(FMG-INFORMATION 101, November 2010)

 

Öffentlicher Verrat des Ordenslebens

 Aus einer Rede von Kardinal Raymond L. Burke

 

Erzbischof Raymond Leo Burke (*1948), dessen Kardinalsernennung vom Hl. Vater kürzlich angekündigt wurde, früher Bischof von La Crosse, Wisconsin, und dann Erzbischof von St. Louis, Missouri, USA, seit 2008 Präfekt der Apostolischen Signatur (Oberstes Gericht der Römischen Kurie), hielt im April 2010 anlässlich der Überreichung des „Pro Fidelitate et Virtute Award“ des „Institute on Religious Life“ eine Ansprache, aus der die CUF-Zeitschrift „Lay Witness“ (Sept./Okt. 2010) Auszüge abdruckte, die wir hier in privater Übersetzung wiedergeben.

Der Preis "Pro Fidelitate et Virtute" wird vom amerikanischen "Institute on Religious Life" ("Institut für das Ordensleben") jährlich verliehen für "herausragende Verdienste" "in der Treue zur Lehre der Kirche bei der Förderung und Verteidigung des authentischen Ordenslebens". Unter anderem erhielten ihn Kardinal Augustin Mayer OSB und Mutter Teresa.

Kardinal Burke spricht offensichtlich von der im Jahr 2009 vom Hl. Vater eingeleiteten Apostolischen Visitation der (weiblichen) Ordensgemeinschaften in den USA. Laut Medienberichten setzten Ordensleitungen der Visitation eine starke Opposition und eine "durchgängige Gegenwehr" entgegen. Kardinal Franc Rode hatte vor etwa einem Jahr erklärt, dass "eine weltliche Mentalität" und ein "feministischer Geist" in den Gemeinschaften Mitgründe gewesen seien, die zur Visitation führten (vgl. kath.net 9.11.09, 16.11.09).

Die deutlichen Worte von Kardinal Burke beziehen sich zwar auf die Vereinigten Staaten, zuletzt auch auf die im März 2010 vom Repräsentantenhaus gebilligte Gesundheitsreform von Präsident Obama, bei der von Lebensrechtlern und katholischer Kirche eine Aushöhlung des Lebensschutzes, die Möglichkeit, Abtreibung mit Steuergeldern zu subventionieren usw. kritisiert wurde (vgl. kath.net 24.3.10, DT 4.3.10), während offensichtlich Ordensfrauen öffentlich zustimmten. Bekannt wurden ja auch die Fälle einer amerikanischen Dominikanerin, die jahrelang als Freiwillige abtreibungswillige Frauen in Abtreibungskliniken begleitete und die zu einer Gruppe von Nonnen gehört ("National Coalition of American Nuns"), die seit 1969 zum offenen Ungehorsam in Fragen der Abtreibung, Verhütung, Homosexualität und Frauenordination aufrufen (vgl. HLI-Info 6/2009). Im Mai 2010 bekräftigte ein Bischof die automatische Exkommunikation einer Nonne, die in einer "Ethikkommission" einer Abtreibung zugestimmt hatte (vgl. kath.net 20.5.10). Auf politischer Ebene wurde auch gegen die befürchtete Beseitigung von Gewissensklauseln durch Obama protestiert (vgl. Zenit 3.7.10).

Das  Ärgernis von Abweichung und Ungehorsam gegenüber der Morallehre der Kirche besteht aber im deutschen Sprachraum ebenso wie das Ärgernis von Politikern, die sich katholisch nennen, gar im "Zentralkomitee der deutschen Katholiken" sind, aber in den moralischen Fragen im Dissens mit der Kirche stehen (nicht nur bei "donum vitae").

 

»Die große Freude unseres Zusammenkommens in diesen Tagen, um des Lebenswerkes des verstorbenen P. John A. Hardon SJ, eines herausragenden Priesters, zu gedenken, und um so viele Gemeinschaften des Geweihten Lebens, die sich um Glaubenstreue bemühen, zu ehren und zu ermutigen, wird leider überschattet von dem öffentlichen und hartnäckigen Verrat des Ordenslebens durch gewisse Ordensleute. Wer hätte je gedacht, dass Kongregationen päpstlichen Rechts sich öffentlich organisieren würden, um sich einer Apostolischen Visitation zu widersetzen und sie zu vereiteln, das heißt, einer Visitation ihrer Kongregation, durchgeführt unter der Autorität des Stellvertreters CHRISTI auf Erden, dem alle Ordensleute durch die stärkste Verbindung von Treue und Gehorsam ver­pflichtet sind? Wer hätte je gedacht, dass Ordensleute den Bischöfen als Nachfolgern der Apostel zum Trotz gesetz­liche Verordnungen billigen, die Bestimmungen enthalten, die das natürliche Moralgesetz in seinen tiefsten Grund­prinzipien – dem Schutz und der Förderung von unschul­digem und schutzlosem menschlichem Leben – verletzen, und die keine Vorkehrungen treffen, um die freie Ausübung des richtig gebildeten Gewissens der im Gesundheits­bereich Tätigen zu schützen?

Wir sind Zeugen einer zunehmenden Tendenz bestimmter Ordensleute, die sich außerhalb und über dem Leib CHRISTI sehen, als eine Art eigenständiger Leib, der auf die Kirche mit einer Autonomie herabschaut, die der Natur ihrer Ordensweihe vollständig widerspricht. Wir haben uns weit entfernt von der absoluten Treue dem römischen Pontifex gegenüber, die das Herz der Gründung des Jesuitenordens und von allen Ordens­kongregationen bildete. Das Ordensleben muss im Herzen der Kirche gelebt werden. Und aus diesem Grund sind die Ordensgemeinschaften von ihrer ureigensten Natur her in vollständiger Treue mit dem römischen Pontifex vereint. Es ist natürlich eine Absurdität der tragischsten Art, wenn GOTT­geweihte Personen wissentlich und hartnäckig gegen das moralische Gesetz handeln.

Der geistliche Schaden, den die einzelnen Ordensleute, die ungehorsam sind, sich zufügen, und ebenso das große Ärgernis, das bei den Gläubigen und der Allgemeinheit her­vorgerufen wird, ist von unabsehbarer Dimensionen. Welch unermesslicher Schaden wird dem Zeugnis der Kirche in einer Zeit zugefügt, in der das Zeugnis besonders klar und mutig sein muss! Was sollen zum Beispiel Nichtkatholiken und Nicht­christen über die Lehre der Kirche denken, wenn sie die offene Auflehnung gegen ihre Lehre von Seiten jener Mitglieder beob­achten, die als vollkommen GOTTgeweihte eben diese Lehre zu wahren haben?

Die Kirche muss zum Wohl ihrer Mitglieder und wahrlich aller Seelen in ihrer Lehre und Disziplin klar und stark sein. Solch eine Situation der Auflehnung gegen ihre Lehre und ihre Ord­nung darf nicht länger geduldet werden. Die geeigneten Maß­nahmen müssen ergriffen werden, um die betreffenden Ordensleute zurückzurufen, dass sie die Wahrheit ihrer geist­lichen Berufung leben und das große Ärgernis, das sie verur­sacht haben, wiedergutmachen.

In dieser Hinsicht möchte ich an die Mitglieder der Institute des Geweihten Lebens appellieren, sich von neuem durch Gebet, Opfer und apostolischen Eifer dem fundamentalen und uner­setzbaren Apostolat der katholischen Erziehung und der katho­lischen Gesundheitsfürsorge zu widmen. In den letzten Jahr­zehnten und, in besonders erschreckender Weise, im vergan­genen Jahr, wurden wir in unserem Land Zeugen des Ver­rats an diesem Apostolat bis so weit, dass sie ihre katholi­sche Identität eingebüßt haben und nicht länger Instrumente der Neuevangelisierung sind, wie sie zu sein glaubten. Für die „dreißig Silberlinge“ der weltlichen Anerkennung und materi­ellen Stabilität arbeiten sie mit den Kräften der Kultur des To­des zusammen, mit den Kräften, die zahllose Menschenleben zerstören und die unsere Nation zerstören werden.

Wir feiern in diesen Tagen den Sieg des auferstandenen HERRN über Sünde und ewigen Tod, den Sieg, an dem wir durch die Gnade GOTTES alle Anteil haben. CHRISTUS hat unser ewiges Heil nicht dadurch erwirkt, dass Er sich anpasste an die Lebensweise Seiner Zeit, an die Handlungsweise des Römerreiches oder der Führer des jüdischen Volkes, sondern indem Er treu und stark blieb im Zeugnis für die Wahrheit, für die Wahrheit Seines VATERS; die Wahrheit, durch die die Welt und wir erschaffen wurden und am Dasein erhalten werden. Der Dialog unseres HERRN mit Pontius Pilatus, wie ihn die Passionsgeschichte des Johannesevangeliums berichtet, liefert uns eine passende Meditation für die Frage: Was sollen wir in der gegenwärtigen Krise tun? Ich appelliere insbesondere an alle GOTTgeweihten Personen, ein Leuchtfeuer der Treue zur Wahrheit in CHRISTUS zu sein, vor allem in den Apostolaten der katholischen Erziehung und der katholi­schen Gesundheitsfürsorge.

Ja, der Widerstand gegen jene, die die Wahrheit bezeugen, und sogar ihre Verfolgung, ist furchterregend. Wir sind aber berufen, Anteil am Leiden unseres HERRN JESUS CHRISTUS zu haben. Da CHRISTUS allein das Heil der Welt ist, können wir der Welt nur in einer vollkommenen Einheit mit Ihm dienen, indem wir die Wahrheit in Liebe bis zum Ende tun. Die Welt, die sich der Kirche und ihrem Zeugnis von der Wahrheit so zu widersetzen scheint, hungert geradezu, bis zum Punkt des Verhungerns, nach dem unerschöpflichen Zeugnis von Katho­liken, die es „wirklich“ sind (in den Worten von P. Hardon), die bereit sind, wenn es notwendig ist, Märtyrer für die Wahrheit und das Gute zu sein.

Die Vereinigten Staaten von Amerika tragen eine besonders große Verantwortung der Welt gegenüber, Zeugnis für die Wahrheit zu geben. Wie mir vor einigen Monaten ein italieni­scher Prälat sagte, ist unsere Nation noch christlich, der Kampf gegen die Säkularisierung ist in den Vereinigten Staaten noch nicht ganz verloren, wie er anscheinend in Europa schon ver­loren ist. Europa schaut auf die Vereinigten Staaten um zu sehen, dass die Schlacht gegen den Säkularismus gewonnen werden kann.

Ich bitte Sie dringend, besonders die gläubigen Laien zu unterstützen – vor allem katholische Politiker, Abgeordnete, Regierungsbeamte, Justizminister – dass sie ein kohärentes [mit der Lehre der Kirche übereinstimmendes] Zeugnis für die Wahrheit des Moralgesetzes geben, das GOTT in Seine Schöpfung und in jedes Menschenherz geschrieben hat.

Katholiken sind heutzutage in unserem Land in einem solchen Ausmaß in Führungspositionen, wie ich es mir nie erträumt hätte, als ich in den 50er Jahren aufwuchs. Der Vizepräsident, der Sprecher des Repräsentantenhauses [derzeit eine Frau], fünf Richter im Obersten Gerichtshof und etwa 140 Senatoren und Kongressabgeordnete sagen, dass sie Katholiken sind. Es kann nicht sein, dass unser HERR Katholiken solche Führungs­positionen gegeben hat, damit sie die Wahrheit des natür­lichen Sittengesetzes verraten und  mittun beim Tötungs­geschäft an unschuldigen und schutzlosen Ungeborenen, bei der künstlichen Befruchtung und der Zerstörung von Embryonen, bei der Verletzung der Integrität des Ehe­bundes und bei der Verneinung des fundamentalen Rechts des Gewissens. Welch eine Kraft zur Veränderung unserer Nation könnte es andererseits geben, wenn sie treu und stark wären im Schützen der Wahrheit von der unverletzlichen Wür­de jeden menschlichen Lebens, von der Integrität der Vereini­gung eines Mannes und einer Frau in der Ehe zur Zeugung neuen menschlichen Lebens, und in der Unantastbarkeit des richtig gebildeten Gewissens.

Bezweifeln Sie nicht den Einfluss, den Sie haben können. War nicht die Sprecherin des Repräsentantenhauses bei ihrem Bericht voller Begeisterung, dass so viele Ordensfrauen den von ihr vorgeschlagenen Gesundheitsplan unterstützten? … Jetzt ist es für uns alle, insbesondere aber für die GOTTgeweihten Personen, an der Zeit, für die Wahrheit aufzustehen und un­sere Mitkatholiken in den Führungspositionen aufzurufen, das Gleiche zu tun oder aufzuhören, sich als Katholiken zu bezeich­nen.«

 

 
 

Tapferkeit ist Energie des Glaubens

 

Aus der Ansprache von Joachim Kardinal Meisner

bei der Seligsprechung von Kaplan Gerhard Hirschfelder am 19. September 2010 in Münster

 

»1. „Deine Heiligen sind wie Wasser, die aufwärts fließen“, schreibt die Dichterin Gertrud von le Fort in ihren „Hymnen an die Kirche“. Was physikalisch unmöglich ist - dass Wasser aufwärts fließt -, wird übernatürlich möglich: dass ein schwacher Mensch zu einem Heiligen wird. Die Kirche erhebt heute in der Seligsprechung einen solchen Menschen, einen jungen Priester, zur Ehre der Altäre: Gerhard Hirschfelder. Als 35-Jähriger hat er im KZ Dachau sein Leben für CHRISTUS hingegeben. Jeder von uns weiß, dass Wasser nicht aufwärts fließen kann. Gegen das Gesetz der Schwerkraft gibt es keine Ausnahmen. Und es weiß wohl auch jeder von uns, wie schwer es ist, gegen die Trends einer Zeit anzugehen, gegen das, was heute „in“ ist, und für das einzutreten, für das man umgehend in der Gesellschaft, in den Medien und mit­unter auch innerhalb der Kirche kritisiert wird. Zivilcourage ist heute eine seltene Tugend geworden. Nein, sie war es immer! Ihr christlicher Name heißt „Tapferkeit“. Dieses Wort „Tapferkeit“ findet sich sehr häufig in den Kreuzwegbetrach­tungen von Kaplan Gerhard Hirschfelder und in seinen tiefen theologischen Kommentaren zu den Paulusbriefen. Beides hat er im Untersuchungsgefängnis geschrieben. Und sein Leben und Sterben bezeugen, dass er weiß, wovon er spricht. Dass hier ein Tapferer seine tiefen Gedanken niederschreibt, spürt jeder. Vergessen wir dabei nicht: Beides ist nicht in einem elfenbeinernen Turm eines stillen Studierzimmers geschrieben, sondern in der Gefängniszelle der Gestapo von Glatz.

2. Tapferkeit bedeutet nicht Tollkühnheit, sondern sie ist die Energie des Glaubens. Paulus definiert sie, indem er schreibt: „Alles vermag ich durch Ihn, der mir Kraft gibt“ (Phil 4,13). Der HERR selbst ist seine Stärke. Ihm ist Gerhard Hirschfelder begegnet, und Er hat sein von Anfang an nicht leichtes Leben groß, weit und fruchtbar gemacht, wie der Psalmist betet: „GOTT, der mich erfreut von Jugend auf“ (Ps 43,4). Er ist der Einzige, der ihn nie enttäuscht hat und zu ihm gestanden ist in allem Auf und Ab seines jungen Lebens. Daher ließ er sich das Herz von Ihm abgewinnen. Er handelte wie Johannes unter dem Kreuz, als der HERR ihm im Hinblick auf Maria sagte: „Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich“ (Joh 19,27). Weil Gerhard Hirschfelder Maria in das Haus seines Daseins aufgenommen hatte, war er ein von CHRISTUS so tief ergriffener junger Christ und Priester. Er war gleichsam von der Kraft CHRISTI geladen. Die Liebe CHRISTI drängte ihn über alle Gefahren und Widerstände hinweg. Mit seinem GOTT sprang er gleichsam über Mauern von Angst, Vorurteilen, Feigheiten und Leise­tretereien.

3. Tapferkeit zeigt sich im geduldigen Tragen der Last des Dabeiseins und Dabeibleibens. Als Kaplan und dann später als Diözesanjugendseelsorger in der Grafschaft Glatz – so würden wir heute sagen – war ihm ein heute wie damals wichtiges, aber in der Hitlerzeit äußerst schwieriges Seelsorgefeld zugewiesen worden. Viele sind damals dem Trend der Zeit erlegen, machten nicht mehr mit, gelangten ins Abseits, hielten sich heraus und verschanzten sich hinter ihren Zuständigkei­ten. Die Antwort Gerhard Hirschfelders war aber nicht Resigna­tion und Lamentieren, sondern seine „Jetzt-erst-recht-Menta­lität“ ließ ihn zu einem forschen, sympathischen und schwung­vollen Jugendseelsorger werden. Seine Wurzeln lagen in einer überaus tiefen CHRISTUSverbundenheit und CHRISTUSnähe. Daraus konnte er mit Paulus sprechen: Die Liebe CHRISTI drängt mich (vgl. 2 Kor 5,14). Nicht die Fragen: „Komme ich damit an? Ecke ich auch damit nicht an? Provoziere ich damit auch nicht die Gegner?“ bewegten sein Denken, Sprechen und Handeln, sondern das, was der HERR von ihm erwartete und schließlich in ihm vollbrachte, der wirklich sein Leben geworden war. Seine CHRISTUSerfahrung und seine tiefe Liebe und Ver­bundenheit zu den jungen Menschen, die von der Naziideologie bedrängt wurden und durch sie gefährdet waren, ließen ihn alle Vorsicht und Angst vergessen, um sich im Totaleinsatz vor sie zu stellen, indem er sagte: „Wer der Jugend den Glauben an CHRISTUS aus dem Herzen reißt, ist ein Verbrecher!“"

4. Tapferkeit hat etwas mit der Freude zu tun. Die Freude an GOTT ist unsere Stärke (vgl. Neh 8,10). Paulus sagt: „Freut euch im HERRN zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch!... Der HERR ist nahe" (Phil 4,4-5). Seine Lebensnähe zum CHRISTUSleben machte Gerhard Hirschfelder tapfer und froh zugleich. Er war wirklich ein Zeuge des Evangeliums. Das machte seine Sendung gerade bei Kindern und Jugendlichen, eigentlich bei allen Menschen so fruchtbar, sodass der Feind aufstand und sich provoziert fühlte. Er verstand sich nicht als Angehöriger einer Nachhut aus dem Mittelalter, wie man das damals und heute gern Christen anhängen möchte, sondern er wusste sich als Herold einer Zukunft, von der seine feindlichen Zeitgenossen überhaupt noch keine Ahnung hatten. Diese CHRISTUSnähe erfüllte ihn mit einem demütigen Selbst­bewusstsein und einem hoffnungsvollen Siegesbewusstsein. Darum wurde er so überzeugend in seinem Leben und seinem Handeln. Nichts lag ihm ferner, als ein kirchlicher Beamter zu werden. Er gehörte nicht zu den Leisetretern, zu den Ängst­lichen, sondern zu den Bekennern und Zeugen. Er war im wahrsten Sinne des Wortes ein Märtyrer, ein Zeuge.

5. Sehr häufig finden wir in seinen geistlichen Notizen aus dem Gefängnis das Wort „Leiden“, sicher erwachsen aus seiner augenblicklichen Situation in der Gefangenschaft. Für Gerhard Hirschfelder wurde das Gefängnis und das KZ zu seinem Lei­densweg, zu seinem Kreuzweg. Er beschreibt seine Gefäng­nisängste und -erfahrungen in den 14 Stationen seiner Kreuz­wegbetrachtungen. Deshalb hatten die Leiden bei ihm nie einen negativen Klang, sondern man spürt, dass er darin den GOTT der Liebe erkannte. „Ich mag dich leiden“ ist doch eine Liebeserklärung. Und GOTT ließ ihn leiden. Er hat gleichsam die horizontale Lebenslinie dieses aktiven und sympathischen Seelsorgers vertikal durch die vertikale GOTTESlinie durch­kreuzt, so dass aus dem Minus seiner Widersacher das Plus seines Zeugnisses geworden ist. Das Kreuz ist das Plus gewordene Minus der Welt durch die Gnade GOTTES. Gerhard Hirschfelder ist durch und durch ein solcher Plus-Typ.

Die Kirche erhebt ihn heute zu den Ehren der Altäre, während seine braunen Konkurrenten längst vergessen sind. Dass ein junger Mensch, ein junger Priester so intuitiv im Leiden das Lieben erkannte, im Kreuz das Pluszeichen sah, über dem Gefängnis den offenen Himmel erblickte, ist wirklich ein großes Werk der Gnade GOTTES. Schon immer war Gerhard Hirsch­felder der Feuerapostel Paulus ans Herz gewachsen. Als er im Gefängnis in die Lebensform des Apostels am Ende seines Lebens hineinwuchs, wurde er gleichsam ein Herz und eine Seele mit ihm. Er schrieb hier seine Lieblingsstellen der Paulinischen Briefe auf und ließ sie in sein Herz einsickern, so dass er deutlich machte, wie das sein Priester- und Christen­leben verwandeln wird. Man kann seine Paulinischen Notizen nur zur Lektüre empfehlen. Bei diesem jungen Priester können auch ältere Priester und Bischöfe in die Schule gehen. „Ent­zünde in uns das Feuer seiner Liebe!“, ist die Bitte nach einer Begegnung mit Gerhard Hirschfelder. Jugendseelsorger von solchem Format möge GOTT unserer geplagten Jugend gerade heute schenken.

6. (…) Wenn die Kirche eine Heilig- oder Seligsprechung vor­nimmt, dann verleiht sie keinen kirchlichen Nobelpreis, sondern bezeugt vor Gott und der Welt, dass Heiligkeit möglich ist und dass wir uns dem Seligen oder Heiligen zugehörig wissen dürfen. Ein Seliger ist nicht ein Nationalheld, sondern ein Welt- und Himmelsbürger Christi. „Ihr seid ein auserwähltes Ge­schlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das Sein besonderes Eigentum wurde“ (1 Petr 2,9). Dafür steht ab heute kirchenamtlich Gerhard Hirschfelder vor uns, ja unter uns.

Wir zählen als Christen in der Werteskala GOTTES. Wir sind nicht die letzten der Mohikaner! Für Minderwertigkeitskomplexe sollten wir nicht empfänglich sein! Wir haben Grund zu wirklichem Selbstbewusstsein. Nicht weil wir so tüchtige Leute sind, sondern weil es unser GOTT ist, der sich als groß er­wiesen hat in menschlicher Schwachheit in unseren Heiligen und Seligen. Die Allerheiligenlitanei ist das große Ruhmesblatt der Kirche. Und wir dürfen uns dieser erstaunlichen Ahnenreihe zugehörig fühlen. „Heiligkeit ist der Weg der Kirche durch das neue Jahrhundert“, schrieb Papst Johannes Paul II. in seinem berühmten Apostolischen Schreiben „Novo Millennio ineunte“. Und Heiligkeit ist immer und überall möglich. Vergessen wir nicht, dass in den Augen Gottes die Heiligen die normalen Christen sind und nicht die Mittelmäßigen...«

 

 

Meldungen - Meinungen

 

Katholische Kirche und Protestanten

Regensburg. In einem Interview mit der evangelischen Nachrichtenagentur idea äußerte sich der Leiter der Ökumene-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Gerhard Ludwig Müller, ausführlich zu Luther, den er einen beständigen theologischen „Gesprächspartner“ nannte und an dem er z. B. die sprachliche Kraft, die Ernsthaftigkeit des For­schens nach den Grundfragen der christlichen Existenz positiv einschätze. Er trat aber auch für eine nüchterne, nicht ver­klärende Betrachtung ein; wenn Luther den Papst als „Anti­christen“ bezeichnet habe, sei das nicht nur im Eifer des Ge­fechts geschehen, sondern als „theologische Position“. Manches, was Luther ablehnte, habe die katholische Kirche nie behauptet, etwa bezüglich des Verständnisses der Eucharistie und des sakramentalen Priestertums. Er verwies aus der Vielzahl protestantischer Denominationen auf die Notwendigkeit des Lehramts der Kirche. Die Gründer vieler Denominationen hätten aufgrund einer vermeintlichen Offenbarung oder Erleuchtung eine eigene Kirche gegründet; sie seien mehr als „kleine Päpste“, da der Papst sich ja nicht als Begründer der Kirche verstehe, sondern die Tradition der Kirche und des Glaubensbekenntnisses bewahren müsse. Die Einheit der Kir­che unter der Führung des Papstes gebe es schon; „davon können wir nicht abgehen, ohne unseren katholischen Glauben aufzugeben“. Müller zeigte auf, dass es ein „starkes Überlegen­heitsgefühl“ des Kulturprotestantismus gegenüber den Katholi­ken gebe. Wenn die katholische Lehre sei, „dass die Heilmittel, wie sie von CHRISTUS gestiftet sind, in der katholischen Kirche vollständig enthalten sind“, sei das kein Urteil über das eigene Heil oder den eigenen Glauben und es gebe keine Garantie, in den Himmel zu kommen, weil Verleugnung und Abfall jeden Tag drohen könne. Es gebe aber eine Hoffnungs­gewissheit. Müller wies als „typisches Vorurteil gegenüber Katholiken“ zurück, dass sie „fröhlich sündigen könnten“, weil sie ja die Beichte hätten. Denn dieses Sakrament sei ja von JESUS nicht eingesetzt, um mit Vorsatz immer wieder zu sün­digen. Der Papst sei Stellvertreter CHRISTI in der Verkündi­gung des Wortes GOTTES und der Spendung der Sakramente, aber selber auf die Sakramente angewiesen. Auch Eltern seien Stellvertreter CHRISTI, die als Erste ihr Kind zu CHRISTUS hinführen sollen. Auf die Frage, ob in der Kirchenkrise und durch die Missbrauchsfälle das Vertrauen in die katholische Kirche gestört sei, antwortete Bischof Müller: „Im politischen Sinne ist die Vertrauenskrise groß, theologisch gesehen gibt es keinen Grund, das Vertrauen von CHRISTUS in die Kirche zu bezweifeln.“ Er sehe keine „Glaubenskrise“, denn der Glaube der Kirche sei „klar und eindeutig“, weil ihr Grund JESUS CHRISTUS sei (vgl. 1 Kor 3,11). Man müsse sich natürlich um Glaubwürdigkeit im menschlichen Sinn bemühen, doch „im Unterschied zu menschlich geschaffenen Strukturen ist die Kirche wesentlich vom Vertrauen GOTTES abhängig und nicht vom Vertrauen, das Menschen zu uns haben“. Die Kirche beruhe „nicht auf unserer Heiligkeit, Frömmigkeit oder über­durchschnittlichen Moralität, sondern auf ihrem Bekenntnis zu CHRISTUS, dem SOHN des lebendigen GOTTES“ und bleibe trotz aller Mängel und Sünden der Christen die Kirche GOTTES, die „Säule und Fundament der Wahrheit ist“ (1 Tim 3,15). (Vgl. kath.net/idea 5.5.2010)

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Religionsbuch verführt zu Pädophilie

Brüssel. Im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche in Belgien machte eine belgische Mutter, Alexandra Cohen, aufmerksam auf einen vergeblichen Versuch einer Gruppe belgischer Eltern vor zwölf Jahren, die belgischen Bischöfe zu einem Zurückziehen eines damals im Religionsunterricht verwendeten Buches mit sexuellen, zur Pädophilie verführenden Aussagen zu bewegen. Der Artikel von Alexandra Cohen, einer Parlamentarierin, erschien im Juni 2010 in der Zeitung „The Brussel Journal“ und wurde nach­gedruckt in „Vatican“. Darin verweist Cohen auf den Fall des Bischofs von Brügge, Roger Vangheluwe, der vor und wäh­rend seiner Bischofszeit sich pädophiler Vergehen schuldig gemacht hatte. Vangheluwe sei ein enger Freund des liberalen Kardinals Danneels, der von 1979 bis 2010 Erzbischof von Mechelen-Brüssel und Primas von Belgien war. Cohen: „Das Verständnis für Pädophilie, das unter den belgischen Bischöfen dieser Zeit herrschte, war vor allem seit 1997 kein Geheimnis, als die heftige Kontroverse über das Religionsbuch ‚Roeach’ für Schlagzeilen sorgte.“ Dieses von einem Professor der Kath. Universität Löwen und einem Professor vom Priesterseminar Brügge (Bischof Vangheluwe war für beide Institutionen zu­ständig!) herausgegebene Buch für den katholischen Religi­onsunterricht zeigt Zeichnungen nackter Kleinkinder, die sich in Sprechblasentexten erfreut über die Stimulierung ihrer Geschlechtsteile äußern; auch Elternpaare sind abgebildet, von denen eines pädophile Berührungen lobt. Als Frau Cohen dieses Religionsbuch unter den Schulbüchern ihrer damals 13-jährigen Tochter entdeckte, habe sie Kardinal Danneels einen Brief geschrieben: „Wenn ich diese Zeichnungen und ihre Bot­schaft sehe, drängt sich mir der Eindruck auf, dieses Religi­onsbuch sei absichtlich so gestaltet, dass Dreizehn- und Vier­zehnjährige glauben sollen, Kleinkindern würde die Stimulie­rung ihrer Geschlechtsteile gefallen. Auf diese Weise produziert man Menschen mit pädophiler Einstellung…“ Als katholische Mutter habe sie gefordert, die Verwendung dieses Buches im Religionsunterricht zu verbieten. Viele Eltern hätten sich da­mals mit ihr in Verbindung gesetzt, um ihre Besorgnis zu äußern auch über andere Geschehnisse im katholischen Erziehungssystem – Schulen, in denen Kindern das Anlegen von Kondomen über künstliche Geschlechtsteile beige­bracht wurde, in denen Videos mit Masturbations- und Beischlafszenen gezeigt wurden. Weil Kardinal Danneels sich damals geweigert habe, das Buch zu verbieten, habe sie mit Hunderten von betroffenen Eltern mehrfach im Herbst 1997 vor dem Haus des Kardinals demonstriert und gebetet. Der Kardinal habe sich geweigert, mit einer Delegation der De­monstranten zu sprechen. Bei der dritten Demonstration habe ein anderer Bischof, der für Erziehungsfragen zuständig war, Paul Van der Berghe, eine Delegation von Müttern empfangen, ihre Berichte angehört, geweint und versprochen, die Vorfälle zu untersuchen. Doch nach einem Treffen der Bischofs­konferenz habe er gegenüber der Presse erklärt, es gebe keine Untersuchung. Es gab eine weitere Demonstration vor der verschlossenen Tür des Kardinals und dann vor der Nuntiatur; der Päpstliche Nuntius, ein Freund von Danneels, habe sich ebenfalls geweigert, die Eltern zu empfangen und die Polizei verständigt. Einer der Verfasser des „Religionsbuches“, sagte in einem Zeitungsinterview, die Illustration mit den masturbierenden Kleinkindern solle die Botschaft vermitteln, dass „Kleinkinder sexuelle Lust erfahren“. Das Gremium der Bischöfe hätte gegen diese Illustration nur als Kritik vorgebracht, dass man befürchte, die „sexuell-pädagogischen Haltungen“ würde auf die Schüler lächerlich wirken. - Frau Cohen hatte, nachdem alle Möglich­keiten erschöpft waren, ihre Kinder aus den katholischen Schulen genommen und im Hausunterricht erzogen. Sie habe damals an alle Kardinäle auf der Welt geschrieben und sie über die Inhalte dieses Buches in Kenntnis gesetzt; sie habe viele unterstützende Antworten bekommen. (Vgl. kath.net/LSN 8.7.2010, Vatican 8-9/2010)

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Legal und unmoralisch

Baker/Oregon, USA. „Nur weil etwas ‚legal’ ist, bedeutet das nicht, dass es auch moralisch richtig ist“, so äußerte sich der amerikanische Bischof Robert Francis Vasa von Baker, Oregon (*1951). Der Bischof formulierte diese grundsätzliche Überlegung im Zusammenhang mit dem Eintreten der Kirche in den Vereinigten Staaten für illegale Einwanderer aus Mexico. Die Kirche, so Vasa, würde nicht mithelfen, Menschen illegal ins Land zu bringen. Doch wenn Menschen einmal da seien und sich in Not befänden, werde die Kirche für Trost, Hilfe und „vielleicht sogar für einen Zufluchtsort“ sorgen. Es wider­spreche dem Auftrag der Kirche, zuzuschauen, wenn Familien auseinandergerissen, oder der Verdiener der Familie abge­schoben werde und nicht mehr für die Seinen sorgen könne, denn das stehe nicht im Einklang mit der Würde der mensch­lichen Person. Für den Katholiken sei jeder Katholik auf der Welt, ja jeder Mensch ein „Bruder“, und das sei eine andere Beziehung als eine juristische oder staatsbürgerliche Bezie­hung: „Nur weil etwas ‚legal’ ist, bedeutet das nicht, dass es moralisch richtig ist. Es gibt viele Beispiele aus unserer eigenen Geschichte und der Geschichte anderer Nationen, wo etwas ‚Legales’ höchst unmoralisch war und wo es notwendig war, zu widerstehen.“ (Vgl. Lay Witness, July/Aug. 2010; dort zitiert aus Catholic Sentinel, May 13, 2010). Anmerkung: Dieselbe Grundüberlegung ist auch zu bedenken, wenn staatliche Gesetze etwa die Abtreibung, die Vernichtung „unwerten Lebens“ aufgrund der Pränataldiagnostik oder die Verführung der Kinder in der Schule „legalisieren“.

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Mut und Zuversicht

Steubenville/Ohio, USA. Ratschläge, wie man sich nicht ent­mutigen lasse angesichts der Skandale in der Kirche und der Angriffe der weltlichen Medien auf die Kirche, gab der amerikanische Bischof Robert Daniel Conlon (*1948). Zu­nächst verwies er darauf, die Kirchengeschichte zu studieren. Man werde feststellen, dass es in den 2000 Jahren schlimmere Situationen gegeben habe, „und die Kirche besteht immer noch“. Ferner habe JESUS selber Seinen Jüngern vorherge­sagt, dass sie schwierige Zeiten zu erwarten hätten: Wie der HERR auf Gegnerschaft gestoßen sei, so werde es auch den Jüngern ergehen. Doch sei er, so der Bischof, der Auffassung, dass die Kirche schließlich gestärkt und gereinigt aus den Prüfungen hervorgehen werde. Schließlich nannte der Bischof als Grund, zuversichtlich zu sein, dass nicht das menschliche Tun entscheidend sei, sondern dass die fortdauernde Kraft von JESUS CHRISTUS komme, der die Kirche regiere, und vom HL. GEIST, der sie führe. „Wenn wir darauf unsere Zuversicht setzen, nun, dann sollten wir fröhlich sein“. (Vgl. Lay Witness, July/Aug. 2010)

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Bischof Küngs bedenkliche These zum Kondomgebrauch als Aidsschutz bei Eheleuten

St. Pölten. Im zeitlichen Zusammenhang mit der sog. Weltaidskonferenz in Wien im Juli 2010 vertrat Bischof Klaus Küng, Oberhirte von St. Pölten, ausgebildeter Arzt und Opus-DEI-Mitglied, in einem Artikel in der „Tagespost“ (17.7.2010) unter dem Titel „Kirche, Aids und Kondome“ die These, in bestimmten Grenzfällen sei die Verwendung von Kondomen möglich; dies stehe in Einklang mit der kirchlichen Lehre.

1. Nachdem Bischof Küng in seinem Artikel verschiedene Zu­sammenhänge um Aids darlegt und unterstreicht, dass die Kir­che täglich Großes im Kampf gegen Aids und seine Folgen leiste. Er legt die kirchliche Devise der Abstinenz und der ehe­lichen Treue dar, was „von vielen als völlig unrealistisch und nicht selten als Mitursache für die rasche Ausbreitung von Aids betrachtet“ werde. Dagegen führt er mehrere unabhängige UN-Aids-Studien an, „die jedes Mal nachgewiesen haben, dass die HIV-Infektion in ganzen Landstrichen besser durch Ermutigung zur Treue als durch Kondomverteilung in den Griff zu bekom­men ist“ und regt an, es sei für die Allgemeinheit höchste Zeit zu überlegen, „ob die Kirche nicht doch Recht hat, dass näm­lich Aids nur durch ein ganzheitliches Umdenken im Bereich Sexualität, Ehe und Beziehung zu meistern ist“. Dann führen die Darlegungen des Bischofs zum problematischen Punkt: Prinzipiell bleibe „die Einstellung der Kirche zur Kondomfrage sicher unverändert“, doch gebe es „einige Detailfragen, in de­nen eine gewisse Differenzierung möglich, vielleicht auch nötig“ wäre. Dazu gäbe es, abgesehen von Stellungnahmen einzelner Bischöfe, noch keine Äußerungen des römischen Lehramts. Küng gibt an, dass die Ansteckungsgefahr bei Verwendung eines Kondoms „etwa fünfmal geringer“ sei, räumt aber ein: „absolut sicher ist dieser Schutz nicht“, was sich auch daran zeige, dass bei Kondomverwendung „zwar selten, aber doch Schwangerschaften zustande kommen“. Er gibt auch zu, dass es „gerade bei regelmäßigem Geschlechtsverkehr mit der gleichen Person früher oder später trotz Verwendung eines Kondoms doch zur Infektion des gesunden Partners kommen“ könne und dass die Verbreitung von Verhütungsmitteln zu einer „fatalen Konsummentalität“ und zu riskanten Verhaltensweisen bezüglich Aids verführe. Dennoch könne er sich vorstellen, „dass es in manchen konkreten Fällen in der Ehe, wenn sich ein Partner infiziert hat, erlaubt oder sogar geboten sein kann, zum relativ besseren, jedoch nicht absoluten Schutz des anderen ein Kondom zu verwenden“. Das stehe nicht im Gegensatz zu „Humanae vitae“, da es hier nicht um Verhütung, sondern um den „Schutz des anderen“ gehe. Die Enzyklika – so Küng weiter – lehre „ja auch, dass zum Beispiel bei Verwendung einer nicht abtreibenden Pille aus therapeutischen Gründen (etwa der Zyklusregulierung), auch wenn dies eine zeitweise Unfruchtbarkeit mit sich bringt, der Geschlechts­verkehr als Ausdruck der Liebe erlaubt“ sei.

Der Bischof geht dann auf die Frage ein, ob – wenn ein Partner HIV-infiziert ist – „das Risiko verantwortbar ist, das trotz Ver­wendung eines Kondoms immer noch bestehen bleibt“. Bis vor einiger Zeit sei die Antwort für ihn eindeutig nein gewesen, da die Aids-Ansteckung den sicheren Tod bedeutete. Heute stelle sich diese Frage „aufgrund einer medizinisch vermeidbaren sicheren Todesfolge möglicherweise nicht mehr so radikal“. Letztlich müsse der Arzt raten, ob es „verantwortbar“ sei, und der gesunde Partner müsse natürlich einwilligen. Küng nennt zunächst keine Fälle, in denen er seine These, Kondom­verwendung bei Eheleuten (von denen ein Partner infiziert ist) nun für „erlaubt oder sogar geboten“ ansieht, verweist aber später auf Fälle HIV-positiver Ehepaare, die ein Kind – ohne Infektion des Kindes – bekommen hätten. Eine Ansteckung des Kindes sei heute „in einem hohen Prozentsatz“ medikamentös zu verhindern.

Er führt vielmehr noch einen anderen Personenkreis an – soziale Einrichtungen für Risikogruppen wie Drogenabhängige oder für Leute, die in keiner Weise zu sexueller Enthaltsamkeit bereit seien. Und er meint, ihnen Kondome zu überlassen, sei „moralisch tolerierbar, ohne dadurch in sich schlechte Handlungen zu rechtfertigen“. Schließlich hält der Bischof von St. Pölten es dann für „wünschenswert“, dass seine Theorie „auch im universalen Lehramt Niederschlag“ findet, wenn sie „als richtig empfunden“ würde.

Der Artikel von Bischof Küng fand Resonanz – z. B. in der Form, dass „sich die Bischöfe in diesem Punkt der Realität des Lebens annähern“ (so der österreichische Caritas-Präsident Küberl). Die „Plattform ‚Wir sind Kirche’ Austria“ begrüßte Küngs Aussagen als „Hoffnungszeichen“.

Am 23. September befragte kath.net in einem Interview Bischof Küng auch nach seinen Kondom-Äußerungen, ob da nicht ein Signal vermittelt werde, „dass die Kirche in gewissen Fällen doch Kondome gutheißt“. Der Bischof antwortete, er habe von Anfang an befürchtet, dass er „von manchen falsch verstanden“ und „Applaus aus den falschen Motiven“ bekommen würde. Er habe seine Aussagen gemacht, „weil eine klare Unterscheidung der Situationen wichtig ist“. Von seinen Aussagen im DT-Artikel rückte der St. Pöltener Bischof nicht ab; er hob nur nochmals heraus, dass die Aussagen von „Humanae vitae“ für Eheleute gelten.

 

Kommentar: Wirkliche Klarheit vermissen wir bei aller Differenzierung leider. Zum einen spricht „Humanae vitae“ nicht von der Erlaubtheit der „Pille“ zu therapeutischen Zwecken, sondern allgemeiner nur von „therapeutischen Maßnahmen, die zur Heilung körperlicher Krankheiten notwendig sind…, auch wenn daraus aller Voraussicht nach eine Zeugungs­verhinderung eintritt.“ („Notwendig“ heißt, dass es keine andere Heilungsmöglichkeit gibt!) - Es ist bekannt, dass auch die „nor­male“ Pille von ihren Wirkstoffen her das Risiko einer Nidati­onshemmung = Frühabtreibung in sich trägt. (Bischof Küng spricht ja immerhin von einer „nicht abtreibenden Pille“; doch welcher?)

Wenig zur Klärung dienen seine Aussagen auch, wenn er ja selber den „nicht absolut sicheren“ Schutz anführt, den das Kondom gegen den HI-Virus bietet, so dass es früher oder später zur Infektion des gesunden Partners kommen kann. Und wie steht es um die  „freiwillige Zustimmung des gesunden Partners“, wenn Küng in seinem kath.net-Interview nun den Fall anführt, dass z. B. „der Mann HIV-positiv ist und darauf be­steht, unbedingt Geschlechtsverkehr zu haben“? Ganz abge­sehen von der Frage, ob der Bischof bzw. die Kirche, wie er hofft, dem gesunden Partner die Vorgabe, ja Verpflichtung („es kann geboten sein“!) machen darf, in diese Handlung, die ein todbringendes Risiko in sich trägt, einzuwilligen - wie in „russi­sches Roulette“! Seine wackelige Begründung, die Frage der „Todesfolge stelle sich möglicherweise nicht mehr so radikal“, überzeugt in keiner Weise.

Und es befremdet, dass ein Bischof mit einer solche These in die Öffentlichkeit geht, um das römische Lehramt zu gewinnen, da er doch weiß, dass seine Aussagen Aufsehen erregen werden und er von vornherein befürchtet, „falsch verstanden“ zu werden. Insgesamt hat er sicherlich jene bestärkt, die die Ablehnung des Kondoms durch die Kirche nicht annehmen.

Der Moraltheologe Prof. Josef Spindelböck aus der Diözese St. Pölten formulierte bereits im Juli zu den Ausführungen des Bischofs, sein Einwand sei „zuerst einer der Sicherheit und dann auch einer in Bezug auf die durch das Dazwischentreten eines Kondoms in Frage gestellte Unmittelbarkeit der sexuellen Hingabe, wodurch die für die Ehe nötige Vorbehaltlosigkeit des ‚Ein-Fleisch-Werdens’ relativiert wird. Bei gegenseitig verein­barter Enthaltsamkeit aus Liebe“ würden all diese Probleme entfallen. (Vgl. stjosef.at 17.7.10)

Das Hauptargument gegen die These von Bischof Küng formulierte der irische Moraltheologe und Ratzinger-Schüler Prof. em. Dr. Vincent Twomey („Die Tagespost“ 10.10.2010; abgedruckt auf Seite 43). Er schreibt vornehm, der Bischof scheine die Aussage von „Humanae vitae“ misszuverstehen. Dort gehe es um eine Handlung mit einer Doppelwirkung, wobei die positive Wirkung gewollt, die andere als unver­meidbare Nebenwirkung in Kauf genommen werde. Beim ehelichen Verkehr mit Kondom aber würde eine in sich schlechte Handlung getan, um Gutes zu bewirken (die An­steckung zu vermeiden) – gerade das werde von „Humanae vitae“ in Nr. 14 mit Verweis auf Röm 3,8 verworfen. (Dort heißt es: „Es ist niemals erlaubt – auch aus noch so ernsten Gründen nicht -, Böses zu tun um eines guten Zweckes willen: das heißt etwas zu wollen, was seiner Natur nach die sittliche Ordnung verletzt und deshalb als des Menschen unwürdig gelten muss…“). Das Kondom sei ein direkter Eingriff in den ehelichen Akt, der diesen unmittelbar der Fruchtbarkeit und seiner Integrität als Ausdruck der ehelichen Liebe beraubt.

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Mehr „Frauenmacht“?

Osnabrück. Mehr „Macht“ möchte der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode den Frauen in der Kirche geben. „Das Desaster, das wir im Missbrauchsskandal erlebt haben, sollte in der Tat dazu führen, die Frage der Macht und der Teilung der Macht in der Kirche radikal zu bedenken“, sagte der Bischof der Frankfurter Rundschau. Eine „geschlossene Männergesell­schaft“ begünstige Abnormitäten. Die Zukunft der Kirche und ihrer Leitung könne man nicht mehr allein von den geweihten Priestern her gestalten. Es sei viel mehr weibliche Teilhabe in der Kirche möglich, ohne gleich an die Frage der Priesterweihe für Frauen zu denken. Das diesbezügliche römische Nein sei bindend – doch verweise er auf die Erfahrung der Kirche: Streiftragen, die lange Zeit nicht zur Ruhe kämen, erhielten eine eigene theologische Qualität; es könnte zu neuen Ein­sichten führen. Bode äußerte aber auch seine Hoffnung auf die Diakonatsweihe für Frauen. (Vgl. kath.net 21.7.2010; DT 22.7.2010, kathnews 22.7.2010) Bedauerlich, dass ein Bischof der Kirche in Kategorien der Macht denkt und die definitive Aussage von Papst Johannes Paul II. im Schreiben „Ordinatio Sacerdotis“ von 1994, „dass die Kirche niemals die Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben“, dialektisch zugleich bejaht und relativiert.

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Domenico Savio

Chur. In seiner Predigt zum Hochfest der Aufnahme Mariens in der Himmel erinnerte Bischof Vitus Huonder von Chur an die Vision des hl. Don Bosco, in der ihm der hl. Domenico Savio erschien. Don Bosco habe seinen wunderbar verklärten Schüler gefragt, welche der Tugenden, die er in seinem Leben geübt habe, ihn beim Sterben am meisten getröstet habe – die Reinheit, das ruhige Gewissen, die Hoffnung auf das Paradies, die guten Werke? Domenico Savio habe geantwortet: „Was mich im Sterben am meisten stärkte, war die Hilfe der machtvollen Mutter des Erlösers“. Bischof Huonder verband diesen Bericht mit der Aufforderung, eine innige Beziehung zu Maria zu leben. (Vgl. kath.net 21.8.2010; vgl. auch das FMG-Faltblatt „Der Blumenstrauß des hl. Domenico Savio“!)

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Vom Glauben überzeugte Bischöfe

Quebec. Kardinal Marc Ouellet, designierter Präfekt der vatikanischen Bischofskongregation und vorher acht Jahre lang Erzbischof von Quebec, erklärte in einem Interview, Bischöfe bräuchten „geistliche Unterscheidung und nicht bloß politische Risikokalkulation, wie die Botschaft möglicherweise angenommen“ werde. „Wir müssen uns getrauen, ins tiefste Herz zu sprechen, wo der Geist des HERRN die Menschen berührt jenseits dessen, was wir kalkulieren können“, so der Kardinal. Und es genüge nicht, die Lehre der Kirche zu predigen. Die Bischöfe müssten diese zuerst innerlich an­nehmen. „Dann hat man die Kraft der Überzeugung“. Wenn man sie nur formell ausspreche, aber ihre Anwendung letzten Endes gar nicht wolle, weil man nicht glaube, dass die Men­schen sie akzeptierten, „dann hat man Schwierigkeiten bei der Vermittlung der Botschaft“. Als neuer Präfekt der Bischofs­kongregation wolle er Bischöfe auswählen, die „Männer des Glaubens“ sind, die „die Courage haben, den Menschen zu helfen, das wirklich zu leben“. (Vgl. kath.net/LifeSiteNews.com 20.8.2010)

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Distanzierung zurückgenommen

Trier. Zu der „Embryonenoffensive“, mit der der Verein „Durchblick“ als Lebensrechtsaktion im Saarland 300.000 Modelle von ungeborenen Kinder verteilte, um aufmerksam zu machen, dass bei jeder Abtreibung ein Mensch getötet wird, ging das Bistum Trier zunächst in Distanz: Die Pressestelle erklärte nach einem vorangestellten Bekenntnis zum Schutz des Lebens, man halte die konkrete Aktion „nicht für den geeigneten Weg“. Nachdem diese Distanzierung zu Wider­spruch und Diskussionen geführt hatte, schickte Bischof Dr. Stephan Ackermann selber eine Aussage nach, die die Distanzierung etwas korrigierte: Man halte die Aktion zwar „für provokant, sehe aber keine Veranlassung, sie abzulehnen“. (Vgl. kath.net 18.8.2010, 20.8.2010)

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„Donum Vitae“

Limburg. Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst kritisierte in einer Erklärung die Beratungspraxis von „Donum Vitae“. Hier werde mitgewirkt, dass Tötung ungeborenen Lebens rechtliche Deckung erfahre. Die Rückschau auf die letzten Jahre zeige, dass hierdurch ein Bewusstseinswandel gefördert werde. Tebartz-van Elst verwies auf die Erklärung der deutschen Bischöfe von 2006, dass „Donum vitae e. V.“ „eine Vereinigung außerhalb der katholischen Kirche“ sei und dass daher „insti­tutionelle und personelle Kooperationen sowie ein Engagement im Verein parallel zu kirchlichem Dienst nicht möglich“ seien. – Diese Stellungnahme erfolgte im Zusammenhang mit einem im hessischen Landtag in Wiesbaden standgefundenen „Festakt“, mit dem der hessische Landesverband von „Donum Vitae“ sein zehnjähriges Bestehen feierte. Bundesfamilienministerin Kristi­na Schröder (CDU) und der hessische Familienminister Jürgen Banzer (CDU) lobten dabei „Donum Vitae“ als „christliches Engagement“. (Vgl. rv 19.8.2010, rv 20.8.2010, kath.net 19.8.2010, DT 21.8.2010)

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Konfessioneller Religionsunterricht

Köln. In einem Brief an die Erstklässler zum Beginn des neuen Schuljahres wies der Kölner Erzbischof, Joachim Kardinal Meisner, auf die Bedeutung des Religionsunterrichtes hin. Der weltanschaulich neutrale Staat könne „keine Antworten auf die existentiellen Fragen der Menschen geben“. Nur im Religions­unterricht könnten die Kinder die christlichen Werte als tragfähige Grundlage für Gesellschaft und persönliches Leben lernen. Und Religionsunterricht müsse sinnvollerweise konfes­sionell sein, weil Glaube stets in einer konkreten konfessionellen Gemeinschaft gelebt und erfahren werde. (Vgl. kath.net 2.9.2010)Anm.: Erfahrungen von Eltern – auch mit Sex-In­halten im Religionsunterricht, und die lebhafte Diskussion über unkirchliche Inhalte im Religionsunterricht in Internet- und Printmedien in der jüngsten Zeit (kath.net, DT usw.) zeigen, dass das vom Kardinal gezeichnete Ideal in der Realität leider zu oft ins Gegenteil ausartet.

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Homosexualität

Essen. „Dass das Gesetz zur eingetragenen Partnerschaft für mich als katholischen Bischof moralisch nicht vertretbar ist“, sei eindeutig, sagte der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau. Hintergrund war die kürzlich erfolgte Eintragung der Partnerschaft des homosexuellen deutschen Außenministers Westerwelle mit seinem Partner. Overbeck hatte in einer Fernseh-Talkshow Homosexualität als Sünde bezeichnet (später präzisierend, dass er ausgelebte Homosexualität meine) und damit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. In dem Zeitungsinterview bekräftigte er seine Position. Mit den Betroffenen müsse die Kirche mehr auf Beziehungsebene und weniger auf mora­lischer, rechtlicher und dogmatischer Ebene ins Gespräch kommen. Schon anfangs September 2010 hatte sich der Bischof mit Vertretern von Homosexuellen-Verbänden zu einem Gespräch getroffen; er habe nicht die Absicht gehabt, homosexuelle Menschen in irgendeiner Weise zu diskri­minieren. Vielmehr wollte er die Lehre der Kirche wiedergeben, wonach eheliche Partnerschaft, Liebe und Sexualität zusam­mengehören. Nach katholischer Überzeugung sei das Ideal das auf Kinder ausgerichtete Zusammenleben zwischen Mann und Frau. Overbeck scheint aber auch ein wenig eingeknickt zu sein, wenn er von der „lernenden Kirche“ sprach und die Sprecherin der Essener Caritas-AIDS-Beratung würdigte, die zuvor erklärt hatte, dass die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Lebensweisen eine Grundvoraussetzung für ihre Arbeit sei. (Vgl. kath.net 21.9.2010; Meldung 3.9.2010)

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USA. Die Glaubenskommission der US-Bischofskonferenz rügte das Buch zweier Professoren über die Sexualmoral. Das vor zwei Jahren erschienene Werk mit dem Titel „The Sexual Person“ stelle die katholische Morallehre nur verkürzt dar und komme zu Schlussfolgerungen, die mit ihr geradezu kolli­dierten. Es sei ein „ernster Irrtum und keine authentische katholische Lehre“, dass es etwa „für einige homosexuelle Akte“ durchaus eine „moralische Legitimation“ gebe. (Vgl. rv 23.9.2010)

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Guadalajara, Mexiko. Der Erzbischof von Guadalajara, Kardinal Juan Sandoval Iniguez, kritisierte die kürzlich vom mexikanischen Parlament verabschiedeten Gesetze, die Abtreibungen erleichtern, gleichgeschlechtliche „Ehen“ er­möglichen und homosexuellen Paaren die Adoption er­lauben. Er bezeichnete sie als „unmoralisch“ und „gefährlich für das Land“. Die Gesetze widersprächen „dem Naturrecht, das wir alle in unseren Herzen eingeschrieben haben“. Sie seien außerdem undemokratisch, denn sie widersprächen der Hl. Schrift und dem christlichen Glauben, „der von der Mehrheit der Mexikaner geteilt wird“. Bei Umfragen über die Adoption durch Homosexuelle hätte sich auch die Mehrheit der Be­fragten dagegen ausgesprochen. „Wie ist es möglich, dass einige Personen ein Gesetz beschließen können, das 110 Mil­lionen Mexikaner betrifft, ohne diese oder die Ansicht der Mehrheit zu berücksichtigen?“. Der Kardinal forderte auf, die ungerechten Gesetze zu bekämpfen und aufzuheben. (Vgl. kath.net/CNA 28.9..2010)

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Zölibat

Brüssel. Erzbischof Andre-Joseph Leonard, der Vorsitzende der belgischen Bischofskonferenz, verteidigte die Ehelosigkeit der Priester und ging damit auf Distanz zur Forderung von zwei belgischen Bischöfen, die die Weihe von verheirateten Männern zum Priesteramt gefordert hatten. Der Sprecher Erzbischof Leonards sagte, es gebe keinen Zusammenhang zwischen sexuellem Missbrauch und Zölibat. Das zölibatäre Leben umfasse viel mehr als den sexuellen Aspekt, nämlich vor allem die ständige Verfügbarkeit für GOTT und jeden Mitmenschen. (Vgl. kath.net 22.9.2010)

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Essen. Bischof Franz-Josef Overbeck bezeichnete die Zölibatsverpflichtung für katholische Priester als unver­änderlich. Der Zölibat sei nicht verhandelbar, sagte er in einem Zeitschrifteninterview. Es sei richtig, „dass wir Priester so leben, wie wir leben“. Die Kirche lebe nicht davon, dass sie das tue, was alle anderen täten. (Vgl. rv 1.10.2010)

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Welche Reform der Kirche?

Würzburg. „Die Tagespost“ stellte am 28.9.2010 einem abgedruckten KNA-Interview mit dem Mainzer Kardinal Lehmann ein Interview mit Bischof Müller von Regensburg gegen­über. Lehmann hatte nach der Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe davon gesprochen, Dinge wie den Diako­nat der Frau, die Empfängnisverhütung und den „Umgang mit der Sexualität“, die Zulassung von im Beruf bewährten verhei­rateten Männern zum Priesteramt und den Sakramenten­empfang sog. wiederverheirateter Geschiedener wie von Nicht­katholiken „mutig und offen“ anzugehen. Anm.: Der frühere Vorsitzende der Bischofskonferenz meint also, mit all den Reizthemen der letzten Jahrzehnte die Zukunft der Kirche lenken zu können. Und wieso soll es etwas mit der Tugend des Mutes zu tun haben, zu fordern, was einem den Beifall aller Medien und der „Kirche von unten“ einbringt?

Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller äußerte hingegen auf die Frage, ob die Kirche eine „neue Diskussion über den klassischen Fragenkatalog“ (Verhütung, Zölibat und Diakonat der Frau) brauche: „Wir müssen uns endlich den grundlegenden Einsichten des Glaubens zuwenden“, dass CHRISTUS allein jedem helfe, sein ganzes Dasein von GOTT anzunehmen. Nur eine „vertiefte Begegnung mit dem DREI­FALTIGEN GOTT im Glauben, in der Hoffnung, in der Liebe“ helfe. Wichtig sei Vertiefung im Wort GOTTES, in der Lehre der Kirche, im Gebet, in den Sakramenten. Wenn die Kirche sich als „Wohlfühlorganisation mit mystischem Hintergrund­geraune“ anbiedere und gesellschaftliche Akzeptanz suche, „dann haben wir CHRISTUS verraten“. Müller verneinte ein „Nachgeben gegenüber dem Druck der Straße, die sich blasphemisch für die Basis der Kirche ausgibt“. Der Regens­burger Bischof benannte als Schuldigen am sexuellem Miss­brauch „nicht die strenge Sexualmoral der Kirche, sondern ihre laxistische angeblich leibfreundlichere Anwendung, so dass so­gar Priester sich im Gewissen davon dispensiert haben“. Der Begriff der Kirchenreform werde pervertiert, denn in der Ge­schichte heiße Reform, dass alle treuer nach dem Evan­gelium leben, die Gebote GOTTES gehorsam annehmen und sich auf den steilen Weg der Nachfolge CHRISTI be­geben. Der Vergleich mit christlichen Denominationen ohne „unangenehme Wahrheiten“ erweise, dass nicht Zölibat, Un­auflöslichkeit der Ehe, Weihevorbehalt für den Mann, „Untrenn­barkeit von ekklesialer und sakramentaler Kommunion“ usw. Ursachen der Krise des Christentums heute seien, sondern ihre Aufweichung sei vielmehr Symptom dieser Krise. „Den Geist, der alles neu macht, erwartet die Kirche von oben und nicht von unten“, so Bischof Müller.

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Protest gegen Verhütung

Manila, Philippinen. Die katholische Kirche protestierte gegen die Familienpolitik der neuen Regierung. Präsident Benigno Aquino hatte erklärt, es sei Pflicht des Staates, Menschen zu helfen, denen die finanziellen Mittel für Verhütung fehlten. Katholische Vertreter, die den neuen Präsidenten im Wahl­kampf gestützt hatten, fühlen sich vor den Kopf gestoßen. Ein Sprecher der Familienkommission der Philippinischen Bi­schofskonferenz reagierte in einer Erklärung „enttäuscht und verletzt“. Die Kirche werde alles tun, auch notfalls zu Straßen­protesten aufrufen, um diese Maßnahme zu verhindern. „Es ist ihr Recht, ihren Protest auf jede legale oder moralische Weise zum Ausdruck zu bringen“. Schon unter der Amtsvorgängerin Aquinos, Gloria Arroyo, hatte die Kirche in den vergangenen zwei Jahren mehrere Vorstöße der Regierung zur kostenlosen Vergabe von Verhütungsmitteln verhindert. (Vgl. rv 29.9.2010; Zenit 4.10.2010). – Im Rahmen der „Kampagne für das Leben“ der Bewegung „Human Life International“ wurden für den Oktober in zahlreichen philippinischen Städten Protestkundgebungen, Vortragsreihen, GOTTESdienste und Gebetstreffen ange­kündigt. Der Leiter äußerte seine Vermutung, dass der Präsident auf seiner jüngsten USA-Reise von der Lobby der Geburtenkontrolle beeinflusst worden sei; er habe 99 Millionen Pesos für die Umsetzung der Programme zur Geburtenkontrolle und Verhütung erhalten. (Vgl. Zenit 8.10.2010)

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Das Gesicht des Westens

Vatikan. Bei der Bischofssynode für den Nahen Osten im Oktober 2010 legte der Generalrelator der Synode, der Patri­arch von Alexandrien der (unierten) Kopten, Antonios Naguib, in seiner „Relatio ante disceptationem“ (Darlegung vor den Diskussionen), eine Zusammenfassung des Vorbereitungs­papiers („Instrumentum laboris“) vor. Er wies auf die „Zweideutigkeit der Moderne“ hin: „Der Einfluss der Modernisie­rung, Globalisierung und des Laizismus“ wirke sich auf die Christen der orientalischen Länder aus. Besonders durch die weltweiten Fernsehsender und das Internet gebe es eine Über­schwemmung von der Moderne, die sich zweideutig zeige – sie bringe neue Werte, lasse aber auch andere verlorengehen: „(Es) sehen viele Muslime in ihr das Gesicht der Gott- und Sittenlosigkeit, eine Invasion von irreführenden und bedroh­lichen Kulturen, so dass einige sie mit aller Kraft bekämpfen“. Auch für die Christen seien die „Gefahren des Materialismus, des praktischen Atheismus, des Relativismus und der Gleich­gültigkeit“ eine Bedrohung für die Familien und Kirchen.

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Politik und Evangelium

Passau. „Der Glaube ist vernünftig und braucht sich weder vor der Realität noch vor der Wissenschaft zu fürchten“, so antwortete der Kölner Erzbischof, Joachim Kardinal Meisner, auf eine Interviewfrage der „Passauer Neuen Presse“ (16.10.2010) nach den Angriffen von Wissenschaftlern wie dem britischen Astrophysiker Hawking. Man müsse ihnen nur argumentativ begegnen und die Grenzüberschreitungen zu­rückweisen. Auf die jüngst häufig bekundeten Bekenntnisse der Unionsparteien zum „christlichen Profil“ meinte der Kölner Kardinal, wenn sie damit Ernst machten, könne er das nur begrüßen. Denn das immer betonte „christliche Menschenbild“ komme ihm „oft vor wie eine undefinierte Leerstelle“. Es sei aber in Wirklichkeit eine Widerspiegelung des christlichen GOTTESbildes, und wenn dies in den Mittelpunkt einer „C“-Partei gerückt werde, gewinne auch das christliche Menschen­bild Profil. „Denn dieser GOTT hat sich ja geoffenbart, und im Hinblick auf das Verhalten der Menschen hat Er uns Sein Wesen in den 10 Geboten und im Evangelium kundgetan. Die müssen normierend für eine christliche Partei sein“, so Meisner. Denn das „C“ sei eben keine „leere Chiffre“, sondern verpflichte Parteien und Politiker „zu entsprechend konkretem und konsequentem Handeln“. Das Evangelium sei viel mehr als ein politisches Programm, denn es gebe „Anleitung zur Praxis“ und sei „die Kraft, die den Menschen hilft, das Erkannte zu verwirklichen“. Kompromisse und Strategien gehörten zwar zur Politik, aber sie seien „eingebunden in Werte“. „Ein christlicher Politiker muss sich deshalb mühen, privat und öffentlich, die Grundsätze des Evangeliums in die Gesellschaft hineinzu­tragen, soweit ihm das möglich ist“. Insbesondere privat müsse er Flagge zeigen. Auf die Interviewfrage nach einer „Schwä­chung der Kirche“ verwies der Kardinal auf den gekreuzigten CHRISTUS als Fundament der Kirche. Darum gebe es keine wirklich heillose Situation. Die Kirche werde, „wenn sie noch dichter unter dem Kreuz steht, zum Aufstieg präpariert“. Das Evangelium habe schon manche Krise in Europa und darüber hinaus erlebt und überlebt. Und die Kirche habe bei jungen Menschen „eine viel größere Chance, als man gemeinhin denkt“. Zwar seien viele junge Leute heute von ihrer Erziehung her „metaphysisch obdachlos“, „ohne „bergende Behausung des Glaubens“, ohne tragfähigen Boden, „ohne Sinn gebendes Dach über ihrem Kopf“. Das wiederum „sind die großen Geschenke des Evangeliums, die uns die Kirche vermittelt“ als Antwort auf diese geistlichen Bedürfnisse.

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 „Eine Form von ‚sexuellem Missbrauch’“

Salzburg. Als „skandalös“ und „eine Form ‚von sexuellem Missbrauch’“ bewertete der Salzburger Weihbischof Andreas Laun in seiner Rubrik KLARTEXT im Internet-Nachrichtenforum „kath.net“ die Zeitschrift „Servus“ der „Katholischen Jugend Salzburg“ vom September 2010. Der Weihbischof bezog sich dabei auf eine kath.net-Meldung vom Vortrag, in der ausführlich analysiert worden war, wie die jüngste Ausgabe dieser Zeit­schrift der „Katholischen Jugend Salzburg“ das Thema „Zu Dir oder zu mir? Jugendliche & Sexualität“ behandelt. Die Artikel reichen bis zur Pornosprache und zur Information über die beste Stellung beim Geschlechtsverkehr und über Liebes­spiele. Die kath.net-Analyse zieht als Resümee: Auf 28 Sei­ten werde die Haltung der Kirche zur Sexualität nur in einem Minisatz erwähnt. Während ein Priester lamentiere, dass moralische Gebote und Forderungen, die ohne einsichtige Be­gründungen gefordert werden, nicht greifen würden, werde im ganzen Heft den Jugendlichen „mit keinem einzige Wort erklärt, warum man beispielsweise bis zur Ehe warten soll oder warum Sexualität vor der Ehe Sünde ist“. Die Zeitung „Servus“, die viermal im Jahr erscheint, werde von der Erzdiözese Salzburg mit Kirchensteuermitteln finanziert.

Laun schreibt dazu in seinem „Klartext“, es brauche keine Wiederholung dessen, was in der Meldung schon gesagt worden sei: „Es ist tatsächlich skandalös und es ist kein Trost, wenn man weiß: Auch in München, auch in Luzern, vor kurzem auch in Linz ereignen sich ähnliche Formen des Aufstandes und des Abfalls von der Kirche“. Er versuche gar nicht, die „Thesen“ zu widerlegen, denn dies sei oft geschehen und verhalle ungehört, weil die Verantwortlichen (ob Jugendliche oder „Berufsjugendliche“) „offenbar kein Interesse haben, die Lehre der Kirche in Erwägung zu ziehen“. Laun: „Es ist ein Ab­fall von der Kirche, wenn man ihre Lehre nicht einmal mehr ins Gespräch bringen will, sondern sie nur noch ignoriert, noch dazu ‚im Namen der Kirche’, und sie damit verhöhnt. Im Zentrum der Verkündigung der Kirche stehe nicht die Moral und nicht die Sexualmoral, doch es sei schlimm, wenn jemand „die Sexualität und ihre Lust ins Zentrum seines Lebens stellt oder sie dorthin gelangen lässt“, weil „dessen Zentrum nicht mehr frei (ist) für GOTT“. Weihbischof Laun drückt sein Unverständ­nis aus, dass „Menschen, die die Kirche offenbar nicht mehr ernst nehmen, in der Kirche bleiben, vorgeben, für sie zu arbeiten, während sie das Gegenteil tun“. Er wünsche sich, dass sie sich der Kirche wieder zuwendeten, doch wenn nicht, sollten sie klare Verhältnisse schaffen: „Es geht um das Heil derer, die ihr verführt, und es geht um euer ewiges Heil! Zu kaum einer anderen Sünde hat JESUS so harte Worte gefunden wie zu der Sünde der Verführung! Denn diese ist auch eine Form von ‚sexuellem Missbrauch’.“ Laun schließt, er biete denen, die gemeint sind, seine offene Tür an und bete für sie. (Vgl. kath.net 28.10.2010, 29.10.2010)

 

 

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