Dietrich von Hildebrand

Kritik auch an der bloß „biologischen“ Aufklärung

 

„Ein anderes grauenvolles totalitäres Vorgehen aber ist auch die Einführung der Sexualerziehung in die Schulen. Hierbei wird das Recht der Eltern in der Erziehung ihrer Kinder mit Füßen getreten - und das ist ein unerhörter totalitärer Eingriff. Aber noch viel schmählicher ist der Eingriff in die Seele des Kindes, dem man ein Gebiet, das zur spezifischen Intimsphäre des menschlichen Lebens gehört, in einer neutralisierten Form in der Öffentlichkeit der Klasse darbietet. Eine Sphäre, die für jeden sein Geheimnis darstellt, zu deren Wesen es gehört, dass man sie nicht objektivieren und wie andere Gebiete: Sprachen, Naturwissenschaften, Mathematik lehren kann. Jeder einzelne Mensch hat diese Sphäre in seiner besonderen Weise zu entdecken. Es muss ein gewisser Schleier über dieser Sphäre gebreitet bleiben, bevor das Kind die Reife erreicht verstehen zu können, dass diese Sphäre in besonderer Weise der ehelichen Liebe zugeordnet ist, der einzigartigen gegenseitigen Selbstschenkung. Die ‚wissenschaftliche‘ Belehrung, die schon Kindern vom sechsten Jahr erteilt wird und die sexuelle Sphäre selbst als eine rein biologische Angelegenheit und in einer nüchternen Weise behandelt, verfälscht diese Sphäre und das richtige Verhältnis zu ihr.

Der Schaden ist nicht nur groß vom moralischen Standpunkt aus, sondern auch verhängnisvoll vom rein menschlichen. Diese Neutralisierung des sexuellen Gebietes, die schon in der Publizität des Schulzimmers liegt – und erst recht dadurch, dass es als ein Lehrstoff behandelt wird – ist eine Entmenschlichung, ein unerhörter totalitärer Eingriff des Staates.

Eine der bedauerlichsten Folgen dieser Entmenschlichung ist auch das Ersterben des Schamgefühls… Die wahre echte Scham dem sexuellen Gebiet gegenüber, die auch die Heiden kannten..., ist ein klassischer menschlicher Zug, eine adäquate Antwort auf die geheimnisvolle Intimität dieses Gebietes. Ein Blick auf die heutige Zeit genügt, um die unerhörte Schamlosigkeit in Film, Theater, Fernsehen, Presse, Annoncen der pornographi­schen Literatur… zu konstatieren…“

Dietrich von Hildebrand (1889-1977),

„Der verwüstete Weinberg“, Regensburg 1973, S.40f.

 

 „Wenn in Zukunft einmal die intellektuelle Geschichte der katholischen Kirche im 20. Jahrhundert geschrieben wird, so wird der Name Dietrich von Hildebrand unter den Gestalten unserer Zeit herausragend sein.“

Josef Kardinal Ratzinger

 

 

 

 

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