirche“. Abtreibung und Euthanasie sind nach den Worten Fontanas nicht die einzigen Dinge, denen sich der Christ ver­weigern sollte. Der Papst hatte beim Empfang für die Mitglieder des Weltkongresses für Katholische Apotheker im Oktober letzten Jahres das Recht auf die Verweigerung aus Gewis­sensgründen eingefordert im Hinblick auf die direkte oder indi­rekte Beteiligung an der Ausgabe von Produkten, die mit un­moralischen Entscheidungen verknüpft sind. Fontana nannte dazu als Beispiele Krankenschwestern bezüglich Abtreibung, Standesbeamte, wo gleichgeschlecht­liche zivile Partner­schaften registriert werden, Labormitarbei­ter bezüglich der Auslese menschlicher Embryonen, Tätige in Verlagen oder Produktionsfirmen von Pornografie, Anwälte und Richter bei Grenzfällen. Die Verweigerung aus Gewissensgründen habe sich somit zu einer höchst politischen Angelegenheit entwickelt. Die Zunahme solcher Konfliktsituationen, in denen Verweige­rung geboten ist, wie auch der Entzug dieses Rechtes seien Folgen des Relativismus, der zwar „eine nahezu absolute Ge­wissensfreiheit“ propagiere, diese aber Personen verweigere, die in solche Vorgänge eingebunden seien. Das sei einer der „raffiniertesten Aspekte der ‚Diktatur des Relativismus’“ (vgl. Zenit 9.11.08). – Frage: Was ist mit Mitarbeitern beim der Kirche gehö­renden Konzern Weltbild, die in Verbreitung von Satanismus, Sex-Literatur oder kirchenfeindlichen Büchern verwickelt wur­den (vgl. auf der folgenden Seite)? Dass „Weltbild“ solche Titel anbot (und anbietet?), war ja schon mehrfach Thema von Be­richten und Kommentaren in der FMG-INFORMATION.

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Euthanasie

Luxemburg. Großherzog Henri verweigerte dem vom Parlament beschlossenen Euthanasiegesetz die Unterschrift. Aus Gewissensgründen lehnte das Staatsoberhaupt die Ratifizierung des Gesetzes ab, das vom luxemburgischen Parlament im Februar beschlossen worden war. Demnach sollen Sterbenskranke unter Aufsicht zweier Ärzte ihrem Leben ein Ende bereiten können. Die Parlamentsdebatte war von deutlicher Kritik der katholischen Kirche in Luxemburg begleitet worden. Der Erzbischof forderte stattdessen eine Verstärkung der Palliativmedizin und forderte die katholischen Politiker des Landes auf, bei der Abstimmung der katholischen Lehre zu folgen. Die Kirche lehnt jede Form des Selbstmordes ab, da nicht der Mensch Herr über Leben und Tod sei. – Der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker von den Christdemokraten – der auch gern zu politischen Veranstaltungen der bundesdeutschen C-Parteien eingeladen wird – stellte fest, obwohl er „persönlich“ gegen das Gesetz sei, müsse dem Parlament die letzte Entscheidung zustehen. Durch eine Verfassungsänderung wurde das Veto des Großherzogs außer Kraft gesetzt (vgl. kath.net 5.12.08, stjosef.at 4.12.08).

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Homosexualität

Würzburg. Unter dem Titel „Junge Schüler werden verwirrt – auch in Polen treten Homosexuelle immer offensiver in die Öffentlichkeit“ berichtet der in Polen lebende deutsche Journalist Stefan Meetschen von einem Leserbrief in einem polnischen Magazin, der für Aufsehen sorgte. Der Leserbrief stammte von einer mit ihrer Familie in Hamburg lebenden Polin, die wieder nach Polen zurückkehren möchte. Denn im Lesebuch ihres die 2. Klasse einer katholischen Grundschule besuchenden Sohnes habe sie einen Text gefunden, wonach „eine Familie“ ein Kind mit Mann und Frau, ein Kind mit zwei Männern und ein Kind mit zwei Frauen sei. Familie sei „eine Gruppe von Menschen, die sich lieben“. Als die Mutter sich bei der Klassenlehrerin erkundigte, wie solche Lehrinhalte mit dem katholischen Glauben zu vereinbaren seien, wurde ihr gesagt, man versuche, „verschiedene katholische Richtungen zu verbinden“ und könne die Augen nicht „vor anderen Werten verschließen“. Als die Mutter andere Eltern um Unterstützung ansprach, wurde ihr von der Schule nahegelegt, mit dem Wirbel und der „Verwirrung“ aufzuhören, ansonsten müsse ihr Kind die Schule verlassen. – Der Artikel berichtet nun, dass auch in Polen Homosexuelle den öffentlichen Raum er­oberten, und zählt eine erstmals abgehaltene sog. Gay-Parade in Warschau auf, ein „Festival der Regenbogenfamilie“, die öffentliche, vom Fernsehen übertragene Preisverleihung an das „schönste Paar des Jahres“, einen Filmkritiker und seinen Freund. Der Jesuitenprovinzial Dariusz Kowalczyk hatte dazu im katholischen Magazin „Idziemy“ geschrieben: „Toleranz darf nicht mit Akzeptanz verwechselt werden.“ Er sei tolerant, aber er finde es unverantwortlich, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen „einen solchen Mist überträgt“. Auch die Kundenzeitschrift des schwedischen Möbelhauses IKEA, die unter dem Motto „Familienleben verändert sich“ auch eine „Ikea-Familie“ zweier Männer propagierte, rief Kritik von katholischer Seite und Boykott-Aufrufe hervor. (Vgl. DT 16.12.08)

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Homosexualität „keine Sünde“

Berlin. Auf der Internetseite von „Cafebabel“ (www. cafebabel.com/ger/article/2598/anselm-grun-die-kunst-des-weiten-herzens.html) konnte man im Januar 2009 ein „Gespräch mit dem Benediktinermönch und Schriftsteller Anselm Grün über die Umbrüche in der katholischen Kirche, den Dialog mit dem Islam und eine humane Globalisierung“ lesen. Darin heißt es unter anderem, „die Suche nach gesunder Spiritualität“ sei „ein zentraler Aspekt der theologischen Arbeit“ des Münster­schwarzacher Mönchs. Im Zusammenhang mit dem Thema Islam gebe der Pater auf Nachfrage zu, „auch seine eigene Kirche sei keineswegs frei von intoleranten Strömungen“. Bei der Haltung der Kirche zur Homosexualität „‚sind sicher noch Schattenseiten’, betont der Theologe nachdenklich. Besonders problematisch, wenn der katholische Glaube herangezogen wird, um diskriminierende Politiken gegenüber Homosexuellen zu rechtfertigen, wie beispielsweise in einigen Ländern Osteuropas. ‚Wir müssen uns hüten, Homosexualität als Sünde zu sehen’, so Anselm Grün“. Vorher hatte er auf die Frage, ob er „ein Erneuerer, gar ein Vorreiter einer kleinen kirchlichen Revolution“ sei, geantwortet, er sehe sich „im Einklang mit der katholischen Tradition“. Benedikt XVI. sei er noch nie persönlich begegnet; er glaube aber nicht, „dass er etwas gegen meine Theologie hat“.

Im „KKK-Kompendium“ heißt es bei Nr. 492 auf die Frage nach den „Hauptsünden gegen die Keuschheit“ unter anderem: „homosexuelle Handlungen“. Der KKK unterscheidet ja zu Recht zwischen gleichgeschlechtlicher Neigung und entspre­chenden Handlungen. Anselm Grün tut dies aber nicht und erweckt so mindestens den Eindruck, dass auch homosexuel­les unkeusches Verhalten ja nicht als Sünde angesehen werden dürfe!

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Satanismus-Werbung

Augsburg. Der Weltbild-Verlag, im Eigentum einer Reihe deutscher Diözesen stehend, fällt immer wieder mit seinem unchristlichen Angebot auf. Im Januar 2009 berichtete die Internet-Zeitung „kath.net“ von einem Titel „Im Kraftstrom des Satans. Der Pfad der dunklen Einweihung“ im Sortiment von Weltbild. In der Online-Produktbeschreibung war zu lesen: „Ohne die bei Okkultisten übliche nebulöse Geheimniskrämerei stellt der Autor klare Methoden zur dunklen Einweihung in die uralten Mysterien des Satan-Set vor. In diesem einzigartigen Arbeitsbuch zum magisch-rituellen Gebrauch wird erstmals mit verbreiteten Vorurteilen über schwarze Sexualmagie und Sata­nismus aufgeräumt. Zahlreiche Rituale öffnen im Zusammen­spiel mit einer umfassenden Darstellung satanischer Philoso­phie und seltenen ägyptischen Quellentexten weit die Pforten der Nacht“. Das heißt offenbar: Unter der Verantwortung deutscher Bischöfe wurde hier für den Satanismus geworben. – Im März 2009 wurden dann wieder Meldungen bekannt, wo­nach mit einer Entscheidung über die Zukunft der „Weltbild-Gruppe“ „in Kürze zu rechnen“ sei; der „von den Gesellschaf­tern“ – als den Diözesen – „erteilte Prüfauftrag befinde sich in der Abschlussphase“, teilte Aufsichtsratchef Klaus Donaubauer der KNA mit. Weltbild beschäftigt 7400 Mitarbeiter, darunter 1900 am Stammsitz, und zählt zu den Marktführern im Buch-, Katalog- und Internethandel. Die „Neuausrichtung“ schließe auch den Abbau von Arbeitsplätzen ein, so hieß es (vgl. kath.net 5.1.09, DT 14.2.09, 17.3.09).

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Verheerende ökologische Wirkungen der Anti-Baby-Pille

Vatikanstadt. Der „Osservatore Romano“ wies in einem Artikel darauf hin, dass „die Tonnen von Hormonen“, die über Aus­scheidungen in die Umwelt gelangen, verheerende ökologische Folgen nach sich zögen. So seien sie auch maßgeblich für die zunehmende Sterilität bei Männern in westlichen Staaten ver­antwortlich. Dafür gebe es eine ausreichende Datenbasis, schrieb der Autor dieses Artikels, Pedro Castellvi, Präsident des Internationalen Verbands der katholischen Medizinerverei­nigungen. Östrogenhaltige Kombinationspräparate könnten zudem laut internationalen Studien Krebs erregen. Auch die in vielen Fällen nidationsverhindernde und damit frühabtreibende Wirkung der „Pille“ kritisierte der Beitrag, der sich auf eine Arbeit des Schweizer Mediziners Dr. Rudolf Ehmann berief (vgl. DT 8.1.09).

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Folgen von Organtransplantationen

Hannover. Im „Deutschen Ärzteblatt“ (27.2.2009) wird unter dem Titel „Nachsorge bei Organtransplantierten“ von einer Studie von Medizinern der Medizinischen Hochschule Hanno­ver berichtet. Zunehmend hätten Ärzte mit transplantierten Patienten zu tun, um deren Rehabilitation und möglichst voll­ständige Wiedereingliederung in ein normales Leben es gehe. Dabei wird dargelegt, dass die „Basisimmunsuppression“ – also Medikamente, die eine immunologische Abstoßung des transplantierten Organs verhindern sollen – „lebenslang einge­nommen werden muss, wenn ein Transplantatverlust… nicht riskiert werden soll“. Es ist dann die Rede von „unerwünschten Arzneimittelwirkungen“, und den Text illustrierende Tabellen zeigen auf, dass z. B. „das Risiko für bösartige Tumore jeder Art durch die erforderliche Langzeitimmunsuppression nach Organtransplantation deutlich erhöht“ ist (z. B. „30-50-fach“ oder „bis zu 100-fach höhere Inzidenz“ bei Lympomen, anogenitalen Karzinomen oder Nierenzellkarzinomen). Für Hauttumore bei Organtransplantierten werden im Vergleich zur Normalbevölkerung „65-fach bis 250-fach höhere Inzidenz“ bei „Plattenepithelkarzinom der Haut“ oder „20-fach höhere Inzidenz“ bei „Plattenepithelkarzinom der Lippe“ festgestellt. Aber auch das Osteoporoserisiko ist erhöht, ein Diabetes nach der Transplantation oder ein „therapiepflichtiger Bluthochdruck“ werden genannt. Aus all dem wird auch für den Laien deutlich, dass jemand, der eine Organtransplantation erhalten hat, keineswegs so einfach wieder sein Alltagsleben führen kann, wie die Werbung für die „Organspende“ suggeriert, sondern lebenslang Medikamente gegen die Abstoßung einnehmen muss und wesentlich anfälliger ist für schwere Erkrankungen und angewiesen auf intensive medizinische Sorge.

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Hilfreiche Argumente

Blindenmarkt/Österreich. Auf der Homepage der Kongrega­tion „Servi JESU et Mariae“ SJM, der Gründung des im vergangenen Jahr verstorbenen P. Andreas Hönisch, finden sich unter dem Titel „Katholisch im Kreuzfeuer“ eine Reihe kurzer, aber sehr treffender Darlegungen zu verschiedenen Themen, z. B. „Warum eigentlich bis zur Ehe warten?“ oder „Hatte JESUS wirklich leibliche Geschwister?“. Die Reihe wird von P. Markus Christoph SJM herausgegeben und ist für junge Men­schen gedacht (vgl. www. sjm-congregation.org/works/works.htm).

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Hilfe gegen Pornografie

Vaduz. Das zweimonatlich erscheinende Publikationsorgan des Erzbistums Vaduz, „Vobiscum“, begann in der Nummer 01/2009 unter der Rubrik „Impulse aus dem geistlichen Schatz der Kirche“ mit dem Abdruck des Hirtenbriefes des amerikanischen Bischofs Robert William Finn „über die Würde des Menschen und die Gefahren der Pornographie“. Eine Anmerkung verweist auf die Übersetzung dieses Hirtenbriefes durch den FREUNDESKREIS MARIA GORETTI e. V. (die „leicht bearbeitet“ worden sei). Die deutsche Fassung dieses beeindruckenden und wichtigen ausführlichen Bischofstextes ist bei uns noch immer als Sonderdruck zur weiten Verbreitung zu haben. – Vor einiger Zeit schon wurde der Text in Fortsetzungen auf die Internetseite von www. kath-info.de gestellt, wo er noch immer zu finden ist (wie auch auf der FMG-Homepage).

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Steuergeld für ethisch unerlaubte IVF

Dresden. Der Freistaat Sachsen setzt Steuergelder aller Bürger als Förderung für die Laborerzeugung von Kindern ein. Für gesetzlich krankenversicherte Paare, die sich einer künstlichen Befruchtung unterziehen wollen, erstattet der Staat von den als „Eigenanteil“ zu zahlenden Kosten bis zu 900 Euro jeweils für den zweiten und dritten Versuch, und für einen vierten Versuch bis zu 1800 Euro. „Der Freistaat Sachsen ist damit das erste und einzige Bundesland, das Behandlungen zur assistierten Reproduktion finanziell unterstützt“, verkündete die sächsische Sozialministerin Clauß (CDU). Grund dürfte sein, dass die Zahl der durch künstliche Befruchtung zur Welt gekommenen Kinder von fast 17.000 im Jahr 2003 auf knapp 10.000 im folgenden Jahr gesunken war und weiter zurückging, da die Krankenkassen nach dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz nur noch die Hälfte der anfallenden Kosten über­nehmen, und nur für bis zu drei Versuchen. Bei der „erfolgreichsten“ Methode der Invitro-Fertilisation beträgt der „Erfolg“ laut einer 2005 veröffentlichten Studie gerade einmal 18,4%. – Stefan Rehder schreibt dazu in der „Tagespost“ (19.2.09): „Ethi­sche Überlegungen, wie etwa die Tatsache, dass sich im Vorfeld künstlicher Befruchtungen die Frau einer belastenden Hormonbehandlung unterziehen muss, oder dass im Zug solcher „Behandlungen“ statistisch betrachtet neun von zehn künstlich erzeugten Embryonen auf eine Reise ohne Wiederkehr geschickt werden,“ spielten keine Rolle. – Dass weitere CDU-geführte Bundesländer dem Beispiel Sachsens folgen, scheint sich abzuzeichnen.

Eine Studie aus den USA ergab, dass Kinder, die mit Techniken der künstlichen Befruchtung (IVF) erzeugt werden, doppelt so häufig wie natürlich gezeugte Kinder mit Fehlbildungen zur Welt kommen. Mehr als jede zehnte Frau im gebärfähigen Alter hat in den USA schon einmal die Dienstleistungen der Reproduktionsmedizin in Anspruch genommen – die nach der Überzeugung der katholischen Kirche ethisch nicht erlaubt ist. Etwa jedes 100. Kind wird dort durch eine Variante der künstlichen Befruchtung erzeugt (Rundbrief Aktion Leben 6/2008 nach Ärzte­blatt 18.11.2008).

 

 

 

 

Aussagen und Informationen zu AIDS / Kondom

 

Vatikan. Radio Vatikan (deutsch) bietet in seinen Nachrichten der Gruppierung „Wir sind Kirche“ ein Forum: Es wird aus einer Pressemitteilung anlässlich des Welt-Aids-Tages am 1. Dezember zitiert, dass die Gruppierung von der Kirche die absolute Freigabe von Kondomen gefordert habe. Der bloße Appell zur Enthaltsamkeit werde der Lebenswirklichkeit der Menschen nicht gerecht und sei zutiefst verantwortungslos. Das absolute Kondomverbot sei „eine große Sünde der Kirche“ (vgl. rv 29.11.08).

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Berlin. In einem Interview der Tageszeitung „Die Welt“ vertei­digte der Benediktiner-Abtprimas Notker Wolf vor der Afrika­reise des Papstes das kirchliche Kondomverbot. Kondome und Pille stärkten die Rücksichtslosigkeit des Mannes und be­schützten nicht unbedingt die Frau. Frauen in Afrika würden von den Männern oft als Objekte behandelt. „Helfe ich diesen Frauen, wenn Kondome suggerieren, dass der Mann jetzt fröh­lich fremdgehen darf oder junge Kerle sich über junge Mäd­chen hermachen?“, fragte Wolf. Stattdessen müssten die Frauen gestärkt werden. Es gehe um „eine Humanisierung der Sexualität“. „Bei uns ist die Sexualität genauso ein Problem wie in Afrika“, betonte der Benediktiner. Es sei zu überlegen, ob „die freie Liebe das Nonplusultra“ sei. „Was man schon an einem Zeitungsstand über sich ergehen lassen muss, das ist eigentlich eine Verachtung der Frau“, so Wolf. Man reite auf der Kirche herum, als ob sie sexualfixiert sei; „dabei sind es die anderen“ (vgl. rv/kna 16.3.09).

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Cambridge, Massachusetts. Ein führender Aids-Forscher der nordamerikanischen Harvard-Universität, Dr. Edward Green, verteidigte die Aussagen von Papst Benedikt zur Kondom­frage. Green, Naturwissenschaftler und Autor mehrerer Bücher (darunter: „Aids-Prävention überdenken: Lernen von Erfolgen in Entwicklungsländern“), sagte gegenüber der katholischen nordamerikanischen Nachrichtenagentur CNA, die Medien seien in diesem Fall auf der falschen Seite.

„Theoretisch sollten Kondome funktionieren, und theoretisch sollte ein bestimmter Kondomgebrauch besser sein als kein Kondomgebrauch“, so sagte Dr. Green. Doch das sei Theorie. Tatsächlich seien Kondome nicht nur unwirksam, sondern sie verschärften das Aids-Problem in Afrika. Kondombefür­worter kritisierten oft das Fehlen von Kondom-Erziehung als hauptschuldig für höhere Aids-Raten in Afrika. Green stimmt dem jedoch nicht zu. Nachdem er 25 Jahre an der Förderung der Verteilung von Kondomen zur Familienplanung in Afrika beteiligt war, habe er Erfahrung, dass die Afrikaner nicht für Kondome zur Verhütung zu gewinnen gewesen seien. Als die Aids-Epidemie Afrika traf, habe die Industrie begonnen, Aids als Marketing-Strategie zu gebrauchen, um die Nachfrage zu erhöhen. Das Kondom sei von einem zweit- oder drittrangi­gen Mittel, um unerwünschte Schwangerschaften zu vermei­den, zur „besten Waffe gegen Aids“ hochstilisiert worden. Die unter Wissenschaftlern akzeptierte Ansicht sei, so Green, dass die Kondome die HIV-Infektionsrate verringerten. Aber nach zahlreichen Studien hätten die Wissenschaftler herausgefun­den, dass das Gegenteil zutreffen könne. „Wir können eben keinen Zusammenhang zwischen mehr Kondom-Gebrauch und niedrigeren HIV-Raten in Afrika finden.“ Dr. Green fand, dass ein Teil des schwer erklärbaren Grunds ein Phänomen ist, das als „Risiko-Kompensation“ bekannt sei. „Risiko-Kompensation ist die Meinung, dass – wenn jemand eine gewisse Technolo­gie benutzt, um ein Risiko zu reduzieren –  gewöhnlich das Phänomen auftritt, dass die Leute ein größeres Risiko auf sich zu nehmen bereit sind.“ Das gilt etwa, wenn jemand Sonnen­schutzmittel benutze und sich dann länger in der Sonne auf­halte in der Meinung, er habe ja seinen Schutz verstärkt. So sei es hier bei der Sexualität. Dadurch, dass die Menschen im Vertrauen, durch Kondome geschützt zu sein, ein höheres Risiko auf sich nehmen (z. B. durch häufigeren Sexualkontakt), riskieren sie eine Ansteckung in höherem Maß als das Kondom sie reduzieren würde.

Green, der sich selbst als Liberalen bezeichnet, sagte, dass das Überstülpen „westlicher Ideologie“ von den meisten Afrika­nern als sehr anstößig empfunden werde. Aids-Präventions-Trucks mit Rockmusik zur Kondomwerbung beleidigten die grundsätzlich sehr religiös eingestellten Afrikaner. Green sprach auch von einer „Schadensverminderung“ genannten Ideologie, die von vielen Organisationen betrieben werde, um Aids vorzubeugen. Diese Ideologie meint, dass man „die zu­grunde liegende Verhaltensweise nicht ändern kann; dass man Menschen, besonders Afrikaner, nicht dazu bringen kann, treu zu sein“.

Als Beispiel für eine misslungene Intervention des Westens beschreibt der Wissenschaftler der Harvard-Universität die Situation in Uganda. Dort sei die HIV-Infektionsrate um zwei Drittel zurückgegangen. Die Behörden hätten nämlich erkannt, dass aus religiösen und kulturellen Gründen „niemand Kon­dome mag“, und statt „auf amerikanische und europäische Berater zu warten“, entwickelten die Behörden ein Programm, das zu ihrer Kultur passt. Ihre Hauptbotschaft war: „Bleibt bei einem Partner und liebt in Treue“. Im Jahr 2004 jedoch begann die Infektionsrate in Uganda wieder anzusteigen, und zwar wegen des Einströmens von Kondomen und westlichen „Ratschlägen“, erklärte Green. Westliche Hilfsorganisationen seien nach Uganda gekommen und hätten erklärt, eine Ver­haltensänderung funktioniere nicht, und die „meisten Infektio­nen geschehen heutzutage unter Verheirateten“. Green sagte, diese Behauptungen seien „irreführend“; er zeigte auf, dass „Verheiratete immer niedrigere HIV-Infektionsraten haben als Singles oder Geschiedene aus derselben Altersgruppe“.

Ein neues, in Vorbereitung befindliches Buch Greens mit dem Titel „AIDS und Ideologie“ wird die Industrie in Afrika beschrei­ben, die „Milliarden Dollars im Jahr macht, wenn sie Kon­dome, Testmittel, Medikamente und Aids-Behandlungen vertreibt“ und offensichtlich resistent ist gegen die Auffassung, dass die Lösung in der Veränderung des Verhaltens liegt.

Selbst die beiden Länder mit der höchsten AIDS-Rate der Welt, Botswana und Swaziland, begannen vor kurzem Kampagnen, um Treue und Monogamie zu fördern. Diese Länder „lernten auf harte Weise“ vom Fehlschlag der Kondome in der Aidsprä­vention, sagte Dr. Green, und fügte hinzu: „Botswana hatte wahrscheinlich eine höhere Kondomverbreitung“ pro Kopf als irgendein anderes Land.

Nach der Auffassung von Dr. Green soll die Katholische Kirche weiterhin „tun, was sie bereits tut“; Debatten „über den Durch­messer der Viren“ aus dem Weg gehen und die wissenschaft­lichen Erkenntnisse in Verbindung mit der Hl. Schrift und der Moraltheologie anführen. (Vgl. The Wanderer 2.4.09, DT 24.3.09)

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Würzburg. Der irische Moraltheologe P. Vincent Twomey SVD, der bei Joseph Ratzinger in Regensburg promoviert hatte, nahm in einem Artikel in der „Tagespost“ zu den Angrif­fen gegen den Hl. Vater Stellung: „Die Kirche hat das einzige realistische, menschenwürdige und erfolgreiche Pro­gramm im Kampf gegen die AIDS-Epidemie“. Twomey zeigt dabei drei Gründe auf, die die Empörung gegen die Haltung der Kirche in gewissem Sinn erklären: Erstens werde „das schlechte Gewissen der europäischen Meinungsmacher berührt, die immer noch den sexuellen Libertinismen erliegen“; die Ablehnung des Kondoms, das eine symbolische Bedeutung habe, sei wie eine persönliche Beleidung für sie. Zweitens entlarve „die Empörung der heutigen Nachfolger der ehe­maligen Kolonialmächte ihren eigenen Paternalismus den Afrikanern gegenüber, „da sie wohl der Meinung sind, dass die Afrikaner nicht fähig seien, Abstinenz und Treue zu halten“ (welche nicht nur effektiv seien, sondern „menschenfreundlich und, noch wichtiger, der Würde von Mann und Frau entspre­chend“). Es sei den Kolonialmächten nicht gelungen, die Würde der Afrikaner durch Unterdrückung und Ausbeutung zu unterminieren, und auch den „neuen Kolonialmächten“, nämlich der riesigen Industrie hinter Verhütungsmitteln, werde dies nicht gelingen, „solange die Kirche durch ihre Morallehre die Würde der Afrikaner (und unsere eigene Würde) und so ihre Seele verteidigt“. Ein drittes Motiv sieht Twomey in der Neigung des westlichen Menschen, „für menschlich kompli­zierte Prob­leme… materielle bzw. technische Lösungenzu propagieren. Dann beschimpfe man die Kirche, sie sei durch ihre Kondom-Ablehnung schuldig am Tod von Millionen. Doch „die Zahl der nicht-muslimischen Afrikaner, die zugleich auch nicht katho­lisch sind, beträgt 80 Prozent“. Diese würden, egal was die Kirche predigt, ihre Botschaft nicht hören. So könne man die Kirche nicht beschuldigen, wenn sie an Aids stürben. Und Ka­tholiken, die die Sittenlehre der Kirche durch außereheliche Beziehungen missachteten, würden nun kaum einer Kondom-Empfehlung der Kirche folgen. Twomey führt dann auch einige Aussagen von Edward C. Green an, den er als „Direktor der Projekts zur Aids-Vorbeugung beim ‚Harvard-Center for Popu­lation and Development Studies’“ vorstellt, und verweist ebenso auf die statistischen Beweise für die Minderung der Zahl der Aids-Kranken in Ländern Afrikas, die Abstinenz vor und außer­halb der Ehe und Treue in der Ehe offiziell befürworteten. Schließlich verweist der Moraltheologe auf Berichte eigener Priesterstudenten aus Afrika, „dass man in vielen Kliniken Afri­kas zwar Kondome im Überfluss bekommen kann, aber oft nicht die einfachsten Medikamente, die dringend nötig wären, um heilbare Wunden zu behandeln und Krankheiten zu lin­dern“. Die Kirche, obgleich in einer Minderheitensituation, „pflegt die Mehrheit der Aids-Kranken in den Hospizen und Krankenhäusern Afrikas“ und „trägt weltweit die Verantwortung für die Pflege von etwa 27 Prozent aller Aids-Kranken“ (vgl. DT 21.3.09).

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Washington, D.C. In der US-Hauptstadt sind 3 Prozent der Bewohner HIV-positiv, doch die tatsächliche Zahl der Infi­zierten sei noch deutlich höher, so der Bürgermeister. Die Ge­sundheitsbehörden schlugen deshalb Alarm. In Washington D.C. werden seit vielen Jahren kostenlos Kondome verteilt; es gibt massive Aufklärungskampagnen in der Öffentlichkeit und in den Schulen. Der Trend konnte aber nicht gestoppt werden, im Gegenteil. In keiner US-Großstadt steigt die Zahl der Aids-Fälle so rasant wie in Washington. „Unsere Ansteckungsrate ist schlimmer als die in Westafrika“, sagte die Aids-Beauftragte der Stadt (vgl. kath.net 27.3.09).

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Würzburg. In einem Interview der „Tagespost“ mit einer Ordensschwester, die im einzigen katholischen Krankenhaus Südafrikas tätig ist, wird deutlich, dass „die katholische Kirche weltweit 25 Prozent des Dienstes an Aids-Kranken tut. Sie kümmert sich in deutlich höherem Maße um sie als die ande­ren.“ In vielen Diözesen Südafrikas seien dafür eigene Pro­gramme aufgelegt worden. Vielfach sind Laien in der Aids-Pastoral tätig, vor allem Frauen: „Es ist ja der Mann, der die Aids-Epidemie am Laufen hält: Hier hat ein Mann im Durch­schnitt nicht nur eine Partnerin, sondern gleichzeitig drei oder vier, auch jüngere. Mindestens zehn Prozent der mit Aids Infi­zierten sind so Teenager im Alter von 17 Jahren und jünger“ (vgl. DT 21.3.09).

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Salzburg. Das Informationsblatt der Europäischen Ärzte­aktion „Medizin und Ideologie“ veröffentlichte in Nr. 3/2007 einen Artikel von Michael Horn mit dem Titel „Kondome – die trügerische Sicherheit“. Darin wertet Horn Studien aus, die von UNAIDS veröffentlicht wurden. UNAIDS (Jointed United Nations Programs on HIV/AIDS) ist ein Projekt der Vereinten Nationen, das die Aids-Epidemie bekämpft und zu diesem Zweck den Einsatz von Kondomen propagiert.

UNAIDS veröffentlichte 2004 ein Dokument Making condoms work for HIV prevention, das vier wissenschaftliche Studien auswertet, die zwischen 1993 und 2002 durchgeführt wurden. Das Dokument resümiert als Ergebnis dieser Studien, dass der korrekte Gebrauch von Kondomen die Ansteckungsgefahr von AIDS um 90% senkt. Es bleibt also ein Restrisiko von 10%! Schaut man sich die Studien selber an, merkt man, dass UNAIDS sich an der optimistischsten Studie orientiert. Im Ein­zelnen lauten die Ergebnisse: Senkung um 69, 80, 87 und 93 %. Das macht einen Durchschnitt von 82,25 %. Die jüngste Studie aus dem Jahr 2002 von S. Weller und K. Davis ist jene, die eine Senkung von nur 80% ermittelte.

Horn wertet diese Ergebnisse wissenschaftlich aus und kommt u. a. zum Ergebnis: „Mittels Kondomen kann lediglich die Zeit um den Faktor 5 bis 10 verzögert werden, bis eine gewisse Infektions-Wahrscheinlichkeit erreicht wird.“

Um zu erläutern, in welcher Größenordnung die Infektions­wahrscheinlichkeit liegt, bringt er folgendes Beispiel: Wenn hundert heterosexuelle Paare, von denen jeweils ein Partner HIV-positiv ist und der andere HIV-negativ, im Schnitt zweimal pro Woche vaginalen Geschlechtsverkehr haben, dann wer­den sich nach zwanzig Jahren von den hundert gesunden Partnern 34 bis 56 infiziert haben - trotz korrekter und ge­wissenhafter Nutzung von Kondomen!

Fazit: Nicht der Papst, der statt auf technische Mittel auf eine Humanisierung der Sexualität setzt, handelt verantwortungslos, sondern jene, die durch massenhafte Verteilung von Kondo­men eine trügerische Sicherheit vorspiegeln und damit nolens volens mit dem Leben anderer Menschen spielen! (Zitiert nach www. kath-info.de, 21.März)

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Aachen. Die Ablehnung von Kondomen durch die katholische Kirche vergrößert das Aidsrisiko in Afrika statistisch gesehen nicht. Im Gegenteil: Aus einer Übersicht der katholischen Zeit­schrift „Komma“ geht hervor, dass in Ländern mit hohem katholischen Bevölkerungsanteil die Ansteckungsrate mit dem Virus der Immunschwächekrankheit am geringsten ist. – Die Angaben von 2006 zeigen, dass im Land mit der höchs­ten Aids-Rate, Swaziland (43 Prozent Infizierte), fünf Prozent der Einwohner katholisch sind. In Uganda hingegen, wo 36 Prozent der Bevölkerung der katholischen Kirche angehört, beträgt die Infektionsrate vier Prozent. Ruanda habe 47 Pro­zent Katholiken und fünf Prozent Aids-Infizierte.

Für Uganda, wo vor 15 Jahren die Aids-Infektionsrate noch über 30 Prozent betrug, hatten Experten vorausgesagt, dass ein Drittel der ugandischen Bevölkerung an Aids sterben und ein weiteres Drittel erkranken werde. Die übrigen wären zu schwach, um die Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Daraufhin hatte Präsident Yoweri Museveni, Mitglied der anglikanischen Kirche und des einheimischen Bibellesebundes, die Kirchen um Hilfe gebeten.

Martin Ssempa, der seit fast zwanzig Jahren in Uganda als Aidshilfe-Aktivist tätig ist, bedankte sich für die Worte des Papstes, dass die Propagierung von Verhütungsmitteln das Problem verschärfen könne, wie LifeSiteNews.com berichtet. Sein Ergebnis nach jahrzehntelanger Arbeit lautet: Was Aids verbreitet „ist sexuelle Promiskuität, ausgehend von der Unmoral des Herzens“. Der Papst habe völlig recht, dass es um eine „Humanisierung der Sexualität“ gehe. Die Aids-Strategie Ugandas sei erfolgreich, weil sie „immer Enthaltsamkeit und Treue vor Mittel wie Kondome stellt“ (vgl. kath.net 25.3.09).

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Rom. Am Sonntag, 29.3., sammelten sich am Petersplatz vor dem Angelusgebet zahlreiche aus Afrika stammende Studen­ten, die in der Stadt Rom leben, zu einer Solidaritätskundgebung für Papst Benedikt. „Vor allem wollen wir mit unserer Demonstration dem Papst für seine Unterstützung für Afrika danken“, sagt ein Student am Petersplatz gegenüber Radio Vatikan. „Wir Afrikaner jedenfalls haben seine Botschaft verstanden, auch wenn die internationale Gemeinschaft von falschen und diffamierenden Polemiken abgelenkt worden ist! Der internationalen Gemeinschaft wollen wir sagen, dass Afrika kein Kontinent der Kondome ist. Sie behandeln uns, als wären wir behindert.“ „Wer den Papst in Sachen Aidsbekämpfung in Afrika kritisiert, dem sagen wir: Das ist Heuchelei! Für uns ist diese Debatte eine Beleidigung. Sie wollten den Papst beleidigen, aber in Wirklichkeit haben sie uns beleidigt! (vgl. kath.net 31.3.09).

 

 

 


Vorwort der FMG-INFORMATION 96:

 

Liebe Freunde und Mitarbeiter, verehrte Leser und Förderer!

Sehr geehrte Abgeordnete, hochwürdigste Bischöfe!

 

1. Christenphobie: In einem Bericht über die Ankunft erster chaldäischer Christen aus dem Irak in der Bundesrepublik – lange genug hatte es gedauert, bis die Regierungen endlich die Auf­nahme von bedrohten irakischen Christen ermöglichten – war vom Vater der ersten Familien die Aussage erwähnt: „Als ich auf der Herfahrt in jedem Dorf einen Kirchturm gesehen habe, dachte ich mir: so fremd kannst du als Christ hier nicht sein“.

Um das Leben müssen die Christen in Deutschland in der Tat nicht fürchten, aber christlich ist dieses Land bei weitem nicht mehr. Hatte nicht kürzlich eine Zusammenkunft der OSZE in Wien die Diskriminierung von Christen untersucht und einhellig festgestellt, dass die Intoleranz gegenüber Christen auch in Ländern mit langer demokratischer Tradition zunimmt – für den Westen wurden festgestellt Angriffe auf christliche Symbole, aggressive Vorgehensweise gegen Christen, die sich z. B. als Lebensschützer öffentlich engagieren, die Einschränkungen im Bereich Gewissensfreiheit (Mitwirkung an ethisch nicht akzeptablen medizinischen Handlungen, keine Einflussnahme von Eltern auf deren Glauben widersprechenden Lehrplänen), Schüren von Vorurteilen gegen Christen durch die Medien, Angriffe gegen Inhalte der christlichen Glaubens- und Moralüberzeugung (etwa bezüglich Homosexualität oder Abtreibung durch „Antidiskriminierungsgesetze“ usw.) (vgl. kath.net 5.3.09).

2. Papstschelte: Vorläufiger Höhepunkt ist sicherlich die öf­fentlichkeitswirksame Entschließung des belgischen Abgeordne­tenhauses, in der die Aussagen des Hl. Vaters, dass Kondome das Aidsproblem nicht lösen, sondern eher vergrößern, attackiert wurden (der belgische Senat will gar die Worte Benedikts XVI. als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ verurteilen) (vgl. z.B. kath.net 27.3.09). Die aufgehetzte politische und Medienlandschaft in Spanien und Frankreich und anderen Ländern hatte sich ja vorher schon auf den obersten Hirten der katholischen Kirche eingeschossen (vgl. rv 24.3.09). Regina Einig schrieb zu Recht jüngst in der „Tagespost“ über die belgischen Vorgänge: „Solche Überlegungen sind irrational und demokratiefeindlich zugleich: Zum einen ignorieren Belgiens Senatoren wissenschaftliche Erkenntnisse der Aidsforschung und Erfahrungswerte der afrikanischen Länder…, zum anderen gilt die gesetzlich verankerte Religionsfreiheit in Belgien auch für die katholische Bevölkerung. Wer den Papst für die Verkündigung der katholischen Morallehre in puncto Aids öffentlich verurteilt…, bricht mit dem demokratischen Konsens über das Recht auf freie Religionsausübung…“ (DT 11.4.09).

3. Und unsere Politiker? Die Geschütze deutscher Politiker sind noch ein wenig moderater, aber die Richtung ist dieselbe, wenn etwa zwei deutsche Bundesministerinnen (Ulla Schmidt, Heidemarie Wieczorek-Zeul, beide SPD) die angeblich lebensrettenden Kondome verteidigten und behaupteten, „alles andere wäre unverantwortlich“; wenn der FDP-Parteichef Westerwelle – Wunschpartner von Angela Merkel nach der Bundestagswahl – das „Verdammen von Kondomen in dieser Zeit absolut verantwortungslos“ nannte, und wenn der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Beck (der ja auf die Aussagen mancher deutscher Bischöfe auch schon automatisch mit Beschimpfung reagiert) die Worte des Papstes angesichts der Ausbreitung von Aids im südlichen Afrika als „zynisch und menschenverachtend“ angriff (vgl. SZ 19.3.09, DT 19.3.09). Die Kanzlerin hat sich nach der um Medienbeifall buhlenden, aber sachlich völlig verfehlten Zurechtweisung des Papstes in Sachen Williamson/­Antisemitismus nicht öffentlich in die „Kondomitis“ eingereiht, doch die Bundesregierung finanziert ja mit unser aller Steuern nicht nur das Verführungsamt „Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung“ (BzgA), sondern fördert auch international Verhütung und Abtreibung (von der nicht an Familie und Kindern, sondern an der Wirtschaft orientierten „Familienpolitik“ nicht zu reden). (Fakten zu Aids und Kondom siehe Seite 36f!)

4. Die Gender-Ideologie: Die Medienhetze gegen die katholische Kirche mit dem Papst an der Spitze, die von der für diesen Kontinent so hoffnungstiftenden Pastoralreise des Hl. Vaters nur einen Satz in der Pressekonferenz im Flugzeug auf dem Hinweg aufgriff – und auch das als Zerrbild –, kannten wir ja schon bei Johannes Paul II. Allerdings scheint die Schärfe der Angriffe zuzunehmen. Das alles fügt sich ein in die seit Jahren verstärkten Agitationen für Abtreibung, für Schulsexual„erziehung“ (mit Verhütungs- und Homo-Indoktrination), gegen die Familie – und dahinter die Gender-Ideologie, die dem Menschen das natürliche Mann- und Frausein abspricht. Der Papst nannte das eine „Selbstemanzipation des Menschen von der Schöpfung und vom Schöpfer“, die den Menschen gegen die ihm eingeschriebene Wahrheit leben lassen will (22.12.08). Und diese Ideologie des „Gender Mainstreaming“ spukt ja nicht in den Köpfen von ein paar verbohrten Ideologen, sondern wird in den internationalen Gremien der UNO, der EU usw. vorangetrieben und dringt in unsere Schulen ein. Warum nehmen unsere C-Politiker dies nicht wahr und setzen sich nicht dagegen ein, wenn doch im Blick auf die Wahlen wieder damit ge­worben wird, man vertrete ein christliches Menschenbild?

5. Und die Bischöfe? Nach dem recht zwiespältigen und eher papstdistanzierten Verhalten vieler Oberhirten bezüglich der ausgestreckten Hand des Hl. Vaters zur Priesterbruderschaft St. Pius X. stellten sich bei der Papst­schelte bezüglich Kondom doch mehr Bischöfe an die Seite des Hl. Vaters.

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch von Freiburg, verteidigte in ei­nem Interview mit dem Magazin „Focus“ die katholische Sexualmoral als positiven Impuls, Sexualität menschlich zu leben. „Wir sind nicht rückschrittlich, bloß weil wir für eine verantwortliche Sexualität eintreten, die sich in Ehe und Familie verwirklicht“. Sex sei heute „fast zu einer Ware und für viele ausschließlich zu einem Genuss­mittel geworden, losgelöst von der Liebe“. Dies mache ihm Sorge. Die Kirche müsse sich stärker mit dem ver­breiteten Hedonismus auseinandersetzen und auch ihre Sexualmoral offensiver vertreten. „Wir scheuen uns nicht, Stachel im Fleisch der Gesellschaft zu sein“ (vgl. rv/kna 5.4.09).

Diesen „Stachel im Fleisch der Gesellschaft“ vermissen wir seit Jahren schmerzlich. Eltern, die mit der schulischen Sexual„erziehung“ (die im Widerspruch zur kirchlichen Lehre die Phase der Kindheit sexuell stört, zur Verhütung „erzieht“, Promiskuität und homosexuelle Praxis für gut erklärt) ihre große Not haben, sind von den Bischöfen im Stich gelassen. Sie verweisen darauf, dass es keine rechtlichen Möglichkeiten gebe. Die staatlich-schulische Seite erinnert daran, dass die SE-Richtlinien im Zusammenwirken mit den Diözesen entstanden seien. Und bei den in manchen Bundesländern noch bestehenden „katholischen“ staatlichen Grundschulen lassen es die Hirten dabei bewenden, zu betonen, dass diese natürlich im Einklang mit der katholischen Lehre unterrichten (ohne zu helfen, wenn sie es eben nicht tun). Manchmal haben Eltern die Hoffnung, in Schulen in kirchlicher Trägerschaft sei ein Unterricht unter Beachtung der Lehre der Kirche zu erwarten – und sehen sich bitter enttäuscht.

Wie glaubwürdig klingen die hehren Worte von Erzbischof Zollitsch (die ja im Zusammenhang mit der Kondom-Schelte gegen den Papst gesagt sind), wenn – um nur an drei Meldungen in früheren FMG-INFORMATIONEN zu erinnern - vor Jahren schon ein anderer Bischof (Erzbischof Averkamp) den Beratungsstellen des „Sozialdienstes katholischer Frauen“ (SkF) seines Bistums einen Verhütungsmittelkoffer geschenkt hat (vgl. INFO 72, S. 24), wenn die in den Schulen tätigen Mitarbeiter von SkF und Caritas – nicht anders als von „Donum vitae“ oder „pro familia“ – den Kindern die Verhütung nahebringen (vgl. INFO 75, S. 33), wenn in einer Zeitschrift des Deutschen Caritasverbandes Freiburg die BzgA ganzseitig für „Verhütung“ werben konnte (vgl. INFO 77, S. 40). Vor 80 Jahren legte Papst Pius XI. seine großartige Erziehungsenzyklika Divini illius magistri vor, in der er die kollektive und detaillierte Sexualaufklärung verurteilt hat. Vor gut dreizehn Jahren veröffentlichte der Päpstliche Rat für die Familie das Dokument Menschliche Sexualität: Wahrheit und Bedeutung, in der das Recht auf eine keusche Erziehung unterstrichen und die Geschlechtserziehung als Recht und Aufgabe der Familie verteidigt wird. Doch das alles gelte ja vielleicht für andere Länder, bei uns in Deutschland treffe es nicht zu, war die Reaktion kirchlicher Stellen bei uns.

Die Kirche in Deutschland ist viel zu sehr auf den Gleichklang mit dem Staat ausgerichtet, als dass sie „Stachel im Fleisch“ wäre. Möge Erzbischof Zollitsch das nun ändern!

Dafür arbeiten und darum beten wir seit Jahren! Ihnen, liebe Leser, Spender, Freunde, danken wir für Ihre ideelle, finanzielle und betende Unterstützung!

Die Realität der Auferstehung JESU CHRISTI, des Siegers über Hölle und Tod, ermutigt uns, nicht aufzugeben, auch wenn die gegnerischen Kräfte immer einflussreicher zu werden scheinen.

Ihr FREUNDESKREIS MARIA GORETTI e. V., München.

 

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