FMG-INFORMATION 107, Dezember 2012

 

   

1. Glaube und Kirche

 

Um den Glauben beten

„Wir bitten GOTT um viele Heilungen von Problemen, von konkreter Not, und das ist recht so, doch worum wir inständig bitten müssen, ist ein immer festerer Glaube, damit der HERR unser Leben erneuere, und ein starkes Vertrauen in Seine Liebe, in Seine Vorsehung, die uns nicht verlässt.“

Angelus-Ansprache, 1.7.2012

Der Wille des VATERS

„Im Gebet, in der Beziehung zu GOTT, öffnen wir den Ver­stand, das Herz, den Willen für das Wirken des HL. GEISTES, um in dieselbe Dynamik des Lebens einzutreten, wie der hl. Cyrill von Alexandrien sagt…: ‚Das Wirken des GEISTES will uns durch die Gnade in das vollkommene Abbild Seiner Erniedrigung verwandeln’ (Festbrief 10,4). Die menschliche Logik dagegen sucht oft nach der Selbstverwirklichung in der Macht, in der Herrschaft, in den Machtmitteln. Der Mensch will weiter aus eigenen Kräften den Turm zu Babel bauen, um von selbst zur Höhe GOTTES zu gelangen, um wie GOTT zu sein. Die Menschwerdung und das Kreuz erinnern uns daran, dass die volle Verwirklichung darin besteht, den eigenen Willen dem Willen des VATERS anzupassen, indem man sich des eigenen Egoismus entleert, um mit der Liebe, mit GOTTES Liebe erfüllt und so wirklich fähig zu werden, die anderen zu lieben…“

     Generalaudienz-Ansprache, 27.6.2012

Niederknien vor dem HERRN

„Der Kniefall vor dem Allerheiligsten Sakrament oder das Niederknien im Gebet bringen die Anbetung gegenüber GOTT zum Ausdruck, auch mit dem Leib. Daher ist es wichtig, diese Geste nicht aus Gewohnheit und in Eile durchzuführen, sondern im tiefen Bewusstsein. Wenn wir vor dem HERRN niederknien, bekennen wir unseren Glauben an Ihn, erkennen wir Ihn als den einzigen HERRN unseres Lebens an…“

Generalaudienz-Ansprache, 27.6.2012

Gegen die zerstörerische Macht des Bösen verteidigen

„In dem Abschnitt aus dem Matthäus-Evangelium… legt Petrus ein Zeugnis seines Glaubens an JESUS ab, indem er Ihn als Messias und SOHN GOTTES bekennt; er tut das auch im Namen der anderen Apostel. Als Antwort offenbart der HERR ihm die Sendung, die Er ihm anvertrauen will, nämlich ‚petra’, der ‚Fels’ zu sein, das sichtbare Fundament, auf dem das gesamte geistliche Gebäude der Kirche errichtet ist (vgl. Mt 16,16-19)… Unmittelbar danach, jedoch, als JESUS Sein Leiden, Seinen Tod und Seine Auferstehung ankündigt, reagiert Simon Petrus genau nach dem Impuls von ‚Fleisch und Blut’: Er ‚machte Ihm Vorwürfe… Das darf nicht mit Dir geschehen!’ (16,22)… In dieser Szene zwischen JESUS und Simon Petrus sehen wir das Drama der Geschichte des Papsttums, die gerade durch das Miteinander dieser beiden Elemente gekennzeichnet ist, gewissermaßen vor­weggenommen: Einerseits ist das Papsttum dank dem Licht und der Kraft aus der Höhe das Fundament der in der Zeit pilgernden Kirche; andererseits kommt im Laufe der Jahrhunderte auch die Schwäche der Menschen zum Vorschein, die nur durch ein Sich-Öffnen auf das Handeln GOTTES hin verwandelt werden kann. Und es erscheint im heutigen Evangelium mit Nachdruck die klare Verheißung JESU: ‚Die Mächte der Unterwelt, das heißt die Mächte des Bösen, werden nicht die Oberhand gewinnen können, ‚non praevalebunt’. Dabei kommt einem die Erzählung von der Berufung des Propheten Jeremias in den Sinn, zu dem der HERR, als Er ihm die Sendung aufträgt, sagt: ‚Ich selbst mache dich heute zur befes­tigten Stadt, zur eisernen Säule und zur ehernen Mauer gegen das ganze Land, gegen die Könige, Beamten und Priester von Juda und gegen die Bürger des Landes. Mögen sie dich bekämpfen, sie werden dich nicht bezwingen – ‚non prae­valebunt’ -; denn ich bin mit dir, um dich zu retten’ (Jer 1,18-19). In Wirklichkeit ist die Verheißung, die JESUS dem Petrus gibt, noch größer als diejenigen, welche den alten Propheten gemacht wurden: Diese waren nämlich nur durch ihre menschlichen Feinde bedroht,, während Petrus gegen die ‚Mächte der Unterwelt’, gegen die zerstörerische Macht des Bösen verteidigt werden muss. Jeremias empfängt eine Ver­heißung, die ihn als Menschen und seinen prophetischen Dienst betrifft; Petrus wird in Bezug auf die Zukunft der Kirche, der neuen Gemeinschaft beruhigt, die von JESUS CHRISTUS gegründet ist und sich über das persönliche Leben des Petrus hinaus auf alle Zeiten erstreckt… Die Kirche ist nicht eine Gemeinschaft von Vollkommenen, sondern von Sündern, die zugeben müssen, dass sie der Liebe GOTTES bedürfen, dass sie es nötig haben, durch das Kreuz JESU CHRISTI gereinigt zu werden. Die Aussagen JESU über die Autorität Petri und der Apostel lassen gerade dieses erahnen: dass die Macht GOT­TES die Liebe ist, die Liebe, die ihr Licht von Golgotha her ausstrahlt…“       

Homilie am Fest Peter und Paul, 29.6.2012

Knechtschaft, Kindschaft und Freiheit

„… Diese Grundspannung im Herzen des Menschen ist unauslöschlich: selbst wenn man GOTT zurückweist oder leugnet, bleibt doch der Durst nach dem Unendlichen, der jedem Menschen innewohnt. Statt dessen beginnt dann eine gleichermaßen frenetische wie sterile Suche nach ‚falschen Unendlichkeiten’, von denen man hofft, dass sie zumindest vor­übergehend Befriedigung verschaffen. Das Dürsten der Seele und das Schmachten des Leibes, von denen der Psalmist spricht [Ps 63 (62), 2], können nicht ausgelöscht werden, und deshalb begibt sich der Mensch, ohne sich dessen bewusst zu sein, auf die Suche nach dem Unendlichen, er geht dabei aber in allerlei falsche Richtungen: in die Drogenabhängigkeit, in eine regellos ausgelebte Sexualität, in eine totalisierende Technikbesessenheit, in ein Erfolgsstreben um jeden Preis, ja selbst in trügerische Formen der Religiosität. Selbst die guten Dinge, die GOTT als Wege geschaffen hat, die zu Ihm hinführen, bergen nicht selten das Risiko, absolut gesetzt und so zu Götzen zu werden, die den Platz des Schöpfers einnehmen. Anzuerkennen, dass wir fürs Unend­liche erschaffen sind, heißt einen Weg der Läuterung von dem einzuschlagen, was wir als ‚falsche Unendlichkeiten’ bezeich­net haben, einen Weg der Umkehr des Herzens und des Geistes. Dazu ist es erforderlich, alle falschen Versprechen von Unendlichkeit auszumerzen, die den Menschen verführen und knechten. Um sich selbst und seine eigene Identität wieder­zufinden und auf der Höhe des eigenen Seins leben zu können, muss der Mensch wieder lernen, sich als von GOTT abhängiges Geschöpf zu erkennen. Mit der Einsicht in diese Abhängigkeit – die im Grunde die freudige Entdeckung ist, dass wir Kinder GOTTES sind – ist die Möglichkeit eines wahrhaft freien und erfüllten Lebens verknüpft. Es ist interessant, dass der hl. Paulus im Römerbrief das Gegenteil der Knechtschaft nicht so sehr in der Freiheit sieht, sondern vielmehr in der Kindschaft, die darin besteht, den HL. GEIST empfangen zu haben, der uns zu Kindern macht und es uns ermöglicht, GOTT anzurufen: ‚Abba, VATER!’ (vgl. 8,15). Der Apostel der Heiden spricht von einer ‚schlechten’ Knechtschaft: derjenigen der Sünde, des Gesetzes, der fleischlichen Leiden­schaften. Er setzt ihr aber nicht etwa Autonomie entgegen, sondern ‚Knechtschaft in CHRISTUS’ (vgl. 6,16-22)… Worauf es ankommt, ist also nicht, dass man sich der Abhängigkeit entledigt, die ein konstituierender Teil des Menschen ist, sondern dass man sie auf den ausrichtet, der allein wahrhaft frei machen kann…“

Botschaft anlässlich des 33. „Meetings für die Freundschaft der Völker“ in Rimini, vom 10.8.2012

Erkenntnis folgt dem Glauben

„Zu dieser Stelle [Joh 6,68-69] haben wir einen wunderschönen Kommentar des hl. Augustinus, der in einer seiner Predigten zum 6. Kapitel des Johannesevangeliums sagt: ‚Beachte, wie Petrus durch die Gnade GOTTES, durch den Einfluss des HL. GEISTES Verständnis zeigte. Warum hat er verstanden? Weil er geglaubt hat. Du hast Worte des ewigen Lebens, Du gibst uns das Leben, indem Du uns Deinen [auferstandenen] Leib und Dein Blut schenkst, [Dich selbst]. Und wir haben geglaubt und erkannt. Er sagt nicht: Wir haben erkannt und dann geglaubt, sondern wir haben geglaubt und dann erkannt. Wir haben ja geglaubt, um zu erkennen; denn wenn wir zuerst erkennen und dann glauben wollten, so könnten wir weder erkennen noch glauben. Was haben wir geglaubt und was haben wir erkannt? Dass Du CHRISTUS bist, der SOHN GOTTES, das heißt dass Du selbst das ewige Leben bist, und in Deinem Fleische und Blute gibst Du uns das, was Du bist’ (Tractatus in Johannis Evangelium, 27,9)…

Schließlich wusste JESUS, dass da auch unter den zwölf Aposteln einer war, der nicht glaubte: Judas. Auch Judas hätte weggehen können, wie dies viele Jünger getan hatten; ja eigentlich hätte er vielleicht sogar weggehen müssen, wäre er ehrlich gewesen. Stattdessen blieb er bei JESUS. Er blieb nicht aus Glauben, nicht aus Liebe, sondern mit dem geheimen Vorsatz, sich am Meister zu rächen. Warum? Weil sich Judas von JESUS verraten fühlte und beschloss, Ihn seinerseits zu verraten. Judas war ein Zelot, und er wollte einen siegreichen Messias, der einen Aufstand gegen die Römer anführen sollte. JESUS hatte diese Erwartungen enttäuscht. Das Problem ist, dass Judas nicht fortging, und seine schwerste Schuld war die Falschheit, die das Zeichen des Teufels ist. Deshalb sagte JESUS zu den Zwölfen: ‚Und doch ist einer von euch ein Teufel’ (Joh 6,70). Wir wollen die Jungfrau Maria bitten, dass sie uns helfe, wie der hl. Petrus an JESUS zu glauben und immer ehrlich zu sein zu Ihm und zu allen.“           

Angelus-Ansprache in Castel Gandolfo, 26.8.2012

Ist Wahrheit intolerant?

„…Wir sind, glaube ich, gerade in dieser Phase drinnen, dass wir nur noch das Selbstgemachte an der Kirche sehen und uns die Freude am Glauben verdorben ist. Dass wir nicht mehr glauben und wagen zu sagen: Er hat uns gezeigt, wer die Wahrheit ist, was die Wahrheit ist… Sofort steht die Frage auf: Wer kann denn die Wahrheit haben, das ist Intoleranz! Der Gedanke von Wahrheit und der von Intoleranz haben sich fast völlig miteinander verschmolzen, und so wagen wir gar nicht mehr, an Wahrheit zu glauben, von  Wahrheit zu sprechen… ‚Kein Mensch kann sagen: Ich habe die Wahrheit’, wird ein­gewandt – und richtig: Niemand kann die Wahrheit haben, die Wahrheit hat uns, sie ist etwas Lebendiges! Wir sind nicht ihre Besitzer, sondern wir sind von ihr ergriffen; nur wenn wir uns von ihr führen und treiben lassen, bleiben wir in ihr! Nur wenn wir mit ihr und in ihr Pilger der Wahrheit sind, dann ist sie in uns und durch uns da… Dann wird sie auch wieder leuchten: wenn sie uns selber führt und durchdringt…

Wir wollen den HERRN darum bitten, dass uns dies geschenkt werde. Der hl. Jakobus sagt heute in der Epistel: ‚Ihr dürft das Wort nicht nur hören, ihr müsst es tun.’ Das ist eine Warnung vor der Intellektualisierung des Glaubens und der Theologie. Das ist meine Befürchtung in dieser Zeit, wenn ich soviel Gescheites lese: dass das zu einem Spiel des Intellekts wird, in dem wir uns die Bälle zuwerfen, in dem das alles nur noch intellektuelle Welt ist, die unser Leben nicht durchdringt und formt, uns daher nicht in die Wahrheit hineinführt. Ich glaube, gerade uns als Theologen betrifft dieses Wort des hl. Jakobus: Nicht bloß hören, nicht bloß Intellekt – tun, sich von der Wahrheit formen lassen, sich von ihr führen lassen!…“

Predigt bei der hl. Messe mit dem „Ratzinger-Schülerkreis“, Castel Gandolfo 2.9.2012

Glaube ist ein Geschenk zum Teilen

„In der Botschaft zum nächsten Weltmissionssonntag habe ich daran erinnert, dass der Glaube ein Geschenk ist, das man im Herzen und im Leben annehmen muss und für das man dem HERRN stets danken muss. Aber der Glaube wird ge­geben, damit er geteilt wird; er ist ein geschenktes Talent, damit es Frucht bringt; er ist ein Licht, das nicht verborgen bleiben darf. Der Glaube ist die wichtigste Gabe, die wir im Leben erhalten haben: Wir dürfen ihn nicht nur für uns selbst behalten!“    

  Audienz für neuernannte Bischöfe, 7.9.2012

Die Kraft der Hoffnung

„Nehmt mit erneuerter Kraft die Botschaft der Freude und der Hoffnung an, die CHRISTUS bringt, und verbreitet sie – eine Botschaft, die in der Lage ist, die großen Werte eurer Kulturen zu läutern und zu stärken. Aus diesem Grund habe ich in der Enzyklika Spe salvi die hl. Sudanesin Giuseppina Bakhita als Zeugin der Hoffnung vorgestellt (vgl. Nr. 3), um zu zeigen, dass die Begegnung mit dem GOTT JESU CHRISTI in der Lage ist, den ganzen Menschen zutiefst zu verwandeln, selbst in den ärmsten Lebensumständen – Bakhita war eine Sklavin –, um ihm die erhabene Würde eines Kindes GOTTES zu schenken. Eben ‚durch diese Hoffnungserkenntnis war sie ‚erlöst’, nun keine Sklavin mehr, sondern freies Kind GOTTES’ (ebd.). Und die Entdeckung der christlichen Hoffnung weckte in ihr ein neues und unbezwingliches Verlangen: ‚Die Befreiung, die sie selbst durch die Begegnung dem GOTT JESU CHRISTI empfangen hatte, die musste sie weitergeben, die musste auch anderen, möglichst vielen, geschenkt werden. Die Hoffnung, die ihr geworden war und sie ‚erlöst’ hatte, durfte sie nicht für sich behalten; sie sollte zu vielen, zu allen kommen’ (ebd.)…“

Botschaft an den Panafrikanischen Kongress der kath. Laien, vom 10.8.2012

Das Böse agiert nicht unpersönlich oder deterministisch

„…Es ist Aufgabe der Erziehung, das Reifen zur Fähigkeit zu begleiten, freie und rechte Entscheidungen zu treffen, die gegenläufig zu verbreiteten Meinungen, Moden, politischen und religiösen Ideologien sein können! Der Aufbau einer Friedenskultur hat diesen Preis! Die verbale oder physische Gewalt muss sichtlich ausgemerzt werden. Gewalt ist immer ein Angriff auf die menschliche Würde sowohl des Opfers wie des Täters…

Wir müssen uns wohl bewusst sein, dass das Böse nicht eine anonyme Kraft ist, die auf unpersönliche oder determinis­tische Weise in der Welt agiert. Das Böse, der Dämon führt über die menschliche Freiheit, über den Gebrauch unserer Freiheit. Es sucht einen Verbündeten, den Menschen. Das Böse braucht, um sich auszubreiten, den Menschen. Nachdem es auf diese Weise das erste Gebot der GOTTESliebe beleidigt hat, geht es daran, das zweite Gebot der Nächstenliebe zu entstellen. Damit verschwindet die Nächstenliebe zugunsten der Lüge und des Neides, des Hasses und des Todes. Aber es ist möglich, sich nicht vom Bösen besiegen zu lassen und das Böse durch das Gute zu besiegen (vgl. Röm 12,21). Zu dieser Umkehr der Herzen sind wir aufgerufen… Die Untätigkeit der rechtschaffenen Menschen darf nicht zulassen, dass das Böse triumphiert. Noch schlimmer aber ist es, gar nichts zu tun…“

Ansprache an Politiker, Verantwortungsträger der Religionen und Vertreter der Kulturwelt, Baabda, Libanon, 15.9.2012

Wenn der Mensch die Gebote ignoriert, entfernt er sich vom Leben

„Ich freue mich, euch alle herzlich zu grüßen, die ihr auf den Plätzen verschiedener Städte Italiens an dieser Katechese über die Zehn Gebote und an der Initiative ‚Wenn die Liebe deinem Leben Sinn gibt…’ teilnehmt… Der Dekalog führt uns auf den Berg Sinai, als GOTT in besonderer Weise in die Geschichte des jüdischen Volkes eintrat und durch dieses Volk in die Geschichte der ganzen Menschheit, indem Er uns die ‚Zehn Worte’ gab, die Seinen Willen ausdrücken und eine Art ‚ethischer Kodex’ sind, um eine Gesellschaft aufzu­bauen, in der die Bundesbeziehung zum heiligen und ge­rechten GOTT die Beziehungen zwischen den Menschen erleuchtet und leitet. Und JESUS kommt, um diesen Worten Vollendung zu schenken, indem Er sie im Doppelgebot der Liebe erhöht und zusammenfasst… Aber wir fragen uns: Wel­chen Sinn haben diese ‚Zehn Worte’ für uns im aktuellen kulturellen Kontext, in dem die Gefahr besteht, dass Säkularismus und Relativismus zum Kriterium jeder Ent­scheidung werden, und in dieser unserer Gesellschaft, die so zu leben scheint, als ob es GOTT nicht gäbe? Wir antworten darauf, dass GOTT uns die Gebote gegeben hat, um uns zu wahrer Freiheit und echter Liebe zu erziehen, damit wir wirklich glücklich sein können. Sie sind ein Zeichen der Liebe GOTTES, des VATERS, Zeichen Seines Wunsches, uns die richtige Unterscheidung von gut und böse zu lehren, von wahr und falsch, von gerecht und ungerecht. Sie sind für alle verständlich, und gerade weil sie die Grundwerte in konkrete Normen und Regeln fassen, kann der Mensch, wenn er sie in die Praxis umsetzt, den Weg der wahren Freiheit gehen, der ihn sicher zum Leben und zum Glück führt. Wenn der Mensch im Gegensatz dazu in seinem Leben die Gebote ignoriert, entfremdet er sich nicht nur von GOTT und gibt den Bund mit Ihm auf, sondern dann entfernt er sich auch vom Leben und vom dauerhaften Glück. Der sich selbst über­lassene Mensch, der GOTT gegenüber gleichgültig und auf seine absolute Autonomie stolz ist, folgt letztlich dem Götzen des Egoismus, der Macht, der Beherrschung, und vergiftet die Beziehung zu sich selbst und den anderen; er geht andere Wege, nicht die des Lebens, sondern die des Todes. Die traurigen Erfahrungen der Geschichte, vor allem die des letzten Jahrhunderts, bleiben eine Mahnung für die ganze Mensch­heit…“

Videobotschaft zur Initiative „Zehn Plätze für Zehn Gebote“, 8.9.2012

Die Treue zum Glaubenserbe als Ganzem wahren

„Es ist das erste Mal, dass wir seit meiner Apostolischen Reise im Jahr 2008 in euer schönes Land… wieder zusammentreffen. Mir war es damals wichtig, die christlichen Wurzeln Frank­reichs zu betonen, das von seinen Anfängen an die Botschaft des Evangeliums angenommen hat. Dieses alte Erbe bildet ein solides Fundament, auf das ihr eure Bemühungen stützen könnt, weiterhin unermüdlich das Wort GOTTES zu verkünden in dem Geist, der die Neuevangelisierung beseelt…

… Um die Gläubigen der ganzen Welt anzuspornen, habe ich das Jahr des Glaubens ausgerufen… ‚Das Jahr des Glaubens [ist] eine Aufforderung zu einer echten und erneuerten Umkehr zum HERRN, dem einzigen Retter der Welt  [Porta fidei, 6]. Der Gute Hirte, der Seine Schafe kennt, sich auf die Suche nach dem verlorenen Schaf macht und diese liebt bis zur Hingabe Seines Lebens für sie, ist eine der eindrücklichsten Gestalten des Evangeliums (vgl. Joh 10). Diese lässt sich vor allem auf die Bischöfe übertragen in ihrer Sorge für alle Gläubigen, aber ebenso auf die Priester, ihre Mitarbeiter. Die überreiche Arbeit, die auf euren Priestern lastet, verpflichtet euch noch mehr dazu, ‚auf ihr leibliches Wohl bedacht [zu sein], und vor allem [auf] ihr geistliches Wohl’ (Presbyterium ordinis, 7), denn euch wurde die Verantwortung für die Heiligung eurer Priester übertragen…

Die Evangelisierung erfordert…, von der Begegnung mit dem HERRN auszugehen, in einem im Gebet aufgenommenen Dialog, und sich dann auf das zu gebende Zeugnis zu konzen­trieren, um unseren Zeitgenossen zu helfen, die Zeichen der Gegenwart GOTTES zu erkennen und wiederzuentdecken… (Man) muss die Treue zum Glaubenserbe als Ganzem wahren, so wie es vom authentischen Lehramt gelehrt und von der ganzen Kirche bekannt wird. Denn ‚das Bekenntnis des Glaubens selbst ist ein persönlicher und zu­gleich gemeinschaftlicher Akt. Der erste Träger des Glau­bens ist nämlich die Kirche’ (Porta fidei, 10). Dieses Bekenntnis des Glaubens findet in der Liturgie seinen höchsten Aus­druck…

Ihr feiert in diesem Jahr den 600. Geburtstag von Jeanne d’Arc. Ich habe in Bezug auf sie Folgendes betont: ‚Einer der ureigensten Aspekte der Heiligkeit dieses jungen Mädchens ist die Verbindung zwischen mystischer Erfahrung und politischer Sendung. Auf die Jahre des Lebens in der Verborgenheit und des inneren Heranreifens folgen die beiden kurzen, aber intensiven Jahre ihres öffentlichen Lebens: ein Jahr des ‚Han­delns’ und ein Jahr des ‚Leidens’ (Generalaudienz, 26. Januar 2011). Ihr habt in ihr ein Vorbild für die Heiligkeit der Laien im Dienst am Gemeinwohl… Das Leben und die Familie in der Gesellschaft zu verteidigen ist keineswegs rückständig, sondern vielmehr prophetisch, denn das bedeutet, Werte zu fördern, die die volle Entfaltung der menschlichen Person er­lauben, die nach dem Bild GOTTES und Ihm ähnlich geschaffen ist (vgl. Gen 1,26). Wir stehen hier vor einer echten Herausforderung, die wir annehmen müssen… Auf die Für­sprache der allerseligsten Jungfrau Maria, der Patronin eures Landes, und der hl. Mitpatroninnen Jeanne d’Arc und Therese von Lisieux, erbitte ich den Segen GOTTES für euch und für Frankreich!“

Ad-limina-Besuch der Bischöfe aus Frankreich, 21.9.2012

In der Wüste der heutigen Welt den Weg zum Land der Verheißung weisen

„Die Konzilsväter wollten den Glauben wieder wirkungsvoll präsentieren; und wenn sie sich zuversichtlich dem Dialog mit der modernen Welt öffneten, so geschah dies, weil sie sich ihres Glaubens, des sicheren Felsens, auf dem sie standen, sicher waren. In den darauffolgenden Jahren haben hin­gegen viele die herrschende Mentalität ohne Unterschei­dungsvermögen angenommen und die Fundamente des depositum fidei selbst in Frage gestellt, die sie leider in ihrer Wahrheit nicht mehr als geeignet empfanden…

In diesen Jahrzehnten ist eine geistliche ‚Verwüstung’ vor­angeschritten. Was ein Leben, eine Welt ohne GOTT bedeu­tet, konnte man zur Zeit des Konzils bereits aus einigen tragischen Vorfällen der Geschichte entnehmen, heute aber sehen wir es leider tagtäglich in unserer Umgebung. Es ist die Leere, die sich ausgebreitet hat. Doch gerade von der Erfahrung der Wüste her, von dieser Leere her können wir erneut die Freude entdecken, die im Glauben liegt, seine lebensnotwendige Bedeutung für uns Menschen. In der Wüste entdeckt man wieder den Wert dessen, was zum Leben wesentlich ist; so gibt es in der heutigen Welt unzählige, oft implizit oder negativ ausgedrückte Zeichen des Durstes nach Gott, nach dem letzten Sinn des Lebens. Und in der Wüste braucht man vor allem glaubende Menschen, die mit ihrem eigenen Leben den Weg zum Land der Verheißung weisen und so die Hoffnung wach halten. Der gelebte Glaube öffnet das Herz für die Gnade Gottes, die vom Pessimismus befreit. Evangelisieren bedeutet heute mehr denn je, ein neues, von Gott verwandeltes Leben zu bezeugen und so den Weg zu weisen…“

Predigt bei der Eröffnung des „Jahres des Glaubens“, 11.10.2012

 

 

2. Soziale Themen

 

An C-Politiker: Familie - wichtigster Ort der Erziehung

„… Die Achtung des Lebens in all seinen Phasen von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod – und die daraus fol­gende Ablehnung von Abtreibung, Euthanasie und jeglicher Form von Eugenik – ist eine Verpflichtung, die verwoben ist mit der Achtung der Ehe als einer unauflöslichen Verbin­dung zwischen einem Mann und einer Frau und folglich als Fundament für die Gemeinschaft des Familienlebens. Die ‚auf die Ehe gegründete und für das Leben offene’ Familie (An­sprache an die Repräsentanten des öffentlichen Lebens, Mailand, 2.6.2012) ist der Ort, wo der Mensch das Teilen, die Achtung und die unentgeltliche Liebe erlebt und zugleich die Solidarität erfährt, die er braucht, sei es als Kind, als kranker oder alter Mensch. Die Familie ist darüber hinaus der wichtigste und entscheidende Ort für die Erziehung der Person, dank der Eltern, die sich in den Dienst ihrer Kinder stellen, um das Beste aus ihnen herauszuholen (‚e-ducere’), das in ihnen steckt. So ist die Familie, die Grundzelle der Gesellschaft, die Wurzel, die nicht nur den einzelnen nährt, sondern auch die Fundamente des sozialen Zusammenlebens. Richtigerweise hat der sel. Johannes Paul II. zu den Menschenrechten das Recht gezählt, ‚in einer geeinten Familie und in einem sittlichen Milieu zu leben, das für die Entwicklung und Entfaltung der… Persönlichkeit  [jedes Kindes] geeignet ist’ (Enzyklika Centesimus annus, 47). Der echte Fortschritt der menschlichen Gesellschaft kann nicht auf eine Politik verzich­ten, die das Ziel hat, die Ehe sowie die daraus entstehende Gemeinschaft zu schützen und zu fördern…

Verehrte Damen und Herren, wenn es auch wahr ist, dass die Verteidigung und die Förderung der Würde der mensch­lichen Person ‚uns vom Schöpfer anvertraut ist’ als eine Pflicht, die grundsätzlich und verantwortlich ‚alle Männer und Frauen in jeder Lage der Geschichte’ betrifft (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1929), so gilt diese Verant­wortung jedoch insbesondere für diejenigen, die in der Politik tätig sind. Gerade wenn sie vom christlichen Glauben beseelt sind, müssen sie ‚den kommenden Geschlechtern Triebkräfte des Lebens und der Hoffnung vermitteln’ (Gaudium et spes, 31). In dieser Hinsicht scheint die Warnung aus dem Buch der Weisheit hilfreich zu sein, dass ‚über die Großen ein strenges Gericht ergeht’ (6,5); eine Warnung, die nicht gegeben wird, um Angst zu machen, sondern um die Verantwortungsträger auf jeder Ebene dazu anzuspornen und zu ermutigen, all das Gute zu tun, was ihnen möglich ist, dem Maß und der Sendung entsprechend, die der HERR jedem einzelnen anvertraut…“

Ansprache an den Weltverband der Christlich Demokratischen Internationale, 22.9.2012

 

 

3. Ehe, Familie und Erziehung

 

Die Ehe ist in sich eine Frohe Botschaft

„(Es) verdient das Thema der Ehe, das uns vom Evangelium und von der ersten Lesung vorgeschlagen wird, eine spezielle Aufmerksamkeit. Die Botschaft des Wortes GOTTES kann man in dem Satz zusammenfassen, der im Buch Genesis steht und den JESUS selbst aufgreift: ‚Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch’ (Gen 2,24; Mk 10,7-8). Was sagt uns dieses Wort heute? Mir scheint, es lädt uns ein, uns eine bereits bekannte, aber vielleicht nicht voll zur Geltung gebrachte Wahrheit deutlicher ins Bewusstsein zu rufen, dass nämlich die Ehe in sich ein Evangelium, eine Frohe Botschaft für die Welt von heute und besonders für die entchristlichte Welt darstellt. Die Vereinigung von Mann und Frau, durch die sie ‚ein Fleisch’ werden in der Liebe, in der fruchtbaren und unauf­lösbaren Liebe, ist ein Zeichen, das mit Nachdruck von GOTT spricht, mit einer Beredsamkeit, die in unseren Tagen noch gewichtiger geworden ist, weil die Ehe leider gerade in den seit alten Zeiten evangelisierten Gebieten jetzt aus verschiedenen Gründen eine tiefe Krise durchmacht. Und das ist kein Zufall. Die Ehe ist an den Glauben gebunden, nicht in oberflächlich allgemeinem Sinn. Als eine Verbindung treu­er und unauflösbarer Liebe gründet sich die Ehe auf die Gnade, die von dem einen und dreifaltigen GOTT kommt, der uns in CHRISTUS mit einer bis hin zum Kreuz treuen Liebe geliebt hat. Heute können wir im Kontrast zu der schmerzlichen Wirklichkeit so vieler Ehen, die leider schlecht ausgehen, die ganze Wahrheit dieser Aussage erfassen. Es besteht eine offenkundige Entsprechung zwischen der Krise des Glaubens und der Krise der Ehe. Und wie die Kirche seit Langem behauptet und bezeugt, ist die Ehe berufen, nicht nur Ob­jekt, sondern auch Subjekt der neuen Evangelisierung zu sein. Das bewahrheitet sich bereits in vielen, an religiöse Ge­meinschaften und Bewegungen gebundenen Erfahrungen, verwirklicht sich aber in zunehmendem Maße auch im Gefüge der Diözesen und der Pfarreien, wie das jüngste Welttreffen der Familien bewiesen hat…“

Predigt in der Hl. Messe zur Eröffnung der Bischofssynode, 7.10.2012

 

 

 

4. Maria und Heilige

 

Marienverehrung ist Pflicht und Aufgabe der Kirche

„Am 1. November 1950 verkündigte der ehrwürdige Diener GOTTES Papst Pius XII. als Dogma, dass die Jungfrau Maria, ‚nachdem sie ihren irdischen Lebenslauf vollendet hatte, mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen worden’ ist. Diese Glaubenswahrheit war der Überlieferung bekannt, wurde von den Kirchenvätern bekräftigt und war vor allem ein wesentlicher Aspekt der Verehrung, die der Mutter CHRISTI entgegengebracht wurde. Gerade das Element der Verehrung war sozusagen die entscheidende Antriebskraft für die Formulierung dieses Dogmas: Das Dogma ist gleichsam ein Lobpreis der allerseligsten Jungfrau… Der Akt der Verkündigung der Aufnahme Mariens in den Himmel erwies sich gleichsam als eine Liturgie des Glaubens. Und im Evan­gelium… spricht Maria selbst in prophetischer Weise Worte, die auf diese Perspektive hin ausgerichtet sind. Sie sagt: ‚Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter’ (Lk 1,48). Es ist eine Prophezeiung für die ganze Kirchen­geschichte. Dieses Wort aus dem Magnifikat, das vom hl. Lukas überliefert wird, zeigt, dass der Lobpreis an die – mit ihrem Sohn CHRISTUS innig verbundene – Jungfrau und GOTTESmutter die Kirche aller Zeiten und aller Orte betrifft. Und die Niederschrift dieser Worte von Seiten des Evan­gelisten setzt voraus, dass die Verherrlichung Mariens zur Zeit des hl. Lukas bereits vorhanden war und er sie als eine Pflicht und eine Aufgabe der christlichen Gemein­schaft für alle Generationen betrachtete. Die Worte Mariens bedeuten, dass die Kirche die Pflicht hat, der Größe der GOTTESmutter aufgrund des Glaubens zu gedenken…“

Predigt am Hochfest Mariae Himmelfahrt in der Pfarrkirche von Castel Gandolfo, 15.8.2012

Maria Königin

„Jetzt aber fragen wir uns: Was bedeutet Maria Königin? Ist es nur ein Titel, der mit anderen verbunden ist, die Krone, ein Schmuck unter anderem? Was bedeutet es? Was ist dieses Königtum? Wie bereits gesagt ist es eine Folge ihres Ver­eintseins mit dem Sohn, ihres Daseins im Himmel, also in Gemeinschaft mit GOTT; sie hat Anteil an der Verantwortung GOTTES für die Welt und an der Liebe GOTTES zur Welt. Es gibt eine volkstümliche, geläufige Vorstellung von einem König oder einer Königin: eine Person mit Macht, Reichtum. Das ist jedoch nicht die Art des Königtums JESU und Mariens. Denken wir an den HERRN: Das Königtum und das Königsein CHRISTI ist durchwoben von Demut, Dienst, Liebe: Es ist vor allem dienen, helfen, lieben… Und das Gleiche gilt für Maria: Sie ist Königin im Dienst für GOTT und für die Menschheit, sie ist Königin der Liebe, die die Selbsthingabe an GOTT lebt, um in den Heilsplan für den Menschen einzutreten… Wie übt Maria dieses Königtum des Dienstes und der Liebe aus? Indem sie über uns, ihre Kinder, wacht: die Kinder, die sich im Gebet an sie wenden, um ihr zu danken oder ihren mütter­lichen Schutz und ihren himmlischen Beistand zu erbitten… Seit Jahrhunderten wird sie als himmlische Königin verehrt; achtmal wird sie nach dem Rosenkranzgebet in der Laureta­nischen Litanei als Königin angerufen…  Der Rhythmus dieser uralten Anrufungen und tägliche Gebete wie das Salve Regina helfen uns zu verstehen, dass die allerseligste Jungfrau als unsere Mutter beim Sohn JESUS in der Herrlichkeit des Himmels im täglichen Ablauf unseres Lebens stets bei uns ist… Maria ist als Königin des Himmels GOTT nahe, aber sie ist auch die Mutter, die einem jeden von uns nahe ist, die uns liebt und unsere Stimme hört.“

Generalaudienz in Castel Gandolfo, 22..8.2012

Mariens Schutz für das „Jahr des Glaubens“

„Der sel. Johannes XXIII. wünschte, dass das Zweite Vatika­nische Ökumenische Konzil am 11. Oktober eröffnet werden sollte, am selben Tag, an dem 431 das Konzil von Ephesus Maria zur ‚Theodokos’, GOTTESgebärerin, proklamiert hatte… Wie ihr wisst, wird am kommenden 11. Oktober zum Gedenken an dieses außerordentliche Ereignis feierlich das ‚Jahr des Glaubens’ eröffnet werden, das ich mit dem Motu proprio Porta fidei ausgerufen habe. Darin verweise ich auf Maria als bei­spielhaftes Vorbild des Glaubens und rufe ihren besonderen Schutz und ihre Fürbitte für den Weg der Kirche an, indem ich ihr – die selig ist, weil sie geglaubt hat – diese Zeit der Gnade anvertraue…“

Ansprache an den 23. Internationalen Mariologisch-Marianischen Kongress, 8.9.2012

Loreto-Wallfahrt vor der Eröffnung des „Jahres des Glaubens“

„Am 4. Oktober 1962 unternahm der selige Johannes XXIII. eine Pilgerreise zu diesem Wallfahrtsort, um der Jungfrau Maria das Zweite Vatikanische Konzil anzuvertrauen, das eine Woche später eröffnet werden sollte. Bei dieser Gelegen­heit richtete er, der eine tiefe, kindliche Verehrung für die GOTTESmutter hegte, diese Worte an sie: ‚Im Namen des gesamten Episkopates bitten Wir Euch, allerliebste Mutter, die Ihr als Auxilium Episcoporum angerufen werdet, heute noch einmal für Uns, den Bischof von Rom, und für alle Bischöfe des Erdkreises: Erwirke uns die Gnade, so in die Konzilsaula des Petersdoms einzuziehen, wie die Apostel und die ersten Jünger JESU in den Abendmahlsaal einzogen – in der Einheit der Herzen, bewegt von der einmütigen Liebe zu CHRISTUS und den Menschen, in dem einen Vorsatz, uns für das Heil der Einzelnen und der Völker aufzuopfern…’

In einem Abstand von fünfzig Jahren bin nun auch ich… als Pilger hierher gekommen, um der MutterGOTTES zwei wich­tige kirchliche Initiativen anzuvertrauen: das Jahr des Glaubens, das in einer Woche, am 11. Oktober – dem 50. Jahrestag der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils – beginnen wird, und die Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode, die von mir für den Monat Oktober einberufen wurde und unter dem Thema ‚Die Neuevangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens’ steht…

Und gerade hier in Loreto haben wir die Gelegenheit, uns in die Schule Mariens zu begeben, die ‚selig’ gepriesen wurde, weil sie ‚geglaubt’ hat (Lk 1,45). Dieses Heiligtum, das um ihr irdisches Haus herum erbaut wurde, hütet die Erinnerung an den Augenblick, in dem der Engel des HERRN mit der großen Ankündigung der Inkarnation zu Maria kam und sie ihre Antwort gab. Diese bescheidene Wohnstatt ist ein konkre­tes und greifbares Zeugnis des größten Ereignisses unserer Geschichte: der Inkarnation – das WORT ist Fleisch geworden, und Maria, die Magd des HERRN, ist der bevorzugte ‚Kanal’, durch den GOTT gekommen ist, um unter uns zu wohnen (vgl. Joh 1,14). Maria hat ihren eigenen Leib hingegeben, hat sich ganz und gar dem Willen GOTTES zur Verfügung gestellt und ist so zum ‚Ort’ Seiner Gegenwart geworden, zum ‚Ort’, an dem der SOHN GOTTES wohnt….

In der augenblicklichen Krise, die nicht nur die Wirtschaft, sondern verschiedene Gesellschaftsbereiche betrifft, sagt uns die Inkarnation des SOHNES GOTTES, wie wichtig der Mensch für GOTT und GOTT für den Menschen ist. Ohne GOTT gibt der Mensch schließlich seinem Egoismus den Vorrang gegenüber der Solidarität und der Liebe, zieht er das Materielle den Werten vor, das Haben dem Sein. Es ist notwendig, zu GOTT zurückzukehren, damit der Mensch wieder Mensch ist. Mit GOTT schwindet auch in schwierigen Momenten, in Krisenzeiten, der Horizont der Hoffnung nicht. Die Inkarnation sagt uns, dass wir nie allein sind: GOTT ist in unsere Menschheit eingetreten und begleitet uns…

Es gibt in dem Bericht des Evangeliums von der Verkündigung noch einen weiteren wichtigen Punkt, den ich unterstreichen möchte, einen Aspekt, der niemals aufhört, uns in Erstaunen zu versetzen: GOTT erbittet das Ja des Menschen; Er hat einen freien Gesprächspartner erschaffen und bittet, dass Sein Ge­schöpf Ihm in voller Freiheit antwortet… Um Mensch zu wer­den, erbittet GOTT die freie Zustimmung Mariens. Freilich, das Ja der Jungfrau ist Frucht der GÖTTlichen Gnade. Doch die Gnade hebt die Freiheit nicht auf, im Gegenteil: Sie schafft und unterstützt sie. Der Glaube entzieht dem Geschöpf Mensch nichts, sondern ermöglicht ihm seine volle und endgültige Verwirklichung…“

Predigt beim Pastoralbesuch in Loreto, 4.10.2012

Vertrauensvolles Gebet als Seele des Apostolats

Ein Heiliger ist nicht derjenige, der aufgrund seiner menschlichen Eigenschaften Großtaten vollbringt, sondern der in Demut zulässt, dass CHRISTUS in seine Seele eindringt, durch seine Person handelt, der Ihn, der jede Initiative eingibt und alles Schweigen trägt, zum wahren Hauptakteur all seines Handelns und Wünschens werden lässt. Sich auf diese Weise von CHRISTUS leiten zu lassen, ist nur dem möglich, der ein tiefes Gebetsleben hat. Dies besteht den Worten der Heiligen von Avila zufolge im ‚Ver­weilen bei einem Freund, mit dem wir oft zusammenkommen, einfach um bei ihm zu sein, weil wir sicher wissen, dass er uns liebt’ (Das Buch meines Lebens 8,5). Die Reform des Karmel, deren Jahrestag uns mit innerer Freude erfüllt, entsteht aus dem Gebet und ist auf das Gebet ausgerichtet. Indem sie eine radikale Rückkehr zur ursprünglichen Regel vornahm und sich von der gemilderten Regel abwendete, wollte die hl. Teresa von JESUS eine Lebensform fördern, die die persön­liche Begegnung mit dem HERRN begünstigen sollte, für die es notwendig ist, ‚die Einsamkeit aufzusuchen und sich zu einem so guten Gast nicht befremdend zu verhalten’ (Der Weg der Vollkommenheit 46,2)… Wie im 16. Jahrhundert, so gilt auch heute, inmitten rascher Veränderungen, dass das vertrauens­volle Gebet die Seele des Apostolats ist, damit die erlösende Botschaft JESU CHRISTI mit heller Klarheit und mächtiger Dynamik wiederhallt…“

Botschaft an den Bischof von Avila anlässlich des 450. Jahres­tages des Beginns der Reform des Karmel, vom 16.7.2012

Der hl. Alfons Maria von Liguori und das Gebet

„Der heutige Gedenktag gibt uns Gelegenheit, bei den Lehren des hl. Alfons über das Gebet zu verweilen, die äußerst kostbar und voll geistlicher Eingebung sind. Seine Abhandlung ‚Das große Gnadenmittel des Gebetes’, die er als die nützlichste seiner Schriften betrachtete, geht auf das Jahr 1759 zurück… Indem er sagt, dass (das Gebet) ein Mittel ist, verweist er uns zunächst auf das zu erlangende Ziel: GOTT hat uns aus Liebe erschaffen, um uns das Leben in Fülle schenken zu können. Dieses Ziel, dieses Leben in Fülle, hat sich jedoch – wie wir alle wissen – aufgrund der Sünde sozusagen ent­fernt, und nur die Gnade GOTTES kann es zugänglich machen. Um diese Grundwahrheit zu erläutern und unmittelbar verständlich zu machen, wie konkret für den Menschen die Gefahr ist, ‚verlorenzugehen’, hat der hl. Alfons einen sehr einfachen Leitsatz geprägt, der lautet: ‚Wer betet, wird sicher gerettet; wer nicht betet, geht sicher verloren.’ Als Kommentar zu diesem schlichten Satz fügte er hinzu: ‚Ohne das Gebet ist es sehr schwer, ja… sogar unmöglich, selig zu werden; mit dem Gebete aber ist es leicht und sicher, dass man selig werde’ (II, Schluss). Und er sagt auch, dass ‚wenn wir nicht beten, wir keine Entschuldigung verdienen; denn die Gnade zu beten wird jedem gegeben… Wenn wir nicht gerettet werden, so ist es ganz unsere Schuld, weil wir nicht gebetet haben“ (ebd.). Indem er sagte, dass das Gebet ein notwendiges Mittel ist, wollte der hl. Alfons also zu verstehen geben, dass man in keiner Lebenssituation darauf verzich­ten kann zu beten, insbesondere im Augenblick der Prüfung und in Schwierigkeiten… Wir sind eingeladen, keine Furcht zu haben, uns an Ihn zu wenden und Ihm mit Vertrauen unsere Bitten darzubringen, in der Gewissheit, das zu erhalten, was wir brauchen.

Liebe Freunde, das ist die zentrale Frage: Was ist in meinem Leben wirklich notwendig? Ich antworte mit dem hl. Alfons: ‚Das Heil und alle dazu notwendigen Gnaden’ (ebd.). Natürlich meint er damit nicht nur das leibliche Heil, sondern vor allem das der Seele, das JESUS uns schenkt. Mehr als alles andere brauchen wir Seine befreiende Gegenwart, die unser Leben wirklich zutiefst menschlich macht und daher mit Freude erfüllt. Und nur durch das Gebet könnten wir Ihn, Seine Gnade annehmen, die uns in jeder Situation erleuchtet und uns das wahre Wohl erkennen lässt. Und indem sie uns stärkt, macht sie auch unseren Willen wirkkräftig, das heißt, sie macht ihn fähig, das erkannte Gute umzusetzen. Oft erkennen wir das Gute, sind aber nicht in der Lage, es zu tun… Der hl .Alfons führt das  - sehr interessante – Beispiel des hl. Philipp Neri an, der, sobald er des Morgens erwachte, zu GOTT sprach: HERR! Halte heute Deine Hand über Philipp! Denn sonst wird Philipp Dich noch verraten!’ (III,3). Ein großer Realist!… Auch wir müssen im Bewusstsein unserer Schwäche mit Demut um GOTTES Hilfe bitten… Dem hl. Augustinus folgend lädt er jeden Christen ein, keine Angst zu haben, sich von GOTT durch das Gebet jene Kraft zu verschaffen, die er nicht hat und derer er bedarf, um Gutes zu tun, in der Gewissheit, dass der HERR dem, der Ihn mit Demut anruft, Seine Hilfe nicht versagt (vgl. III,3)…“

Generalaudienz in Castel Gandolfo, 1.8.2012

Die Wahrheit erlaubt keinen Kompromiss

„Auf diesen letzten Mittwoch im Monat August fällt der liturgische Gedenktag des hl. Johannes des Täufers, des Vorläufers JESU… Der heutige Gedenktag geht auf die Weihe einer Krypta in Sebaste in Samaria zurück, wo bereits in der Mitte des 4. Jh. sein Haupt verehrt wurde… Im Römischen Martyrologium wird eine zweite Auffindung der kostbaren Reliquie erwähnt, die bei diesem Anlass in die Kirche ‚San Silvestro a Campo Marzio’ in Rom überführt wurde. Diese kleinen historischen Bezüge helfen uns zu verstehen, wie alt und tief die Verehrung des hl. Johannes des Täufers ist…

Als letzte Tat bezeugt der Täufer mit dem Blut seine Treue zu den Geboten GOTTES, ohne nachzugeben oder zurück­zuweichen, und erfüllt so seine Sendung bis ins Letzte. Der hl. Beda, ein Mönch des 8. Jahrhunderts, sagt in seinen Predig­ten: Der hl. Johannes gab für [CHRISTUS] sein Leben hin, auch wenn ihm nicht geboten wurde, JESUS CHRISTUS zu verleugnen. Ihm wurde nur geboten, die Wahrheit zu ver­schweigen (vgl. Hom. 23: CCL 122,354). Und er verschwieg die Wahrheit nicht und starb so für CHRISTUS, der die Wahrheit ist. Gerade aus Liebe zur Wahrheit ließ er sich nicht auf Kompromisse ein und hatte keine Angst, starke Worte an jene zu richten, die den Weg GOTTES verloren hatten… (Das) erinnert auch uns, die Christen unserer heutigen Zeit, daran, dass man gegenüber der Liebe zu CHRISTUS, zu Seinem Wort, zur Wahrheit keine Kompromisse eingehen kann. Die Wahrheit ist Wahrheit, es gibt keinen Kompromiss. Das christliche Leben verlangt sozusagen das ‚Martyrium’ der täglichen Treue zum Evangelium, also den Mut, CHRISTUS in uns wachsen zu lassen und an CHRISTUS unser Denken und unser Handeln auszurichten. Das kann in unserem Leben jedoch nur dann geschehen, wenn die Beziehung zu GOTT gefestigt ist. Das Gebet ist keine verlorene Zeit, es bedeutet nicht, den Tätigkeiten – auch den Tätigkeiten des Apostolats – Platz wegzunehmen, sondern genau das Gegenteil ist der Fall: Nur wenn wir in der Lage sind, ein treues, beständiges, vertrauensvolles Gebetsleben zu haben, dann wird GOTT selbst uns die Fähigkeit und die Kraft schenken, glücklich und in Frieden zu leben, die Schwierigkeiten zu überwinden und Ihn mit Mut zu bezeugen…“

Generalaudienz in Castel Gandolfo, 29.8.2012

Den Schutz der indigenen Völker fördern

„Mit Freude habe ich erfahren, dass in Kolumbien in diesem Jahr geplant ist, den 100. Jahrestag der Enzyklika Lacrimabili statu indorum zu feiern, die am 7. Juni 1912 von meinem Vor­gänger, dem hl. Pius X., unterzeichnet wurde. In Kontinuität zur Enzyklika Immensa pastorum von Papst Benedikt XIV. hatte das erwähnte Dokument die Notwendigkeit aufgezeigt, sich mit mehr Sorgfalt für die Evangelisierung der indi­genen Völker und der ständigen Förderung ihrer Würde und ihres Fortschritts einzusetzen… So betrachtet die Kir­che kein berechtigtes menschliches Streben als fremd und macht sich die edelsten Ziele dieser Völker zu eigen, die oftmals ausgegrenzt oder unverstanden sind und deren Würde nicht geringer ist als die jeder anderen Person, denn jeder Mann und jede Frau ist als Abbild GOTTES, Ihm ähnlich, erschaffen worden (vgl. Gen 1,26-27)… Niemand, der sich rühmt, Christ zu sein, darf seinen Nächsten aufgrund seiner Sprache, Hautfarbe oder Kultur missachten oder gering­schätzen…

(Es) dienen uns als Vorbild der apostolische Mut bedeutender Bischöfe wie Toribio de Mogrovejo [Hl, span. Missionar, Erzbischof von Lima, 1538-1606] oder Ezequiel Moreno [Hl., span. Augustiner, Bischof in Kolumbien, 1848-1906], die unverbrüchliche Nächstenliebe von Ordensleuten wie Roque González de Santa Cruz [Hl., Jesuitenmissionar, Märtyrer, 1576-1628] oder Laura Montoya [Sel., kolumbian. Ordensfrau, 1874-1949] und die Einfachheit und Demut so vorbildlicher Laien wie Ceferino Namuncurá [Sel., 1886-1905, vgl. Porträt in FMG-INFO 92 S. 30ff] oder Juan Diego Cuauhtlatoatzin [Hl., Seher von Guadalupe, 1474-1548] …“

Botschaft zum 100. Jahrestag der Enzyklika Lacrimabili statu indorum, vom 16.6.2012

Neue Kirchenlehrer

„An dieser Stelle wollen wir einen Moment innehalten, um die beiden Heiligen zu würdigen, die heute in die erlesene Schar der Kirchenlehrer eingereiht worden sind. Der hl. Johannes von Avila lebte im 16. Jh. Er verfügte über eine gründliche Kenntnis der Hl. Schrift und war von einem brennenden missionarischen Geist erfüllt. In einzigartiger Tiefe vermochte er die Geheimnisse der von CHRISTUS für die Menschheit erwirkten Erlösung zu durchdringen. Als ein wahrer GOTTESmann verband er das ständige Gebet mit apostolischer Tätigkeit. Er widmete sich der Predigt sowie der Förderung der sakramentalen Praxis und konzentrierte seine Bemühungen auf die Verbesserung der Ausbildung der Pries­teramtskandidaten, der Ordensleute und der Laien, im Hinblick auf eine fruchtbare Reform der Kirche.

Die hl. Hildegard von Bingen, eine bedeutende weibliche Ge­stalt des 12. Jh., hat ihren wertvollen Beitrag zur Entwicklung der Kirche ihrer Zeit geleistet, indem sie ihre von GOTT erhaltenen Gaben zur Geltung brachte, wobei sie sich als eine Frau von lebhafter Intelligenz, tiefer Sensibilität und anerkannter geistlicher Autorität erwies. Der HERR schenkte ihr einen prophetischen Geist und eine leidenschaftliche Fähigkeit, die Zeichen der Zeit zu unterscheiden. Hildegard besaß eine ausgeprägte Liebe zur Schöpfung und beschäftigte sich mit Medizin, Dichtung und Musik. Vor allem bewahrte sie immer eine große und treue Liebe zu CHRISTUS und Seiner Kirche…“

Predigt bei der Hl. Messe zur Eröffnung der Bischofssynode, 7.10.2012

Heiligsprechung von Kateri Tekakwitha und Anna Schäffer

„Heute hört die Kirche noch einmal diese Worte JESU, die Er auf dem Weg nach Jerusalem sprach, wo sich das Geheimnis Seines Leidens und Sterbens und Seiner Auferstehung erfüllen sollte. Es sind Worte, welche den Sinn der Sendung CHRISTI auf Erden beinhalten – einer Sendung, die durch Sein Opfer, durch Seine Ganzhingabe gekennzeichnet ist. An diesem 3. Sonntag im Oktober, an dem der Weltmissionstag gefeiert wird, hört die Kirche diese Worte mit besonderem Nachdruck und ruft sich neu ins Bewusstsein, dass sie als Ganze ständig im Dienst am Menschen und am Evangelium steht wie Er, der sich selber hingegeben hat bis zum Opfer Seines Lebens…

Der Menschensohn ist gekommen, um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele (vgl. Mk 10,45).

Diese Worte waren das Lebensprogramm der sieben Seligen, die die Kirche heute feierlich in die glorreiche Schar der Heiligen einreiht. Mit heroischem Mut haben sie ein Leben geführt, das ganz GOTT geweiht und dem großherzigen Dienst an den Mitmenschen gewidmet war. Sie sind Söhne und Töchter der Kirche, die in der Nachfolge des HERRN den Weg des Dienens gewählt haben. Die Quelle der Heiligkeit in der Kirche liegt immer im Geheimnis der Erlösung, auf das der Pro­phet Jesaja in der 1. Lesung vorausweist: Der GOTTESknecht ist der Gerechte, der ‚die vielen gerecht macht; der ihre Schuld auf sich lädt’ (vgl. Jes 53,11); es ist der gekreuzigte, aufer­standene und in der Herrlichkeit lebende CHRISTUS. Die heu­tige Heiligsprechung ist eine beredte Bestätigung dieser ge­heimnisvollen Heilswirklichkeit. Das beharrliche Bekenntnis des Glaubens dieser 7 großherzigen Jünger CHRISTI, ihre Gleich­gestaltung mit dem Menschensohn leuchtet heute in der ganzen Kirche…

Kateri Tekakwitha wurde 1656 als Kind eines Vaters aus dem Stamm der Mohawks und einer christlichen Mutter aus dem Stamm der Algonquin im heutigen Staat New York geboren. Ihre Mutter vermittelte ihr ein Gespür für den lebendigen GOTT. Im Alter von 20 Jahren wurde sie getauft; um der Verfolgung zu entkommen, nahm sie Zuflucht in der Mission St. Franz Xaver bei Montreal. Dort arbeitete sie in Treue zu den Traditionen ihres Volkes, auch wenn sie dessen religiöse Überzeugungen verwarf, bis zu ihrem Tod im Alter von 24 Jahren. Sie führte ein einfaches Leben und blieb ihrer Liebe zu JESUS, zum Gebet und zur täglichen hl. Messe treu. Ihr größter Wunsch war es, zu erkennen und zu tun, was GOTT gefällt.

Kateri beeindruckt uns durch das Wirken der Gnade in ihrem Leben ohne jede äußere Unterstützung und durch ihren Mut zu der in ihrer Kultur so einzigartigen Berufung. In ihr berei­chern sich Glaube und Kultur gegenseitig! Möge ihr Beispiel uns helfen, dort, wo wir sind, in der Liebe zu JESUS zu leben, ohne zu verleugnen, was wir sind! Heilige Kateri, Patronin von Kanada und erste indianische Heilige, wir vertrauen dir die Er­neuerung des Glaubens in den ‚Ersten Nationen’ und in ganz Nordamerika an! GOTT segne die indigenen Völker!

Anna Schäffer aus Mindelstetten wollte als Jugendliche in ei­nen Missionsorden eintreten. Da sie aus einfachen Verhältnis­sen stammte, versuchte sie die nötige Aussteuer für die Auf­nahme ins Kloster als Dienstmagd zu verdienen. In dieser Stellung erlitt sie einen schweren Unfall mit unheilbaren Ver­brennungen an den Beinen, der sie für ihr ganzes weiteres Leben ans Bett fesselte. So wurde ihr das Krankenlager zur Klosterzelle und das Leiden zum Missionsdienst. Sie haderte zunächst mit ihrem Schicksal, verstand ihre Situation dann aber als einen liebevollen Ruf des Gekreuzigten in seine Nachfolge. Gestärkt durch die tägliche Kommunion wurde sie zu einer unermüdlichen Fürsprecherin im Gebet und zu einem Spiegel der Liebe GOTTES für viele Ratsuchende. Ihr Apostolat des Betens und des Leidens, des Opferns und des Sühnens sei den Gläubigen in ihrer Heimat ein leuchtendes Vor­bild, ihre Fürbitte stärke die christliche Hospizbewegung in ihrem segensreichen Wirken…

Diese neuen Heiligen unterschiedlicher Herkunft, Sprache, Na­tion und aus verschiedenen Gesellschaftsschichten sind mit dem ganzen Volk GOTTES im Heilsgeheimnis CHRISTI, des Erlösers, vereint. Gemeinsam mit ihnen rufen auch wir… dem HERRN mit den Psalmworten zu, dass Er ‚für uns Schild und Hilfe’ ist, und bitten Ihn: ‚Lass Deine Güte über uns walten, o HERR, denn wir schauen aus nach Dir’ (Ps 33,20.22). Möge das Zeugnis der neuen Heiligen, das Zeugnis ihres aus Liebe zu CHRISTUS großherzig hingegebenen Lebens heute zur ganzen Kirche sprechen, und möge ihre Fürbitte die Kirche stärken und unterstützen in ihrer Sendung, der ganzen Welt das Evangelium zu verkünden.“

Predigt am Petersplatz, 21.10.2012

 

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