FMG-INFORMATION 93, April 2008

 

1. Glaube und Kirche

 

Die grundlegende Bedeutung des natürlichen Sittengesetzes

„Der Katechismus der Katholischen Kirche fasst den Kerninhalt der Lehre über das natürliche Sittengesetz treffend zusam­men, wenn er feststellt: ‚Das natürliche Sittengesetz drückt die ersten wesentlichen Gebote aus, die das sittliche Leben regeln. Angelpunkt des Sittengesetzes ist das Verlangen nach GOTT und die Unterordnung unter Ihn, den Quell und Richter alles Guten, sowie der Sinn für den Mitmenschen als ein ebenbürti­ges Wesen. IN seinen Hauptgeboten wird es im Dekalog vor­gelegt. Dieses Gesetz wird nicht in Bezug auf die Natur der vernunftlosen Wesen natürlich genannt, sondern weil die Ver­nunft, die es verkündet, zur menschlichen Natur gehört’ (Nr. 1955). Mit dieser Lehre werden zwei wesentliche Ziele erreicht: Einerseits erkennt man, dass der ethische Inhalt des christ­lichen Glaubens keine dem Gewissen des Menschen von außen diktierte Auferlegung darstellt, sondern eine Norm, die ihren Grund in der menschlichen Natur selbst hat; an­dererseits wird vom natürlichen Gesetz her, das an sich jedem vernunftbegabten Geschöpf zugänglich ist, die Basis gelegt, um mit allen Menschen guten Willens und, allge­meiner gesagt, mit der zivilen und säkularen Gesellschaft in einen Dialog zu treten.

Aber gerade aufgrund des Einflusses kultureller und ideologi­scher Faktoren befindet sich die zivile und säkulare Gesell­schaft heute in einer Situation der Verlorenheit und Verwirrung: Die ursprüngliche Offenkundigkeit der Fundamente des Menschen und seines ethischen Handelns sind verloren gegangen, und die Lehre vom natürlichen Sittengesetz kollidiert mit anderen Auffassungen, die deren direkte Leugnung darstellen. Das alles hat enorme und schwerwie­gende Folgen für die zivile und soziale Ordnung. Bei nicht wenigen Denkern scheint heute eine positivistische Rechtsauffassung vorzuherrschen. Nach ihnen werden die Menschheit bzw. die Gesellschaft oder de facto die Mehrheit der Bürger die letzte Quelle des Zivilrechts. Das Problem, das sich ihnen stellt, ist also nicht die Suche nach dem Guten, sondern die Suche nach der Macht oder vielmehr nach dem Gleichgewicht der Mächte. Ihre Wurzel hat diese Strömung im ethischen Relativismus, in dem einige geradezu eine der Grundvoraussetzungen für die Demokratie sehen, weil der Relativismus die Toleranz und die gegenseitige Achtung der Menschen gewährleiste. Wenn aber das zuträfe, würde eine Augenblicksmehrheit letzte Quelle des Rechts werden. Die Geschichte zeigt mit großer Deutlichkeit, dass die Mehrhei­ten irren können. Die wahre Vernünftigkeit wird nicht von der Zustimmung einer großen Zahl gewährleistet, sondern nur von der Transparenz der menschlichen Vernunft für die schöpferi­sche Vernunft und vom gemeinsamen Hören auf diese Quelle unserer Vernünftigkeit.

Wenn die fundamentalen Bedürfnisse der Würde des Men­schen, seines Lebens, der Institution der Familie, der Gerech­tigkeit der sozialen Ordnung, das heißt die Grundrechte des Menschen auf dem Spiel stehen, kann kein von Menschen geschaffenes Gesetz die vom Schöpfer in das Herz des Menschen eingeschriebene Norm umstoßen, ohne dass die Gesellschaft selbst in dramatischer Weise in dem getroffen wird, was ihre unverzichtbare Grundlage darstellt. Das Natur­recht wird so zu der jedem Menschen gebotenen wahren Ge­währ dafür, frei und in seiner Würde geachtet zu leben und vor jeder ideologischen Manipulation und vor jeder Willkür und jedem Übergriff des Stärkeren bewahrt zu werden: Niemand kann sich dieser Mahnung entziehen. Wenn es aufgrund einer tragischen Verdunkelung des kollektiven Gewissens dem Skeptizismus und ethischen Relativismus gelänge, die grund­legenden Prinzipien des natürlichen Sittengesetzes auszulö­schen, so würde die demokratische Ordnung selbst in ihren Fundamenten radikal verletzt...“

Audienz für Mitglieder der Internationalen Theologenkommission, 5.10.2007

GOTT „braucht“ unser Gebet

„Die Lesungen aus der Bibel, die wir gehört haben, zeigen uns einige Vorbilder, von denen wir uns bei ... unserem Bekenntnis der Glaubens anregen lassen können, das immer auch Be­kenntnis der Hoffnung ist, denn der Glaube ist Hoffnung, er öffnet die Erde der GÖTTlichen Kraft, der Kraft des Guten... (Die) Lesung (von) der berühmten Erzählung der Schlacht zwischen Israeliten und Amalekitern (Ex 17,8-13a). Was den Ausgang dieses harten Krieges entschieden hat, war gerade das Gebet, das mit Glauben an den wahren GOTT gerichtet wurde. Während Josua und seine Männer dem Feind auf dem Schlachtfeld entgegentraten, stand Mose mit erhobenen Hän­den auf dem Gipfel des Hügels, in der Haltung des betenden Menschen. Diese erhobenen Hände des großen Führers ha­ben Israels Sieg gewährleistet. GOTT war mit Seinem Volk, Er wollte dessen Sieg, doch Er machte Sein Eingreifen von den erhobenen Händen des Mose abhängig. Es scheint unglaub­lich, doch es ist so: GOTT bedarf der erhobenen Hände Seines Dieners! Die erhobenen Arme des Mose lassen an jene Arme JESU am Kreuz denken: ausgebreitete und fest­genagelte Arme, mit denen der Erlöser die entscheidende Schlacht gegen den höllischen Feind gewonnen hat. Sein Kampf, Seine zum VATER erhobenen und für die Welt weit geöffneten Hände bitten um andere Arme, andere Herzen, die sich weiter mit jener Liebe, von der Er erfüllt ist, anbieten, bis zum Ende der Welt.“

Predigt in Neapel, 21.10.2007

Ehelosigkeit und Ehe

„Überbringt euren Priestern die Ermunterung des Papstes! Es ist eure Aufgabe, ihnen zu helfen, in voller Gemeinschaft mit euch und in einem echten Geist des Dienstes an CHRISTUS und an der christlichen Gemeinde ein immer würdigeres und heiligmäßigeres Leben zu führen; ein Leben, das auf eine tiefe Spiritualität und gefühlsmäßige Reife gegründet ist und im Zölibat gelebt wird. Durch das Leben in Ehelosigkeit bringen sie mit der Gnade des HL. GEISTES und durch die Antwort aus ihrem eigenen Willen die Gesamtheit ihrer Liebe und Sorge JESUS CHRISTUS und der Kirche dar...

Der Glaube muss, wie ich bereits unterstrichen habe, durch die Lehre und das Verhalten unverfälscht dargelegt werden.

Der empfindliche Rückgang der Zahl kirchlicher Trauungen ist eine echte Herausforderung, die zu einer Belastung für die Familie wird, deren richtige Gestaltung ja für die Stabilität der Gesellschaft unersetzlich ist. Die staatliche Gesetzgebung, die Schwächung der Struktur der Familie, aber auch die Last man­cher traditioneller Praktiken, namentlich die maßlos hohen Mitgiftkosten, bremsen tatsächlich junge Leute und hindern sie an der Eheschließung... Es ist wichtig, den Paaren zu helfen, zu einer menschlichen und geistlichen Reife zu gelangen, da­mit sie ihre Aufgabe als Eheleute und christliche Eltern in ver­antwortlicher Weise übernehmen; dabei gilt es, sie auf die Einzigkeit und Unauflöslichkeit ihrer Liebe und darauf hin­zuweisen, dass die Ehe zur vollen Verwirklichung ihrer menschlichen und christlichen Berufung beiträgt...“

Ad-limina-Besuch der Bischöfe der Republik Kongo, 19.10.2007

Nicht herrschen, sondern dienen

„Der Evangelist Markus erinnert uns daran, liebe und verehrte Brüder, dass jeder wahre Jünger CHRISTI nur eine einzige Sache erstreben kann: Sein Leiden zu teilen, ohne irgend­einen Lohn einzufordern. Der Christ ist dazu berufen, wie ein ‚Knecht’ zu werden, indem er den Spuren JESU folgt, das heißt sein Leben freigebig und absichtslos für die anderen hingibt. Nicht die Suche nach Macht und Erfolg, sondern die demütige Selbsthingabe für das Wohl der Kirche, muss jede unserer Handlungen und jedes unserer Worte kennzeichnen. Die wahre christliche Größe besteht in der Tat nicht im Herr­schen, sondern im Dienen. JESUS wiederholt heute für jeden von uns, dass er ‚nicht gekommen [ist], um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele’ (Mk 10,45). Das ist das Ideal, das eurem Dienst Orientierung geben muss. Liebe Brüder, wenn ihr nun in das Kardinalskollegium aufgenommen werdet, bittet der HERR euch um den Dienst der Liebe und vertraut ihn euch an: Liebe zu GOTT, Liebe zu Seiner Kirche, Liebe zu den Brüdern mit äußerster und unbedingter Hingabe, ‚usque ad sanguinis effusionem’ – bis zum Vergießen des eigenen Blutes –, wie die Formel zur Überreichung des Biretts lautet und wie es die rote Farbe der Gewänder erkennen lässt, die ihr tragt...“

Predigt beim Konsistorium anlässlich der Kreierung von 23 neuen Kardinälen, 24.11.2007

Zur Hoffnung berufen

„Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das frei ist, Ja oder Nein zur Ewigkeit, das heißt zu GOTT zu sagen. Der Mensch kann in sich die Hoffnung auslöschen, indem er GOTT aus seinem Leben streicht. Wie kann es dazu kommen? Wie kann es geschehen, dass das ‚auf GOTT hin geschaffene’ Ge­schöpf, das zuinnerst auf Ihn ausgerichtet ist, dasjenige, das dem Ewigen am nächsten steht, sich dieses Reichtums berauben kann? GOTT kennt das Herz des Menschen. Er weiß, dass derjenige, der Ihn ablehnt, nicht Sein wahres Antlitz kennengelernt hat, und deshalb hört Er nicht auf, an unsere Tür zu klopfen, wie ein demütiger Pilger auf der Suche nach Auf­nahme. Ja, deshalb gewährt der HERR der Menschheit neue Zeit: damit es allen ermöglicht werde, Ihn kennenzulernen! Dies ist auch der Sinn eines neuen Kirchenjahres, das beginnt: es ist ein Geschenk GOTTES, der sich erneut im Geheimnis CHRISTI durch das Wort und die Sakramente offenbaren will...“

Predigt in der Vesper zum 1. Advent, 1.12.2007

Der wahre Friede ist zu erbittendes Geschenk GOTTES

„Der wahre Friede, der von den Engeln in der Weihnachtsnacht verkündet wurde, ist keine einfache Errungenschaft des Men­schen oder Ergebnis politischer Vereinbarungen; er ist vor allem ein Geschenk GOTTES, das es ständig zu erbitten gilt, und zugleich eine Verpflichtung, die geduldig zu erfül­len ist in stetem Gehorsam gegenüber den Geboten des HERRN. In der Botschaft zum heutigen Weltfriedenstag wollte ich in diesem Jahr die enge Verbindung hervorheben, die zwi­schen der Familie und dem Aufbau des Friedens in der Welt besteht. Die auf die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau gegründete natürliche Familie ist die Wiege des Lebens und der Liebe und die erste und unersetzliche Erzieherin zum Frie­den...“

Predigt am 1.1.2008

Jesuiten: In voller Treue zum Lehramt

„Aus Anlass der 35. Generalkongregation der Gesellschaft JESU ist es mein inständiger Wunsch, Ihnen und allen, die an der Versammlung teilnehmen, meine herzlichsten Grüße zu übermitteln... Die Vorsehung gibt jetzt die Möglichkeit, der Gesellschaft JESU jenen erneuerten asketischen und apostoli­schen Impuls einzuprägen..., so dass die Jesuiten ihre Sen­dung vollständig erfüllen und die Herausforderungen der mo­dernen Welt in Treue zu CHRISTUS und Seiner Kirche ange­hen können, die das prophetische Tun des hl. Ignatius von Loyola und seiner ersten Gefährten ausgezeichnet hat...

(Ich) nehme gerne die Gelegenheit... wahr, ... eurem Nachden­ken einige Erwägungen vorzulegen, die euch Ermutigung und Stimulus sein können, das Ideal der Gesellschaft immer besser umzusetzen, in voller Treue zum Lehramt der Kirche, wie sie in der folgenden Formulierung, die euch so vertraut ist, ihren Ausdruck findet: ‚Kriegsdienst leisten für GOTT unter dem Banner des Kreuzes, und allein dem HERRN und der Kirche, Seiner Braut, unter dem römischen Papst, Stellver­treter CHRISTI auf Erden, zu dienen’ (Bulle Exposcit debi­tum). Es handelt sich um eine besondere Treue, die für nicht wenige von euch in einem Gelübde des unmittelbaren Gehor­sams ‚perinde ac cadaver’ gegenüber dem Nachfolger Petri feierlich bestätigt ist. Diese Treue von euch, die das unter­scheidende Zeichen eures Ordens ausmacht, braucht die Kirche von heute besonders, wo es darauf ankommt, die einzige und unveränderliche Heilsbotschaft, die das Evange­lium ist, unseren Zeitgenossen zu übermitteln...

Um der ganzen Gesellschaft JESU eine klare Ausrichtung zu geben, die Unterstützung ist für eine großzügige und treue apostolische Hingabe, wäre es heute wie noch nie nützlich, wenn die Generalkongregation, im Geist des hl. Ignatius, ihr vollständiges Festhalten an der katholischen Lehre bestätigt, besonders in einigen neuralgischen Punkten, die heute von der säkularen Kultur sehr stark angegriffen wer­den, wie zum Beispiel das Verhältnis von CHRISTUS und den Religionen, einige Aspekte der Theologie der Befreiung sowie verschiedene Punkte der Sexualmoral, besonders, was die Frage der Unauflöslichkeit der Ehe und die Pastoral für die homosexuellen Personen betrifft...“

Botschaft an den ausscheidenden Generaloberen der Jesuiten, P. Kolvenbach SJ, vom 10.1.2008

Das Gewissen erziehen

„Der Mensch trägt in sich eine ihm eigene Fähigkeit, nämlich zu unterscheiden, was gut und wohlgetan ist. Die im vom Schöp­fer wie ein Siegel eingeprägte Synteresis, drängt ihn dazu, das Gute zu tun. Von ihr beseelt ist der Mensch dazu berufen, sein Gewissen durch Bildung und Übung weiterzuentwi­ckeln, um im Leben frei voranzugehen, indem er sich auf die wesentlichen Gesetze stützt, nämlich das Naturgesetz und das Sittengesetz. In der heutigen Zeit, wo die Entwicklung der Wissenschaften mit den angebotenen Möglichkeiten lockt und verführt, ist es notwendiger denn je, die Gewissen unserer Zeitgenossen zu erziehen, damit die Wissenschaft nicht zum Kriterium des Guten wird, und damit der Mensch als Mittel­punkt der Schöpfung respektiert werde und nicht Objekt ideologischer Manipulationen, willkürlicher Entscheidungen oder des Missbrauchs des Stärkeren gegenüber den Schwä­cheren sei. All dies sind Gefahren, deren Zutagetreten wir im Laufe der Menschheitsgeschichte und besonders im 20. Jahrhundert erleben mussten...“

Audienz für Studientagung „Die wechselnde Identität des Individuums“, 28.1.2008

Einheitliche Rechtsprechung

„An den hundertsten Jahrestag der vom hl. Pius X. im Jahr 1908 mit der Apostolischen Konstitution Sapienti consilio ange­ordneten Wiederherstellung des Apostolischen Gerichts der Römischen Rota hat euer Dekan... soeben.... erinnert... Die­ses hundertjährige Gedenken stellt eine günstige Gelegenheit dar, um über einen grundlegenden Aspekt der Tätigkeit der Rota, nämlich über den Wert der Rechtsprechung der Rota im Bereich der kirchlichen Rechtspflege, nachzudenken. Diesen Aspekt hat bereits die Apostolische Konstitution Pastor bonus in der Beschreibung der Rota hervorgehoben: ‚Dieses Gericht, das gewöhnlich als höhere Instanz im Fall der Berufung an den Apostolischen Stuhl tätig wird, um die Rechte der Kirche zu schützen, sorgt für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung und hilft durch die eigenen Urteile den untergeordneten Gerichten’ (Art. 126)...

...Die Rechtsprechung der Rota ist als beispielhaftes Werk juridischer Weisheit anzusehen, das mit der Autorität des Gerichtes vollbracht wird, das der Nachfolger Petri dauernd zum Wohl der Gesamtkirche errichtet hat. Dank dieses Wer­kes wird in den Ehenichtigkeitsverfahren der konkrete Sach­verhalt objektiv im Licht jener Kriterien beurteilt, die beständig die Wirklichkeit der unauflöslichen Ehe bekräftigen, die jedem Mann und jeder Frau entsprechend dem Plan GOTTES, des Schöpfers und HEILANDS, offen steht... In der Kirche besteht gerade aufgrund ihrer Universalität und der Unterschiedlichkeit der rechtlichen Kulturen, in denen zu wirken sie berufen ist, die Gefahr, dass sich ‚sensim sine sensu’ [=„allmählich ohne Ab­sicht“] ‚lokale Rechtsprechungen’ bilden, die sich immer mehr von der gemeinsamen Interpretation der positiven Gesetze und sogar von der Lehre der Kirche über die Ehe entfernen... In dieser realistischen Sichtweise ist auch der Wert der Interven­tionen des kirchlichen Lehramtes zu Fragen des kirchlichen Eherechtes zu versehen, einschließlich der Ansprachen des Papstes an die Römische Rota. Diese stellen geradezu eine Richtschnur für die Tätigkeit aller kirchlichen Gerichte dar, insofern sie mit Autorität all das lehren, was zum Wesen der Ehe gehört. Mein verehrter Vorgänger Johannes Paul II. warnte in seiner letzten Ansprache an die Rota vor dem positivisti­schen Verständnis des Rechtes, das dazu neigt, die Gesetze und die in der Rechtsprechung geltenden Richtlinien von der Lehre der Kirche zu trennen...

...Ich ermutige euch, täglich für die Römische Rota und alle jene zu beten, die im Bereich der kirchlichen Rechtspflege tätig sind, sowie um die mütterliche Fürsprache der seligen Jungfrau Maria, ‚Speculum iustitiae’, zu bitten. Diese Aufforderung könnte als nur zur Frömmigkeit gehörig und in Bezug auf euer Amt eher als außenstehend angesehen werden: wir dürfen hingegen nicht vergessen, dass in der Kirche alles durch die Kraft des Gebetes verwirklicht wird, das unser ganzes Dasein verwandelt und uns mit der von JESUS verhei­ßenen Hoffnung erfüllt. Dieses Gebet, das vom täglichen ernsthaften und kompetenten Einsatz nicht zu trennen ist, wird Licht und Kraft, Treue und echte Erneuerung in das Leben dieser ehrwürdigen Institution bringen, durch die der Bischof von Rom ‚ad normam iuris’ seine primatiale Sorge für die Rechtspflege im ganzen Volk GOTTES ausübt...“

Ansprache an die Mitglieder der Römischen Rota, 26.1.2008

Die wahre Religion in der katholischen Kirche verwirklicht

„Die Kongregation für die Glaubenslehre hat im vergangenen Jahr insbesondere zwei wichtige Dokumente veröffentlicht, die einige lehrmäßige Klarstellungen zu wesentlichen Aspekten der Lehre über die Kirche und über die Evangelisierung gebo­ten haben. Es handelt sich um Klarstellungen, die für die kor­rekte Durchführung des ökumenischen Dialogs und des Dialogs mit den Religionen und Kulturen der Welt notwendig sind. Das erste Dokument trägt den Titel ‚Antworten auf Fragen zu eini­gen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche’ und vermit­telt auch in den Formulierungen und in der Sprache die Lehre des II. Vatikanischen Konzils in voller Kontinuität mit der Lehre der katholischen Tradition. So wird bekräftigt, dass die eine und einzige Kirche CHRISTI ihre Subsistenz, Permanenz und Stabilität in der katholischen Kirche hat und dass daher die Einheit, Unteilbarkeit und Unzerstörbar­keit der Kirche CHRISTI durch die Trennungen und Spal­tungen der Christen nicht zunichte gemacht werden. Neben dieser grundlegenden lehrmäßigen Klarstellung bietet das Dokument den korrekten Sprachgebrauch gewisser ekklesi­ologischer Ausdrücke, die Gefahr laufen, missverstanden zu werden, und weist zu diesem Zweck auf den Unterschied hin, der bezüglich des Verständnisses des Kircheseins im eigent­lichen theologischen Sinn zwischen den verschiedenen christ­lichen Konfessionen weiterhin bestehen bleibt. Das soll keine Behinderung des echten ökumenischen Engagements, sondern vielmehr ein Ansporn dafür sein, dass die Auseinandersetzung über die Lehrfragen immer mit Realismus und im vollen Bewusstsein der Aspekte stattfindet, die die christlichen Konfessi­onen noch trennen, aber zudem auch in froher Anerkennung der gemeinsam bekannten Glaubenswahrheiten...

Eine theologische Sichtweise zu pflegen, die die Einheit und Identität der Kirche als ihre ‚in CHRISTUS verborgenen’ Gaben betrachtet – mit der Folge, dass die Kirche geschichtlich de facto in vielfältigen kirchlichen Ausprägungen existieren würde, die sich nur in eschatologischer Hinsicht versöhnen lassen -, könnte nur eine Verlangsamung und letzten Endes die Lähmung des Ökumenismus selbst hervorrufen. Die Aussage des II. Vatikanischen Konzils, dass die wahre Kirche CHRISTI ‚in der katholischen Kirche verwirklicht ist’ (Lumen gentium, 8), betrifft nicht nur die Beziehung zu den christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, sondern gilt auch für die Be­stimmung des Verhältnisses zu den Religionen und Kulturen der Welt. In der Erklärung über die Religionsfreiheit Dignitatis humanae schreibt das II. Vatikanische Konzil, dass ‚diese ein­zige wahre Religion in der katholischen Kirche verwirklicht ist, die von JESUS dem HERRN den Auftrag erhalten hat, sie unter allen Menschen zu verbreiten’ (Nr. 1).

Das zweite von eurer Kongregation im Dezember 2007 veröf­fentlichte Dokument ‚Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung’ bekräftigt angesichts der Gefahr eines anhal­tenden religiösen und kulturellen Relativismus, dass sich in der Zeit des Dialogs zwischen den Religionen und Kulturen der Welt die Kirche der Notwendigkeit der Evangelisierung und Missionstätigkeit bei den Völkern nicht entziehen und nicht aufhören darf, die Menschen zu bitten, das allen Völkern angebotene Heil anzunehmen...

Außerdem... fordere ich euch dazu auf, mit besonderer Auf­merksamkeit die schwierigen und komplexen Probleme der Bioethik zu verfolgen... Die beiden fundamentalen Kriterien für die moralische Unterscheidung in diesem Bereich sind a) die unbedingte Achtung des Menschen als Person von seiner Empfängnis bis zum natürlichen Tod, b) die Achtung der Eigentümlichkeit der Weitergabe des menschlichen Lebens durch die den Eheleuten eigenen Akte...“

Audienz für die Vollversammlung der Kongregation für die Glaubenslehre, 31.1.2008

Wert der Exerzitien

„Während in Italien glücklicherweise vielfältige spirituelle Initiativen vor allem unter den Jugendlichen entstehen und sich verbreiten, scheint hingegen die Zahl derer abzunehmen, die an wirklichen Exerzitienkursen teilnehmen, und das gilt auch für die Priester und die Mitglieder der Institute des geweihten Lebens. Deshalb ist es der Mühe wert, daran zu erinnern, dass die ‚Exerzitien’ eine geistliche Erfahrung mit eigenem und besonderem Charakter sind... Neben anderen auch lobenswerten Formen der geistlichen Einkehr ist es gut, dass die Teilnahme an den geistlichen Übungen nicht nachlässt, die von vollständiger und tiefer Stille gekennzeichnet sind, die die persönliche und gemeinschaftliche Begegnung mit GOTT und die Kontemplation des Antlitzes CHRISTI fördert. Dieses Erfordernis, auf das meine Vorgänger und ich selbst mehrmals hingewiesen haben, kann nicht genug betont werden. In der Zeit, in der die Säkularisierung immer mehr Einfluss gewinnt, man anderseits aber ein verbreitetes Bedürfnis nach der Begegnung mit GOTT spürt, darf die Möglichkeit nicht fehlen, Räume für das intensive Hören des Wortes GOTTES in der Stille und im Gebet anzubieten... Ein guter Exerzitienkurs trägt dazu bei, dass in den Teilnehmern die Freude und der Geschmack an der Liturgie erneuert wird, insbesondere an einem würdevollen Stundengebet und an der Eucharistie; er hilft, die Bedeutung des Bußsakraments, von dem der Weg der Umkehr ausgeht und das ein Geschenk der Versöhnung ist, sowie den Wert und die Bedeutung der eucharistischen Anbetung wieder zu entdecken. Während der Exerzitien ist es auch möglich, den wahren und vollen Sinn des Rosenkranzgebets und der Kreuzwegandacht zu erfahren...“

Audienz für die Italienische Vereinigung für Exerzitien, 9.2.2008

Ermutigung und Mahnung an die Jesuiten

„Ich wünsche mir... lebhaft, dass die ganze Gesellschaft JESU... mit erneuertem Schwung und Eifer die Sendung leben kann, für die sie der HL. GEIST in der Kirche erweckt und seit über viereinhalb Jahrhunderten mit einem außerordentlichen Reichtum an apostolischen Früchten erhalten hat. Ich möchte euch und eure Mitbrüder heute dazu ermutigen, auf dem Weg dieser Sendung weiter voranzugehen, in voller Treue zu eurem ursprünglichen Charisma... Wie die Formel eures Instituts besagt, wurde die Gesellschaft JESU vor allem ‚zur Verteidigung und Verbreitung des Glaubens’ gegründet. Zu einer Zeit, als sich neue geographische Horizonte eröffneten, haben sich die ersten Gefährten des Ignatius eigens dem Papst zur Verfügung gestellt, damit ‚er sie einsetze, wo er urteile, es sei mehr zur Ehre GOTTES und zum Nutzen der Seelen’ (Ignatius von Loyola, Der Bericht des Pilgers, 85). So wurden sie ausgesandt, den HERRN Völkern und Kulturen zu verkünden, die Ihn noch nicht kannten. Das taten sie mit einem Mut und einem Eifer, die bis in unsere Tage Vorbild und Inspiration geblieben sind: Der Name des hl. Franz Xaver ist der berühmteste von allen, aber wie viele andere könnten genannt werden! Heute sind die neuen Völker, die vom HERRN nichts oder kaum etwas wissen und Ihn deshalb nicht als den Retter erkennen können, nicht geographisch, sondern vielmehr in kultureller Hinsicht weit weg. Nicht Meere oder große Entfernungen sind die herausfordernden Hindernisse für die Verkünder des Evangeliums, sondern die Fronten, die sich infolge eines falschen oder oberflächlichen GOTTES- und Menschenbildes zwischen dem Glauben und dem menschlichen Wissen, dem Glauben und der modernen Wissenschaft, dem Glauben und dem Einsatz für die Gerechtigkeit aufrichten. Deshalb braucht die Kirche dringend Menschen, die einen festen und tiefen Glauben haben, eine gediegene Kultur und einen Sinn für das echt Menschliche und Soziale, Ordensleute und Priester, die ihr Leben hingeben, um an vorderster Front zu bezeugen... Während ihr überall in der Welt... die Zeichen der Gegenwart und des Wirkens GOTTES zu erkennen sucht..., müsst ihr jedoch gleichzeitig aufrichtig auf die fundamentale Verpflichtung der Kirche bedacht sein, sich treu an ihren Auftrag zu halten, vollständig dem Wort GOTTES anzuhängen, sowie auf die Aufgabe des Lehramtes, die Wahrheit und die Einheit der katholischen Lehre in ihrer Vollständigkeit zu bewahren...“

Audienz für die Teilnehmer der 35. Generalkongregation der Jesuiten, 21.2.2008

 

Probleme der Massenliturgie

Bei der Begegnung mit dem Klerus der Stadt Rom am 7. Februar antwortete der Papst auf Fragen, die ihm die Priester stellten. Daraus nur einige Sätze aus der Antwort auf die Frage eines Priesters, der mit Jugendlichen bei dem großen Jugendgottesdienst mit dem Papst in Loreto war und eine gewisse Distanz und musikalische Schwerfälligkeit bemängelte. Der Papst verwies auf die vorgefundene Organisation und die Schwierigkeit, bei Tausenden von Menschen allen „die gleiche Nähe zuzusichern“. Er sprach dann aber grundsätzlich vom „großen Problem“ von Liturgien, „an denen Massen von Menschen teilnehmen“. Er erinnerte an den Internationalen Eucharistischen Kongress in München 1960 und ein Konzept des Liturgikers Jungmann.

„Und von jenem Augenblick an haben wir Eucharistiefeiern, an denen Massen von Menschen teilnehmen. Für mich, muss ich sagen, bleibt es ein Problem, weil die konkrete Gemeinschaft bei der Feier grundlegend ist, und daher finde ich nicht, dass man wirklich die endgültige Antwort gefunden hat. Auch in der letzten Synode habe ich diese Frage aufgebracht, auf die jedoch keine Antwort gefunden wurde. Noch eine weitere Frage ließ ich stellen, zur Massenkonzelebration: Denn wenn zum Beispiel tausend Priester konzelebrieren, dann weiß man nicht, ob die vom HERRN gewollte Struktur noch gegeben ist...“

 

 

 

 

2. Soziale Themen

 

Absolute Werte sind für jede Demokratie notwendig

„In der Tat hat der christliche Glaube nichts von seiner Bedeu­tung für die heutige Gesellschaft verloren, da er die ‚tiefste Schicht im Menschen’ berührt und ‚seiner Existenz in der Welt Sinn’ verleiht (vgl. Redemptor hominis,10). Sowohl zivilen wie religiösen Verantwortlichkeiten ermöglicht er, die absoluten Werte und Ideale aufrechtzuerhalten, die der Würde jeder Person innewohnen und für jede Demokratie notwendig sind... (Es) begann sich auch der Säkularismus immer mehr durchzusetzen... Das historische Aufkommen brutaler totalitä­rer Regime, die heutige Skepsis gegenüber politischer Rhetorik und das wachsende Unbehagen über den Mangel an ethischen Bezugspunkten zur Regelung jüngster wissenschaftlicher Fort­schritte- wir brauchen nur an den Bereich der Biotechnologie zu denken – alles deutet hin auf die Unzulänglichkeiten und Gren­zen, die wir sowohl im einzelnen Menschen als auch in der Gesellschaft finden. Das Erkennen dieser Unvollkommenheit zeigt, wie wichtig es ist, moralische und ethische Grundsätze und die Notwendigkeit neu zu entdecken, sowohl die Grenzen der Vernunft zu erkennen als auch ihre wesentliche Beziehung zur Komplementarität zu Glaube und Religion zu verstehen. Durch die Verkündigung der offenbarten Wahrheit dient die Kirche allen Gliedern der Gesellschaft, indem sie über die Grundlagen von Moral und Ethik Aufschluss gibt und die Vernunft reinigt, damit sie offenbleibt für die Berücksichtigung letzter Wahrheiten und zu Weisheit gelangt. Keineswegs will ein solcher Beitrag die Toleranz gegenüber Verschiedenheiten oder kultureller Pluralität bedrohen..., sondern vielmehr jene Wahrheit erleuchten, die Konsens möglich und die öffentliche Diskussion rational, aufrichtig und verantwortlich macht. Wenn die Wurzel missachtet wird, dann tritt der Relativismus an ihre Stelle: nicht von Grundsätzen werden politische Entschei­dungen bestimmt, sondern mehr und mehr von der öffent­lichen Meinung. Verfahrensweisen und Ziele stellen Werte in den Schatten, und selbst die Kategorien von Gut und Böse, von Recht und Unrecht unterliegen der pragmati­schen Berechnung von Vor- und Nachteilen...

...Die großen und vitalen Themen der Moral wie Friede, Ge­waltlosigkeit, Gerechtigkeit, Achtung für die Schöpfung verlei­hen an sich dem Menschen keine Würde. Die primäre Di­mension der Moralität gründet auf der angeborenen Würde des menschlichen Lebens – vom Augenblick der Empfängnis bis zum natürlichen Tod – eine Würde, die GOTT selbst uns verliehen hat. Wie schmerzlich ist es doch, dass nicht selten gerade jene gesellschaftlichen und politischen Gruppen, die bewundernswerterweise voll Ehrfurcht vor der Schöpfung GOTTES sind, dem Wunder des Lebens im Mutterleib so ge­ringe Beachtung schenken...“

An den neuen Botschafter Irlands beim Hl. Stuhl, 15.9.2008

Die Wahrheit um jeden Preis festhalten

„Sie haben das bemerkenswerte Wachstum der katholischen Kirche in Ihrem Land hervorgehoben, das nicht zuletzt auf das heroische Beispiel jener Männer und Frauen zurückzuführen ist, deren Glaube sie veranlasst hat, ihr Leben für CHRISTUS und ihre Brüder und Schwestern hinzugeben. Ihr Opfer erinnert uns daran, dass kein Preis zu hoch ist, um beharrlich an der Wahrheit festzuhalten. Bedauerlicherweise wird in unserer pluralistischen Welt von heute die Bedeutung der Wahrheit gelegentlich in Frage gestellt oder sogar geleugnet. Doch bleibt die objektive Wahrheit die einzige sichere Grundlage für den sozialen Zusammenhalt. Wahrheit ist nicht abhängig von Konsens, dem sie vielmehr vorausgeht, den sie ermöglicht, indem sie wahre menschliche Solidarität hervorruft. Stets eingedenk der Macht der Wahrheit, Menschen zu vereinen, und das unbezähmbare Verlangen der Menschheit nach friedlicher Koexistenz berücksichtigend, ist die Kirche intensiv bemüht, sowohl im kirchlichen wie im bürgerlichen Leben Eintracht und soziale Harmonie zu fördern, indem sie die von der natür­lichen Vernunft erkannte und durch die GÖTTliche Offenba­rung vollends enthüllte Wahrheit von der menschlichen Person verkündet...

Bemerkenswerte Erfolge hat Ihr Land in der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung erreicht... Die von der Gesellschaft erhoffte Nutzung der biomedizinischen Wissenschaft muss stets an starken und festen ethischen Maßstäben gemessen werden... Führend unter diesen ist die Würde des mensch­lichen Lebens, denn unter keinen Umständen darf ein Mensch als bloßes Versuchsobjekt manipuliert oder behandelt werden. Die Zerstörung menschlicher Embryonen, sei es zur Ge­winnung von Stammzellen oder aus irgendwelchen anderen Gründen, widerspricht der erklärten Absicht von Wissen­schaftlern, Gesetzgebern und Gesundheitsbehörden, das Wohl des Menschen zu fördern...“

An den neuen Botschafter Koreas, 11.10.2007

Internationale Weigerung, die Wahrheit über den Menschen zuzulassen

„Gleichzeitig scheinen die internationalen Debatten oft durch eine relativistische Logik geprägt zu sein, die eine friedliche Koexistenz der Völker nur dann gewährleistet sieht, wenn man sich weigert, die Wahrheit über den Menschen und seine Würde zuzulassen, ganz zu schweigen von der Möglichkeit einer Ethik, die auf der Anerkennung des natürlichen Sit­tengesetzes gründet. Dies hat gezwungenermaßen zu einer Auffassung von Gesetz und Politik geführt, die letztendlich den Konsens unter den Staaten – einen Konsens, der manchmal von kurzfristigen Interessen bestimmt oder durch ideologi­schen Druck manipuliert ist – zur einzigen tatsächlichen Grundlage internationaler Regelungen macht. Die bitteren Früchte dieser relativistischen Logik sind leider allzu deutlich: Denken wir nur an das Bestreben, die Folgen bestimmter egoistischer Lebensstile als Menschenrechte zu betrach­ten; an das mangelnde Interesse für die wirtschaftlichen und sozialen Nöte der ärmeren Nationen; an die Missachtung des humanitären Rechts und eine selektive Verteidigung der Men­schenrechte.... Ich ermutige euch also, dem Relativismus da­durch kreativ entgegenzuwirken, dass ihr die großen Wahrhei­ten über die dem Menschen innewohnende Würde und die Rechte, die sich aus dieser Würde ableiten, aufzeigt...“

Audienz für das Forum der Nichtregierungsorganisationen katholischer Prägung, 1.12.2007

Aids

„Ebenso muss der Kampf gegen Aids auf medizinischem und besonders auf erzieherischem Gebiet weitergeführt werden. Promiskuitives Sexualverhalten liegt an der Wurzel vieler sittlicher und physischer Übel und muss durch die Förderung einer Kultur ehelicher Treue und sittlicher Integrität überwunden werden...“

An den neuen Botschafter der Republik Gambia, 13.12.2007

 „Die tragischen Verluste an Menschenleben, die HIV/Aids im südlichen Afrika forderte, sind besonders alarmierend. In die­sem Zusammenhang versichere ich den Menschen Ihres Lan­des, dass die Kirche den an Aids leidenden Personen weiterhin beistehen und ihre Familien unterstützen wird. Der Beitrag der Kirche zu dem Ziel, Aids auszurotten, kann seine Inspira­tion nur aus der christlichen Auffassung der menschlichen Liebe und Sexualität beziehen. Das Verständnis der Ehe als der totalen, gegenseitigen und ausschließlichen Liebesgemein­schaft zwischen einem Mann und einer Frau entspricht nicht nur dem Plan des Schöpfers, es hält auch zu den wirksams­ten Verhaltensweisen an, um der sexuellen Übertragung der Krankheit vorzubeugen: nämlich Enthaltsamkeit vor der Ehe und Treue in der Ehe. Aus diesem Grund widmet die Kirche der Erziehung und Katechese nicht weniger Energie als der Gesundheitsfürsorge und den leiblichen Werken der Barm­herzigkeit...“

An den neuen Botschafter der Republik Namibia, 13.12.2007

 „Die katholische Kirche versucht in ihrem Dienst an der Menschheitsfamilie alle Glieder der thailändischen Gesellschaft ohne Unterschied zu erreichen... Ihre besondere Sorge gilt der Geißel von Aids, sowie der Prostitution und dem Frauen- und Kinderhandel, die die Länder der Region nach wie vor heimsuchen. Zweifellos ist die Armut ein Hauptfaktor, der die­sem Phänomen zugrund liegt und mit dem sich die Kirche unablässig befasst. Es muss auch eingeräumt werden, dass der Verfall der sittlichen Werte, der durch die Trivialisie­rung der Sexualität in den Medien und in der Unterhal­tungsindustrie angeschürt wird, zur Entwürdigung von Frauen und sogar zum Missbrauch von Kindern führt...“

An den neuen Botschafter des Königreichs Thailand, 13.12.2007

An die Diplomaten

„Aus diesem kurzen Überblick lässt sich klar erkennen, dass die Sicherheit und die Stabilität der Welt brüchig bleiben. Die Faktoren, die zur Sorge Anlass geben, sind verschieden; sie bezeugen jedoch alle, dass die menschliche Freiheit nicht absolut ist, sondern dass es sich um ein Gut handelt, das mit­einander geteilt wird und für das allen die Verantwortung ob­liegt. Daher sind die Ordnung und das Recht Elemente, die sie garantieren. Aber das Recht kann nur dann eine wirksame Kraft des Friedens sein, wenn seine Grundlagen fest in dem vom Schöpfer gegebenen Naturrecht verankert sind. Auch aus diesem Grund darf man niemals GOTT aus dem Horizont des Menschen und der Geschichte ausschließen. Der Name GOTTES ist ein Name für Gerechtigkeit; er stellt einen drin­genden Appell zum Frieden dar...

Um echt zu sein, muss dieser Dialog [über das Verständnis zwischen den Religionen und Kulturen...] klar sein, indem er Relativismus und Synkretismus vermeidet, aber von einem ehrlichen Respekt für die anderen und von einem Geist der Versöhnung und der Brüderlichkeit beseelt ist...

Der Hl. Stuhl wird ... nicht aufhören, immer wieder für die.. Prinzipien und Rechte einzutreten, die auf das gegründet sind, was das Bleibende und Wesentliche an der menschlichen Per­son ist. Das ist ein Dienst, den die Kirche der wahren Würde des nach dem Ebenbild GOTTES geschaffenen Menschen leisten will. Und genau von diesen Überlegungen ausgehend kann ich nicht umhin, erneut die auf allen Kontinenten be­gangenen ständigen Angriffe auf das menschliche Leben zu beklagen. Ich möchte... daran erinnern, dass die neuen Grenzbereiche der Bioethik nicht mehr eine Wahl zwischen Wissenschaft und Moral auferlegen, sondern vielmehr einen moralischen Gebrauch der Wissenschaft verlangen... Ich be­dauere einmal mehr die besorgniserregenden Angriffe auf die Integrität der auf die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau gegründeten Familie. Die politisch Verantwort­lichen, welcher Seite sie auch angehören, müssten diese fun­damentale Einrichtung, die die Grundzelle der Gesellschaft ist, verteidigen...“

Neujahrsempfang für das Diplomatische Korps, 7.1.2008

Aufgabe des Papstes, die Vernunft zur Suche nach der Wahrheit einzuladen

„Der Papst spricht als Vertreter einer gläubigen Gemeinschaft, in welcher in den Jahrhunderten ihres Bestehens Weisheit des Lebens gereift ist; als Vertreter einer Gemeinschaft, die zumin­dest einen Schatz an moralischer Erkenntnis und Erfahrung in sich verwahrt, der für die ganze Menschheit von Bedeutung ist: Er spricht in diesem Sinn als Vertreter moralischer Vernunft...

...die Strukturen der mittelalterlichen Universität...: Neben der Rechtswissenschaft standen da die Fakultäten für Philoso­phie und Theologie, denen die Suche nach dem Ganzen des Menschseins und so das Wachhalten für die Sensibilität für die Wahrheit aufgetragen war. Man könnte geradezu sagen, dass dies der bleibende, wahre Sinn beider Fakultäten ist: Hüter der Sensibilität für die Wahrheit zu sein, den Menschen nicht von der Suche nach der Wahrheit abbringen zu lassen...

Die Philosophie muss wirklich Suche der Vernunft in ihrer Frei­heit und ihrer eigenen Verantwortung bleiben; sie muss ihre Grenze und gerade so auch ihre eigene Größe und Weite se­hen. Die Theologie muss dabei bleiben, dass sie aus einem Schatz von Erkenntnis schöpft, den sie nicht selbst erfun­den hat und der ihr vorausbleibt, nie ganz von ihrem Be­denken eingeholt wird und gerade so das Denken immer neu auf den Weg bringt. Mit diesem ‚Unvermischt’ gilt auch zugleich das ‚Ungetrennt’: Die Philosophie beginnt nicht immer neu vom Nullpunkt des einsam denkenden Subjekts her, son­dern sie steht im großen Dialog der geschichtlichen Weisheit, die sie kritisch und zugleich hörbereit immer neu aufnimmt und weiterführt; sie darf sich aber auch nicht demgegenüber ver­schließen, was die Religionen und was besonders der christ­liche Glaube empfangen und der Menschheit als Wegweisung geschenkt haben. Manches, was von Theologen im Laufe der Geschichte gesagt oder auch von kirchlicher Autorität prakti­ziert wurde, ist von der Geschichte falsifiziert worden und be­schämt uns heute. Aber zugleich gilt, dass die Geschichte der Heiligen, die Geschichte der vom christlichen Glauben her gewachsenen Menschlichkeit diesen Glauben in seinem wesentlichen Kern verifiziert und damit auch zu einer In­stanz für die öffentliche Vernunft macht. Gewiss, vieles von dem, was Theologie und Glaube sagen, kann nur im Inneren des Glaubens angeeignet werden und darf daher nicht als Anspruch an diejenigen auftreten, denen dieser Glaube unzu­gänglich bleibt. Aber zugleich gilt, dass die Botschaft des christlichen Glaubens nie nur eine ‚comprehensive religious doctrine’ im Sinn von Rawls ist, sondern eine reinigende Kraft für die Vernunft selbst, die ihr hilft, mehr sie selbst zu sein...

Wenn die Vernunft aus Sorge um ihre vermeintliche Rein­heit taub wird für die große Botschaft, die ihr aus dem christlichen Glauben und seiner Weisheit zukommt, dann verdorrt sie wie ein Baum, dessen Wurzeln nicht mehr zu den Wassern hinunterreichen, die ihm Leben geben. Sie verliert den Mut zur Wahrheit und wird so nicht größer, sondern kleiner. Auf unsere europäische Kultur angewandt heißt dies: Wenn sie sich nur selbst aus ihrem Argumentationszirkel und dem ihr jetzt Einleuchtenden konstruieren will und sich aus Furcht um ihre Säkularität von den Wurzeln abschneidet, von denen sie lebt, dann wird sie nicht vernünftiger und reiner, sondern zerfällt.

Damit kehre ich zum Ausgangspunkt zurück. Was hat der Papst an der Universität zu tun oder zu sagen? Er darf gewiss nicht versuchen, andere in autoritärer Weise zum Glauben zu nötigen, der nur in Freiheit geschenkt werden kann. Über sei­nen Hirtendienst in der Kirche hinaus und vom inneren Wesen dieses Hirtendienstes her ist es seine Aufgabe, die Sensibili­tät für die Wahrheit wachzuhalten; die Vernunft immer neu einzuladen, sich auf die Suche nach dem Wahren, nach dem Guten, nach GOTT zu machen und auf diesem Weg die hilfreichen Lichter wahrzunehmen, die in der Geschichte des christlichen Glaubens aufgegangen sind und dabei dann JESUS CHRISTUS wahrzunehmen als Licht, das die Ge­schichte erhellt und den Weg in die Zukunft zu finden hilft.“

Ansprache, die der Papst am 17.1.2008 an der römischen Universität „La Sapienza“ halten wollte

Die Doppelgesichtigkeit des Fortschritts auch bei den Massenmedien

„Dank einer rasanten technologischen Entwicklung haben die... Medien außergewöhnliche Möglichkeiten erworben, was gleichzeitig neue und ungeahnte Fragen und Probleme aufwirft. Unbestreitbar ist der Beitrag, den sie für den Nachrichtenfluss, für die Kenntnis der Fakten und die Verbreitung des Wissens leisten können... Aufs Ganze gesehen sind die Medien nicht nur Mittel zur Verbreitung der Ideen, sondern können und müs­sen auch Instrumente im Dienst einer gerechteren und solidari­scheren Welt sein. Es besteht leider die Gefahr, dass sie sich in Systeme verwandeln, die darauf abzielen, den Menschen Auffassungen zu unterwerfen, die von den herrschenden Interessen des Augenblicks diktiert werden. Das gilt für eine Kommunikation zu ideologischen Zwecken oder zur Plazie­rung von Konsumprodukten durch eine obsessive Wer­bung. Unter dem Vorwand, die Realität darzustellen, ist man in Wirklichkeit bestrebt, verzerrte Modelle persön­lichen, familiären oder gesellschaftlichen Lebens zu legiti­mieren und aufzuzwingen. Um die Quote... zu erhöhen, zögert man gelegentlich nicht, sich der Regelverletzung, der Vulgarität und der Gewaltdarstellung zu bedienen... Die Menschheit steht heute an einem Scheideweg. Auch für die Medien gilt, was ich in der Enzyklika Spe salvi über die Doppel­gesichtigkeit des Fortschritts geschrieben habe, der unzweifel­haft neue Möglichkeiten zum Guten bietet, aber auch abgrün­dige Möglichkeiten des Bösen eröffnet, die es ehedem nicht gab. Daher muss man sich fragen, ob es klug ist zuzulassen, dass die Kommunikationsmittel einer wahllosen Selbstdarstel­lung unterworfen sind oder in die Hände von Leuten gelangen, die sich ihrer bedienen, um die Gewissen zu manipulieren...“

Botschaft zum 42. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel vom 24.1.2008

 

 

 

 

3. Ehe, Familie, Erziehung, Lebensrecht

 

Starke Gesellschaften gründen auf starken Familien

„Ein anerkannter Schlüsselpunkt der Vereinbarung [zwischen der Slowakischen Republik und dem Hl. Stuhl] betrifft... die Erziehung. Es ist sehr wichtig, dass die Staaten der Kirche die Freiheit zur Errichtung und Führung katholischer Schulen sicherstellen und damit den Eltern die Möglichkeit geben, einen Erziehungsweg zu wählen, der die christliche Bildung ihrer Kinder fördert. Wenn junge Menschen am christ­lichen Unterricht festhalten, wissen sie ihre persönliche Würde als Geschöpfe, die nach dem Bild und Gleichnis GOTTES ge­schaffen sind (vgl. Gen 1,27), zu schätzen und erkennen auf diese Weise ein Ziel und eine Richtung für ihr Leben. Eine solide Erziehung, die alle Dimensionen der menschlichen Per­son, einschließlich der religiösen und spirituellen, nährt, liegt tatsächlich im Interesse sowohl der Kirche wie des Staates... Die gemeinsamen Anstrengungen von Kirche und Zivilgesell­schaft, junge Menschen in den Formen und Gepflogenheiten der Rechtschaffenheit zu unterweisen, sind um so entschei­dender in einer Zeit, wo diese versucht sind, die Werte der Ehe und Familie die für ihr zukünftiges Glück und für eine soziale Stabilität der Nation so lebenswichtig sind, herab­zusetzen. Die Familie ist der Kernbereich, in dem eine Person zuallererst menschliche Liebe kennenlernt und Tugenden wie Verantwortung, Großzügigkeit und brüderliche Anteilnahme entwickelt. Starke Familien gründen auf dem Fundament star­ker Ehen. Starke Gesellschaften gründen auf starken Fami­lien. Alle zivilen Gemeinschaften sollten daher alles ihnen Mögliche tun, um eine Wirtschafts- und Sozialpolitik zu fördern, die jungen verheirateten Paaren hilft und die Verwirklichung ihres Wunsches nach dem Aufbau einer Familie erleichtert.

Dem Staat darf die Ehe keineswegs gleichgültig sein, sondern er muss diese ehrwürdige Institution anerkennen, respektieren und unterstützen als feste Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, die freiwillig eine lebenslange Verpflichtung zu Liebe und Treue annehmen (vgl. Johannes Paul II, Familiaris consortio, 40)...“

Audienz für den neuen Botschafter der Slowakei, 13.9..2007

Übel in Beziehung zu einer ungeordneten Auffassung von Ehe und Familie

„Die hingebungsvolle Liebe christlicher Ehepaare ist ein Segen für euer Land und bringt sakramental den unauflös­lichen Bund zwischen CHRISTUS und Seiner Kirche zum Ausdruck. Dieser kostbare Schatz muss um jeden Preis ge­wahrt werden. Allzu oft können die Übel, die einige Teile der afrikanischen Gesellschaft befallen, wie Promiskuität, Poly­gamie und die Verbreitung sexuell übertragbarer Krankhei­ten, in direkte Beziehung gesetzt werden zu einer ungeord­neten Auffassung von Ehe und Familie. Aus diesem Grunde ist es wichtig, Eltern zu helfen, ihre Kinder zu lehren, wie sie eine christliche Sichtweise der Ehe leben können, verstanden als unauflösliche Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, die unter dem Gesichtspunkt des Menschseins im wesentlichen gleich und offen für die Zeugung neuen Lebens sind. Während dieses Verständnis des christlichen Familienlebens in Afrika breite Resonanz findet, gibt der wach­sende Einfluss der globalisierten säkularen Kultur auf die Orts­gemeinschaften als Ergebnis von Kampagnen durch Organe, die die Abtreibung unterstützen, Anlass zu großer Besorgnis. Diese direkte Vernichtung eines unschuldigen menschlichen Lebens kann niemals gerechtfertigt werden, so schwierig die Umstände auch sein mögen, die einige dahin bringen können, einen so schwerwiegenden Schritt in Betracht zu ziehen. Wenn ihr das Evangelium des Lebens verkündigt, dann erinnert euer Volk daran, dass das Recht auf Leben jedes geborenen oder ungeborenen unschuldigen Menschen absolut ist und für alle Menschen gleichermaßen gilt, ohne jegliche Ausnahme... Die katholische Gemeinschaft muss jenen Frauen Unterstüt­zung anbieten, die es schwierig finden mögen, ein Kind anzu­nehmen, vor allem wenn sie von ihrer Familie und ihren Freun­den isoliert sind. Ebenso sollte die Gemeinschaft offen sein, all diejenigen wiederaufzunehmen, die es bereuen, sich an der schweren Sünde der Abtreibung beteiligt zu haben, und sollte sie mit pastoraler Liebe dahin führen, die Gnade der Vergebung, die Notwendigkeit der Buße und die Freude, wieder in das neue Leben CHRISTI einzutreten, anzunehmen...“

Ad-limina-Besuch der Bischöfe von Kenia, 19.11.2007

Einschränkung der Rechte der Familie bedroht Frieden

„Die auf die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau gegrün­dete natürliche Familie als innige Gemeinschaft des Lebens und der Liebe ist der erste Ort der Humanisierung der Person und der Gesellschaft, die Wiege des Lebens und der Liebe. Zu Recht wird darum die Familie als die erste natürliche Gesell­schaft bezeichnet, als eine GÖTTliche Einrichtung, die als Prototyp jeder sozialen Ordnung das Fundament des Le­bens der Personen bildet. Tatsächlich macht man in einem gesunden Familienleben die Erfahrung einiger grundsätzlicher Komponenten des Friedens: Gerechtigkeit und Liebe unter den Geschwistern, die Funktion der Autorität, die in den Eltern ihren Ausdruck findet, der liebevolle Dienst an den schwächsten – weil kleinen oder kranken oder alten – Gliedern, die gegensei­tige Hilfe in den Bedürfnissen des Lebens, die Bereitschaft, den anderen anzunehmen und ihm nötigenfalls zu verzeihen. Des­wegen ist die Familie die erste und unersetzliche Erzieherin zum Frieden... Da die Familie die Aufgabe der Erziehung ihrer Glieder zukommt, hat sie spezifische Rechte. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die eine Errungenschaft einer Rechtskultur von wirklich universellem Wert darstellt, bestätigt: ‚Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat.’ Der Hl. Stuhl hat seinerseits der Familie eine besondere rechtliche Würde zuerkannt, indem er die Charta der Familienrechte ver­öffentlichte... Die Leugnung oder auch Einschränkung der Rechte der Familien bedroht, indem sie die Wahrheit über den Menschen verdunkelt, die Grundlagen des Friedens selbst. Wer die Einrichtung der Familie behindert – und sei es auch unbewusst –,macht also den Frieden in der gesamten nationalen und internationalen Gemeinschaft brüchig, denn er schwächt das, was tatsächlich die wichtigste ‚Agentur’ des Friedens ist. Dies ist ein Punkt, der einer besonderen Überle­gung wert ist: Alles, was dazu beiträgt, die auf die Ehe eines Mannes und einer Frau gegründete Familie zu schwächen, was direkt oder indirekt die Bereitschaft der Familie zur verantwortungsbewussten Annahme eines neuen Lebens lähmt, was ihr Recht, die erste Verantwortliche für die Er­ziehung der Kinder zu sein, hintertreibt, stellt ein objektives Hindernis auf dem Weg des Friedens dar. Die Familie braucht ein Heim, sie braucht die Arbeit bzw. die gerechte Anerkennung der häuslichen Tätigkeit der Eltern, eine Schule für die Kinder und eine medizinische Grundversorgung für alle. Wenn Gesellschaft und Politik sich nicht dafür einsetzen, der Familie auf diesen Gebieten zu helfen, bringen sie sich um eine wesentliche Quelle des Friedens. Besonders die Massenme­dien haben wegen der erzieherischen Möglichkeiten, über die sie verfügen, eine spezielle Verantwortung, die Achtung der Familie zu fördern, ihre Erwartungen und Rechte darzulegen und ihre Schönheit herauszustellen...“

Botschaft zum Weltfriedenstag am 1.1.2008 (vom 8.12.07)

Zum Fest der Hl. Familie

„Ich grüße die Teilnehmer am Familientreffen, das an diesem Sonntag in Madrid zu Ende geht... Bei der Betrachtung des Geheimnisses des SOHNES GOTTES, der umsorgt von der Liebe Mariens und Josefs auf die Welt gekommen ist, lade ich die christlichen Familien ein, in ihrem Leben die liebevolle Gegenwart des HERRN zu erfahren. Ebenso ermutige ich sie, sich an der Liebe CHRISTI zu den Menschen zu inspirieren und vor der Welt Zeugnis für die Schönheit der menschlichen Liebe, der Ehe und der Familie abzulegen. Diese ist auf die unauflösliche Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau gegründet und bildet so den bevorzugten Ort, an dem das menschliche Leben angenommen und geschützt wird, von seinem Anfang bis zu seinem natürlichen Ende. Deshalb ha­ben die Eltern das Recht und die grundlegende Pflicht, ihre Kinder im Glauben und in den Werten zu erziehen, die dem menschlichen Dasein Würde verleihen. Es lohnt sich, für die Familie und die Ehe zu arbeiten, da es sich lohnt, für den Men­schen zu arbeiten, das wertvollste der von GOTT geschaffenen Wesen. Ich wende mich besonders an die Kinder, dass sie ihre Eltern und Geschwister lieben und für die beten; an die Ju­gendlichen, dass sie, angeregt durch die Liebe ihrer Eltern, großherzig ihrer Berufung zur Ehe, zum Priestertum oder Or­densleben folgen; an die alten und kranken Menschen, dass sie die notwendige Hilfe und Verständnis finden. Und ihr, liebe Brautleute, zählt stets auf die Gnade GOTTES, dass eure Liebe immer fruchtbarer und treuer sei...“

Angelus-Ansprache, 30.12.2007

Was am meisten notwendig ist für eure Kinder

„Liebe Eltern, zusammen mit euch danke ich dem HERRN für das Geschenk dieser Kinder und bitte um Seinen Beistand, auf dass Er euch helfe, sie zu erziehen und in den geistlichen Leib der Kirche einzugliedern. Während ihr ihnen das für das Wachstum und die Gesundheit Notwendige bietet, bemüht ihr euch, mit der Unterstützung der Paten in ihnen den Glauben, die Hoffnung und die Liebe zu entfalten, die theologalen Tugenden, die dem ihnen im Sakrament der Taufe geschenk­ten neuen Leben zu entsprechen. Ihr werdet dies mit eurer Gegenwart, mit eurer Zuneigung gewährleisten; ihr werdet es zunächst und vor allem mit dem Gebet gewährleisten, in­dem ihr sie täglich GOTT anvertraut und sie Ihm in allen Abschnitten ihres Lebens anempfehlt. Gewiss, um gesund und kräftig zu wachsen, werden diese Buben und Mädchen materieller Fürsorge und großer Aufmerksamkeit bedürfen; was für sie aber am meisten notwendig, mehr noch unverzicht­bar sein wird, besteht darin, GOTT zu erkennen, zu lieben und Ihm treu zu dienen, um das ewige Leben zu haben. Liebe Eltern, seid für sie die ersten Zeugen eines wahren Glaubens an GOTT!

Im Taufritus gibt es ein beredtes Zeichen, in dem gerade die Weitergabe des Glaubens zum Ausdruck kommt. Es ist die Überreichung einer Kerze an jeden Täufling, die an der Flamme der Osterkerze entzündet wurde: es ist das Licht des aufer­standenen CHRISTUS; ihr verpflichtet euch es euren Kin­dern zu übergeben. So geben wir Christen uns von Genera­tion zu Generation das Licht CHRISTI weiter, so dass Er uns, wenn Er wiederkommen wird, mit diesem brennenden Licht in den Händen vorfinden kann. Während des Ritus werde ich zu euch sagen: ‚Euch, Eltern und Paten, ist dieses österliche Zeichen anvertraut, die Flamme, die ihr immer nähren müsst.’ Nährt stets die Flamme des Glaubens durch das Hören und die Betrachtung des Wortes GOTTES und durch die eifrige Gemeinschaft mit dem eucharistischen JESUS. In dieser wunderbaren, wenn auch nicht leichten Sendung mögen euch die hl. Patrone helfen, deren Namen diese dreizehn Kinder annehmen werden. Diese Heiligen mögen vor allem ihnen, den Täuflingen, helfen, um eurer Fürsorge als christliche Eltern zu entsprechen. Es begleite sie und euch, liebe Eltern, vor allem die Jungfrau Maria, jetzt und allezeit. Amen!“

Tauffeier in der Sixtinischen Kapelle, 13.1.2008

Recht und unersetzliche Aufgabe der Eltern als Erzieher

„GOTT vertraut der Frau und dem Mann entsprechend der ihnen eigenen Besonderheiten eine bestimmte Berufung und Sendung in der Kirche und in der Welt an. Ich denke hier an die Familie als für das Leben offene Liebesgemeinschaft und Grundzelle der Gesellschaft. In ihr entfalten die Frau und der Mann dank des Geschenks der Elternschaft gemeinsam eine unersetzliche Rolle gegenüber dem Leben. Die Kinder haben von ihrer Empfängnis an das Recht, auf den Vater und die Mutter zählen zu können, die sich um sie kümmern und sie in ihrem Heranwachsen begleiten sollen. Der Staat muss seinerseits durch entsprechende sozialpolitische Maß­nahmen alles unterstützen, was den Beistand und die Ein­heit der Ehe, die Würde und Verantwortung der Ehegatten, ihr Recht und ihre unersetzliche Aufgabe als Erzieher der Kinder fördert...“

Audienz für Internat. Kongress „Frau und Mann – das ‚Humanum’ in seiner Ganzheit“, 9.2.2008“

Größe und Schönheit des erzieherischen Auftrags

„Ein weiteres Gebetsanliegen bietet uns der Tag des Lebens, der heute in Italien begangen wird... Jeder möge sich entspre­chend seinen Möglichkeiten, seinem Beruf und seinen Kom­petenzen stets dazu angespornt fühlen, das Leben zu lieben und ihm zu dienen, von seinem Anfang bis zu seinem natürli­chen Ende. Es ist in der Tat Aufgabe aller, das menschliche Leben als ein Geschenk anzunehmen, das zu achten, zu schützen und zu fördern ist. Dies gilt um so mehr, wenn es schwach ist und der Aufmerksamkeit und Fürsorge bedarf, sowohl vor der Geburt als auch in seiner Endphase...

In der Diözese Rom beginnt heute die ‚Diözesanwoche für das Leben und die Familie’, die ihren Höhepunkt nächste Woche im Heiligtum der ‚MutterGOTTES von der GÖTTlichen Liebe’ mit der Feier des Diözesanfestes der Familie’ finden wird. Ich ermutige alle Eltern, um Größe und Schönheit des erziehe­rischen Auftrags neu zu entdecken. Ja, Erziehen ist sehr anspruchsvoll, aber begeisternd! Lasst eure Kinder von klein auf jene Nähe spüren, die Zeugnis von der Liebe gibt, schenkt euch selbst...“

Angelusansprache 3.2.2008

Ein Brief (nicht nur) an die Römer über die Erziehung

„Mit diesem Schreiben wende ich mich an euch, um über ein Problem zu sprechen, dessen ihr euch selbst bewusst seid und um das die verschiedenen Glieder unserer Kirche bemüht sind: das Problem der Erziehung. Uns allen liegt das Wohl der Menschen, die wir lieben, am Herzen, insbesondere das unse­rer Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden... Wir müssen daher Sorge tragen um die Ausbildung der jungen Generatio­nen, um ihre Fähigkeit, sich am Leben zu orientieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden, um ihre nicht nur leibliche, sondern auch sittliche Gesundheit.

Das Erziehen war jedoch niemals einfach, und heute scheint es immer schwieriger zu werden... Es ist... die Rede von einem ‚Generationenkonflikt’... Er ist aber nicht so sehr die Ursache als vielmehr die Folge der fehlenden Weitergabe von Ge­wissheiten und Werten. Müssen wir also den Erwachsenen von heute die Schuld geben? Sind sie vielleicht nicht mehr in der Lage zu erziehen? Sicher ist sowohl unter den Eltern als auch unter den Lehrern und allgemein unter den Erziehern die Versuchung aufzugeben sehr stark – und mehr noch die Ge­fahr, nicht einmal zu verstehen, was ihre Rolle oder besser die ihnen anvertraute Sendung ist. In Wirklichkeit geht es nicht nur um die persönliche Verantwortung der Erwachsenen oder der Jugendlichen, obgleich es sie gibt und sie nicht verborgen werden darf, sondern auch um eine weit verbreitete Atmo­sphäre, eine Mentalität und eine Form der Kultur, die Zwei­fel aufkommen lassen am Wert der menschlichen Person, an der Bedeutung der Wahrheit und des Guten und letztlich daran, dass das Leben gut ist. Dadurch wird es schwierig, Gültiges, Gewissheiten, Verhaltensregeln und glaubwürdige Ziele, um die herum man das eigene Leben aufbauen kann, von einer Generation an die nächste weiterzugeben.

Liebe Brüder und Schwestern von Rom, an diesem Punkt möchte ich euch etwas sehr Einfaches sagen: Habt keine Angst! Denn all diese Schwierigkeiten sind nicht unüberwind­bar. Vielmehr sind sie sozusagen die Kehrseite der Medaille jenes großen und kostbaren Geschenks, das unsere Freiheit ist, mit der Verantwortung, die sie zu Recht begleitet. Im Ge­gensatz zum technischen oder wirtschaftlichen Bereich, wo man die Fortschritte von heute denen der Vergangenheit hin­zufügen kann, gibt es im Bereich der Ausbildung und des sittli­chen Wachstums der Personen eine solche Zuwachsmöglich­keit nicht, weil die Freiheit des Menschen stets neu ist und daher jede Person und jede Generation selbst aufs Neue ihre Entscheidungen treffen muss. Auch die größten Werte der Vergangenheit können nicht einfach geerbt werden, son­dern wir müssen sie uns durch eine oft schwer errungene per­sönliche Entscheidung aneignen und erneuern...

...Um meine Reflexionen konkreter zu machen, kann es hilf­reich sein, einige allgemeine Erfordernisse einer echten Erzie­hung aufzuzeigen. Sie bedarf vor allem jener Nähe und jenes Vertrauens, die aus der Liebe entstehen: Ich denke dabei an jene erste und grundlegende Erfahrung der Liebe, die die Kin­der bei ihren Eltern machen oder wenigstens machen sollten. Aber jeder wahre Erzieher weiß, dass er, um zu erziehen, et­was von sich selbst geben muss und dass er nur so seinen Schülern helfen kann, die Egoismen zu überwinden und ihrer­seits zu echter Liebe fähig zu werden.

Bereits im kleinen Kind ist außerdem ein großes Verlangen nach Wissen und Verstehen vorhanden, das sich in seinen ständigen Fragen und Bitten um Erklärung zeigt. Wenn die Erziehung sich daher darauf beschränken würde, Kennt­nisse und Informationen zu vermitteln, aber die große Frage nach der Wahrheit beiseite ließe, vor allem nach jener Wahrheit, die uns im Leben leiten kann, wäre sie eine sehr dürftige Erziehung.

Auch das Leiden gehört zur Wahrheit unseres Lebens. Wenn wir daher versuchen, die Kinder von jeder Schwierigkeit und Erfahrung des Schmerzes abzuschirmen, dann laufen wir Ge­fahr, trotz unserer guten Absichten schwache und wenig groß­herzige Menschen heranwachsen zu lassen, denn die Fähig­keit zu lieben entspricht der Fähigkeit zu leiden – und ge­meinsam zu leiden.

So kommen wir... zum vielleicht heikelsten Punkt der Erzie­hungsarbeit: das richtige Gleichgewicht zu finden zwischen der Freiheit und der Disziplin. Ohne Verhaltens- und Lebens­regeln, die Tag für Tag auch in den kleinen Dingen zur Anwen­dung kommen, bildet sich der Charakter nicht aus, und es findet keine Vorbereitung auf die Prüfungen statt, die in Zukunft nicht fehlen werden. Die Erziehung ist jedoch vor allem eine Begegnung in Freiheit, und die gelungene Erziehung ist die Ausbildung zum rechten Gebrauch der Freiheit. Das Kind wächst nach und nach zum Jugendlichen und dann zum jungen Erwachsenen heran; wir müssen also das Risiko der Freiheit eingehen, aber stets darauf bedacht sein, ihm zu helfen, falsche Ideen und Entscheidungen zu korrigieren. Wir dür­fen dagegen nie seine Fehler unterstützen oder so tun, als würden wir sie nicht sehen, oder schlimmer noch sie mit ihm teilen, so als seien sie die neuen Horizonte des menschlichen Fortschritts.

Die Erziehung kann daher nicht auf ein gutes Ansehen ver­zichten, das die Ausübung der Autorität glaubwürdig macht. Es ist Frucht der Erfahrung und des Sachverstands, aber man erwirbt es vor allem durch die Konsequenz des eigenen Lebens und durch persönlichen Einsatz als Ausdruck wahrer Liebe. Der Erzieher ist also ein Zeuge der Wahrheit und des Guten: Ge­wiss, auch er ist schwach und kann Fehler machen, aber er wird immer wieder versuchen, mit seiner Sendung in Einklang zu stehen.

Liebe Gläubige von Rom, aus diesen einfachen Überlegungen geht hervor, dass in der Erziehung das Verantwortungsbe­wusstsein entscheidend ist...

Zum Schluss möchte ich euch einen Gedanken darlegen, den ich in der kürzlich erschienenen Enzyklika Spe salvi über die chrisltiche Hoffnung entwickelt habe: Die Seele der Erziehung sowie des ganzen Lebens kann nur eine verlässliche Hoff­nung sein... Ich kann.... dieses Schreiben nicht abschließen, ohne die herzliche Einladung, unsere Hoffnung auf GOTT zu setzen...“

Schreiben an die Diözese und die Stadt Rom über die dringende Aufgabe der Erziehung vom 21.1.2008

Sorge für die Kinder

„Ich möchte die Gelegenheit [die Auffindung der Leichen von zwei Kindern in Italien] wahrnehmen, um einen Aufruf zugunsten der Kinder zu erlassen: Sorgen wir für die Kleinen! Sie müssen geliebt werden, und man muss ihnen beim Wachsen helfen. Ich sage dies den Eltern, aber auch den Institutionen. Bei diesem Appell gehen meine Gedanken zu den Kindern überall auf der Welt, insbesondere zu schutzlosesten, am meisten ausgebeuteten und missbrauchten. Ich empfehle jedes Kind dem Herzen CHRISTI an, der gesagt hat: ‚Lasst die Kinder zu mir kommen!’ (Lk 18.16)“

Angelus-Ansprache 2.3.2008

 

 

 

 

4. Heilige

 

Kinder und Jugendliche werden Opfer des Konsumismus und der Verdorbenheit der Liebe

„Welch großes Geschenk ist es, die unbefleckt empfangene Jungfrau Maria zur Mutter zu haben! Eine Mutter, die erglänzt in ihrer Schönheit und die Liebe GOTTES durchscheinen lässt. Ich denke an die jungen Menschen von heute: Sie sind in einem Umfeld aufgewachsen, das von Botschaften gesättigt ist, die falsche Modelle des Glücks vorbringen. Diese Jungen und Mädchen laufen Gefahr, die Hoffnung zu verlieren, da sie oft der wahren Liebe beraubt zu sein scheinen, die das Leben mit Freude und Sinn erfüllt. Dieses Thema lag meinem verehrten Vorgänger Johannes Paul II. sehr am Herzen, der so viele Male der Jugend unserer Zeit Maria als ‚Mutter der schö­nen Liebe’ vor Augen gestellt hat. Nicht wenige Erfahrungen sagen uns leider, dass die Jugendlichen, die jungen Män­ner und Frauen und sogar die Kinder leicht der Verdorben­heit der Liebe zum Opfer fallen können, betrogen von skru­pellosen Erwachsenen, die sich selbst und die jungen Men­schen belügen und sie so in die Sackgasse des Konsu­mismus hineinziehen: auch die heiligsten Wirklichkeiten wie der Leib des Menschen, Tempel des GOTTES der Liebe und des Lebens, werden so zu Gegenständen des Kon­sums; und das immer früher, schon in der Zeit vor dem Jugendalter. Wie traurig ist es doch, wenn die Jungen und Mädchen das Staunen, den Zauber der schönsten Gefühle, den Wert der Achtung für den Leib verlieren, der Offenbarung der Person und ihres unergründlichen Geheimnisses ist!...“

Ansprache vor der Mariensäule auf dem Spanischen Platz am 8.12.2007

Die „Meere“ der Kindheit und des Jugendalters

„In dieses Jahr fällt der 1600. Todestag des hl. Johannes Chrysostomus (407-2007). Johannes von Antiochien, der we­gen seiner Redegewandtheit „Chrysostomos“, das heißt „Gold­mund“ genannt wurde, kann auch heute noch als lebendig gelten, dies auch aufgrund seiner Werke... (Er) bemühte sich, mit seinen Schriften die gesamtheitliche Entwicklung des Menschen in seiner leiblichen, intellektuellen und religiösen Dimension zu begleiten. Die verschiedenen Phasen des He­ranwachsens werden mit ebenso vielen Meeren eines uner­messlichen Ozeans verglichen. ‚Das erste dieser Meere ist die Kindheit’ (Predigt 81,5 über das Matthäusevangelium). Denn ‚gerade in diesem ersten Alter kommen die Neigungen zum Laster und zur Tugend zum Vorschein’. Aus diesem Grund muss das Gesetz GOTTES der Seele von Anfang einge­prägt werden ‚wie in eine Wachstafel’ (Predigt 3,1 über das Johannesevangelium): In der Tat ist dies das wichtigste Le­bensalter. Wir müssen uns vergegenwärtigen, wie grundlegend es ist, dass in dieser ersten Lebensphase in die Menschen wirklich die großen Leitlinien eintreten, die dem Leben die rechte Perspektive verleihen. Chrysostomus empfiehlt deshalb: ‚Stattet die Kinder vom jüngsten Alter an mit geistigen Waffen aus und lehrt sie, sich die Stirn mit der Hand zu bekreuzigen’ (Predigt 12,7 über den ersten Brief an die Korinther). Danach kommt das Jünglingsalter: „Der Kindheit folgt das Meer des Jünglingsalters, wo heftige Winde wehen..., wie die Begier­lichkeit in uns wächst“ (Predigt 81,5 über das Matthäusevange­lium).

Schließlich kommen die Verlobung und die Ehe: ‚Der Jugend folgt das Alter des reifen Menschen, in dem die Pflichten der Familie auftreten: Es ist die Zeit, eine Ehefrau zu suchen’ (ebd.). Bei der Ehe erinnert er an deren Ziele und bereichert sie – indem er zur Tugend der Mäßigung aufruft – um ein reiches Geflecht personalisierter Beziehungen. Die gut vorbereiteten Brautleute versperren so der Scheidung den Weg: Alles ver­läuft mit Freude, und die Kinder können zur Tugend erzogen werden. Wenn dann das erste Kind geboren wird, ist es ‚wie eine Brücke; die drei werden ein Fleisch, da das Kind die bei­den Teile miteinander verbindet’ (Predigt 12,5 über den Brief an die Kolosser), und die drei bilden ‚eine Familie, eine kleine Kirche’ (Predigt 26,6 über den Brief an die Epheser)...

Dem gläubigen Laien, sagte er: ‚Auch dich macht die Taufe zum König, Priester und Propheten’ (Predigt 3,5 über den 2. Brief an die Korinther). Hier entspringt die grundlegende Pflicht zur Mission, da ein jeder in gewissem Maße für das Heil der anderen verantwortlich ist: ‚Das ist das Prinzip unseres sozialen Lebens: Uns nicht nur für uns selbst zu interessieren!’ (Predigt 9,2 über das Buch Genesis). Das Ganze spielt sich zwischen zwei Polen ab: der großen Kirche und der ‚kleinen Kirche’, der Familie, in wechselseitiger Beziehung...“

Generalaudienz, 19.9.2007

Was können wir vom hl. Hieronymus lernen?

„In Bethlehem blieb (Hieronymus) bis zu seinem Tod, wobei er weiter eine intensive Tätigkeit entfaltete: Er kommentierte das Wort GOTTES; er verteidigte den Glauben, indem er sich kraft­voll verschiedenen Häresien widersetzte; er ermahnte die Mön­che zur Vollkommenheit, unterwies junge Schüler..., nahm in pastoraler Gesinnung die Pilger auf... Seine literarische Ausbil­dung und seine umfassende Gelehrsamkeit erlaubten Hiero­nymus die Revision und Übersetzung vieler biblischer Texte: eine wertvolle Arbeit für die lateinische Kirche und für die abendländische Kultur. Auf der Grundlage der griechi­schen und hebräischen Urtexte und dank des Vergleichs mit früheren Versionen verwirklichte er die Revision der vier Evan­gelien in lateinischer Sprache, sodann die des Psalters und eines Großteils des Alten Testaments. Indem er dem hebräi­schen und griechischen Originaltext, der Septuaginta, der in vorchristlichen Zeit entstandenen klassischen griechischen Version des Alten Testaments, und den vorhergehenden latei­nischen Versionen Rechung trug, konnte Hieronymus, dem später weitere Mitarbeiter zur Seite standen, eine bessere Übersetzung bieten: sie stellt die sogenannte ‚Vulgata’ dar, den ‚offiziellen’ Text der lateinischen Kirche, der als solcher vom Konzil von Trient anerkannt wurde und nach der jüngsten Revi­sion der ‚offizielle’ Text der lateinischen Kirche blieb.

Es ist interessant, die Kriterien festzustellen, an die sich der große Bibelwissenschaftler in seinem Übersetzungswerk gehalten hat. Er enthüllt sie selbst, wenn er sagt, er respek­tiere sogar die Reihenfolge der Worte der Hl. Schrift, weil in ihr... ‚auch die Reihenfolge der Worte ein Geheimnis ist’ (Ep. 57,5), das heißt eine Offenbarung. Er bekräftigt darüber hinaus die Notwendigkeit, auf die Originaltexte zurückzugreifen: ‚Wenn es wegen der nicht übereinstimmenden Lesarten der Handschriften unter den Lateinern zu einer Diskussion über das Neue Testament käme, greifen wir auf das Original zurück, das heißt auf den griechischen Text, in dem das Neue Testa­ment geschrieben ist. Dasselbe gilt für das Alte Testament: Wenn es Abweichungen zwischen den griechischen und latei­nischen Texten gibt, berufen wir uns auf den Originaltext, den hebräischen; so können wir all das, was aus der Quelle ent­springt, in den Bächen wiederfinden’ (Ep. 106,2). Darüber hin­aus kommentierte Hieronymus auch viele biblische Texte...

Was können wir vom hl. Hieronymus lernen? Mit scheint, vor allem dies: das Wort GOTTES in der Hl. Schrift zu lieben. Der hl. Hieronymus sagt: ‚Die Hl. Schrift nicht zu kennen heißt, CHRISTUS nicht zu kennen.’ Es ist deshalb wichtig, dass jeder Christ in Berührung und in persönlichem Dialog mit dem Wort GOTTES lebt, das uns in der Hl. Schrift geschenkt ist. Dieser unser Dialog mit dem Wort GOTTES muss immer zwei Dimen­sionen haben: Einerseits muss er ein wirklicher persönlicher Dialog sein, weil GOTT mit einem jeden von uns durch die Hl. Schrift spricht und eine Botschaft für jeden hat.

Wir dürfen die Hl. Schrift nicht als Wort der Vergangenheit lesen, sondern als Wort GOTTES, das sich auch an uns wen­det, und müssen versuchen zu verstehen, was der HERR uns sagen will. Um aber nicht in den Individualismus zu verfallen, müssen wir uns vergegenwärtigen, dass das Wort GOTTES uns gerade deshalb gegeben ist, um Gemeinschaft aufzu­bauen, um uns auf unserm Weg zu GOTT hin in der Wahrheit zu vereinen. Obwohl es also immer ein persönliches Wort ist, ist es auch ein Wort, das Gemeinschaft errichtet, das die Kir­che auferbaut.

Deshalb müssen wir es in Gemeinschaft mit der lebendigen Kirche lesen. Der bevorzugte Ort des Lesens und Hörens des Wortes GOTTES ist die Liturgie, in der wir durch das Feiern des Wortes und durch die Vergegenwärtigung des Leibes CHRISTI im Sakrament das Wort in unserem Leben verwirk­lichen und es unter uns gegenwärtig machen. Wir dürfen nie vergessen, dass das Wort GOTTES über die Zeiten hinaus­reicht. Die menschlichen Meinungen kommen und gehen. Was heute sehr modern ist, wird morgen uralt sein. Das Wort GOTTES hingegen ist Wort des ewigen Lebens, es trägt in sich die Ewigkeit, das, was für immer gilt. Indem wir in uns das Wort GOTTES tragen, tragen wir also in uns das Ewige, das ewige Leben. Und so schließe ich mit einem Wort des hl. Hieronymus... ‚Versuchen wir, auf der Erde jene Wahr­heiten zu lernen, deren Beschaffenheit auch im Himmel beste­hen bleiben wird’ (Ep. 53,10).“

Generalaudienz, 7.11.2007

Die christliche Pädagogik des hl. Hieronymus

„Wir fahren heute damit fort, die Gestalt des hl. Hieronymus vorzustellen... Er war in das Wort GOTTES richtiggehend ‚verliebt’ und fragte sich: ‚Wie könnte man ohne die Kenntnis der Schrift leben, durch die man lernt, CHRISTUS selbst zu kennen, der das Leben der Gläubigen ist?’ (Ep. 30,7)... Der römischen Matrone Leta gab er für die christliche Erziehung ihrer Tochter diese Ratschläge: ‚Vergewissere dich, dass sie täglich einige Abschnitte aus der Schrift studiert... An das Gebet schließe sie die Lesung an und an die Lesung das Gebet... Statt der Juwelen und Seidengewänder soll sie die Heiligen Bücher lieben’ (Ep. 107,9.12)... Einer seiner geist­lichen Töchter empfahl er: ‚Liebe die Hl. Schrift, und die Weis­heit wird dich lieben; liebe sie zärtlich, und sie wird dich be­schützen.... Liebe die Wissenschaft der Schrift, und du wirst die Laster des Fleisches nicht lieben’ (Ep. 130,20 bzw. 125,11).

Ein grundlegendes methodologisches Kriterium bei der Ausle­gung der Schrift war für Hieronymus die Übereinstimmung mit dem Lehramt der Kirche. Wir können niemals alleine die Schrift lesen. Wir finden zu viele Türen verschlossen und glei­ten leicht in den Irrtum ab. Die Bibel wurde vom Volk GOTTES und für das Volk GOTTES unter der Inspiration des HL. GEISTES geschrieben. Nur in dieser Gemeinschaft mit dem Volk GOTTES können wir wirklich mit dem ‚Wir’ in den Kern der Wahrheit eintreten, die GOTT selbst uns sagen will...

Hieronymus (vernachlässigt) nicht den ethischen Aspekt. Ja, er mahnt oft zur Pflicht, das Leben mit dem GÖTTlichen Wort in Einklang zu bringen, denn nur wenn wir es leben, finden wir auch die Fähigkeit, es zu verstehen... ‚Deine Handlungen sol­len deine Worte nicht Lügen strafen, damit es nicht geschehe, dass, wenn du in der Kirche predigst, jemand in seinem Inne­ren überlegt: Warum also handelst gerade du nicht so?... Im Priester CHRISTI müssen der Geist und das Wort in Einklang stehen’ (Ep. 52,7)...

Nicht verschwiegen werden kann schließlich der Beitrag, den Hieronymus auf dem Gebet der christlichen Pädagogik geleistet hat (vgl. Epp. 107 und 128). Er nimmt sich vor, ‚eine Seele zu bilden, die zum Tempel des HERRN werden soll’ (Ep. 107,4), zu einem ‚wertvollen Juwel’ in den Augen GOTTES (Ep. 107,13). Mit tiefer Einfühlung rät er, sie vor dem Bösen und vor den sündhaften Gelegenheiten zu bewahren, frag­würdige oder zerstreuende Freundschaften auszuschließen (vgl. Ep. 107,4 und 8-9; vgl. auch Ep. 128,3-4). Vor allem ermahnt er die Eltern, dass sie um die Kinder ein Umfeld der Ruhe und Freude schaffen, sie durch Lob und Wett­eifern auch zum Studium und zur Arbeit anregen (Epp. 107,4 und 128,1), sie ermuntern, die Schwierigkeiten zu überwinden, in ihnen die guten Gewohnheiten fördern und sie davor bewahren sollen, schlechte anzunehmen, weil – und hier zitiert er einen Satz des Publilius Syrus, den er in der Schule gehört hatte – ‚es dir kaum gelingen wird, an dir jene Dinge zu berichtigen, an die du dich ruhig gewöhnst’ (Ep. 107,8). Die Eltern sind die wichtigsten Erzieher der Kinder, die ersten Lehrer des Lebens. Indem sich Hieronymus mit großer Klarheit an die Mutter eines Mädchens wendet und dann auf den Vater anspielt, mahnt er – und bringt damit gleichsam ein Grundbedürfnis jedes Menschen zum Aus­druck, der ins Dasein tritt: ‚Sie möge in dir ihre Lehrerin finden, und auf dich blicke mit Staunen ihre unerfahrene Kindheit. Weder in dir noch in ihrem Vater soll sie je Hal­tungen sehen, die sie zur Sünde führen, wenn sie nachge­ahmt würden. Denkt daran, dass... ihr sie mehr durch das Vorbild als durch das Wort erziehen könnt’ (Ep. 107,9)...“

Generalaudienz, 14.11.2007

Sel. Ceferino Namuncurá
(vgl. “Porträt” in FMG-INFORMATION 92!)

„Ich richte einen besonderen Gruß an die argentinische Ge­meinde Roms... Ihr seid zahlreich hierhergekommen aus An­lass der Seligsprechung von Ceferino Namuncurá, die heute in Cimpay in Argentinien stattfinden wird... Danken wir dem HERRN für das außerordentliche Zeugnis dieses jungen neun­zehnjährigen Studenten, der, beseelt von seiner Verehrung für die Eucharistie und von seiner Liebe zu CHRISTUS, Salesianer und Priester werden wollte, um seinen Brüdern aus dem Volk der Mapuches den Weg zum Himmel zu zeigen. Mit seinem Leben erleuchtet er unseren Weg zur Heiligkeit...“

Angelus-Ansprache 11.11.2007

Heiligenbiographien gehören zur Evangelisierung

„Wir wissen, dass die erste Begegnung [mit CHRISTUS] auf vielfältige Weise geschehen kann, wie es zahlreiche Biogra­phien von Heiligen bestätigen (sie vorzustellen gehört zur Evangelisierung, die immer von Vorbildern im Denken und in der Lebensführung begleitet sein muss), aber die christliche Initiation des Menschen geschieht normalerweise über die Kirche: Der GÖTTliche Heilsplan erfordert die Kirche...“

Ad-limina-Besuch der Portugiesischen Bischofskonferenz, 10.11.2007

Jeder Heilige ist ein Stück Wiederkunft CHRISTI

„...Über die endgültige Wiederkunft CHRISTI in der Parusie ist uns gesagt, dass er nicht allein, sondern mit allen seinen Heili­gen kommen wird. So ist jeder Heilige, der in die Geschichte hereintritt, schon ein Stück der Wiederkunft CHRISTI, ein neues Ankommen des HERRN, das uns Sein Bild auf neue Weise zeigt, uns Seiner Gegenwart gewiss werden lässt. JESUS CHRISTUS gehört nicht der Vergangenheit an und ist nicht in eine weit entfernte Zukunft entrückt, um die wir gar nicht bitten mögen. Er kommt in einer großen Prozession von Heiligen. Er ist immer schon mit Seinen Heiligen unterwegs zu uns, in unser Heute...

Jünger CHRISTI sein – was heißt das? Nun, das bedeutet zuerst: Ihn kennenlernen. Wie geschieht das? Es ist eine Ein­ladung, Ihm zuzuhören, wie Er im Wort der Hl. Schrift zu uns spricht, wie Er im gemeinsamen Beten der Kirche und in den Sakramenten, wie im Zeugnis der Heiligen uns anredet und auf uns zugeht. CHRISTUS kennenlernen kann man nie nur theoretisch. Man kann in großer Gelehrsamkeit alles wissen über die Heiligen Schriften, ohne Ihm begegnet zu sein. Zum Kennenlernen gehört das Mitgehen mit Ihm, das Eintreten in Seine Gesinnungen, wie der Philipperbrief sagt (2,5)...

Der Jünger JESU CHRISTI muss auch ‚Missionar’, Bote des Evangeliums sein... Auch hier erhebt sich ein Einwand: Soll man heute noch ‚missionieren’? Sollen nicht lieber alle Religio­nen und Weltanschauungen friedlich zusammenleben und miteinander das Beste für die Menschheit zu tun versuchen, jeder auf seine eigene Art? Nun, dass wir alle in Toleranz und Respekt zusammenleben und zusammenwirken sollen, ist unbestritten... Aber bedeutet dieser Wille zu Dialog und Zu­sammenarbeit zugleich, dass wir die Botschaft von JESUS CHRISTUS nicht mehr weitergeben, nicht mehr den Menschen und der Welt diesen Anruf und Seine Hoffnung vorlegen dür­fen? Wer eine große Erkenntnis, wer große Freude gefunden hat, muss sie weitergeben, kann dies gar nicht für sich selbst behalten... Die Geschichte braucht zu ihrer Vollendung die Verkündigung der Botschaft an alle Völker, an alle Men­schen (vgl. Mk 13,10)... Genau dies geschieht in der christ­lichen Mission: Dem Haushalt der Menschheit werden durch die Begegnung mit JESUS CHRISTUS und Seinen Heiligen, durch die Begegnung mit GOTT jene Kräfte des Guten zugeführt, ohne die all unsere Sozialordnungen nicht Wirk­lichkeit werden, sondern bloß abstrakte Theorie bleiben, angesichts des übermächtigen Drucks anderer Interessen, die dem Frieden und der Gerechtigkeit entgegenstehen...“

Weihnachtsempfang für die Römische Kurie, 21.12.2007

Heiligsprechungen als Heilswerkzeug für die Welt

Durch die Selig- und Heiligsprechungen dankt die Kirche nämlich GOTT für die Gabe dieser Seiner Kinder, die groß­herzig auf die GÖTTliche Gnade zu antworten wussten; sie ehrt sie und ruft sie als Fürsprecher an. Gleichzeitig bietet sie diese leuchtenden Vorbilder allen Gläubigen zur Nachahmung an; alle sind durch die Taufe zur Heiligkeit berufen, sie ist das jedem Lebensstand angebotene Ziel. Die Heiligen und die Seligen, die mit ihrem Leben CHRISTUS bekennen, Seine Person und Seine Lehre, und die eng mit Ihm verbunden bleiben, sind gleichsam ein lebendiges Bild sowohl des einen als auch des anderen Aspekts der Vollkommenheit des GÖTTlichen Meisters. Gleichzeitig werden die kirchlichen Gemeinschaften, wenn sie auf so viele unserer Brüder und Schwestern schauen, die in allen Zeiten sich selbst vollkom­men an GOTT für Sein Reich hingegeben haben, zu dem Be­wusstsein geführt, dass auch in unserer Zeit Zeugen notwendig sind, dazu fähig, im konkreten täglichen Leben die ewige Wahrheit des Evangeliums zu verkörpern und daraus ein Heilswerkzeug für die ganze Welt zu machen...

Wenn sie richtig in ihrer geistlichen Dynamik und in ihrer ge­schichtlichen Realität dargestellt werden, tragen die Heiligen dazu bei, das Wort des Evangeliums und die Sendung der Kirche glaubwürdiger und anziehender zu machen. Die Berüh­rung mit ihnen öffnet den Weg für wahre geistliche Auferste­hungen, dauerhafte Bekehrungen und eine Blüte neuer Heili­ger. Die Heiligen bringen gewöhnlich andere Heilige hervor, und die Nähe zu ihnen oder auch nur zu ihren Spuren ist stets heilsam: Sie reinigt und erhebt den Geist und öffnet das Herz für die Liebe zu GOTT und den Brüdern. Die Heiligkeit sät Freude und Hoffnung, sie antwortet auf den Durst nach Glück, den die Menschen auch heute verspüren.

Die kirchliche und soziale Bedeutung, die in der Tatsache liegt, immer neue Vorbilder der Heiligkeit anzubieten, macht also die Arbeit derer, die bei den Heilig- und Seligsprechungsverfahren mitarbeiten, besonders wertvoll. Sie alle sind berufen, wenn auch mit unterschiedlichen Rollen, sich ausschließlich in den Dienst der Wahrheit zu stellen. Aus diesem Grund müssen im Verlauf der Diözesanuntersuchung die Zeugen- und Urkunden­beweise gesammelt werden – sowohl die, die für die Heiligkeit und den Ruf der Heiligkeit oder des Martyriums der  Diener GOTTES sprechen, als auch die, die dagegen sprechen...“

Audienz für die Postulatoren der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungsprozesse, 17.12.2007

Die sechsjährige Nennolina

„Es erfüllt mich mit Freude, dass ihr soeben die Worte eines Mädchens zitiert habt, nämlich von Antonia Meo, die ‚Nenno­lina’ genannt wurde. Vor gerade drei Tagen habe ich mit einem Dekret ihren heroischen Tugendgrad anerkannt, und ich hoffe, dass ihr Seligsprechungsverfahren bald zu einem glücklichen Abschluss gebracht werden kann.

Welch leuchtendes Beispiel hat dieses Kind, das so alt war wie ihr, euch hinterlassen! Nennolina, dieses Mädchen aus Rom, hat sich in ihrem so kurzen Leben – sie wurde nur sechseinhalb Jahre alt – durch besonderen Glauben, Hoffnung und Liebe sowie durch andere christliche Tugenden ausge­zeichnet. Obwohl sie ein zartes Mädchen war, vermochte sie ein klares und deutliches Zeugnis für das Evangelium ab­zulegen, und sie hat tiefe Spuren in der Diözesangemeinschaft von Rom hinterlassen. Nennolina gehörte der Katholischen Aktion an: heute wäre sie sicherlich Mitglied eurer Kinder- und Jugendsektion! Ihr könnt sie also als eure Freundin ansehen und als Vorbild, an dem ihr euch orientieren könnt. Ihr so einfaches und zugleich so bedeutsames Leben zeigt, dass die Heiligkeit in jedem Alter möglich ist: für Kinder und für Ju­gendliche, für Erwachsene und für alte Menschen. In jedem Abschnitt unseres Lebens können wir uns dafür entscheiden, JESUS ernsthaft zu lieben und Ihm treu nachzufolgen. In we­nigen Jahren hat Nennolina den Gipfel der Vollkommenheit erreicht, den zu erklimmen wir alle berufen sind, und sie ging zügig voran auf der ‚Schnellstraße’, die zu JESUS führt. Wie ihr selbst daran erinnert habt, ist JESUS der wahre ‚Weg’, der uns zum VATER und in Sein und unser endgültiges Haus, ins Paradies, führt. Ihr wisst, dass Antonia nun bei GOTT lebt und euch vom Himmel aus nahe ist: Nehmt ihre Gegenwart unter euch und in euren Gruppen wahr! Bemüht euch darum, sie kennenzulernen und ihrem Beispiel zu folgen. Ich glaube, sie wird sich darüber freuen, noch immer in die Katholische Aktion ‚miteinbezogen’ zu sein!

... Ich (spreche) euch meine besten Wünsche für das vor uns liegende Jahr (aus) in Anlehnung an euer Leitwort für das Jahr 2008: Möget ihr stets mit Freude auf der Straße des Lebens mit JESUS vorangehen. Er hat einst gesagt: ‚Ich bin der Weg’ (Joh 14,6). JESUS ist der Weg, der zum wahren Leben führt, zum Leben, das kein Ende hat. Dieser Weg ist oft eng und steil, aber, wenn wir uns von Ihm anziehen lassen, ist dieser Weg so wunderschön wie ein Bergpfad: je weiter man hinaufsteigt, um so besser kann man von oben stets neue, noch schönere und weitere Panoramen bewundern. Der Weg ist anstrengend, aber wir sind nie allein: wir helfen uns gegenseitig, wir warten auf­einander und wir reichen denen, die nicht nachkommen, die Hand... Wichtig ist, dass wir uns nicht verlaufen, dass wir nicht vom Weg abkommen, sonst besteht die Gefahr, dass wir in einen Abgrund stürzen oder uns im Wald verirren! Liebe Jun­gen und Mädchen, GOTT ist Mensch geworden, um uns den Weg zu zeigen, ja, indem Er Kind wurde, ist Er selbst zum ‚Weg’ geworden – auch für euch Jungen und Mädchen: Er war wie ihr, Er hatte euer Alter. Folgt Ihm in Liebe nach, und legt dabei jeden Tag eure Hand in Seine Hände.“

Audienz für die Kinder- und Jugendsektion der Katholischen Aktion Italiens, 20.12.2007

 

 

 

 

6. Leiden und Sterben

 

Krankenseelsorge

„In den schweren Stunden soll der Kranke mit Hilfe der Seel­sorge ermutigt werden und die Kraft finden, seine schwere Prüfung durch Gebet und den Trost der Sakramente zu be­stehen. Er soll von seinen Brüdern und Schwestern im Glauben umgeben sein, die bereit sind, ihm zuzuhören und seine Gefühle zu teilen. Das ist eigentlich das wahre Ziel der Seelsorge im Dienst an den betagten Personen, besonders wenn sie krank, und noch mehr, wenn sie schwer krank sind. Bei mehreren Anlässen hat mein verehrter Vorgänger Johan­nes Paul II... die Wissenschaftler und die Ärzte aufgefordert, sich in der Forschung um die Vorbeugung und Heilung von Krankheiten zu bemühen, die mit dem Alterungsprozess ver­bunden sind. Sie dürfen aber nie der Versuchung erliegen, auf Maßnahmen zurückzugreifen, die das Leben des betag­ten Kranken verkürzen, also Maßnahmen, die in Wirklichkeit eine Form von Euthanasie sind. Die Wissenschaftler, die Forscher, die Ärzte, die Krankenpfleger sowie die Politiker, die Verwaltungskräfte und die Krankenseelsorger dürfen nicht vergessen, dass „die Versuchung zur Euthanasie eines der alarmierendsten Symptome der ‚Kultur des Todes’ ist, die vor allem in den Wohlstandsgesellschaften um sich greift’ (Evan­gelium vitae, 6,4). Das Leben des Menschen ist ein Geschenk GOTTES, das zu hüten wir alle immer berufen sind...“

Ansprache vor der XXII. Internat. Konferenz des Pp. Rates für die Krankenpastoral, 17.11.2007

Heilbringender Wert des eigenen Leidens

„...Während Lourdes [150. Jahrestag der Erscheinungen...] uns über die mütterliche Liebe der Unbeflecken Jungfrau Maria zu ihren kranken und leidenden Kindern nachdenken lässt, wird der bevorstehende Internationale Eucharistische Kongress [in Québec in Kanada] eine Gelegenheit sein, den im Altarsa­krament gegenwärtigen JESUS CHRISTUS anzubeten, und Ihm zu vertrauen als der Hoffnung, die nicht enttäuscht, Ihn anzunehmen als Medizin der Unsterblichkeit, die den Leib und den Geist heilt. JESUS CHRISTUS hat die Welt durch Sein Leiden, durch Seinen Tod und Seine Auferstehung erlöst und wollte als ‚Brot des Lebens’ auf unserem irdischen Pilgerweg bei uns bleiben...

Es wird deutlich, dass die Krankenseelsorge gerade aus der Eucharistie die geistliche Kraft schöpfen muss, die notwen­dig ist, um dem Menschen tatkräftig beizustehen und ihm zu helfen, den heilbringenden Wert des eigenen Leidens zu verstehen. Wie der Diener GOTTES Johannes Paul II. im... Apostolischen Schreiben Salvifici dolores betonte, sieht die Kirche in den leidenden Brüdern und Schwestern gleich­sam vielfältige Träger der übernatürlichen Kraft CHRISTI (vgl. Nr. 27). Auf geheimnisvolle Weise mit CHRISTUS ver­eint, wird der Mensch, der in Liebe und fügsamer Hingabe an den GÖTTlichen Willen leidet, zur lebendigen Opfergabe für das Heil der Welt. Weiter sagte mein geliebter Vorgänger: ‚Je mehr der Mensch von der Sünde bedroht ist, je drückender die Strukturen der Sünde sind, welche die heutige Welt in sich trägt, umso größer ist die Ausdruckskraft, die das menschliche Leiden besitzt, und um so dringender fühlt die Kirche die Not­wendigkeit, sich um des Heiles der Welt willen an die mensch­lichen Leiden zu wenden’ (ebd.)...

Alle vertraue ich Maria an, der Mutter GOTTES und unserer Mutter, der Unbefleckten Empfängnis. Sie möge einem jeden helfen zu bezeugen, dass die einzige gültige Antwort auf den Schmerz und auf das menschliche Leiden CHRISTUS ist, der durch Seine Auferstehung den Tod überwunden und uns das Leben geschenkt hat, das kein Ende kennt...“

Botschaft zum 16. Welttag der Kranken am 11.2.2008 (vom 11.1.08)

 

 

 

 

 

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