Das Porträt

 

FMG-INFORMATION 108, April 2013

 

Am 21. März 1993, vor zwanzig Jahren, wurde sie vom seligen Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen; 1987 hatte derselbe Papst diese junge Ordensfrau seliggesprochen. Nicht ganz zwanzig Jahre wurde sie alt: die Chilenin Teresa de los Andes. Inspiriert durch die Lektüre der autobiographischen „Geschichte einer Seele“ der hl. Theresia von Lisieux (1873-1897) und von Schriften der seligen Elisabeth von Dijon (1880-1906) war sie in den Karmel eingetreten.

Quellen: Ferdinand Holböck, „Neue Heilige der katholischen Kirche“, Band 2 (1992) S. 135-138; ders., Band 4, S. 235-237; www. santiebeati.it; www. marienforum.net; „Santa Teresa de los Andes, Orden del Carmen Descalzo – Chile, ca. 1993; Zeitschrift „St. Josef“, 17. Heft, 2012/13, A-3107 Kleinhain, S. 40-5. - [Bildnachweis: Archiv FMG]

 

 

FRÜHVOLLENDET

 

Hl. Teresa de los Andes


(Juana Fernández Solar)

 

*13. Juli 1900 Santiago de Chile    + 12. April 1920 Los Andes

 

Juana Fernández Solar wurde am 13. Juli 1900 in der chilenischen Hauptstadt Santiago geboren. Getauft wurde das Mädchen zwei Tage später auf die Namen Juana Enriqueta Josefina de los Sacrados Corazones. Ihre wohlhabenden Eltern Miguel Fernández und Lucia Solar waren gläubige, wohltätige Chris­ten; sie war das vierte ihrer sieben Kinder. Juanita, wie sie genannt wurde, verbrachte ihre Kindheit unter anderem auf dem Landgut ihres Großvaters Eulogio, eines Arztes.

Im Haus gab es eine kleine Kapelle, wo die Familie und die Bediensteten sich abends zum Rosenkranzgebet versammelten. Auch Juanita betete, von ihrem zwei Jahre älteren Bruder Luis, dem sie sich besonders verbunden wusste, angeleitet, täglich mit. Sie war ein aufgewecktes, wissbegieriges Kind, das vor allem vom lieben GOTT, vom gekreuzigten HEILAND, von der allerseligsten Jungfrau Maria, von der hl. Eucharistie und vom Himmel nicht genug erfahren konnte. Doch war sie auch ungeduldig, manchmal arrogant und ungehorsam, und sehr sensibel und liebesbedürftig. Im Alter von sieben Jahren erfasste sie eine große Liebe zur GOTTESmutter: „Ich habe ihr alles erzählt, was mir widerfuhr, und sie hat mit mir gesprochen. Ich fühlte ihre Stimme in mir, sehr klar und bestimmt. Sie tröstete mich und sagte mir, was ich machen muss, um unserem HERRN zu gefallen. Ich glaubte, dass das ganz normal sei und sprach mit niemandem über das, was die Jungfrau mir sagte. Seitdem haben unser HERR und die Jungfrau Maria mich an der Hand genommen.“

Mit den Jahren wurde sich Juanita ihres schwierigen Charakters bewusst und beschloss, ihren schlechten Neigungen nicht mehr nachzugeben, arbeitete an sich und wandelte sich mit der Gnade GOTTES. Am 22. Oktober 1909 empfing Juanita mit neun Jahren die hl. Firmung, und knapp ein Jahr später, am 11. September 1910, die hl. Erstkommunion. Dabei, so berichtete sie später, hörte sie zum ersten Mal die Stimme des HERRN, dachte aber, dies sei bei allen, die kommunizieren, so.

Sie war voller Leben, liebte die Natur, trieb Sport – Schwimmen, Tennis, Reiten (das ihr der Großvater beigebracht hatte), liebte Musik und Gesang. Einige Zeit war sie krank, besonders schlimm im Dezember 1911. 1915 beschlossen die Eltern, Juanita in das Internat der Herz-JESU-Schwestern zu geben, was für sie eine schmerzliche Trennung von der Geborgenheit der Familie bedeutete. Die Zeit im Internat war entscheidend für Juanitas menschliches und geistliches Wachstum. Sie begann, von einer Schwester angeregt, ein Tagebuch zu führen. Schon vorher war – sie hatte die „Geschichte einer Seele“ der kleinen hl. Theresia gelesen, später auch Teresa von Avila und Elisabeth von der hlst. DREIFALTIGKEIT von Dijon – der erste Ruf in den Karmel in ihr wach geworden. Nun führte sie ein entschiedenes geistliches Leben mit täglichem Messbesuch und Zeit für das innere Gebet. Immer mehr suchte sie, dem Ruf der Liebe GOTTES zu antworten. So versprach sie am 8. Dezember 1915 im privaten Gelübde der Jungfräulichkeit, „keinen anderen Bräutigam als meinen HERRN JESUS CHRISTUS zu kennen, den ich mit meinem ganzen Herzen liebe und dem ich dienen will bis zum letzten Moment meines Lebens“.

Ein Jahr vorher hatte Juanita ihrer Schwester Rebecca in einem Brief als „Geheimnis“ mitgeteilt, sie würden bald verschiedene Leidenswege gehen müssten: „Der GÖTTliche Meister hat mit mir Erbarmen gehabt, und indem Er zu mir kam, sagte Er mir leise: Verlasse Vater und Mutter und alles, was du hast, und folge mir nach. Wie glücklich bin ich… Ich möchte Karmelitin werden.“ (Rebecca litt sehr unter dem Weggang ihrer Schwester; nach deren Tod schwanden aber für sie alle Zweifel und sie trat im Dezember 1920 selber in den Karmel ein, wurde Novizenmeisterin und starb 1942.)

Sie nahm im September 1917 Kontakt mit der Priorin des Karmels in Los Andes auf, etwa 90 km nördlich von Santiago. Im August 1918 verließ Juanita das Internat und arbeitete bis zu ihrem Ordenseintritt zu Hause – auch die Hausarbeit war für sie eine wertvolle Erfahrung zu verstehen, dass man überall nach dem Willen GOTTES leben kann: „Ich habe nicht geglaubt, dass das Familienleben solche Opfer fordert. Diese Erfahrung hilft mir, mich auf mein geweihtes Leben vorzubereiten.“ Ihrem Bruder Luis, dem sie besonders innig verbunden war und der sich mit ihrer Entscheidung schwer abfinden konnte, schrieb sie von einem unstillbaren Durst nach Glück in ihrer Seele, nach der Liebe zu etwas Unbegrenztem: dem unveränderlichen Sein, GOTT, der sie seit Ewigkeit liebe.

Sie hatte eine Zeit der Prüfung zu durchleben, große innere Traurigkeit, die Erfahrung der GOTTferne. In einem Zustand großer Unsicherheit besuchte sie am 11. Januar 1919 erstmals das Kloster in der Stadt Los Andes, dessen Armseligkeit sie tief anrührte. Doch dieser Besuch schenkte ihr Klarheit und Sicherheit ihrer Berufung und erfüllte sie mit tiefer Freude.

Die Sommermonate bis April verbrachte sie bei ihrer Familie und trat dann am 7. Mai 1919 mit der vom Vater erbetenen Erlaubnis in das Kloster von Los Andes ein. Sie erhielt den Namen Teresa de JESÚS. Sie war glücklich, wie ihre Briefe erkennen lassen, und nach der Einkleidung begann sie am 14. Oktober 1919 ihr Noviziat. Schon früher hatte sie zweimal dem HEILAND ihr Leben angeboten, einmal für ihren Bruder Luis (Lucho), der sich in seinem Studium in Glaubenszweifeln verstrickte, ein andermal für die Bekehrung bestimmter Personen; sie fühlte eine tiefe Sehnsucht nach dem Martyrium, erkannte aber, dass es schon in der Annahme des inneren und äußeren Leidens und dem Kampf mit dem „alten Menschen“ in einem selbst Gestalt annimmt: „Beten, sich im Verborgenen für die Sünder, die Priester, die Kirche opfern“ sieht sie als Ziel des Lebens einer Karmelitin.

Das Verlangen, Opfer- und Sühneseele zu werden für die Priester und für die Bekehrung der Sünder, hatte sie schon seit mehreren Jahren begleitet. Nun nahm sie der HERR offensichtlich beim Wort. Anfang März 1920 kündigt Juanita – nun Schwester Teresa – ihrem Beichtvater an, dass sie innerhalb eines Monats sterben werde. Sie bat darum, ihre Buße für die Sünden der Menschheit vermehren zu dürfen. Der Priester regte sie an, sich in totaler Verfügbarkeit den Händen GOTTES zu überlassen.

Obgleich Schwester Teresa todkrank war, teilte sie den Mitschwestern nicht mit, dass sie Fieber hatte und sehr matt war. Sie lächelte und lebte die strenge Fastenzeit wie alle anderen Schwestern. Ohne jegliche Erleichterung lebte sie die Karwoche mit, doch am Karfreitag, 2. April 1920, bemerkte die Novizenmeisterin, dass Schwester Terese hohes Fieber hat­te, und schickte sie in ihre Zelle. Die Novizin hatte große Schmerzen, am 6. April empfing sie die „Letzte Ölung“ und durfte, obgleich die Noviziatszeit noch nicht erfüllt ist, in der darauffolgenden Nacht „in articulis mortis“ (in Todesgefahr) ihre Profess als „unbeschuhte Karmelitin“ ablegen. Sie empfing ein letztes Mal die hl. Kommunion. Die ärztliche Diagnose war fortgeschrittener Typhus. Am Montag, 12. April 1920 gegen Abend starb sie – 19 Jahre und 9 Monate alt.

1987 sprach sie Papst Johannes Paul II. während seiner Reise durch Chile selig und 1993 in Rom heilig. Sie ist die erste chilenische Heilige und die erste heilige Karmelitin außerhalb Europas.

Bei der Seligsprechung nahm der Papst auch Bezug auf die Schriften der jungen Ordensfrau: „In ihren kurzen autobiographischen Schriften hat sie uns das Vermächtnis einer einfachen und zugänglichen Heiligkeit hinterlassen, die sich auf das Wesentliche des Evangeliums konzentriert: lieben, leiden, beten und dienen. Das Geheimnis ihres nach Heiligkeit stre­benden Lebens finden wir in ihrem persönlichen Verhältnis zu CHRISTUS, der ihr als Freund gegenwärtig war, und zur Jungfrau Maria, die ihr als Mutter in Liebe nahestand…

Das Geheimnis ihrer Vollkommenheit war die Liebe…, eine große Liebe zu CHRISTUS, von dem sie fasziniert war. Von Ihm geführt, weihte sie sich Ihm für immer. Er aber ließ sie teilnehmen am Geheimnis Seines Leidens und Seiner Auferstehung… Teresa des Los Andes sagt uns: ‚JESUS ist unsere unendliche Freude.‘“

Und bei der Heiligsprechung sagte Johannes Paul II. unter anderem: „GOTT hat in ihrem jungen Leben… in wunderbarer Weise das Licht Seines SOHNES JESUS CHRISTUS aufleuchten lassen, damit es als Leuchtsignal zur Führung für eine Welt diene, die vor dem Strahl des GÖTTlichen zu erblinden scheint. Einer säkularisierten Gesellschaft, die GOTT den Rücken kehrt, bietet diese chilenische Karmeliten… das leuchtende Zeugnis eines Lebens, das den Männern und Frauen von heute verkündet: GOTT liebe und anbeten und Ihm dienen, darin bestehen Größe, Freude und Freiheit sowie volle Selbstverwirklichung des von GOTT geschaffenen Menschen...

Einer Jugend, die unter dem Druck von ständigen Botschaften und Reizen einer erotisierten Kultur und Gesellschaft steht, die echte Liebe und Hingabe mit dem hedonistischen Gebrauch des anderen verwechselt, ruft die junge Frau aus den Anden die Schönheit und Seligkeit in Erinnerung, die aus einem reinen Herzen strömt…

Ihre brennende Liebe führte Teresa zu dem Wunsch, mit JESUS und wie JESUS auch zu leiden. ‚Leiden und lieben wie das Lamm GOTTES, das die Sünden der Welt trägt‘, so sagt sie uns. Sie wollte eine unbefleckte Hostie sein, die in einem ständigen und schweigenden Opfer für die Sünder dargebracht wird. ‚Wir sind Miterlöserinnen der Welt und die Erlösung der Seelen gelingt nicht ohne Kreuz‘, schrieb sie in einem Brief vom September 1919… Lange Stunden verbrachte sie vor dem Tabernakel und vor dem Kreuz, das in ihrer Zelle hing, in Gebet und Anbetung, bittend und sühnend für die Erlösung der Welt. Sie half mit der Kraft des Geistes vor allem den Priestern im missionarischen Apostolat…“

Das Heiligtum der hl. Teresa de los Andes mit ihrem Grab in der Krypta der Kirche liegt nahe der Stadt Los Andes im Gebiet der Hochebene von Auco. Jedes Jahr im Oktober findet eine traditionelle Wallfahrt statt mit über 160.000 Teilnehmern; ihr 27 km langer Pilgerweg führt am alten Landsitz Chacabuco vorbei, der dem Großvater Teresas gehörte, zum Heiligtum von Auco, das der allerseligsten Jungfrau vom Berge Karmel geweiht ist.

Das Tagesgebet ihres Gedenktages (im Karmeliterorden 13.7.):

„GOTT, Du Freude Deiner Heiligen, Du hast die hl. Jungfrau Teresa gelehrt, mit jugendlichem Eifer CHRISTUS und Seine Kirche zu lieben, und hast sie auch im Leid zur frohen Botin Deiner Güte gemacht. Auf ihre Fürsprache lass auch uns in Wort und Tat die Frohbotschaft von Deiner Liebe in der Welt verkünden. Darum bitten wir durch JESUS CHRISTUS…“ 

 

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