FMG-INFORMATION 102, Mai 2011

 

 

1. Glaube und Kirche

 

Beichte - Volksfrömmigkeit

„… Auch das Bußsakrament ist wichtig. Es lehrt mich, mich von GOTT her anzuschauen und zwingt mich zur Ehrlichkeit mir selbst gegenüber. Es führt mich zur Demut. Der Pfarrer von Ars hat einmal gesagt: Ihr findet es nicht sinnvoll, heute die Lossprechung zu empfangen, da ihr wisst, dass ihr morgen doch wieder die gleichen Sünden tun werdet. Aber – so sagt er: GOTT selbst vergisst im Augenblick eure Sünden von morgen, um euch heute Seine Gnade zu geben. Auch wenn wir immer wieder mit den gleichen Fehlern zu ringen haben, ist es wichtig, der seelischen Verwilderung entgegenzuwirken; der Gleichgültigkeit, die sich damit abfindet, dass ich nun einmal so bin. Es ist wichtig, auf dem Weg zu bleiben – ohne Skrupulosität, in dem dankbaren Bewusstsein, dass GOTT mir immer neu vergibt. Aber auch ohne Gleichgültigkeit, die nicht mehr um die Heiligkeit und um das Besserwerden ringen würde. Und indem ich mir vergeben lasse, lerne ich auch, den anderen zu vergeben. Indem ich meine eigene Armseligkeit erkenne, werde ich auch toleranter und verständiger mit der Schwäche des Nächsten.

Bewahrt euch auch den Sinn für die Volksfrömmigkeit, die in allen Kulturen verschieden und doch auch immer wieder ganz ähnlich ist, weil das Herz des Menschen letztlich immer dasselbe ist. Gewiss, die Volksfrömmigkeit tendiert zur Irrationalität, vielleicht auch manchmal zur Äußerlichkeit. Sie zu ächten ist dennoch ganz verkehrt. In ihr ist der Glaube in das Herz des Menschen eingetreten, ist Teil ihres Empfindens, ihrer Gewohnheiten, ihres gemeinsamen Fühlens und Lebens geworden. Deswegen ist die Volksfrömmigkeit ein großer Schatz der Kirche. Der Glaube hat Fleisch und Blut angenommen. Sie muss sicher immer wieder gereinigt, auf die Mitte hin bezogen werden, aber sie verdient unsere Liebe, und sie macht uns selber auf ganz reale Weise zum ‚Volk GOTTES’...“

Brief des Hl. Vaters an die Seminaristen, 18.10.2010

Mission ist Gebot

„GOTT kann diese Rettung auf ungewöhnlichen Wegen vollbringen, die Er allein kennt. Wenn jedoch Sein SOHN ge­kommen ist, geschah das gerade deshalb, um uns durch Sein Wort und Sein Leben die gewöhnlichen Heilswege zu offenbaren; und Er hat uns dann ausgesandt, um mit Seiner Vollmacht diese Offenbarung an die anderen weiterzugeben. Wenn dem so ist, können wir uns der folgenden Überlegung nicht entziehen: Die Menschen werden sich dank der Barmherzigkeit GOTTES auf anderen Wegen retten können, wenn wir ihnen nicht das Evangelium verkündigen; aber werde ich mich retten können, wenn ich aus Nachlässigkeit, Angst und Scham oder um falschen Ideen zu folgen, aufgehört habe, es zu verkündigen?

Manchmal stoßen wir auf den folgenden Einwand: Das Auferlegen einer Wahrheit, auch wenn es die Wahrheit des Evangeliums ist, das Auferlegen eines Weges, auch wenn er das Heil ist, könne nur als Angriff auf die religiöse Freiheit empfunden werden. Ich möchte hier die dazu passende und aufschlussreiche Antwort weitergeben, die Papst Paul VI. darauf gefunden hat: ‚Sicherlich wäre es ein Irrtum, irgendetwas, was immer es auch sei, dem Gewissen unserer Brüder aufzunötigen. Diesem Gewissen jedoch die Wahrheit des Evangeliums und den Heilsweg in JESUS CHRISTUS in voller Klarheit und in absolutem Respekt vor den freien Entscheidungen, die das Gewissen trifft, vorzulegen – ‚ohne Zwang oder unehrenhafte oder ungehörige Überredung’ – ist gerade eine Wertschätzung eben dieser Freiheit, der so die Wahl eines Weges angeboten wird, den selbst die Nichtglaubenden für ehrenvoll und erhebend halten… Die – wie Wir sagten – respektvolle Verkündigung der Botschaft CHRISTI und Seines Reiches ist nicht nur ein Recht des Glaubensboten – sie ist mehr: sie ist seine Pflicht. Und die Menschenbrüder dieses Glaubensboten haben auch ein Recht darauf, von ihm die Verkündigung der Frohbotschaft und des Heils zu empfangen’ (Apostol. Schrei­ben Evangelii nuntiandi, 80)… Das Verlangen, das Evangelium zu verkünden, entsteht in einem Herzen, das sich in JESUS verliebt hat und glühend wünscht, dass mehr Menschen die Einladung zur Teilnahme am Hochzeitsmahl des GOTTESSOHNES erhalten… Die Berufung zur Mission ist folglich nicht etwas, das ausschließlich für eine begrenzte Gruppe von Gliedern der Kirche bestimmt ist, sondern sie ist ein an jeden Getauften gerichtetes Gebot, ein wesentliches Element seiner Berufung…“

Ad-limina-Besuch der brasilianischen Bischöfe der Regionen Nord I und Nordost, 4.10.2010

Europa muss sich GOTT öffnen

„Es ist eine Tragödie, dass sich in Europa, besonders im 19. Jahrhundert, die Überzeugung durchsetzte und verbreitete, dass GOTT der Gegenspieler des Menschen und der Feind seiner Freiheit sei. Damit wollte man den wahren biblischen Glauben an GOTT verdunkeln, der Seinen SOHN JESUS CHRISTUS in die Welt gesandt hat, damit keiner zugrunde gehe, sondern alle das ewige Leben haben (vgl. Joh 3,16).

Gegenüber einem Heidentum, demzufolge GOTT den Menschen beneidet und verachtet, bekräftigt der Verfasser des Buches der Weisheit entschieden: Weshalb hätte GOTT alles erschaffen, wenn Er es nicht geliebt hätte, Er, der in Seiner unbegrenzten Fülle keiner Sache bedarf? (vgl. Weish 11,24-26). Weshalb hätte Er sich den Menschen offenbart, wenn Er sie nicht hätte beschützen wollen? GOTT ist der Ursprung unseres Seins und das Fundament und der Gipfel unserer Freiheit, nicht ihr Gegner. Wie kann der sterbliche Mensch sich auf sich selbst gründen, und wie kann der sündige Mensch sich mit sich selbst versöhnen? Wie ist es möglich, dass über diese erste und wesentliche Wahrheit des menschlichen Lebens in der Öffentlichkeit geschwiegen wird? Wie kann das, was im Leben am meisten maßgebend ist, in die bloße Privatsphäre verwiesen oder in den Halbschatten verbannt werden? Wir Menschen können nicht im Finstern leben, ohne das Licht der Sonne zu sehen. Und wie ist es nun möglich, dass GOTT, der Sonne des Verstandes, der Kraft des Willens und dem Magnet unserer Herzen, das Recht abgesprochen wird, dieses Licht anzubieten, das jede Finsternis vertreibt? Es ist deshalb notwendig, dass der Name GOTTES unter dem Himmel Europas freudig wieder erklingt; dass dieses heilige Wort nie achtlos ausgesprochen wird; dass es nie verdreht wird und für ihm fremde Zwecke verwendet wird. Es muss heilig ausgesprochen werden. Es ist erforderlich, dass wir es so im täglichen Leben, im Schweigen der Arbeit, in der brüderlichen Liebe und in den Schwierigkeiten, die die Jahre mit sich bringen, wahrnehmen.

Europa muss sich GOTT öffnen, muss ohne Angst heraustreten hin zur Begegnung mit Ihm, muss mit Seiner Gnade für die Würde des Menschen arbeiten, die von den besten Traditionen erschlossen worden ist…

Man kann GOTT keine Verehrung erweisen, ohne den Menschen als Sein Kind zu beschützen, und man kann dem Menschen nicht dienen, ohne zu fragen, wer sein Vater sei, und auf diese Frage Antwort zu geben…“

Predigt in Santiago de Compostela, 6.10.2011

Die Vergebung als Angelpunkt jeder wahren Erneuerung

„Wie ihr, geliebte Bischöfe, wohl wisst, hat die geistige Krise unserer Zeit ihre tiefsten Wurzeln in der Verdunkelung der Gnade der Vergebung. Wenn die Vergebung nicht als wirklich und wirksam anerkannt wird, neigt man dazu, den Menschen von der Schuld freizusprechen, indem man vorgibt, dass die Bedingungen für ihre Möglichkeit niemals eintreten. Aber in ihrem Innersten wissen die auf diese Art ‚befreiten’ Menschen, dass das nicht stimmt, dass es die Sünde gibt und dass sie selbst Sünder sind. Auch wenn manche Strömungen der Psychologie große Schwierigkeiten damit haben zuzugeben, dass zu den Schuldgefühlen auch jene gehören kön­nen, die durch eine echte Schuld ausgelöst wurden, wer so kaltblütig ist, nicht einmal dann Schuldgefühle zu empfinden, wenn er sie empfinden müsste, möge mit allen Mitteln versuchen, diese Schuldgefühle zurückzugewinnen, weil sie in der geistlichen Ordnung für das Heil der Seele notwendig sind. Tatsächlich ist JESUS nicht gekommen, um diejenigen zu retten, die sich schon von allein befreit haben, weil sie meinen, Ihn nicht zu brauchen, sondern alle jene, die sich als Sünder fühlen und Ihn brauchen (vgl. Lk 5,31-32). Die Wahrheit ist, dass wir alle Ihn als GÖTTlichen Bildhauer brauchen, der die verkrusteten Schichten aus Staub und Schmutz, die sich auf das in uns eingeschriebene Bild GOTTES gelegt haben, entfernt. Wir brauchen die Vergebung, die den Dreh- und Angelpunkt jeder wahren Erneuerung darstellt: Wenn wir den Menschen in seinem Innersten erneuern, wird er auch zum Zentrum der Erneuerung der Gemeinschaft. Denn wenn Staub und Schmutz, die das Ebenbild GOTTES in mir unerkennbar machen, entfernt werden, werde ich dem anderen, der seinerseits GOTTES Ebenbild ist, wirklich ähnlich und vor allem werde ich CHRISTUS ähnlich, der das Ebenbild GOTTES ohne jeden Fehler und Abstrich ist, das Modell oder Vorbild, nach dem wir alle erschaffen worden sind. Der hl. Paulus drückt das auf sehr konkrete Weise aus: ‚Nicht mehr ich lebe, sondern CHRISTUS lebt in mir’ (Gal 2,20). Ich werde aus meiner Isolierung herausgeführt und in eine neue Gemeinschaft von Subjekten aufgenommen, mein ‚Ich’ wird in das ‚Ich’ CHRISTI eingefügt und so mit dem Ich aller meiner Brüder vereint. Erst aus dieser tiefgreifenden Erneuerung des Individuums entsteht die Kirche, entsteht die Gemeinschaft, die im Leben und im Tod vereint und trägt…“

Ad-limina-Besuch der brasilianischen Bischöfe  der Region Ost I, 25.9.2010

Die Sünde von Priestern im Kontext unserer Zeit

„Die Welt ist mit all ihren neuen Hoffnungen und Möglichkeiten doch zugleich bedrängt von dem Gefühl, dass der morali­sche Konsens zerfällt, ohne den die rechtlichen und politi­schen Strukturen nicht funktionieren… ‚Excita, Domine, potentiam tuam, et veni’: [etwa: Entfache Deine Macht, HERR, und komm. Anm. Red.] Dieses Adventsgebet ist mir in den großen Bedrängnissen, denen wir im vergangenen Jahr ausgesetzt waren, immer wieder in die Gedanken und auf die Lippen gekommen. Wir hatten mit großer Freude das Jahr des Priestertums begonnen, und wir durften es auch GOTTlob mit großer Dankbarkeit beenden, obwohl es so ganz anders verlaufen ist, als wir erwartet hatten. Es ist uns Priestern und den Laien, gerade auch jungen Menschen, wieder bewusst geworden, welches Geschenk das Priestertum der katholischen Kirche darstellt… wie schön es ist, dass Menschen im Namen GOTTES und mit Vollmacht das Wort der Vergebung aussprechen dürfen… dass Menschen das Wort der Verwand­lung sprechen dürfen…

Um so mehr waren wir erschüttert, gerade in diesem Jahr in einem Umfang, den wir uns nicht hätten vorstellen können, Fälle von Missbrauch Minderjähriger durch Priester kennenzulernen, die das Sakrament in sein Gegenteil verkehren, den Menschen in seiner Kindheit – unter dem Deckmantel des Hei­ligen – zuinnerst verletzen und Schaden für das ganze Leben zufügen.

Mir ist dabei eine Vision der hl. Hildegard von Bingen in den Sinn gekommen, die in erschütternder Weise das beschreibt, was wir in diesem Jahr erfahren haben: ‚Im Jahr 1170 nach CHRISTI Geburt lag ich lange krank danieder. Da schaute ich, wach an Körper und Geist, eine Frau von solcher Schönheit… Aber ihr Antlitz war mit Staub bestreut, ihr Gewand war an der rechten Seite zerrissen… Die Wundmale meines Bräutigams bleiben frisch und offen, solange die Sündenwunden der Menschen offen sind. Eben dieses Offenbleiben der Wunden CHRISTI ist die Schuld der Priester… Und ich hörte eine Stimme vom Himmel, die sprach: Dieses Bild stellt die Kirche dar…“ (Brief an Werner von Kirchheim und an seine Priestergemeinschaft: PL 197,269ff).

Das Gesicht der Kirche ist in der Vision der hl. Hildegard mit Staub bedeckt, und so haben wir es gesehen. Ihr Gewand ist zerrissen – durch die Schuld der Priester. So, wie sie es gesehen und gesagt hat, haben wir es in diesem Jahr erlebt. Wir müssen diese Demütigung als einen Anruf zur Wahrheit und als einen Ruf zur Erneuerung annehmen. Nur die Wahrheit rettet. Wir müssen fragen, was wir tun können, um geschehenes Unrecht so weit wie möglich gutzumachen. Wir müssen fragen, was in unserer Verkündigung, in unserer ganzen Weise, das Christsein zu gestalten, falsch war, dass solches geschehen konnte. Wir müssen zu einer neuen Entschiedenheit des Glaubens und des Guten finden. Wir müssen zur Buße fähig sein. Wir müssen uns mühen, in der Vorbereitung zum Priestertum alles zu versuchen, damit solches nicht wieder geschehen kann…

Es ist Anlass, dabei auch den vielen guten Priestern zu danken, die die Güte des HERRN in Demut und Treue weitertragen und mitten in den Zerstörungen Zeugen sind für die unverlorene Schönheit des Priestertums.

Der besonderen Schwere dieser Sünde von Priestern und unserer entsprechenden Verantwortung sind wir uns bewusst. Aber wir können auch nicht schweigen über den Kontext unserer Zeit, in dem diese Vorgänge zu sehen sind. Es gibt einen Markt der Kinderpornographie, der irgendwie von der Gesellschaft immer mehr als etwas Selbstverständliches angesehen zu werden scheint. Die seelische Zerstörung der Kinder, in der Menschen zum Marktartikel gemacht werden, ist ein erschreckendes Zeichen der Zeit. Von Bischöfen aus den Ländern der Dritten Welt höre ich immer wieder, wie der Sextourismus eine ganze Generation bedroht und sie in ihrer Freiheit und Menschenwürde beschädigt. Die Apokalypse des hl. Johannes rechnet es unter die großen Sünden Babylons, das heißt der gottlosen Riesenstädte der Welt, dass sie mit Leibern und mit Seelen Handel treiben und sie zur Ware machen (Apk 18,13). In diesem Zusammenhang steht auch das Problem der Droge, die mit wachsender Gewalt ihre Polypenarme um den Erdball streckt – sichtbarer Ausdruck der Diktatur des Mammons, der den Menschen pervertiert…

Um diesen Mächten entgegenzutreten, müssen wir einen Blick auf ihre ideologischen Grundlagen werfen. In den 70er Jahren wurde Pädophilie als etwas durchaus dem Menschen und auch dem Kind Gemäßes theoretisiert. Dies aber war Teil einer grundlegenden Perversion des Konzepts von Ethos. Es wurde – auch bis in die katholische Theologie hinein – behauptet, das in sich Böse gebe es so wenig, wie es das an sich Gute gebe. Es gebe nur ‚besser als’ und ‚schlechter als’. Nichts sei in sich gut oder schlecht. Alles hänge von den Umständen und von der Zwecksetzung ab. Je nach den Zwecken und Umständen könne alles gut oder auch schlecht sein. Moral wird durch ein Kalkül der Folgen ersetzt und hört damit auf, als solche zu bestehen. Die Folgen dieser Theorien sind heute offenkundig. Ihnen gegenüber hat Papst Johannes Paul II. 1993 in seiner Enzyklika Veritatis splendor mit prophetischer Kraft in der großen rationalen Tradition des christlichen Ethos die wesentlichen und bleibenden Grundlagen moralischen Handelns herausgestellt. Dieser Text muss heute als Weg der Gewissensbildung neu ins Zentrum gerückt werden. Es ist unsere Verantwortung, in der Menschheit diese Maßstäbe als Wege der wahren Humani­tät neu hörbar und verstehbar zu machen…“

Weihnachtsempfang für Kardinalskollegium und Kurie, 20.12.2010

Falsches und richtiges Verständnis des Gewissens

„In unseren Tagen wird der subjektiven Dimension des Lebens große Bedeutung beigemessen. Das ist einerseits gut, weil dadurch der Mensch und seine Würde in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestellt werden können, sowohl im Denken als auch im geschichtlichen Handeln. Man darf jedoch niemals vergessen, dass der Mensch seine tiefste Würde im liebevollen Blick GOTTES findet, im Bezug auf Ihn. Die Beachtung der subjektiven Dimension ist auch ein Gut, wenn man den Wert des menschlichen Gewissens hervorhebt. Aber hier stehen wir einer großen Gefahr gegenüber, da sich im modernen Denken eine verkürzte Auffassung vom Gewissen entwickelt hat, der zufolge es keine objektiven Bezugspunkte zur Bestimmung des Wertvollen und des Wah­ren gibt, sondern das einzelne Individuum mit seinen Vorstellungen und seinen Erfahrungen das Maß ist: Jeder besitzt also seine eigene Wahrheit, seine eigene Moral.

Die sichtbarste Folge ist die Tendenz, Religion und Moral in den Bereich des Subjektiven, des Privaten zu verbannen: Der Glaube mit seinen Werten und seinen Verhaltensweisen hätte demnach kein Recht mehr auf einen Platz im öffentlichen und zivilen Leben. Einerseits wird also in der Gesellschaft dem Pluralismus und der Toleranz große Bedeutung beigemessen, andererseits besteht die Tendenz, die Religion nach und nach auszugrenzen und sie als bedeutungslos und in gewisser Weise als der zivilen Welt fremd zu erachten, gleichsam als müsse man ihren Einfluss auf das Leben des Men­schen einschränken. Für uns Christen dagegen ist die wahre Bedeutung des ‚Gewissens’ die Fähigkeit des Menschen, die Wahrheit zu erkennen und vorher noch die Möglichkeit, ihren Ruf zu hören, sie zu suchen und zu finden. Der Mensch muss sich der Wahrheit und dem Guten gegenüber öffnen können, um sie in Freiheit und bewusst anzunehmen. Die menschliche Person ist im Übrigen Ausdruck eines Plans der Liebe und der Wahrheit: GOTT hat sie sozusagen ‚geplant’, mit ihrer Innerlichkeit, mit ihrem Gewissen, damit sie daraus die Orientierung gewinnen kann, um sich selbst und die menschliche Gesellschaft zu bewahren und zu pflegen.

Die neuen Herausforderungen, die am Horizont auftauchen, erfordern, dass GOTT und der Mensch einander wieder begegnen, dass die Gesellschaft und die öffentlichen Einrichtungen ihre ‚Seele’, ihre geistlichen und sittlichen Wurzeln wiederfinden, um den ethischen und rechtlichen Bezugswerten und somit dem praktischen Handeln neuen Bestand zu geben. Der christliche Glaube und die Kirche tragen unablässig zur Förderung des Gemeinwohls und eines wirklich humanen Fortschritts bei…“

Ansprache an das Polizeipräsidium Rom, 21.1.2011

Die Evangelisierung steckt erst in den Anfängen

„Diese Aufgabe [der Verkündigung des Evangeliums] hat ihre Dringlichkeit nicht verloren. Im Gegenteil, ‚die Sendung CHRISTI, des Erlösers, die der Kirche anvertraut ist, ist noch weit davon entfernt, vollendet zu sein. Ein Blick auf die Menschheit insgesamt am Ende des zweiten Jahrtausends zeigt uns, dass diese Sendung noch in den Anfängen steckt und dass wir uns mit allen Kräften für den Dienst an dieser Sendung einsetzen müssen’ (Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 1). Wir können nicht ruhig bleiben bei dem Gedanken, dass es nach 2000 Jahren immer noch Völker gibt, die CHRISTUS nicht kennen und Seine Heilsbotschaft noch nicht gehört haben.

Und nicht nur das: Auch die Schar derer, denen zwar das Evangelium verkündet wurde, die es aber vergessen und sich von ihm entfernt haben, die sich in der Kirche nicht mehr wiedererkennen, vergrößert sich; und in vielen Bereichen, auch in traditionell christlichen Gesellschaften, ist man heute nicht gewillt, sich gegenüber dem Wort des Glaubens zu öffnen. Ein kultureller Wandel ist im Gange, der auch von der Globalisierung, von Denkströmungen und vom herrschenden Relativismus genährt wird – ein Wandel, der zu einer Mentalität und einem Lebensstil führt, die die Botschaft des Evangeliums nicht beachten, so als würde GOTT nicht existieren, und die das Streben nach Wohlstand, nach leichtem Verdienst, nach Karriere und Erfolg, als den Zweck des Lebens preisen, auch zum Schaden der sittlichen Werte.

Die weltweite Sendung bezieht stets alle und alles ein. Das Evangelium ist kein Gut, das nur dem gehört, der es empfangen hat, sondern es ist ein Geschenk, das miteinander geteilt werden muss, eine gute Nachricht, die es mitzuteilen gilt. Und dieses Geschenk, diese Verpflichtung ist nicht nur einigen, sondern allen Getauften anvertraut…“

Botschaft zum Weltmissionstag 2011, vom 6.1.2011

Die Beharrlichkeit

„‚Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemein­schaft, am Brotbrechen und an den Gebeten’ (Apg 2,42). In diesen vier tragenden Elementen des Kirche-Seins wird zugleich auch der wesentliche Auftrag ihrer Hirten beschrieben. Alle vier Elemente sind zusammengehalten durch das Wort ‚festhalten’ – ‚erant perseverantes’ übersetzt die lateinische Bibel den griechischen Ausdruck proskartereo: Die Beständigkeit, die Beharrlichkeit gehört zum Wesen des Christseins, und sie ist grundlegend für den Auftrag der Hirten, der Arbeiter im Erntefeld des HERRN. Der Hirte darf kein Schilfrohr sein, das sich mit dem Winde dreht, kein Diener des Zeitgeistes. Die Unerschrockenheit, der Mut zum Widerspruch gegen die Strömungen des Augenblicks gehört wesentlich zum Auftrag des Hirten. Nicht Schilfrohr darf er sein, sondern – nach dem Bild des ersten Psalms – wie ein Baum, der tiefe Wurzeln hat und darauf festgegründet steht. Das hat nichts mit Starrheit oder Unbeweglichkeit zu tun. Nur wo Beständigkeit ist, ist auch Wachstum…“

Predigt bei der Weihe von fünf Bischöfen am 5.2.2011

Erziehung und Theologiestudium

„Die Erziehungsarbeit scheint immer schwieriger geworden zu sein, da in einer Kultur, die allzu oft den Relativismus zu ihrem Bekenntnis macht, das Licht der Wahrheit abnimmt – ja, man hält es sogar für gefährlich, von Wahrheit zu sprechen, und flößt so Zweifel an den Grundwerten des persönlichen und gemeinschaftlichen Lebens ein. Daher ist der Dienst wichtig, den in der Welt die zahlreichen Erziehungs- und Bildungseinrichtungen spielen, die an der christlichen Sichtweise des Menschen und der Wirklichkeit ausgerichtet sind: Erziehen ist ein Akt der Liebe, Ausübung der ‚intellektuellen Nächstenliebe’, die Verantwortung, Hingabe und eine konsequente Lebensführung verlangt…

Es ist wichtig, die Verbindung zwischen der Theologie und dem Studium der Hl. Schrift immer mehr zu festigen, damit diese wirklich ihre Seele und ihr Herz sei….  Aber der Theologe darf nicht vergessen, auch jemand zu sein, der mit GOTT spricht. Es ist daher unverzichtbar, die Theologie stets eng mit dem persönlichen und gemeinschaftlichen, besonders dem liturgischen Gebet zu verbinden. Die Theologie ist ‚scientia fidei’ [=Wissenschaft des Glaubens. Anm. Red.], und das Gebet nährt den Glauben. In der Vereinigung mit GOTT kostet man gewissermaßen das Geheimnis, es kommt uns nahe, und diese Nähe ist Licht für die Intelligenz…“

Ansprache an die Kongregation für das kath. Bildungswesen, 7.2.2011

Gewissen und Abtreibung

„Mit Freude empfange ich euch anlässlich der Jahresversammlung der Päpstlichen Akademie für das Leben… Die Thematik des Post-Abortion-Syndroms – also des schweren psychischen Leids, das oft von den Frauen erfahren wird, die sich einer freiwilligen Abtreibung unterzogen haben – offenbart die nicht zu unterdrückende Stimme des sittlichen Gewissens und die schwere Verwundung, die dieses immer dann erleidet, wenn das menschliche Handeln sich gegen die natürliche Berufung zum Wohl des Menschen richtet, die es bezeugt. Bei diesen Überlegungen wäre es nützlich, die Aufmerk­samkeit auch auf das zuweilen getrübte Gewissen der Kindsväter zu lenken, die die schwangeren Frauen oft allein lassen. Das sittliche Gewissen ist, wie der Katechismus der Katholischen Kirche lehrt, das ‚Urteil der Vernunft, in welchem der Mensch erkennt, ob eine konkrete Handlung, die er beabsich­tigt, gerade ausführt oder schon getan hat, sittlich gut oder schlecht ist’ (Nr. 1778).

In der Tat ist es Aufgabe des sittlichen Gewissens, in den verschiedenen Situationen des Lebens zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, damit sich der Mensch auf der Grundlage dieses Urteils frei auf das Gute ausrichten kann. Einige möchten die Existenz des sittlichen Gewissens im Menschen leugnen, indem sie seine Stimme auf das Einwirken äußerer Einflüsse oder auf ein rein gefühlsmäßiges Phänomen reduzieren. Ihnen gegenüber muss noch einmal bekräftigt werden, dass das sittlich Gute oder Schlechte des menschlichen Handelns kein von außen auferlegter oder optionaler Wert ist und auch nicht nur den Christen oder den Gläubigen zukommt, sondern für alle Menschen gilt. Im sittlichen Gewissen spricht GOTT zu jedem Menschen und fordert ihn auf, das menschliche Leben in jedem Augenblick zu verteidigen. In dieser persönlichen Verbindung mit dem Schöpfer liegt die tiefste Würde des sittlichen Gewissens und der Grund für seine Unantastbarkeit.

Im Gewissen erfasst der ganze Mensch – Intelligenz, Gefühlsleben, Wille – seine Berufung zum Guten, so dass die Entscheidung für das Gute oder das Böse in den konkreten Situationen des Lebens schließlich die menschliche Person in jedem Ausdruck ihres Seins zutiefst prägt. In der Tat wird der ganze Mensch verletzt, wenn sein Handeln den Geboten des eigenen Gewissens zuwiderläuft. Aber auch wenn der Mensch die Wahrheit und das Gute ablehnt, die der Schöpfer ihm anbietet, verlässt GOTT ihn nicht, sondern sucht ihn auch weiterhin und spricht zu ihm durch die Stimme des Gewissens, damit er den Irrtum erkennt und sich der GÖTTlichen Barmherzigkeit gegenüber öffnet, die in der Lage ist, jede Wunde zu heilen.

Besonders die Ärzte dürfen sich nicht der ernsthaften Pflicht entziehen, das Gewissen vieler Frauen, die meinen, in der Abtreibung die Lösung für familiäre, wirtschaftliche oder soziale Schwierigkeiten oder für gesundheitliche Probleme ihres Kindes zu finden, vor Täuschungen zu schützen… Vor einem kulturellen Hintergrund, der von der Verdunkelung des Sinnes des Lebens gekennzeichnet ist, in dem die allgemeine Wahrnehmung der Abtreibung sowie anderer Formen des Angriffs gegen das menschliche Leben als schwere sittliche Verfehlung stark abgeschwächt ist, wird von den Ärzten besondere Stärke verlangt, um auch weiterhin zu bekräftigen, dass die Abtreibung keine Lösung darstellt, sondern das Kind tötet, die Frau zerstört, das Gewissen des Vaters blind macht und oft das Familienleben ruiniert…“

Ansprache an die Päpstliche Akademie für das Leben, 26.2.2011

Arbeiter im Weinberg des HERRN wie Paulus

„Wir haben den Abschnitt aus der Apostelgeschichte (20,17-38) gehört, in dem der hl. Paulus zu den Ältesten der Gemeinde von Ephesus spricht… Obwohl er mit seinen Händen [als Zeltmacher] gearbeitet hat, war er dennoch in dieser ganzen Zeit Priester… Mit anderen Worten, auch wenn er nicht die ganze Zeit äußerlich für die Verkündigung zur Verfügung stand, war er mit seinem Herzen und seiner Seele immer für sie gegenwärtig; er war vom Wort GOTTES, von seiner Sendung durchdrungen. Das scheint mir ein sehr wichtiger Punkt zu sein: Priester sind wir nicht nur für eine gewisse Zeit; wir sind es für immer, mit ganzer Seele, mit unserem ganzen Herzen. Dieses Bei-CHRISTUS-Sein und Gesandter CHRISTI zu sein, dieses Dasein für die anderen, ist eine Sendung, die unser ganzes Sein durchdringt und immer mehr die Gesamtheit unseres Seins durchdringen muss.

Dann sagt der hl. Paulus: ‚Ich habe dem HERRN in aller Demut gedient’ (V. 19)… ‚Dienen’ – das muss auch für uns maßgebend sein: Wir sind Diener. Und dienen heißt, nicht das zu tun, was ich mir vornehme und was mir am liebsten wäre; dienen heißt, mir die Last des HERRN, das Joch des HERRN aufladen zu lassen; dienen heißt, nicht meinen Vorlieben, meinen Prioritäten zu folgen, sondern mich wirklich ‚für den anderen’ in Dienst nehmen zu lassen. Das heißt, dass wir auch Dinge tun müssen, die nicht unmittelbar geistlich zu sein scheinen und die nicht immer unseren Entscheidungen entsprechen. Wir alle – vom Papst bis zum letzten Kaplan – müssen Verwaltungsarbeiten, zeitlich-irdische Arbeiten leisten; wir tun das jedoch als Dienst, als Teil dessen, was uns der HERR in der Kirche aufträgt, und tun alles, was die Kirche uns sagt und was sie von uns erwartet. Dieser konkrete Gesichtspunkt des Dienstes – dass nämlich nicht wir entscheiden, was wir tun sollen, sondern Diener CHRISTI in der Kirche sind und so arbeiten, wie es uns die Kirche sagt, wohin uns die Kirche ruft, und eben versuchen, genauso zu sein: Diener, die nicht ihren eigenen Willen tun, sondern den Willen des HERRN. In der Kirche sind wir wirklich Gesandte des HERRN und Diener des Evangeliums…

Demut heißt nicht falsche Bescheidenheit – wir sind dankbar für die Gaben, die der HERR uns gegeben hat –, aber sie zeigt, dass wir uns bewusst sind, dass alles, was wir tun können, Gabe GOTTES ist, uns um des Himmelreiches willen geschenkt ist… Wir verlangen kein Lob, wir wollen uns nicht ‚sehen lassen’, für uns ist das entscheidende Kriterium nicht, was man in den Zeitungen und anderswo über uns sagen wird, sondern was GOTT sagt. Das ist die wahre Demut: Nicht vor den Menschen in Erscheinung treten, sondern unter dem Blick GOTTES stehen und demütig für GOTT zu arbeiten und auf diese Weise auch der Menschheit und den einzelnen Menschen zu dienen.

‚Ich habe nichts verschwiegen von dem, was heilsam ist. Ich habe es euch verkündigt und habe euch gelehrt, öffentlich und in den Häusern’ (V. 20)… Der Apostel predigt nicht ein Christentum ‚à la carte’ nach eigenem Geschmack, er predigt nicht ein Evangelium nach eigenen theologischen Lieblingsideen; er entzieht sich nicht der Aufgabe, den ganzen, auch den unbequemen Willen GOTTES und die Themen zu verkünden, die ihm persönlich nicht besonders gefallen. Es ist unsere Mission, den ganzen Willen GOTTES zu verkünden… Ich denke, da die heutige Welt neugierig darauf ist, alles zu erkennen, müssten wir um so neugieriger darauf sein, den Willen GOTTES zu erkennen: Was könnte für uns interessanter, wichtiger, wesentlicher sein als zu erkennen, was GOTT will, den Willen GOTTES, das Angesicht GOTTES zu erkennen?…

So sagt er: ‚Aber ich will mit keinem Wort mein Leben wichtig nehmen, wenn ich nur meinen Lauf vollende und den Dienst erfülle’ (V. 24)… Der Apostel will bis zuletzt Diener JESU, Gesandter JESU für die Frohbotschaft GOTTES sein. Es ist wichtig, dass wir auch im Alter, wenn die Jahre vorrücken, den Eifer, die Freude, vom HERRN gerufen worden zu sein, nicht verlieren… Wenn wir sehen, dass die Dinge laufen, dass die Welt immer dieselbe bleibt, dass der Dienst zur Last wird, kann es leicht geschehen, dass wir etwas von diesem Enthusiasmus einbüßen. Kehren wir immer zum Wort GOTTES, zum Gebet, zur Gemeinschaft mit CHRISTUS im Sakrament… zurück und lassen wir uns unser geistliches Jungsein erneuern, den Eifer, die Freude darüber, dass wir bis zum Ende mit CHRISTUS gehen, ‚unseren Lauf vollenden’ können, immer in der Begeisterung darüber, von CHRISTUS für diesen großartigen Dienst, für das Evangelium von der Gnade GOTTES berufen zu sein. Und darauf kommt es an…

‚Als Hirten für die Kirche GOTTES sorgen, die Er sich durch das Blut Seines eigenen SOHNES erworben hat’ (V. 28). Hier finden wir ein zentrales Wort über die Kirche. Die Kirche ist keine Organisation, die sich nach und nach herangebildet hat; die Kirche ist am Kreuz entstanden. Der SOHN hat die Kirche erworben, und nicht nur die damalige Kirche, sondern die Kirche aller Zeiten… CHRISTUS, GOTT, hat die Kirche, die neue Eva, mit Seinem Blut erschaffen… Das soll uns auch verstehen lassen, dass die Kirche ein Geschenk ist; uns glücklich darüber sein lassen, dass wir dazu gerufen sind, Kirche GOTTES zu sein… Mir scheint, das müssen wir wieder neu lernen. Die Angst vor dem Triumphalismus hat uns viel­leicht ein wenig vergessen lassen, dass es schön ist, in der Kirche zu sein, und dass dankbar zu sein für das Geschenk des HERRN nicht Triumphalismus, sondern Demut ist.

Darauf folgt gleich, dass diese Kirche immer auch nicht nur Gabe GOTTES und GÖTTlich ist, sondern auch sehr menschlich: ‚Reißende Wölfe werden bei euch eindringen’ (V.29). Die Kirche ist immer bedroht, es gibt immer die Gefährdung, die Gegnerschaft des Teufels, der nicht akzeptiert, dass es in der Menschheit dieses neue GOTTESvolk geben soll, dass es die Gegenwart GOTTES in einer lebendigen Gemeinschaft gibt. Es braucht uns daher nicht zu wundern, dass es immer Schwierigkeiten gibt, dass es auf dem Acker der Kirche immer Unkraut gibt. So ist es immer gewesen und wird weiter immer so sein. Aber wir sollen uns mit Freude bewusst sein, dass die Wahrheit stärker ist als die Lüge, die Liebe stärker als der Hass, GOTT stärker als alle Ihm feindlichen Kräfte. Und mit dieser Freude, mit dieser inneren Gewissheit gehen wir unseren Weg… ‚zwischen den Tröstungen GOTTES und den Verfolgungen der Welt’, wie das II. Vatikanische Konzil sagt (LG, 8)…

‚Nach diesen Worten kniete er nieder und betete mit ihnen allen’ (V. 36). Am Ende wird die Rede zum Gebet, und Paulus kniet nieder. Der hl. Lukas erinnert uns daran, dass auch der HERR im Ölgarten kniend betete, und er sagt uns, dass auch der hl. Stephanus in der Stunde seines Martyriums sich niederkniete, um zu beten. Kniend beten heißt, in unserer Schwachheit die Größe GOTTES anbeten, dankbar dafür, dass der HERR uns gerade in unserer Schwachheit liebt… Niederknien ist nicht mehr ein Ausdruck von Knechtschaft, sondern gerade der Freiheit, die uns die Liebe GOTTES schenkt, die Freude, erlöst zu sein, sich mit dem Himmel und der Erde, mit dem ganzen Kosmos zusammenzutun, um CHRISTUS anzubeten [vgl. Phil 2,10f], mit CHRISTUS vereint und dadurch erlöst zu sein…“

„Lectio Divinia“ bei der Begegnung mit den Priestern von Rom, 10.3.2011

 

 

2. Soziale Themen

 

Presse: Der Wahrheit dienen

„… Der andere Aspekt ist die Bezeichnung ‚katholisch’, mit der daraus hervorgehenden Verantwortung, ihr ausdrücklich und von Grund auf treu zu sein durch das tägliche Bemühen, den Königsweg der Wahrheit zu beschreiten. Die katholischen Journalisten müssen der Suche nach der Wahrheit mit leidenschaftlichem Verstand und Herz nachgehen, aber auch mit der Professionalität von Fachleuten, die mit angemessenen und wirkkräftigen Mitteln ausgestattet sind

Die Christen können nicht über die Glaubenskrise hinwegsehen, die die Gesellschaft erreicht hat, oder einfach darauf vertrauen, dass das Erbe an Werten, das über die vergangenen Jahrhunderte hinweg weitergegeben wurde, auch weiterhin die Zukunft der Menschheitsfamilie beeinflusst und prägt. Die Idee, zu leben, ‚als ob es GOTT nicht gäbe’, hat sich als schädlich erwiesen: Vielmehr muss die Welt so leben ‚als ob es GOTT gäbe’, auch wenn man keine Kraft hat zu glauben, denn sonst bringt sie nur einen ‚unmenschlichen Humanismus’ hervor.

Wer im Bereich der Kommunikationsmittel tätig ist und nicht nur ‚ein dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke’ (1 Kor 13,7) sein will – wie der hl. Paulus sagen würde –, muss eine starke Grundentscheidung in sich tragen, die ihn befähigt, die Dinge der Welt so zu behandeln, dass GOTT immer an die Spitze der Werteskala gesetzt wird…“

Audienz für Teilnehmer einer Tagung über die kath. Presse, 7.10.2010

Kein Kompromiss und keine „Güterabwägung“ beim Recht auf Leben

„Eure Pflicht als Bischöfe ist es, zusammen mit eurem Klerus, soweit es ihm zusteht, zur Läuterung der Vernunft und zur Weckung der moralischen Kräfte beizutragen, die für den Auf­bau einer gerechten und brüderlichen Gesellschaft notwendig sind. Wenn jedoch die Grundrechte der Person oder das Heil der Seelen es erfordern, haben die Hirten die ernste Aufgabe, ein moralisches Urteil auszusprechen, und das auch im politischen Bereich (vgl. Gaudium et spes, 76). Bei der Formulierung solcher Urteile müssen die Bischöfe den absoluten Wert jener negativen sittlichen Gebote berücksichtigen, die die Entscheidung zu einer bestimmten in sich schlechten und mit der Würde der Person unvereinbaren Handlung für moralisch unzulässig erklären; eine solche Entscheidung kann in keinem Fall von einer Güte irgendeines Zieles, einer Absicht, einer Folge oder eines Umstandes ausgeglichen werden. Daher wäre jede Verteidigung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Menschenrechte, die nicht die energische Verteidigung des Rechtes auf Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod einschlösse, völlig falsch und illusorisch (vgl. Christifideles laici, 38). Im Rahmen des Einsatzes für die Schwächsten und Schutzlosesten müssen wir uns zudem fragen: Gibt es jemanden, der wehrloser wäre als ein ungeborenes Kind oder ein Kranker im vegetativen oder Endstadium? Wenn die Vorhaben der Politiker offen oder verschleiert die Entkriminalisierung von Abtreibung oder Euthanasie ins Auge fassen, wird das demokratische Ideal – das nur dann tatsächlich ein solches ist, wenn es die Würde jeder menschlichen Person anerkennt und schützt –in seinen Grundfesten verraten (vgl. Evangelium vitae, 74). Deshalb, liebe Brüder im Bischofsamt, dürfen wir bei der Verteidigung des Lebens ‚nicht Feindseligkeit und Unpopularität fürchten, wenn wir jeden Kompromiss und jede Zweideutigkeit ablehnen, die uns der Denkweise dieser Welt angleichen würde’ (ebd., Nr. 82).“

Ad-limina-Besuch der brasilianischen Bischöfe aus der Region Nordost, 28.10.2010

Christliche Werte in der ungarischen Verfassung

„Die Bemühungen der politischen Verantwortungsträger, eine Änderung der Verfassung zu erarbeiten, werden vom Heiligen Stuhl mit Interesse zur Kenntnis genommen. Es wurde die Absicht geäußert, dass in der Präambel auf das Erbe des Christentums Bezug genommen wird. Ebenso wünschenswert ist, dass die neue Verfassung von den christlichen Werten inspiriert ist, insbesondere was die Stellung von Ehe und Familie in der Gesellschaft sowie den Schutz des Lebens betrifft. Ehe und Familie bilden eine entscheidende Grundlage für eine gesunde Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft, der Länder und Völker. Die Ehe ist als grundlegende Ordnungsgestalt des Verhältnisses von Mann und Frau und zugleich als Zelle staatlicher Gemeinschaftsbildung vom biblischen Glauben her mitgeformt worden. So hat sie Europa sein besonderes Gesicht und seine Menschlichkeit gegeben, auch und gerade weil die damit vorgezeichnete Form von Treue und von Verzicht immer wieder eingeübt und errungen werden musste. Europa wäre nicht mehr Europa, wenn diese Grundzelle eines sozialen Aufbaus verschwände oder wesentlich verändert würde. Wir alle wissen, wie sehr Ehe und Familie heute gefährdet sind – zum einen durch die Aushöhlung ihrer innersten Werte der Beständigkeit und Unauflöslichkeit auf­grund einer zunehmenden Liberalisierung des Scheidungsrechts und der sich immer mehr ausbreitenden Gewohnheit des Zusammenlebens von Mann und Frau ohne die rechtliche Form und den Schutz der Ehe, zum anderen durch verschiedene Arten von Lebensgemeinschaften, die kein Fundament in der Kultur- und Rechtsgeschichte Europas haben. Die Kirche kann Gesetzesinitiativen, die eine Aufwertung von alternativen Partnerschafts- und Familienmodellen bedeuten, nicht gutheißen. Sie tragen zu einer Aufweichung naturrechtlicher Prinzipien und damit zur Relativierung der gesamten Gesetzgebung wie auch des Wertbewusstseins in der Gesellschaft bei…“

Audienz für den neuen Botschafter Ungarns, 2.12.2010

Beurteilung politischer Angelegenheiten

„Um ein solcher Sauerteig zu sein, muss die Kirche stets versuchen, ihre eigene Stimme zu finden, denn das Evangelium bringt seine Früchte, die das Leben verändern, durch die Verkündigung hervor (vgl. Mk 16,15-16). Diese Stimme kommt im moralischen und geistlichen Zeugnis des Lebens der Gläubigen zum Ausdruck. Sie kommt auch im öffentlichen Zeugnis der Bischöfe als der wichtigsten Lehrer der Kirche sowie im Zeugnis aller zum Ausdruck, die die Aufgabe haben, andere im Glauben zu unterrichten. Dank der klaren Darstellung der Wahrheit über GOTT und den Menschen im Evangelium haben Generationen von engagierten philippinischen Geistlichen, Ordensleuten und gläubigen Laien eine immer gerechtere soziale Ordnung gefördert… (Es) erfordert das prophetische Amt der Kirche, dass sie die Freiheit hat, ‚den Glauben zu verkünden, ihre Soziallehre kundzumachen (…) und auch politische Angelegenheiten einer sittlichen Beurteilung zu unterstellen, wenn die Grundrechte der menschlichen Person oder das Heil der Seelen es verlangen’ (Gaudium et spes, 76).“

Ad-limina-Besuch der philippinischen Bischöfe, 29.11.2010

Zwangs-Sexual„erziehung“ ist Angriff auf die religiöse Freiheit der Familien

„Wenn wir unseren Blick vom Osten auf den Westen lenken, finden wir uns anderen Arten der Bedrohung der vollen Ausübung der Religionsfreiheit gegenüber. Ich denke an erster Stelle an die Länder, in denen dem Pluralismus und der Toleranz große Bedeutung zugemessen wird, wo aber die Religion eine zunehmende Ausgrenzung erleidet. Man neigt dazu, die Religion, jede Religion, als einen unbedeutenden Faktor anzusehen, welcher der modernen Gesellschaft fremd ist oder sie gar destabilisiert, und man sucht mit verschiedenen Mitteln allen Einfluss auf das gesellschaftliche Leben zu verhindern. Man geht so weit zu verlangen, dass die Christen bei der Ausübung ihres Berufs ohne Bezug auf ihre religiöse und moralische Überzeugung, ja sogar im Gegensatz zu ihnen handeln, wie zum Beispiel dort, wo Gesetze in Kraft sind, die das Recht der Weigerung aus Gewissensgründen oder für gewisse im Rechtsbereich Tätige einschränken.

In diesem Zusammenhang kann man sich nur darüber freuen, dass im vergangenen Oktober der Europarat eine Resolution angenommen hat, die das Recht der im medizinischen Be­reich Tätigen auf Weigerung aus Gewissensgründen in Bezug auf gewisse Handlungen, die – wie die Abtreibung – das Recht auf Leben schwer verletzen, schützt.

Ein anderer Ausdruck der Ausgrenzung der Religion, des Christentums im Besonderen, besteht in der Verbannung religiöser Feste und Symbole aus dem öffentlichen Leben im Namen der Achtung derer, die anderen Religionen angehören oder die nicht glauben. Durch ein solches Handeln wird nicht nur das Recht der Gläubigen eingeschränkt, öffentlich ihren Glauben zu bekunden, sondern man schneidet auch die kulturellen Wurzeln ab, die die tiefste Identität und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zahlreicher Nationen nähren….

Es ist besorgniserregend, dass der Dienst, den die religiösen Gemeinschaften der ganzen Gesellschaft, insbesondere für die Erziehung der jungen Generationen, erweisen, durch Gesetzespläne gefährdet oder behindert wird, die eine Art staatliches Monopol in Schulangelegenheiten zu schaffen drohen, wie zum Beispiel in manchen Ländern Lateinamerikas festzustellen ist… (Ich) lade alle Regierungen ein, Bildungssysteme zu fördern, die das Urrecht der Familien achten, über die Erziehung ihrer Kinder zu entscheiden, und die sich an dem für die Organisation einer gerechten Gesellschaft grundlegenden Prinzip der Subsidiarität orientieren.

In Weiterführung meiner Überlegungen kann ich einen anderen Angriff auf die religiöse Freiheit der Familien in einigen europäischen Ländern nicht schweigend übergehen, wo die Teilnahme an Kursen der Sexualerziehung oder Bürgerkunde verpflichtend auferlegt wird, bei denen ein angeblich neutrales Bild des Menschen und des Lebens vermittelt wird, das aber in Wirklichkeit eine dem Glauben und der rechten Vernunft gegensätzliche Anthropologie widerspiegelt

Ebensowenig gerechtfertigt sind die Versuche, dem Recht auf Religionsfreiheit sogenannte neue Rechte entgegenzusetzen, die von gewissen Kreisen der Gesellschaft gefördert werden und in die nationalen Gesetzgebungen oder in die internationalen Direktiven Eingang finden, die aber in Wirklichkeit nichts anderes als der Ausdruck egoistischer Wünsche sind und in der echten menschlichen Natur ihrer Grundlage entbehren. Schließlich muss festgestellt werden, dass eine rein abstrakte Proklamierung der Religionsfreiheit nicht ausreicht: Diese Grundnorm des gesellschaftlichen Lebens muss auf allen Ebenen und in allen Bereichen angewandt und respektiert werden; andernfalls läuft man trotz ihrer grundsätzlichen Bejahung Gefahr, gegenüber den Bürgern, die ihren Glauben frei bekennen und ausüben wollen, große Ungerechtigkeiten zu begehen…

Vor diesem geschätzten Auditorium möchte ich schließlich nochmals nachdrücklich sagen, dass die Religion kein Problem für die Gesellschaft darstellt, dass sie kein Unruhe- oder Konfliktfaktor ist. Ich möchte wiederholen, dass die Kirche weder Privilegien sucht, noch sich in ihrer Mission in fremde Bereiche einmischen, sondern einfach ihre Sendung in Freiheit ausüben will. Einen jeden lade ich ein, die große Lehre der Geschichte anzuerkennen. Wie könnte man den Beitrag der großen Welt­religionen zur Entwicklung der Zivilisation leugnen?…“

Neujahrsempfang für das beim Hl. Stuhl akkreditierte Diplomatische Korps, 10.1.2011

 

 

3. Ehe, Familie und Erziehung

 

Vorrangiges Erziehungsrecht der Eltern auf religiös-ethische Erziehung ihrer Kinder

„(Ich) schließe mich mit meiner Stimme der euren an zu einem leidenschaftlichen Appell zugunsten der religiösen Erziehung und, konkreter, des konfessionellen Religionsunterrichts in der öffentlichen staatlichen Schule. Ich möchte auch daran erinnern, dass das Vorhandensein religiöser Symbole im öffentlichen Raum ein Hinweis auf die Transzendenz des Menschen ist – und eine Garantie für den Respekt davor…“

Ad-limina-Besuch der brasilianischen Bischöfe aus der Region Nordost, 28.10.2010

 „(Es) muss die staatliche Obrigkeit für die Eltern das Recht gewährleisten, dass sie die Kinder entsprechend ihren religiösen Überzeugungen und ethischen Kriterien erziehen und schulische Einrichtungen gründen und unterhalten können… Andererseits müssen die Eltern kraft ihrer Erziehungsrechte darauf zählen können, dass die Erziehungsfreiheit auch in den staatlichen Erziehungseinrichtungen gefördert wird…“

An den neuen Botschafter Ecuadors beim Hl. Stuhl, 22.10.2010

 „…Dieser [wissenschaftliche und technische] Fortschritt ist jedoch oft auf Kosten der Grundlage des Christentums zustande gekommen, in dem die fruchtbare Geschichte des europäischen Kontinents verwurzelt ist: der moralische Bereich ist auf das subjektive Umfeld eingegrenzt worden, und GOTT wird, wenn nicht überhaupt geleugnet, so doch aus dem öffentlichen Bewusstsein ausgeschlossen. Doch der Mensch als Person wächst in dem Maße, in dem er das Gute erfährt und lernt, es vom Bösen zu unterscheiden, jenseits des Kalküls, das einzig und allein die Folgen einer einzelnen Handlung betrachtet oder als Bewertungskriterium die Möglichkeit ihrer Durchführung verwendet.

Für eine Kursänderung reicht weder ein allgemeiner Hinweis auf die Werte noch ein Erziehungsangebot aus, das sich mit rein funktionalen und bruchstückhaften Eingriffen zufrieden gibt. Notwendig ist stattdessen ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen aktiven Personen, die die Beziehung fördern und dazu fähig sind, Stellung zu beziehen und die eigene Freiheit aufs Spiel zu setzen… Umso angebrachter ist deshalb eure Entscheidung, alle, denen die Stadt der Menschen und das Wohl der neuen Generationen am Herzen liegt, um das Thema erzieherische Verantwortung zu versammeln. Dieses unverzichtbare Bündnis kann nur von einer neuen Nähe zur Familie ausgehen, die deren Vorrangstellung in der Erziehung anerkennt und unterstützt: Innerhalb der Familie wird das Gesicht eines Volkes geprägt…“

Botschaft an die Italienische Bischofskonferenz, 4.11.2010

„Die auf die Ehe gegründete Familie, Ausdruck inniger Gemeinschaft und gegenseitiger Ergänzung zwischen einem Mann und einer Frau, fügt sich in diesen Zusammenhang als die erste Schule von Bildung und von sozialem, kulturellem, moralischem und geistlichem Wachstum der Kinder ein, die im Vater und in der Mutter stets die ersten Zeugen eines Lebens finden sollten, das auf die Suche nach der Wahrheit und die Liebe zu GOTT ausgerichtet ist. Die Eltern selbst müssten immer frei sein, ihr Erbe des Glaubens, der Werte und der Kultur ohne Zwänge und in Verantwortung an ihre Kinder weiterzugeben…“

Botschaft zum Weltfriedenstag, 1. Januar 2011, vom 8.12.2010

Taufe: Beginn eines Weges der Heiligkeit

„Durch das Geschenk des Glaubens hat uns der HERR das gegeben, was das Kostbarste im Leben ist, nämlich den wahrhaftigsten und schönsten Beweggrund, um zu leben: Aus Gnade haben wir an GOTT geglaubt, haben Seine Liebe kennengelernt, mit der Er uns retten und vom Bösen befreien will. Der Glaube ist das große Geschenk, mit dem Er uns auch das ewige Leben, das wahre Leben schenkt

Eure Kinder, liebe Eltern, sind also ein kostbares Geschenk des HERRN, der ihr Herz für sich reserviert hat, um es mit Seiner Liebe überschütten zu können… Während diese Kinder gerade anfangen, zum Volk GOTTES zu gehören, beginnt für sie ein Weg, der ein Weg der Heiligkeit und Gleichgestaltung mit JESUS sein sollte, eine Wirklichkeit, die in sie eingesenkt wurde wie der Same eines wunderbaren Baumes, den man wachsen lassen muss. Daher wurde, als man die Großartigkeit dieses Geschenkes begriff, von den ersten Jahrhunderten an dafür Sorge getragen, den neugeborenen Kindern die Taufe zu spenden. Gewiss wird es dann einer freien und bewussten Zustimmung zu diesem Leben des Glaubens und der Liebe bedürfen, und deshalb ist es notwendig, dass die Kinder nach der Taufe im Glauben erzogen, nach der Weisheit der Hl. Schrift und den Lehren der Kirche unterwiesen werden, so dass dieser Keim des Glaubens, den sie heute empfangen, in ihnen wächst und sie die volle christliche Reife erlangen können. Die Kirche, die sie unter ihre Kinder aufnimmt, muss sich zusammen mit den Eltern und Paten darum kümmern, sie auf diesem Weg des Wachstums begleiten. Die Zusammenarbeit zwischen christlicher Gemeinschaft und Familie ist um so notwendiger im derzeitigen sozialen Kontext der Gesellschaft, wo die Einrichtung der Familie von mehreren Seiten bedroht wird und sich in ihrem Auftrag, zum Glauben zu erziehen nicht wenigen Problemen gegenübersieht…“

Predigt bei der Kindertaufe in der Sixtinischen Kapelle am Fest der Taufe JESU, 9.1.2011

Keimzelle der Gesellschaft ist die Familie, die auf der Ehe zwischen Mann und Frau gründet. In der Familie erlernen die Kinder die menschlichen und christlichen Werte, die ein konstruktives und friedliches Zusammenleben gestatten. In der Familie lernt man die Solidarität zwischen den Generationen, die Achtung der Regeln, die Vergebung und die Annahme des anderen. Im eigenen Heim entdecken die jungen Menschen, indem sie die Liebe der Eltern erfahren, was Liebe ist, und lernen zu lieben…

… Die Anerkennung von Formen der Gemeinschaft, die das Wesen und den Zweck der Familie entstellen, benachteiligt letztlich jene, die sich nicht ohne Anstrengungen darum bemühen, in stabilen, rechtlich verankerten und öffentlich anerkannten affektiven Bindungen zu leben. In dieser Hinsicht blickt die Kirche mit Wohlwollen auf all jene Initiativen, die darauf ausgerichtet sind, junge Menschen dazu zu erziehen, die Liebe in der Logik der Selbsthingabe zu leben, mit einer hohen und schenkenden Auffassung der Sexualität. Zu diesem Zweck bedarf es einer übereinstimmenden Haltung der ver­schiedenen Bestandteile der Gesellschaft hinsichtlich der Er­ziehung, damit die menschliche Liebe nicht zum Konsumgegenstand reduziert wird, sondern wahrgenommen und gelebt werden kann als grundlegende Erfahrung, die dem Leben einen Sinn und ein Ziel gibt…“

Audienz für Politiker und Beamte Roms und der Region Latium, 14.1.2011

Eherecht und Pastoral

„Die Beziehung zwischen Recht und Pastoral stand im Mittelpunkt der nachkonziliaren Debatte über das Kirchenrecht. ‚Es ist nicht wahr, dass das Recht, um mehr pastoral zu sein, weniger rechtlich sein müsse’. Dieser bekannte Satz des ehrwürdigen Dieners GOTTES Johannes Paul II. bringt die radikale Überwindung eines scheinbaren Gegensatzes zum Ausdruck. Er sagte: ‚Die rechtliche und die pastorale Dimension sind in der hier auf Erden pilgernden Kirche untrennbar eins. Vor allem herrscht unter ihnen eine Harmonie, die vom gemeinsamen Ziel, dem Heil der Seelen, herkommt.’ …

Vielleicht ist die kirchenrechtliche Dimension der Ehevorbereitung kein Element, das unmittelbar augenfällig ist. Einerseits sieht man nämlich, dass in den Ehevorbereitungskursen die kirchenrechtlichen Fragen einen sehr bescheidenen, wenn nicht unbedeutenden Platz einnehmen, da man geneigt ist zu meinen, dass die künftigen Ehegatten ein sehr geringes Interesse an Problemen haben, die Fachleuten vorbehalten sind… Oft wird dafürgehalten, dass die Hirten die Zulassung der Paare zur Trauung großzügig handhaben sollten, da das natürliche Recht der Personen zu heiraten auf dem Spiel steht.

In diesem Zusammenhang sollte man über die rechtliche Dimension der Ehe selbst nachdenken. Ich habe dieses Thema in einer Reflexion über die Wahrheit der Ehe erwähnt, wo ich unter anderem gesagt habe: ‚Angesichts der subjektivistischen und anarchischen Relativierung der sexuellen Erfahrung bekräftigt die Tradition der Kirche klar die rechtliche Natur der Ehe, das heißt ihre von Natur aus gegebene Zugehörigkeit zum Bereich der Gerechtigkeit in den zwischenmenschlichen Beziehungen. In dieser Hinsicht verknüpft sich das Recht wirklich mit dem Leben und der Liebe wie ein ihm innewohnendes ‚Gebot’…’ Es gibt daher keine Unterscheidung zwischen der gelebten Ehe und der rechtlichen Ehe: Es gibt nur eine einzige Ehe, die von ihrem Wesen her ein echter rechtlicher Bund zwischen dem Mann und der Frau ist, ein Bund, auf dem die wahre eheliche Dynamik des Lebens und der Liebe be­ruht…

Das Recht auf Ehe… muss in dieser Perspektive betrachtet werden. Es geht dabei also nicht um einen subjektiven Anspruch, der durch eine rein formale Anerkennung von den Hirten erfüllt werden muss, unabhängig vom tatsächlichen Inhalt der Vereinigung. Das Recht auf Ehe setzt voraus, dass man sie wirklich schließen kann und will, also in der Wahrheit ihres Wesens, wie die Kirche es lehrt. Niemand kann das Recht auf eine Trauung beanspruchen. Das ‚ius connubii’ bezieht sich nämlich auf das Recht, eine wahre Eheschließung vorzunehmen. Das ‚ius connubii’ würde demnach dort nicht verweigert werden, wo klar ist, dass die Voraussetzungen für seine Ausübung nicht gegeben sind – wenn also deutlich die verlangte Ehefähigkeit fehlt oder der Wille sich ein Ziel setzt, das im Gegensatz zur natürlichen Wirklichkeit der Ehe steht…

(Ich) möchte noch einmal bekräftigen…, in der Vorbereitung der Brautleute und in der vorausgehenden Prüfung ihrer Ansichten über die für die Gültigkeit des Ehesakraments unverzichtbaren Verpflichtungen größte pastorale Sorgfalt walten zu lassen. Durch eine ernsthafte Klärung in diesem Punkt kann vermieden werden, dass emotive Impulse oder oberflächliche Gründe die beiden jungen Leute dazu führen, Verantwortungen zu übernehmen, denen sie dann nicht ge­recht werden können…

Man darf… nie vergessen, dass das unmittelbare Ziel dieser Vorbereitung darin besteht, die freie und wahre Eheschließung zu fördern, also die Schaffung eines Bundes der Gerechtigkeit und der Liebe zwischen den Ehegatten, der die Eigenschaften der Einheit und Unauflöslichkeit in sich trägt und hingeordnet ist auf das Wohl der Eheleute und auf die Zeugung und Erziehung von Kindern. Zwischen Getauften stellt er außerdem eines der Sakramente des Neuen Bundes dar

(Beim Brautexamen) handelt (es) sich um eine einzigartige pastorale Gelegenheit – der alle Ernsthaftigkeit und Aufmerksamkeit entgegengebracht werden muss, die sie verlangt –, in der der Hirte durch ein respektvolles und herzliches Gespräch versucht, der Person zu helfen, sich der Wahrheit über sich selbst und über ihre menschliche und christliche Berufung zur Ehe ernsthaft zu stellen. In diesem Sinne erfordert das Gespräch, das immer mit jedem der beiden Verlobten allein geführt werden muss – was der Zweckdienlichkeit weiterer Gespräche mit dem Paar keinen Abbruch tut –, eine Atmosphäre völliger Aufrichtigkeit, wobei man die Tatsache hervorheben sollte, dass es vor allem im Interesse der Brautleute selbst liegt, eine gültige Ehe einzugehen, und dass sie selbst als erste vor ihrem Gewissen dazu verpflichtet sind…

Es stimmt, dass nicht alle Gründe für eine eventuelle Nichtigkeitserklärung während der Ehevorbereitung erkannt und offengelegt werden können, aber ebenso wäre es nicht richtig, den Zugang der Ehe auf der Basis unbegründeter Annahmen zu verwehren – zum Beispiel der Annahme, dass die Personen heutzutage ganz allgemein eheunfähig seien oder einen nur scheinbaren Ehewillen hätten…“

Ansprache an den Gerichtshof der Römischen Rota, 22.1.2011

 

 

4. Jugend

 

Die Liebe wahrhaftig leben

„Es ist sehr wichtig, ja, ich würde sagen, von fundamentaler Bedeutung, lieben zu lernen, wahrhaftig lieben zu lernen, die Kunst der wahren Liebe zu lernen! In der Jugend steht man vor dem Spiegel und bemerkt, dass man sich verändert. Aber solange man sich nur selbst anschaut, wird man nie groß! … Ihr werdet groß, wenn ihr imstande seid, euer Leben zu einem Geschenk an die anderen zu machen; nicht sich selbst zu suchen, sondern sich den anderen hinzugeben: das ist die Schule der Liebe

Es stimmt wirklich: Ihr könnt und dürft euch nicht einer Liebe anpassen, die zu einer Handelsware verkürzt wird, die, unfähig zu Keuschheit und Reinheit, ohne Achtung vor sich selbst und gegenüber den anderen konsumiert wird. Das ist keine Freiheit! Vieles, was von den Medien und im Internet als ‚Liebe’ angepriesen wird, ist nicht Liebe, sondern Egoismus, Verschlossenheit in sich selbst, es verleiht euch eine Augenblicksillusion, aber macht euch nicht glücklich, macht euch nicht groß, fesselt euch wie eine Kette, die die schönsten Gedanken und Gefühle, den echten Überschwang des Herzens, jene ununterdrückbare Kraft erstickt, die die Liebe ist und die in JESUS ihren erhabensten Ausdruck und im HL. GEIST die Kraft und das Feuer findet, das euer Leben, eure Gedanken, eure Gefühle entzündet. Sicher kostet es auch Opfer, die Liebe wahrhaftig zu leben – ohne Verzicht gelangt man nicht auf diesen Weg –, aber ich bin sicher, dass ihr keine Angst vor der Mühe einer anspruchsvollen und glaubwürdigen Liebe habt. Sie allein schenkt letzten Endes echte Freude! … Im Übrigen habt ihr in der Katholischen Aktion so viele Vorbilder echter, schöner, wahrhaftiger Liebe: den sel. Pier Giorgio Frassati, den sel. Alberto Marvelli; einer Liebe, die auch bis zum Opfertod reicht, wie im Fall der sel. Pierina Morosini und der sel. Antonia Mesina. Liebe junge Leute der Katholischen Aktion, strebt nach hohen Zielen, denn GOTT verleiht euch die Kraft dazu…”

Begegnung des Hl. Vaters mit rund 100.000 Kindern und Jugendlichen der Katholischen Aktion Italiens am Petersplatz, Antwort auf die Frage eines Mädchens, 30.10.2010

 

 

5. Heilige

 

Maria – vollständig auf CHRISTUS bezogen

„Die vorwiegende Aufmerksamkeit der heutigen Lesungen, die auf den ‚Sohn’, auf JESUS gerichtet ist, mindert keineswegs die Rolle der Mutter, sondern rückt sie vielmehr ins rechte Licht: Denn Maria ist die wahre Mutter GOTTES gerade durch ihr vollständiges Bezogensein auf CHRISTUS. Deshalb ehrt man die Mutter, wenn man den Sohn preist, und wenn man die Mutter preist, ehrt man den Sohn. Der Titel ‚Mutter GOTTES’, den die Liturgie heute hervorhebt, unterstreicht die einzigartige Sendung der allerseligsten Jungfrau Maria in der Heilsgeschichte: eine Sendung, die der Frömmigkeit und der Verehrung zugrunde liegt, die die Gläubigen ihr erweisen. Denn Maria hat die Gabe GOTTES nicht nur für sich selbst empfangen, sondern damit sie sie der Welt bringe: durch ihre fruchtbare Jungfräulichkeit hat GOTT der Menschheit das ewige Heil geschenkt… Und Maria bietet dem Volk GOTTES, das in der Geschichte zur Ewigkeit pilgert, stets ihre Fürsprache und Mittlerschaft an, wie sie das bei den Hirten von Bethlehem getan hat. Sie, die dem SOHN GOTTES das irdische Leben geschenkt hat, schenkt den Menschen weiterhin das GÖTTliche Leben: JESUS selbst und Seinen HL. GEIST. Deshalb wird sie als Mutter jedes Menschen betrachtet, der zur GÖTTlichen Gnade geboren wird, und wird zugleich als Mutter der Kirche angerufen.“

Predigt am Hochfest der GOTTESmutter Maria, 1. Januar 2011

Die Reform der hl. Karl Borromäus

„Karl Borromäus lebte in einer für die Christenheit recht schwierigen Zeit. Der Erzbischof von Mailand gab in ihr ein hervorragendes Beispiel dafür ab, was es heißt, für die Reform der Kirche zu wirken. Es galt, wegen vieler Unregelmäßigkeiten Sanktionen zu erteilen, viele Irrtümer zu korrigieren, viele Strukturen zu erneuern; jedoch wirkte Karl Borromäus für eine tiefgehende Reform der Kirche, indem er von seinem eigenen Leben ausging. So führte der junge Borromäus das erste und radikalste Erneuerungswerk bei sich selbst durch…

In Zeiten, die durch zahlreiche Prüfungen für die christliche Gemeinschaft verdunkelt waren, durch Spaltungen und Unsicherheiten hinsichtlich der Lehre, durch Trübung der Reinheit des Glaubens und der Sitten sowie das schlechte Vorbild vieler Amtsträger, beschränkte sich Karl Borromäus nicht darauf, zu klagen oder zu verurteilen oder einfach zu wünschen, die andern mögen sich verändern, sondern er begann, sein eigenes Leben umzugestalten, das, nachdem er auf Reichtümer und Bequemlichkeiten verzichtet hatte, von Gebet, Buße und liebevoller Hingabe an sein Volk erfüllt war. Der hl. Karl lebte auf heldenhafte Weise die evangelischen Tugenden der Armut, Demut und Keuschheit, auf einem steten Weg asketischer Läuterung und christlicher Vervollkommnung. Er war sich bewusst, dass eine ernsthafte und glaubwürdige Reform gerade bei den Hirten ansetzen musste, um sich segensreich und dauerhaft auf das ganze Volk GOTTES auszuwirken. Bei diesem reformierenden Wirken wusste er aus den traditionellen und immer lebendigen Quellen der Heiligkeit der katholischen Kirche zu schöpfen: die Zentralität der Eucharistie, in der er die anbetungswürdige Gegenwart JESU, des HERRN, und Seines Liebesopfers für unsere Erlösung erkannte und darbot; die Spiritualität des Kreuzes, als erneuernde Kraft, die die tägliche Ausübung der dem Evangelium gemäßen Tugenden anzuregen vermag; der häufige Empfang der Sakramente, in denen glaubend das Handeln CHRISTI selbst empfangen wird, der Seine Kirche erlöst und läutert; das Wort GOTTES, das der Tradition folgend gelesen, interpretiert und betrachtet wird; die Liebe zum Papst und seine Verehrung, in bereitem und kindhaftem Gehorsam gegenüber seinen Anweisungen, als Garantie der wahren und vollen kirchlichen Gemeinschaft.

Aus seinem heiligmäßigen Leben, in dem er sich immer mehr an CHRISTUS ausrichtete, geht auch das außergewöhnliche Reformwerk hervor, das der hl. Karl innerhalb der Strukturen der Kirche umsetzte, in vollkommener Treue gegenüber dem Auftrag des Konzils von Trient… So besuchte der Erzbischof von Mailand… mehrfach die riesige Diözese…, sorgte sich um sein Volk, indem er es ständig mit den Sakramenten und durch eine reiche und wirksame Verkündigung des Wortes GOTTES stärkte; er hatte nie Angst davor, sich Auseinandersetzungen und Gefahren zu stellen, um den Glauben der einfachen Menschen und die Rechte der Armen zu verteidigen… Die Liebe drängte Borromäus zudem, ein wirklicher und engagierter Erzieher zu werden: für sein Volk durch die Schulen der christlichen Lehre…“

Botschaft zum 400. Jahrestag der Heiligsprechung von Karl Borromäus, 1.11.2010

Geistige Waffen

„In der autobiographischen und der Unterweisung dienenden Schrift Die sieben geistlichen Waffen unterbreitet [die heilige Katharina von Bologna (1413-1463)]… Lehren von großer Weisheit und tiefer Erkenntnis… Sie unterscheidet sieben Waffen beim Kampf gegen das Böse, gegen den Teufel: 1. eifrige Sorgfalt darauf zu verwenden, stets das Gute zu tun; 2. zu glauben, dass wir allein niemals etwas wirklich Gutes tun können; 3. auf GOTT zu vertrauen und aus Liebe zu Ihm niemals den Kampf gegen das Böse zu fürchten, weder in der Welt noch in uns selbst; 4. oft die Ereignisse und die Worte des Lebens JESU zu betrachten, besonders Sein Leiden und Sei­nen Tod; 5. daran zu denken, dass wir sterben müssen; 6. sich die Güter des Paradieses im Geist fest einzuprägen; 7. mit der Heiligen Schrift vertraut zu sein und sie stets im Herzen zu tragen, damit sie allen Gedanken und allem Handeln Orientie­rung gibt – ein schönes geistliches Lebensprogramm auch heute, für jeden von uns!“

Generalaudienz, 29.12.2010

Die Liebe lässt die Beschwernisse leichter ertragen

„…(Wir) müssen uns vor Augen halten, dass das Leben des hl. Johannes vom Kreuz kein ‚Schweben auf mystischen Wolken’ war, sondern ein sehr hartes, sehr praktisches und sehr konkretes Leben… So können wir verstehen, dass der Weg mit CHRISTUS, das Unterwegssein mit CHRISTUS – dem ‚Weg’ – keine Last ist, die der Mühsal unseres Lebens, die schon hart genug ist, noch zusätzlich aufgebürdet wird, dass es nichts ist, was diese Mühsal noch schwerer macht, sondern etwas ganz anderes: ein Licht, eine Kraft, die uns hilft, diese Mühsal zu ertragen. Wenn ein Mensch eine große Liebe in sich trägt, dann verleiht diese Liebe ihm gleichsam Flügel, und er erträgt alle Beschwernisse des Lebens leichter, weil er dieses große Licht in sich trägt. Das ist der Glaube: von GOTT geliebt zu sein und sich von GOTT in JESUS CHRISTUS lieben zu lassen. Dieses Sich-Lieben-Lassen ist das Licht, das uns hilft, die tägliche Mühsal zu tragen. Und die Heiligkeit ist nicht unser Werk, ein sehr schwieriges Werk, sondern sie ist genau diese ‚Öffnung’: das Fenster unserer Seele zu öffnen, damit das Licht GOTTES eintreten kann, GOTT nicht zu vergessen, denn gerade in der Öffnung gegenüber Seinem Licht findet man Kraft, findet man die Freude der Erlösten…“

Generalaudienz am 16.2.2011 über den hl. Johannes vom Kreuz

 

 

6. Leiden und Sterben

 

Das Geheimnis des Leidens

„Jedes Jahr begeht die Kirche am Gedenktag Unserer Lieben Frau im Lourdes, der am 11. Februar gefeiert wird, den Welttag der Kranken. Dieser Anlass ist, wie es der ehrwürdige Diener GOTTES Johannes Paul II. gewollt hat, eine günstige Gelegenheit, um über das Geheimnis des Leidens nachzudenken und vor allem unsere Gemeinschaften und die Zivilgesellschaft feinfühliger werden zu lassen gegenüber den kranken Brüdern und Schwestern. Wenn jeder Mensch unser Bruder ist, dann müssen um so mehr der Schwache, der Leidende und der Pflegebedürftige im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen, damit sich niemand vergessen oder ausgegrenzt fühlt….

Der hl. Bernhard sagt: ‚GOTT kann nicht leiden, aber Er kann mitleiden.’ GOTT, die Wahrheit und Liebe in Person, wollte für uns und mit uns leiden; Er ist Mensch geworden, um mit dem Menschen mit-leiden zu können, ganz real in Fleisch und Blut. Von da aus ist in alles menschliche Leiden ein Mitleidender, Mittragender hineingetreten; in jedem Leiden ist von da aus die con-solatio, der Trost der mitleidenden Liebe GOTTES anwesend und damit der Stern der Hoffnung aufgegangen…

Oft machen das Leiden, das Kreuz JESU Angst, weil sie die Verneinung des Lebens zu sein scheinen. In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall! Das Kreuz ist das ‚Ja’ GOTTES zum Menschen, der höchste und intensivste Ausdruck Seiner Liebe und die Quelle, aus der das ewige Leben entspringt…“

Botschaft zum 19. Welttag der Kranken, vom 21.11.2010

 

 

 

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