(FMG-INFORMATION  95, November 2008)

 

Lebensrettung durch Tötung?

 

Zur Problematik der Organtransplantation und des sog. „Hirntodes“ haben wir in der FMG-INFORMATION schon mehrfach Beiträge abgedruckt bzw. Meldungen kommentiert – zuletzt etwa die enthüllende Rundfunksendung von Radio Vorarlberg und die unbegreiflichen Aussagen des St. Pöltner Bischofs Klaus Küng (vgl. FMG-INFORMATION 94, S. 32f und S. 20, FMG-INFORMATION 93, S. 32). Vorher hatten wir den sehr informativen Aufsatz von Prof. Balkenohl „Ist der sog. Hirntod der Tod des Menschen?“ abgedruckt (FMG-INFORMATION 91, S. 36-42). Aufmerksam geworden auf diese tabuisierte Thematik wa­ren wir, als wir uns im Sommer 2005 aufgrund einer Zeitschriftennotiz den englischen Text des Essays von Teilnehmern der Tagung der „Päpstlichen Akademie der Wissenschaften“ vom Februar 2005 besorgten, den wir dann übersetzten und damit der deutschsprachigen Öffentlichkeit zur Verfügung stellten (vgl. FMG-INFORMATION 87, Dezember 2005, S. 25-29).

Der folgende Beitrag von Prof. Wolfgang Waldstein offenbart nun erst so richtig, was in Rom geschehen war und wie es kam, dass der Schlussbericht jener Tagung der „Päpstlichen Akademie der Wissenschaften“, von fünfzehn Teilnehmer ein­schließlich zweier Bischöfe unterzeichnet, in den USA sozusagen inoffiziell als „Essay“ publiziert wurde. Professor Wolf­gang Waldstein, Salzburg, emeritierter Professor für Jus Commune an der Lateran-Universität, langjähriges Mitglied und jetzt altershalber Ehrenmitglied der „Päpstlichen Akademie für das Leben“, hat darüber in einem Beitrag der „Tagespost“ vom 25. Oktober 2008 berichtet. Wir dürfen sein Manuskript nun hier vollständig wiedergeben.

Prof. Waldstein war, wie er erwähnt, aufgrund seines vorbereiteten Referates, dessen Text er vorher eingereicht hatte, von jener Tagung der „Päpstlichen Akademie der Wissenschaften“ im Februar 2005 ausgeladen worden. - Er kommt am Schluss seines Beitrags auf den internationalen Kongress zum Thema Organspende zu sprechen, der von der „Päpstlichen Akademie für das Leben“, der „World Federation of Catholic Medical Association“ (FIAMC) und dem italienischen Nationalen Transplantationszentrum CNT Anfang November 2008 veranstaltet wurde.

Es ist schon bedenklich, wenn die „Päpstliche Akademie für das Leben“ mit einer Institution zusammenarbeitet, die unmit­telbares, auch geschäftliches, Interesse am Kongressthema hat. Dass es bei der Organverpflanzung darum geht, kranke Menschen - mit einem neuen Organ - ein (besseres) Weiterleben zu ermöglichen, ist dabei nicht zu kritisieren.

Das Problem aber ist, dass dies auf eine Weise geschieht, die sterbenden Menschen (und, wie Beispiele beweisen, sogar solchen, die wieder genesen können) das Leben raubt.

 

 

Prof. Wolfgang Waldstein

 

Lebensrettung durch Tötung? „Hirntod“ und Organtransplantation

 

»Die großen Fortschritte der Transplantationsmedizin haben es möglich gemacht, menschliches Leben durch die Transplantation von Organen eines anderen Menschen zu retten. Diese Möglichkeit hat weltweit einen enormen Bedarf nach übertrag­baren Organen entstehen lassen. Lange Wartelisten auf Or­gane existieren. Dies hat einen starken Druck in Richtung der Erleichterung der Beschaffung solcher Organe erzeugt. Auf das medizinische Problem, dass Organe eines wirklich bereits gestorbenen Menschen weitgehend für die Übertragung nicht mehr brauchbar sind, kann ich hier nicht eingehen. Hier wird es nur um die Frage gehen, ob das im Jahr 1968 von einem ad-hoc-Komitee der „Harvard Medical School“ eingeführte „Hirntodkriterium“ wirklich den Tod des Menschen bedeutet. Dieses Kriterium hatte, wie aus dem Text der Stellungnahme klar wird, nicht den Zweck, den objektiven Zeitpunkt des Todes eines Menschen festzustellen, sondern ersichtlich den ausschließ­lichen Zweck, die Entnahme vitaler Organe eines Sterbenden zu ermöglichen. Prof. Ralph Weber von der Universität Rostock sagte dazu in der Zeitschrift für Lebensrecht (ZfL) 11,2002,104: „So ‚rein’ das Interesse an der Organerhaltung zur Rettung anderer Leben an sich auch sein mag, so beeinträchtigt diese Zielgerichtetheit doch den Versuch einer objektiven Definition des Todes; er gerät vielmehr im Interesse der Transplantati­onsmedizin zur Verhandlungssache – und das kann und darf nicht sein. Daher muss die Berechtigung des Hirntodkonzepts unabhängig von den Möglichkeiten der Organverpflanzung beantwortet werden“.

 

Papst Johannes Paul II. hatte bereits ganz in diesem Sinne in einer Stellungnahme, die er am 14. Dezember 1989 für einen von der „Päpstlichen Akademie der Wissenschaften“ veran­stalteten Kongress über die Bestimmung des Todeszeitpunktes erklärt: „Es scheint sich tatsächlich ein tragisches Dilemma aufzutun: Einerseits sieht man die dringende Notwendigkeit, Ersatzorgane für Kranke zu finden, die in ihrer Schwäche sterben würden oder zumindest nicht wieder genesen können. Mit anderen Worten, es ist verständlich, dass ein Kranker, um dem sicheren oder drohenden Tod zu entgehen, das Bedürfnis hat, ein Organ zu empfangen, welches von einem anderen Kranken bereitgestellt werden könnte... In dieser Situation zeigt sich jedoch die Gefahr, dass man einem menschlichen Leben ein Ende setzt und endgültig die psychosomatische Einheit einer Person zerstört. Genauer, es besteht eine wirkliche Wahr­scheinlichkeit, dass jenes Leben, dessen Fortsetzung mit der Entnahme eines lebenswichtigen Organs unmöglich gemacht wird, das einer lebendigen Person ist, während doch der dem menschlichen Leben geschuldete Respekt es absolut verbietet, dieses direkt und positiv zu opfern, auch wenn dies zum Vorteil eines anderen Menschen wäre, bei dem man es für berechtigt hält, ihn derart zu bevorzugen.“ Inzwischen ist diese „wirkliche Wahrscheinlichkeit“ durch dokumentierte Fälle erwiesen, in denen nach der „Hirntoddiagnose“ den für tot Erklärten die Organe nicht entnommen werden konnten und sie überlebt haben und wieder gesund geworden sind, darunter junge Men­schen, die noch das ganze Leben vor sich hatten. Ein beson­ders dramatisches Beispiel ist das des Priesters Don Vittorio vom „Institut CHRISTUS König und Hoher Priester“. Nach einem schweren Autounfall wurde er für hirntot erklärt. Der Generalobere des Instituts protestierte jedoch gegen die Or­ganentnahme und verlangte die Verlegung in ein anderes Krankenhaus. Durch die dort erfolgte Pflege kam er wieder zum Bewusstsein und wurde schließlich so weit geheilt, dass er seinem priesterlichen Dienst wieder nachgehen kann, auch wenn er an den Rollstuhl gebunden ist. Niemand wird bestrei­ten können, dass er durch die vorgesehene und bereits vorbe­reitete Organentnahme getötet worden wäre.1

 

In der Enzyklika Evangelium vitae (EV) Nr. 15 hat Johannes Paul II. zu Problemen der Euthanasie festgestellt: „Und auch angesichts anderer, heimlicherer, aber nicht minder schwer­wiegender und realer Formen von Euthanasie dürfen wir nicht schweigen. Sie könnten sich zum Beispiel dann ereignen, wenn man, um mehr Organe für Transplantationen zur Verfügung zu haben, die Entnahme dieser Organe vornimmt, ohne die objek­tiven und angemessenen Kriterien für die Feststellung des Todes des Spenders zu respektieren.“

Der Papst hat hier noch in der Möglichkeitsform „könnten“ gesprochen. Inzwischen sind solche Organentnahmen mit Hilfe des Kriteriums des „Hirntods“ weltweit Realität. Auch kirchliche Institutionen haben sich unbesehen dem „Harvard Report“ angeschlossen. So hat sogar die „Päpstliche Akademie für das Leben“ im August 2000 eine Botschaft des Papstes für den XVIII. Internationalen Kongress der „Transplantation Society“ vorbereitet, die eine Zustimmung des Papstes zum Hirntod­kriterium hätte bewirken sollen. Die Botschaft ging zunächst an die Glaubenskongregation zu einer Zeit, als Kardinal Ratzinger nicht in Rom war. Die Glaubenskongregation hat in Abwesen­heit von Kardinal Ratzinger, wie ich zuverlässig weiß, Präzisio­nen in den Text eingefügt, wohl betreffend die moralische Sicherheit und den informierten Konsens, die, wie inzwischen nachgewiesen wurde, schon für sich die Anwendung des Hirn­todkriteriums deswegen ausschließen, weil diese Sicherheit eben objektiv nicht erreichbar ist. Der Text wurde jedoch dem Papst zugeleitet und die Ansprache wurde in der korrigierten Form gehalten.

 

Diese Ansprache wurde aber dann sofort als päpstliche Bestä­tigung des Hirntodkriteriums interpretiert. Als hochrangige ame­rikanische Wissenschaftler dem Papst ihre Bedenken in der Sache zu unterbreiten wagten, war die Mehrheit des „Consiglio Direttivo“ der „Päpstlichen Akademie für das Leben“, wie ich als Angehöriger der Minderheit bezeugen kann, empört über die­sen „Ungehorsam“ dem Papst gegenüber. Die dem Papst vor­getragenen Bedenken haben jedoch den Papst dazu bewogen, eine neuerliche Prüfung der „Zeichen des Todes“ durch einen neuen Kongress durchführen zu lassen. Dieser Kongress, zu dem nun auch die amerikanischen Wissenschaftler eingeladen wurden, fand am 3. und 4. Februar 2005 bei der „Päpstlichen Akademie der Wissenschaften“ im Vatikan statt. Bei diesem Kongress haben sich hervorragende Wissenschaftler bemüht, „im Rahmen eines eingehenden interdisziplinären Studiums erneut das spezifische Problem der ‚Zeichen des Todes’ zu untersuchen, durch die der klinische Tod eines Menschen mit moralischer Gewissheit bestimmt werden kann“ (Johannes Paul II. in seinem Schreiben an die „Päpstliche Akademie der Wissenschaften“ vom 1. Februar 2005, wohl eine der letzten Botschaften vor seinem Tod).

 

Aus dem Schlussdokument dieser Tagung: „Conclusions After Examination Of Brain-Related Criteria For Death“ können hier nur einige der wichtigsten Ergebnisse wiedergegeben werden:

10. Es gibt einen überwältigenden medizinischen und wissen­schaftlichen Befund, dass das vollständige und unwiderrufliche Ende aller Gehirntätigkeit (im Großhirn, Kleinhirn und Hirn­stamm) kein Beweis für den Tod ist. Der vollkommene Still­stand von Gehirnaktivität kann nicht hinreichend festgestellt werden. Irreversibilität ist eine Prognose und nicht eine medizi­nisch feststellbare Tatsache. Wir behandeln heute viele Pati­enten mit Erfolg, die in der jüngsten Vergangenheit als hoff­nungslose Fälle betrachtet worden waren.

11. Eine Diagnose des Todes durch neurologische Kriterien allein ist Theorie, keine wissenschaftliche Tatsache. Sie reicht nicht aus, die Lebensvermutung zu überwinden.“

Dann wird gesagt.

„12. Kein Gesetz sollte überhaupt versuchen, einen Akt als legal hinzustellen, der in sich ein Übel ist.“ Dazu wird der Text von EV 90 wiedergegeben: „Ich wiederhole noch einmal, dass eine Vorschrift, die das natürliche Recht auf Leben eines Un­schuldigen verletzt, unrecht ist und als solche keinen Geset­zeswert haben kann. Deshalb erneuere ich mit Nachdruck meinen Appell an alle Politiker, keine Gesetze zu erlassen, die durch Missachtung der Würde der Person das bürgerliche Zusammenleben selber an der Wurzel bedrohen.“

Die Tatsache, „dass die Gehirntod-Definition in Italien seit 1978 Gesetzescharakter habe“ („Die Tagespost“ vom 6. Sept. 2008), würde das vom Papst Gesagte nicht entkräften können.

„13. Das Beenden eines unschuldigen Lebens bei dem Ver­such, ein anderes Leben zu retten, wie es im Falle der Trans­plantation von unpaarigen lebenswichtigen Organen geschieht, mildert nicht das Übel, einem unschuldigen Menschen das Leben zu nehmen. Böses darf nicht getan werden, damit Gutes daraus entstehen möge.“

 

Das Schlussdokument wurde von 15 der 25 Teilnehmer an der Tagung unterzeichnet. Damit liegt jetzt die von Papst Johannes Paul II. erbetene neuerliche Klärung der „Zeichen des Todes“ vor, die klarerweise die Aussagen des Papstes vom Jahre 2000 korrigiert, aber dies eben auf Wunsch des Papstes selbst und sozusagen als sein Vermächtnis im Zusammenhang mit Evangelium vitae.

 

Man hätte glauben sollen, dass die Kirche für diese Großtat des Papstes so kurz vor seinem Tod und für das Ergebnis sorgfältigster wissenschaftlicher Forschung, das dabei erar­beitet wurde, hätte dankbar sein sollen. Aber nein! Sandro Magister musste berichten: „This conference was a shock to the Vatican officials who subscribe to the Harvard report. Bishop Marcèlo Sánchez Sorondo, chancellor of the Pontifical Academy of Sciences, prevented the proceedings from being published“2. Also, die Ergebnisse durften nicht einmal publiziert werden. Inzwischen ist jedoch auch zu den Medien durchge­drungen, dass es als Folge des Publikationsverbots durch die „Päpstliche Akademie der Wissenschaften“ zum Problem „Finis Vitae“ ein Buch gibt, das vom Vizepräsidenten des „Consiglio Nazionale delle Ricerche“, Roberto de Mattei, 2006 in engli­scher Sprache und 2007 auf Italienisch herausgegeben wurde. Es enthält teils Texte von Teilnehmern am Kongress von 2005 oder von solchen, die zum Kongress wegen ihres Textes gleich gar nicht zugelassen wurden, wie ich selbst, und teils andere.

 

Ungeachtet dieser Tatsachen musste die „Tagespost“ (6. Sept. 2008) berichten3: „Kardinal Javier Lorenzo Barragan, der ‚Prä­sident des Päpstlichen Rates für die Krankenpastoral’, ließ gegenüber der Nachrichtenagentur Ansa erklären, die katholi­sche Kirche folge den Aussagen der Wissenschaft, wonach der Tod eines Menschen festzustellen sei, wenn sechs Stunden keine Gehirnströme mehr gemessen werden könnten, unab­hängig davon, ob der Körper des Betreffenden künstlich beat­met werde und das Herz noch schlägt“. Kardinal Barragan hat „die Wissenschaft“ offenbar mit dem „Harvard Report“ identifi­ziert, der erklärtermaßen kein Ergebnis wissenschaftlicher Forschung war, sondern die allein vom Zweck der Organbe­schaffung diktierte „neue Definition“ des Todes. Die wirklichen wissenschaftlichen Ergebnisse könnte Kardinal Barragan den „Conclusions“ des Kongresses von 2005 entnehmen. Sie sind ihm aber offenbar durch das Publikationsverbot der „Päpst­lichen Akademie der Wissenschaften“ nicht zur Kenntnis ge­kommen. Wenn die katholische Kirche wirklich „den Aussagen der Wissenschaft“ folgen will, dann muss sie auch die vom Papst Johannes Paul II. erbetene und vom Kongress von 2005 gegebene Klarstellung zur Kenntnis nehmen.

 

Wenn Kardinal Barragan sagt: „Es ist zu hoffen, dass die Glau­benskongregation... ein Dokument zu dieser Materie veröffent­licht. Es wäre ein sehr, sehr nützlicher Beitrag“, dann kann ich dem nur aus ganzem Herzen zustimmen. Aber dieser Beitrag wird nur dann der Verpflichtung der Kirche zur Verkündigung der Wahrheit entsprechen, wenn die Aussagen von Papst Johannes Paul II. von 1989 in der oben zitierten Stellung­nahme, von 1995 in EV 15 und in der von ihm erbetenen Klar­stellung von 2005 wirklich ernstgenommen werden. Vor der Herausgabe eines solchen Dokuments kann der für November im Vatikan mit den Transplantationsorganisationen vorgese­hene große Kongress unter den von Kardinal Barragan klarge­stellten Prämissen nur ein Desaster mit schrecklichen Folgen nicht nur für die katholische Kirche werden, sondern für die ganze Menschheit. Daher ist zu hoffen, dass die Kirche die Größe der Gefahr erkennt und es zu einer Verschiebung des Kongresses auf einen Zeitpunkt nach der Veröffentlichung eines solchen Dokumentes kommt.«

 

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Anmerkungen des FMG:

 

1 Weitere Beispiele, die wir auch Prof. Waldstein verdanken (den ersten Bericht hat er persönlich von einem Arzt aus Tamsweg):

1. In das Krankenhaus Tamsweg im Land Salzburg wurde ein junger Mann nach einem Motorradunfall mit Schädelverletzung einge­liefert. Der Transplantationsbeauftragte des Krankenhauses diagnostizierte Hirntod und bestellte sofort den Hubschrauber, der den Patienten in das Allgemeine Krankenhaus in Wien zur Entnahme der Organe gebracht hat. Nicht lange danach kam ein anderer Patient mit ähnlicher Verletzung in das Krankenhaus. Wieder diagnostizierte der Transplantationsbeauftragte Hirntod und bestellte den Hubschrauber. Ein anderer Arzt des Krankenhauses protestierte gegen den Abtransport, obwohl der Hubschrauber schon im Anflug war. Der Patient blieb im Krankenhaus und wurde geheilt. Wäre nicht zufällig dieser andere Arzt dazugekommen, wäre auch dieser junge Mann getötet worden.

2. Das Bayerische Fernsehen sendete 1995 ein Interview mit Jan Kerkhoff, der als „hirntot“ diagnostiziert worden war, nach einem schlimmen Autounfall einige Jahre zuvor. Im Krankenhaus sagte der Arzt seiner Frau am Bett ihres Mannes, der nicht bei Bewusst­sein war, dass es ihm schrecklich leid tue, ihr sagen zu müssen, dass ihr Gatte hirntot sei, und er bat sie um Zustimmung zur Or­ganentnahme. Aber „in den Augen“ seiner Frau „ohne spezielle Kenntnis in der Materie erschien die für ‚hirntot’ erklärte Person wie ein noch Lebender“, und seine Frau erlaubte die Organentnahme nicht. Ihr Gatte erwachte aus dem Koma und wurde erfolgreich behandelt. Nach dieser Prognose des irreversiblen Hirntodes wurde sein Leben gerettet und er war in der Lage, über all das mit seiner Frau im Fernsehinterview zu sprechen. Wären seine Organe entnommen worden, hätte niemand mehr feststellen können, dass die Prognose falsch war. Nachdem dieses Interview innerhalb einer allgemeinen Reportage über Hirntod gesendet worden war, wies das Bayerische Fernsehen die Journalistin, die die Sendung vorbereitet hatte, an, dass sie nie mehr eine solche Fernsehsen­dung machen dürfe.

 

2 Übersetzung: Diese Konferenz war ein Schock für die vatikanischen Beamten, die den „Harvard Report“ billigen. Bischof Sánchez Sorondo, der Kanzler der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften, verhinderte, dass die Vorgänge veröffentlicht wurden.

 

3 Der Äußerung Kardinal Javier Lazano Barragans ging ein Leitartikel in der Vatikanzeitung „L’Osservatore Romano“ (OR) voraus, in dem eine bekannte Soziologin, Lucetta Scaraffia, den Hirntod als Kriterium für die Todesfeststellung überholt nannte und  erklärte, er sei allein den Interessen der Transplantationmedizin geschuldet. Sie erinnerte, dass sich die „Päpstliche Akademie der Wissenschaften“ in den 80er Jahren hinter die Harvard-Definition gestellt habe, aber 2005 mit einem Kongress auf das Thema zurückgekommen sei. Sie schrieb, wenn die Kirche an einer „umfassenden und absoluten Verteidigung des menschlichen Lebens“ festhalte, komme sie mit der Hirntod-Definition in Konflikt, und fragte, ob etwa eine hirntote schwangere Frau, die dank künstlicher Beatmung ihre Schwangerschaft fortführe, wirklich als Leichnam zu betrachten sei.

Dieser „Tabubruch“ der Infragestellung des sog. „Hirntods“ schlug Wellen in italienischen und internationalen Nachrich­tenmedien. Der Pressesprecher des Hl. Stuhls, Pater Federico Lombardi SJ, ließ unverzüglich erklären, bei dem Artikel handle es sich nicht um eine lehramtliche Äußerung oder um eine Erklärung einer päpstlichen Institution, sondern um einen Kommentar des OR in eigener Verantwortung. Diese diplomatisch-vorsichtige Aussage war, wie erwähnt, Kardinal Barragan offenbar zuwenig. Auch andere sprangen sofort in die Bresche und verteidigten den „Hirntod“, so z. B. der österreichischen Prof. Johannes Bonelli, Vorstand des IMABE-Instituts für Bioethik und Mitglied der „Päpstlichen Akademie für das Leben“, oder der Augsburger Weihbischof Losinger, Mitglied des Deutschen Ethikrates. (Vgl. DT 4.9.08, 6.9.08; rv 5.9.08)

 

Ein Nachtrag bezüglich einer „Widerspruchserklärung“ gegen Organspende:

In dem in der FMG-INFORMATION 94 S. 52 wiedergegebenen Leserbrief „Tabuverletzungen...“ war die Internet-Adresse des „Öster­reichischen Bundesinstituts für Gesundheitswesen“, 1010 Wien, Stubenring 6, das das Widerspruchsregister gegen die Organent­nahme in Österreich führt, falsch angegeben. Richtig: www. oebig.at. Allerdings wird auf dieser Internetseite Ausländern, die die verlangte österreichische Sozialversicherungsnummer nicht haben, vorgeschlagen, sie sollten eine entsprechende Widerspruchsformulierung bei einem Urlaub etc. in Österreich in ihrer Brieftasche bei sich tragen. - Von der Forderung nach der Sozialversicherungsnummer auf dem Formular sollte man sich aber nicht abhalten lassen: nach telefonischer Erkundigung bei dieser österreichischen Stelle ist ein Eintrag ins Widerspruchsregister dennoch möglich und auch für Ausländer angeraten.

Daneben gibt es auch in Deutschland eine sog. „Stiftung VorsorgeDatenbank“ (Königstraße 5a, 01097 Dresden, Tel. 0351-811 74 32, www. stiftung-vorsorgedatenbank.de, bei der eine „Widerspruchserklärung gegen eine Organ- und Gewebeentnahme im Ausland“ mit „Auftrag zur Registrierung meiner Widerspruchserklärung und Weiterleitung dieses Widerspruchs an die zuständigen Behörden/Institutionen in Ländern, die eine Widerspruchsregelung/Informationsregelung praktizieren“ abgegeben werden kann. Sie betrifft, wie angegeben ist, die Länder „Belgien, Finnland, Italien, Luxemburg, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Slowenien, Spanien, Tschechien und Ungarn, sofern deren Regelungen auch für Ausländer gelten“, und Deutschland, falls hier die Rechtslage geändert würde. - Im Unterschied zur kostenlosen Registrierung für Österreich bei der oben genannten Adresse in Wien ist die Beauftragung dieser „Stiftung VorsorgeDatenbank“ in Dresden allerdings gebührenpflichtig (48.- Euro).

 

 

 

Der Organspende-Kongress in Rom

und die Ansprache des Papstes

 

Im Hinblick auf die Bedeutung des Themas und die Ansprache des Papstes für die Kongressteilnehmer möchten wir einige weitere Informationen festhalten und kommentieren.

 

1. Die „Päpstliche Akademie der Wissenschaften“ veröffent­lichte unmittelbar vor dem Organspende-Kongress (6.-8.11.208) eine „Erklärung von Neurologen und Anderen und Antwort auf Einwände“ (www. vatican.va/roman_curia/ponti­fical_academies/acdscien/2008/excerpt_signs_of_death.pdf) in Eng­lisch, Italienisch und Spanisch, offenbar einem Band „Die Zei­chen des Todes“ einer Arbeitsgruppe entnommen, die am 11./12. September 2006 getagt hatte, von der Pp. Akademie der Wissenschaften 2007 herausgegeben. Unter den 28 an­geführten Namen, die für dieses Statement „Warum das Kon­zept des Hirntodes als Definition des Todes gültig (valid) ist“ stehen, sind die Kardinäle Cottier, López Trujillo und Martini angeführt. Danach wird eine „Antwort auf die Erklärung und Kommentare von Prof. Spaemann und Dr. Shewmon“ gegeben (für die eine geringere Zahl von Namen steht).

Die bekannte Ansicht, die Hirntod-Kriterien seien sicher, wird hier bekräftigt, die Einwände der Kritiker beiseitegeschoben. Der Text wird zwar von der „Päpstlichen Akademie der Wis­senschaften“ veröffentlicht, es heißt aber vorweg, die Ansichten würden, obgleich von der Akademie veröffentlicht, „nur die Gesichtspunkte der Teilnehmer [des Treffens], nicht der Aka­demie darstellen“.

 

2. Am 6. November berichtet die deutschsprachige Abteilung von Radio Vatikan Aussagen des österreichischen Arztes Tamas Csaky-Pallavicini, des Generalsekretärs der Welt­dachorganisation katholischer Ärzteverbände (FIAMC). Sie wollten „als Wissenschaftler ganz klare Vorgehensweisen und Beweise dafür, dass dem Betreffenden das Leben nicht been­det wird, um die Organe zu entnehmen, sondern dass der Tod hundertprozentig sicher ist“ und dass auch künftige wissen­schaftliche Erkenntnisse daran nichts ändern würden. „Wenn wir nicht wissen, ob jemand hundertprozentig tot ist, müssen wir um den Tod einen Bogen machen, wie es traditionell der Fall war“. Ist das nur gesagt, um die Kritiker zu beschwichti­gen? Wenn es ernst gemeint ist, müsste es Konsequenzen haben, denn die Heiligkeit des menschlichen Lebens erlaubt es nicht, etwas zu tun, was todbringend ist, wenn der geringste Zweifel besteht, dass ein Mensch noch lebt. Dass die „Hirntod“-Diagnose dafür nicht ausreicht, dafür reicht schon ein Beispiel wie das von Prof. Waldstein oben erwähnte des Priesters Don Vittorio!

 

3. Am 7. November wurde dann gemeldet, dass die „lang erwartete und erbetene Stellungnahme der Kirche zum Thema Organspende“ durch Papst Benedikt XVI. erfolgt sei. In der Meldung von Radio Vatikan (deutsche Nachrichten bzw. News­letter 7.11.2008, vgl. Zenit 7.11.2008) wird im Kern berichtet, der Papst habe das Organspenden gelobt als „besondere Form, Nächstenliebe zu zeigen“. Im Zug der medizinischen Fort­schritte seien Organverpflanzungen „eine große Errungen­schaft... und ein Zeichen der Hoffnung für viele Menschen“. Allerdings dürfe der Leib nicht als Objekt gesehen werden, sonst würde „die Logik der Marktes siegen“. Bei der Organ­verpflanzung könne man „nur geben, wenn das keine ernste Gefahr für die eigene Gesundheit und Identität darstellt“. Der Papst habe sich auch zum „heiklen Thema Hirntod“ geäußert und gesagt, „vitale Organe“ dürften nur „ex cadavere“ entnom­men werden. Wenn Sterbende ihre Organe spendeten, müsse der Respekt vor dem Leben des Spenders das Hauptkriterium sein. [Eine mindestens missverständliche Formulierung, die wohl nicht im Wortlaut steht, sondern in der Zusammenfassung der Ansprache von Radio Vatikan und Zenit: „wenn Sterbende ihre Organe spendeten“.)

Diese Meldung scheint also eine etwas widersprüchliche Haltung zu beschreiben – einerseits ein offenbar überschwängliches Lob der Organspende, anderseits die Aus­sagen, sie dürfe „die eigene Gesundheit“ nicht gefährden – was zeigt, dass hier nicht schlechthin die Organe von „Toten“ gemeint sein können –, schließlich die Forderung, lebenswichtige Organe dürften nur dem „Leichnam“ – also nicht einem Sterbenden, also noch Lebenden – entnommen werden, und Hauptkriterium müsse die Achtung vor dem Leben des Spenders sein. (Nebenbei: „cadaver“ be­deutet im Lateinischen und Italienischen einfach den Leichnam.)

 

Radio Vatikan schließt unmittelbar an diese Meldung ein Ge­spräch mit dem „Rechtsmediziner und Ethiker Hans-Bernhard Wuermeling“ an, der – wie es da heißt – bei der Tagung zum Thema Organspende referieren durfte. Er spricht zunächst von der Spende eines „erneuerbaren Organs“, wie „etwa Blut“, und dann – im Bezug auf „das Spenden von Organen, die nicht nachwachsen, oder von einem Teil eines Organpaares“ – von einer „problematischeren Angelegenheit“ wegen des ärztlichen Eingriffs in den ja gesunden Leib des Spenders (mit Risiken durch Narkose und Operation). Er, Wuermeling, sei gegen eine Spende von Lebenden, vor allem weil sie unter Druck gesetzt werden könnten zu spenden, bzw. weil lebende Kinder als Spender nicht einwilligen könnten.

Dann kommt Wuermeling auf die Spendung von einem toten Körper zu sprechen, die er befürwortet. „Die Spende vom toten Körper ist normalerweise darauf angewiesen, dass der Kreislauf bis zur Entnahme des Organs noch funktioniert. Nun sind Viele der Auffassung, dass ein funktionierender Kreislauf ein Zeichen von Leben ist. Das ist ja auch normalerweise so. Doch beim Hirntod liegen die Dinge da völlig anders“, behauptet Wuermeling. Da schlage das Herz durch künstliche Beatmung weiter, das Hirn könne aber „inzwischen längst verstorben sein“. Das Aussehen und Verhalten, das Menschen irritiere, komme vom Apparat. Es sei „außerordentlich schwer zu ver­stehen, dass der Hirntote auch wirklich tot ist“. Und: „Fundamentalisten wehren sich wie die Wilden dagegen.“

 

Dass Radio Vatikan eine solche Wertung durchgehen lässt mit diesem Totschlagwort von den „Fundamentalisten“, ist skandalös. Ist jene Mehrheit der Teilnehmer der „Päpstlichen Akademie der Wissenschaften“ vom Februar 2005, die sich auf Einladung von Papst Johannes Paul II. mit der Problematik des sog. Hirntodes beschäftigte, und die ihre wissenschaftliche Überzeugung, dass der „Hirntod“ eben nicht der wirkliche Tod ist, so abzuqualifizieren, darunter die US-Bischöfe Bruskewitz und Vasa, internationale Professoren der Medizin und die Philosophen Seifert und Spaemann. Kann Wuermeling den Pro­fessoren, die sich bis in die letzte Zeit in Deutschland zu Wort gemeldet haben, wie Prof. Waldstein, Prof. Balkenohl, Prof. Schumacher, nur erwidern, indem er zum Wort „Fundamentalist“ greift?

Dieses Radio-Vatikan-Interview mit Wuermeling gibt der Meldung über die Papstansprache zur Organtransplantation die Ausrichtung: Natürlich ist die Kirche, ist der Papst einverstanden mit der Hirntod-Diagnose.

 

Noch einmal: Nur   e i n   Beispiel eines von der Medizin für hirntot Erklärten, der wieder zu Bewusstsein kam und weiter­lebt, zeigt doch auf, dass es ethisch unmöglich ist, den Hirntod-Kriterien zu vertrauen. Sich darauf zu berufen, dass in diesem einen Fall die Ärzte nicht sorgfältig vorgegangen seien oder die Kriterien in diesem oder jenem Land etwas anders gehandhabt würden, ändert an der ethischen Problematik nichts: Wie sollen etwa Angehörige, denen der Hirntod eines Familienmitglieds mitgeteilt wird und die zur Zustimmung zur Organspende ge­drängt werden, sicher sein können, dass die betreffende Per­son nicht ein Sterbender ist, sondern wirklich tot?

 

Der römische Internet-Informationsdienst ZENIT vom 7.11.2008 schreibt im Zusammenhang mit der Meldung über die Papst­ansprache, der Kongress habe „rund 1500 Teilnehmer aus allen fünf Kontinenten“ zusammengeführt. Er solle Gelegenheit sein, „auch die umstrittenen Aspekte und Anfragen im Umfeld der Organspende... aus der Sicht des katholischen Lehramtes umfassend zu beleuchten“. Man habe daher besonders „Seel­sorger, Ärzte, Ethikkommissionsverantwortliche, Moraltheolo­gen, Philosophen, Bioethiker, Juristen, Lebensschutz-Aktivisten und politisch Verantwortliche zu diesem einzigartigen Kongress in den Vatikan eingeladen.“ Wenn dies so war, dann wundert man sich, dass sich auf dem Veranstaltungsprogramm keine Namen von bekannten Lebensschützern und Philoso­phen/Theologen, die den „Hirntod“ bestreiten, zu finden waren.

 

4. Schaut man schließlich auf den wörtlichen italienischen Text der Ansprache von Papst Benedikt XVI., dann zeigt sich da doch ein etwas anderes Bild als nach der geschilderten Meldung und Kommentierung in Radio Vatikan.

(Quelle: www. vatican.va/holy_father/ benedict_xvi/speeches/2008/ november/documents/hf_ben-xvi_spe_20081107_acdlife_it.html)

Zunächst zusammenfassend:

Benedikt XVI. sagte, die Spende von Organen sei „eine beson­dere Form des Zeugnisses der Nächstenliebe“. In einer oft von Egoismus geprägten Zeit sei für ein richtiges Bild vom Leben das Verständnis einer „Logik des kostenlosen Gebens“ not­wendig. Liebe und Barmherzigkeit auferlegten eine Verantwor­tung, das eigene Leben zu einem Geschenk an die anderen zu machen nach dem Vorbild CHRISTI. Die Geschichte der Medi­zin zeige ihre großen Fort­schritte auf, um Leidenden ein Leben in Würde zu ermöglichen. Die Verpflanzung von Gewebe und von Organen stelle eine große Errungenschaft der medizini­schen Wissenschaft dar und sei ein Zeichen der Hoffnung für viele. Diese Fortschritte seien ohne die Großzügigkeit vieler Organspender nicht möglich gewesen. Doch sei das Problem der Verfügbarkeit lebenswich­tiger Organe angesichts langer Wartelisten „dramatisch real“.

Doch dürfe der Leib nie nur als Objekt gesehen werden, wie er in seiner Enzyklika „DEUS caritas est“ (Nr. 5) geschrieben habe, sonst werde er zur Ware. Der Leib bilde zusammen mit dem Geist ein unteilbares Ganzes, dem das Bild GOTTES eingeprägt sei. „Daher ist notwendig, an vorderster Stelle die Menschenwürde und die personale Identität des Men­schen zu schützen.“

Für die Technik der Organverpflanzung bedeute dies, „dass man nur etwas geben kann, wenn das keine ernste Gefahr für die eigene Gesundheit und Identität darstellt“, und auch dafür sei ein moralisch gültiges und die Verhältnismäßigkeit beachtendes Motiv nötig.

Eine Logik des Organverkaufs oder diskriminierende Organ­spende-Kriterien seien moralisch nicht erlaubt. Der Missbrauch beim Verpflanzen und beim Handel mit Organen treffe oft Unschuldige, ja sogar Kinder. Dies sei nachdrücklich zu verur­teilen, ebenso wie die Schaffung und Zerstörung von Embryo­nen zu therapeutischen Zwecken.

Der Papst spricht dann davon, dass die Organspende mit in­formierter Einwilligung der Angehörigen einer Person, „deren Tod sicher festgestellt ist“, in vollkommener Freiheit gege­ben werden muss, nicht als Akt der Nötigung oder Ausbeutung.

 

Nun wörtlich: „Es ist jedoch nützlich, daran zu erinnern, dass die einzelnen lebenswichtigen Organe nur aus einer Leiche [‚ex cadavere’] entnommen werden dürfen, die außerdem die einzigartige Würde behält, die zu respektieren ist. Die Wis­senschaft hat in den letzten Jahren weitere Fortschritte in der Sicherheit der Todesfeststellung des Patienten gemacht. Es ist daher gut, wenn die erreichten Resultate die Zustimmung der ganzen wissenschaftlichen Gemeinschaft erhalten, um die Erforschung von Lösungen zu begünstigen, die allen Gewiss­heit geben.

In einem Bereich wie diesem darf in der Tat nicht der ge­ringste Verdacht der Willkür bestehen, und wo noch keine Gewissheit erreicht ist, muss das Prinzip der Vorsicht die Oberhand behalten.

Es ist nützlich, dass die Fortschritte der Forschung und der interdisziplinären Reflexion in einer Weise erfolgen, dass auch der öffentlichen Meinung die immer transparentere Wahrheit im Hinblick auf die anthropologischen, sozialen, ethischen und rechtlichen Implikationen der Praxis der Organverpflanzung vorgelegt wird. In diesen Fällen muss jedenfalls immer als Hauptkriterium die Achtung vor dem Leben des Spenders gelten, da die Organentnahme allein erlaubt ist bei Verhan­densein des wirklichen Todes (vgl. Kompendium des Kate­chismus der Katholischen Kirche, Nr. 476).“

Der Akt der Liebe, der in der Spende der eigenen lebenswichti­gen Organe ausgedrückt werde, bleibe auch über den Tod hinaus eine echtes Zeugnis der Nächstenliebe, weil immer das Leben siege. Es müsse dem Empfänger bewusst sein, dass der Wert dieser Geste den therapeutischen Nutzen übersteige. Der Papst eröffnete auch die Perspektive, dass die Wissen­schaft mögliche neue Therapieformen entdecken werde. Es sei notwendig, Vorurteile und Missverständnisse auszuräumen und Misstrauen und Angst mit Sicherheit und Garantien zu erset­zen...

 

Kommentar:

1. Auch wenn der Hl. Vater in den ersten Sätze auf die Lebenshingabe CHRISTI verweist, sind seine lobenden Worte zur Hingabe des Lebens natürlich im Sinn der Hingabe der Zeit, der Kraft, der Liebe zu verstehen, wie etwa bei der Hingabe in der Ehe oder der Hingabe an Kinder oder betreute Kranke usw., bis hin zum Risiko der Lebenshingabe, um in einem Katastropheneinsatz Gefährdete zu retten, aber sicherlich nicht als Aufforderung, der eigenen Tötung zuzustimmen. Die Kirche hat ja z. B. immer abgelehnt, sich zum Martyrium zu drängen. Und eine „Lebenshingabe“ durch einen Terrorakt, wie bei islamistischen Selbstmordatten­tätern, ist ja ebenso christlich undenkbar.

 

2. Der Papst spricht – wie ja auch der KKK (vgl. Nr. 2296 in der Auflage von 1997/2003) – undifferenziert von „Organ- und Gewebeverpflanzung“. Das wird deutlich, wenn er sagt, man dürfe nur spenden, „wenn das keine ernste Gefahr für die eigene Gesundheit...“ darstelle. Hier ist also z. B. an das Blutspenden oder an die Spende eines von zwei paarigen Organen gedacht wie z.B. einer Niere (wobei nicht beide lebensnotwendig wären).

Sein Lob der Organspende gilt also ebenso undifferenziert all dem, was unter „Organspende“ zusammengefasst ist, und kann nicht ohne weiteres und vor allem als Gutheißung der Verwendung aller möglichen Organe bei sog. „Hirntoten“ ver­standen werden.

Aussagen von Leichenbestattern oder auch Angehörigen über den Zustand der Leichen von „Organspendern“ lassen ja auch fragen, wie es mit der vom Papst geforderten Achtung der Würde des Leichnams in der Praxis aussieht.

 

3. Der Hl. Vater betont mehrfach, dass der Tod des Spenders vor der Organentnahme sicher festgestellt sein muss, dass Organe nur dem Leichnam“ („ex cadavere“) entnommen werden dürfen. Zwar nährt seine Formulierung von den „Fortschritten“ in der „Sicherheit der Todesfeststellung“, die zu einem allgemeinen Konsens führen sollen, die Vermutung, dass für ihn die praktizierten Todeskriterien ausreichen. Doch sagt er auch, es müsse „allen Gewissheit“ gegeben werden, und es dürfe „nicht der geringste Verdacht der Willkür“ vorhanden sein. Und „als Hauptkriterium“ müsse die Achtung vor dem Leben des Spenders gelten, da die Organentnahme allein erlaubt ist bei Verhandensein des wirklichen Todes“!

 

Wie von vielen Seiten – und nicht in „fundamentalistischer“ Uneinsichtigkeit, sondern mit logischen Überlegungen und Darstellung von Fakten – aufgezeigt, bestehen aber nach wie vor grundlegende Einwände gegen die Hirntod-Kriterien. Da­her muss von denen, die die Organtransplantationen lebenswichtiger Organe vertreten und praktizieren, gefordert werden, aus der Feststellung des Papstes Konsequenzen zu ziehen,

dass – „wo noch keine Gewissheit erreicht ist, das Prinzip der Vorsicht“ Vorrang haben muss und dass „die Achtung vor dem Leben des Spenders“ grundlegend sein muss.

Also ein Ende der Transplantationen von Organen, die Sterbenden entnommen werden!

 

 

 

 

 

Keine besondere Notwendigkeit für SE

 

Ein prominenter Psychiater aus Kanada, Dr. Philip Ney, erklärt und begründet in einer Stellungnahme, die am 4.9.2008 auf die Internet-Seite „LifeSiteNews.com“: gestellt wurde, dass nach seiner Erfahrung mit Kindern und Jugendlichen und sei­ner Tätigkeit in Schulen kein Bedarf für eine schulische Sexualerziehung besteht.

 

»Ich bin ein emeritierter Professor der Psychiatrie, habe an fünf Universitäten in verschiedenen Regionen Kanadas, in Hong­kong und Neuseeland unterrichtet. Außerdem leitete ich psy­chiatrische Abteilungen für Kinder und Jugendliche. Ich war bei Schulbehörden tätig. Ausgehend von einem Rückblick auf die Literatur und von meiner Erfahrung schreibe ich diese knappe Stellungnahme.

 

1. Es gibt keinen besonderen Bedarf für eine „Sexualerzie­hung“. Viele Jahrhunderte über gab es keine Sexualerziehung, trotzdem wurden Kinder geboren und deren Eltern genossen diesen Prozess. Die Entdeckung des anderen und die Beglü­ckung des ehelichen Umgangs – in der Hochzeitsnacht und in der Zeit danach – ist ein wichtiger Teil der spannenden und einzigartigen Freude, die das Ehepaar miteinander verbindet.

2. Sexualerziehung verhindert den Zusammenhalt eines Paa­res. Wenn man junge Menschen über etwas unterrichtet, das sich eigentlich von selbst auf ganz natürliche Weise entwi­ckelt, beraubt man sie der Spontaneität und der Freude des Geschlechtsverkehrs, welche lebensnotwendig ist für die Be­ständigkeit einer Partnerschaft und folglich auch für die Stabi­lität der Familie.

3. Je mehr Sexualerziehung es gibt, desto größer wird die sexuelle Hemmung. Es ist grundsätzlich erwiesen, dass, je mehr Sexualunterricht es gibt – vor allem über die Techniken –, Paare unter sexueller Hemmung leiden. Je stärker die Beto­nung auf sexueller Leistung und Durchführung liegt, desto weniger persönliche Gespräche und zwischenmenschliche Vertraulichkeit gibt es.

4. Je mehr Sexualerziehung, desto höher ist die sexuelle Aktivität. Es kann leicht erschlossen werden, dass es mit stei­gender Sexualerziehung auch zu einer erhöhten sexuellen Aktivität und den damit verbundenen Problemen kommt. Die Einführung der Sexualerziehung steht in einer starken Wech­selbeziehung mit dem Ansteigen von Abtreibungen, sexuell übertragbaren Krankheiten und Problemen zwischen den Ge­schlechtern. (Grundsätzlich gilt:) Ein guter Unterricht weckt den Wunsch, das Gelernte auszuprobieren oder aus Erfahrungen zu lernen. Paradoxerweise sind in dieser Hinsicht die gegen­wärtigen Formen des Sexualunterrichts „guter Unterricht“, zei­gen aber falsche Resultate.

5. Je früher die Sexualerziehung beginnt, desto früher prak­tizieren Jugendliche Sex und probieren verschiedene Sexualtechni­ken aus. Gegenwärtige Forschungen lassen darauf schließen, dass, je früher die Sexualerziehung durch­geführt wird, umso eher die sexuelle Praxis einsetzt. Folglich geschieht durch Sexualerziehung eine sexuelle Bedarfweckung.

6. Sexualerziehung scheitert in dem Vorhaben, Geschlechtskrankheiten oder ungewollte Schwangerschaften zu verhindern. Hinsichtlich eines Fernhaltens Jugendlicher von „riskantem Sexualverhalten“ zeigt sie gerade den gegensätzlichen Effekt.

7. Die Idee des ‚safe Sex’ ist gescheitert. Wenn man Kinder mit den Gefahren von „ungeschütztem Sex“, Drogen, zu schnellem Fahren, Alkohol etc. Angst macht, hat das für viele Kinder als gegensätzlichen Effekt, ihr Interesse zu steigern, um ausprobieren zu wollen.

8. Das vermeintliche Vertrauen auf Kondome hat auf gefährliche Weise in die Irre geführt. Es gibt sexuell übertrag­bare Krankheiten (z. B. das Human Papilloma Virus, HPV), ge­gen die Kondome keinen wirksamen Schutz bieten. Der wirk­samste Gebrauch der besten Kondome schützt lediglich zu 87 % vor dem tödlichen HIV-Virus, welches beim analen Ge­schlechtsverkehr übertragen wird. Vollends gescheitert ist die Verwendung von Kondomen in Afrika. Das Benutzen von Kon­domen vermittelt einen falschen Eindruck von Sicherheit, folg­lich wird sexuelle Aktivität verstärkt, während es eine 13-pro­zentige (wenigstens!) Gefahr des Sterbens gibt.

9. 1

10. Die Sexindustrie profitiert von der Sexualerziehung. Es existiert eine sehr große Sexindustrie, die finanziell von den Naturtrieben der Jugendlichen profitiert und Milliarden mit Mode, Kondomen, Empfängnisverhütungsmitteln etc. verdient. Verständlicherweise trägt dies zu Sex-Problemen bei.

11. Sexualerziehung führt zu Konflikten, die die ganze geistige Kraft in Anspruch  nehmen, und zu Vorurteilen. Kinder der sexuellen Aufreizung (Sexualerziehung) auszusetzen, führt zu Konflikten und Verwirrungen, die ihre geistige Gesundheit, ihre (Aus-)Bildung sowie ihre persönliche Entwicklung beeinträchti­gen.

12. Sexualerziehung tendiert dazu, Vorstellungen zu erzeugen, welche natürliche und kulturelle Auffassungen verfälschen.

13. Die Sexualerziehung lehrt nichts über die Schönheit und die Herausforderungen der Ehe. Nach meinem Wissen gibt es keine Sexualerziehungsprogramme, die Kinder über unge­wollte Partnerbindungen informieren. Durch den Ge­schlechts­verkehr werden Menschen zu „einem Fleisch“. Dem­zufolge führen viele Arten sexuellen Verhaltens zu lang fortdauernden Prägungen der Sexualpartner. Diese behindert die Vertrautheit und Beständigkeit einer später geschlossenen Ehe. Studien ergeben: je mehr vorehelicher Sex, desto mehr außerehelicher Geschlechtsverkehr.

14. Viele Arten der Sexualerziehung, einschließlich der sog. „Keuschheitserziehung“*, lassen junge Menschen mit dem falschen Eindruck zurück, dass jede Art von sexueller Betäti­gung, außer dem eigentlichen Geschlechtsverkehr, in Ordnung sei.

 

Anmerkungen FMG:

1 In seinem 9. Punkt schreibt Dr. Ney etwas missverständlich, man könne alles bzw. alles von Wert aus der Sexualerziehung in eine effiziente allgemeine Gesundheitserziehung aufnehmen. Dies könnte aber Vorwand für eine „Sexualerziehung“ nur unter einem anderen Namen sein - und Dr. Ney meint das nach allem Gesagten sicher nicht. Er spricht dann davon: Wenn die Jugendlichen mit der „eigenen, alterge­mäßen Neu­gierde“ ihren eigenen Körper und ihren Geist entdecken, „entwickelt sich ein natürliches Bedürfnis nach dem Schutz von etwas, das sie als wertvoll erachten“. Richtig ist sicher, dass die Erkenntnis des Wunders des eige­nen von GOTT geschaffenen Leibes das Wach­sen der Schamhaftigkeit als Schutz der Persönlichkeit und Intimsphäre fördert. Die erwähnte „altersgemäße Neugierde“ braucht allerdings auch Stärkung des Willens und Haltungserziehung, denn der junge Mensch muss lernen, Neugierde zu mäßigen, weil es Neugierde gibt, die befriedigt werden muss (intel­lektuelle, wissenschaftliche Neu­gierde), und Neugierde, die unbefriedigt zu lassen ist (sinnliche Neu­gierde des Blicks, der Berührung...).

2 gemeint sind hier manche in Amerika gängige „Keuschheitsprogramme“, die Geschlechtsverkehr von Jugendlichen und damit Schwangerschaften verhindern wollen, aber offenbar alle anderen sexuellen Formen wie Petting usw. akzeptieren – es ist also nicht das christliche Verständnis der Tugend der Keuschheit!

 

 

 

 

 

Verschiedenes
 
Lebensrecht-Apotheken

Washington. Apotheken, in denen keine Verhütungs- und Abtreibungsmittel zu kaufen sind, breiten sich in den USA aus. Bisher gibt es zwar erst etwa ein Dutzend solcher „Le­bensrecht-Apotheken“, doch die Zahl wächst, berichtet der Informationsdienst Apotheke-Adhoc (Berlin). Lebensrechts-Apotheken werden den Angaben zufolge meist von Christen betrieben, die die Abgabe von Produkten wie Kondomen, Anti­baby-Pillen und „Pille danach“ verweigern. Nach Ansicht der Lebensrecht-Apotheken fördern Verhütungsmittel sexuelle Freizügigkeit und die Verbreitung von Geschlechtskrankheiten. Karen Bauer, Präsidentin der Vereinigung „Pharmazeuten für das Leben“, verweist gegenüber der „Christian Post“ (Wa­shington) auf das verfassungsgemäße Recht, das ungeborene Leben zu verteidigen. In neun von 50 US-Bundesstaaten ist das Recht der Pharmazeuten, aus Gewissensgründen be­stimmte Produkte nicht abzugeben, gesetzlich verankert. Nach Angaben von Apotheke-Adhoc breitet sich der Lebensrechts­gedanke im gesamten Gesundheitssektor der USA aus. Sani­täter weigern sich, Frauen zur Abtreibung in Kliniken zu brin­gen, und Anästhesisten assistieren nicht bei Sterilisierungen. (Vgl. Die Birke 23.7.08/idea 22.6.08)

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Gebetskampagne erfolgreich

New York. Eine Abtreibungsklinik in Rockland County, New York, schloss im April ihre Pforten. Es war eine von insgesamt 50 medizinischen Einrichtungen, für die bei der Kampagne „40 Tage für das Leben“ gebetet wurde. David Bereit, Leiter der Gebetskampagne, sagte, man freue sich mit den Lebensschüt­zern in Rockland County. Auch die Organisation „Planned Parenthood“ habe vollkommen unerwartet zwei Einrichtungen – in Lincoln Nebraska, und in Council Bluffs, Iowa, geschlossen, an denen Gebetsvigilien der Aktion „40 Tage für das Leben“ stattfanden. Bei diesen Gebetskampagnen wird 40 Tage lang intensiv gebetet und gefastet. Es finden friedliche Gebets­vigilien vor Abtreibungszentren statt, begleitet von einer Auf­klärungskampagne für die Öffentlichkeit. (Vgl. kath.net/CWNews. com 28.4.2008)

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Menschenleben gelten wenig

Würzburg. C.-H. Pierk berichtete am 29. April 2008 in der „Tagespost“ über Menschenrechtsverletzungen in China, Exe­kutionen wegen Straftaten wie Steuerhinterziehung oder Schmuggel, Zwangsabtreibungen, Folterungen und Arbeits­lager. Erwähnt wird das sogenannte „Laogai-Zwangsarbeiter­system“ , das ein chinesischer Menschenrechtler in den USA als „ausgeklügeltes System für die physische, geistige und psychische Vernichtung eines Menschen“ bezeichnet. Es wird geschätzt, dass derzeit vier bis sechs Millionen Chinesen in bis zu 1000 Laogai-Lagern einsitzen. Ein besonders schockieren­der Auswuchs dieses Systems „ist der blühende Handel mit Organen. Toten Häftlingen werden Organe entnommen und diese gewinnbringend für Transplantationszwecke weiterver­kauft“.

Anmerkung: Da Organe von Toten nicht transplantiert werden können (siehe die Hirntod-Debatte), muss man davon ausge­hen, dass es sich um die Organe Sterbender bzw. durch die Entnahme Getöteter handelt.

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Rücken die Philippinen von künstlicher Verhütung ab?

Manila. Auf den Philippinen wird Widerstand gegen „künstliche Methoden“ der Familienplanung laut. Die Präsidentin des Lan­des, Gloria Macapagal Arroyo, betonte in ihrer Jahresan­spra­che vor dem Parlament in Manila, dass die „natürlichen Me­thoden“ bei der Familienplanung erfolgreicher seien als die „künstlichen Methoden“. In den letzten Jahren sei das Bevölkerungswachstum auf den Philippinen durch die Förde­rung der „natürlichen Methoden“ auf 2,04 Prozent gesunken. In den neunziger Jahren, als man auf „Pille“ und Kondom setzte, habe das Bevölkerungswachstum 2,36 Prozent betragen. – Die philippinischen Bischöfe hatten sich mehrfach gegen Geset­zesvorhaben ausgesprochen, die den Gebrauch von Antikon­zeptiva und die Abtreibung legalisieren sollten. Nach der Rede der Präsidentin ließ die Bischofskonferenz wissen, dass man die Erklärung der Präsidentin würdige, dass aber „den Worten Taten folgen“ müssten. (Vgl. kap/rv 12.8.2008)

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Abraten vom Minirock

Mexiko-City. Eine Kirchenzeitung Mexikos rät jungen Mexika­nerinnen zu einem weniger aufreizenden Kleidungsstil, um Sexualdelikte zu verringern. Die Zeitung nannte allzu freizügige Mode „geistige Pornografie“. In Mexiko sind vier Prozent aller Straftaten Sexualdelikte; acht Prozent aller Mexikanerinnen waren davon bereits betroffen, es wird aber eine erheblich höhere Zahl angenommen. Eine Schule im Bundesstaat Sina­loa hat aufgrund zahlreicher sexueller Belästigungen das Tra­gen von Miniröcken verboten. (Vgl. kath.net 18.8.2008)

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Ausschlachtung von Leichen

Stuttgart. Der Südwestrundfunk strahlte am 22. September 2008 in der Reihe „SWR2 Wissen“ eine Sendung über die „Verwertung menschlicher Überreste“ aus. Im Hinweistext auf der Internetseite des Senders hieß es dazu: „In Deutsch­land werden pro Jahr etwa 5000 Hornhäute transplantiert. Haut, Knochen, Knorpel, Sehnen, Hornhäute, Herzklappen – fast alles am toten menschlichen Körper ist verwertbar. Längst ist die Gewebespende bedeutender als die Organspende. Denn mit manchen Geweben lassen sich im Gegensatz zu Organen legale Geschäfte machten. Der Erlös aller Körperteile, die sich aus einer einzigen Leiche gewinnen lassen, summiert sich in den USA auf bis zu 230.000 Dollar. Bislang war der Markt allerdings undurchsichtig. Aus dem Ausland gelangten Gewebe unkontrolliert nach Deutschland, unerwünschte Zwi­schenfälle infolge von Transplantationen wurden nicht syste­matisch registriert. Niemand wusste, wie viele Herzklappen, Augenhornhäute und Knochen pro Jahr gewonnen und ver­pflanzt werden. Das soll mit dem Gewebegesetz anders werden.“

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Klarstellung zu den „Opfern“ im Leben der kleinen Anna

Paris. Der Rundbrief der „Association des Amis d’Anne de Guigné“ (Nr. 14) nahm eine Zuschrift, in der sich jemand am Begriff der kleinen „Opfer“ der verehrungswürdigen Dienerin GOTTES stieß und sie mit einem in krankhafter Schuld grün­denden Masochismus gleichsetzte, zum Anlass, das richtige Verständnis darzulegen. Die Mutter hatte den Kindern in der Zeit des Katechismus-Unterrichts Annas (1916-18) besonders den Wert der kleinen Opfer eingeprägt. „In jener Zeit“ habe man Kinder wie Erwachsene zu Verzichten und Bußübungen aufgerufen, um sich mit dem Leiden CHRISTI zu vereinen und so die Verwundungen, die die Sünden geschlagen haben, zu heilen. Anna bot aus ihrem großzügigen Charakter und ihrer Liebe zum „kleinen JESUS“ heraus täglich zahlreiche Opfer an, indem sie anderen den Vortritt ließ, ihre Sachen hergab, die Schmerzen von Krankheiten anbot usw. Dies haben nichts mit krankhafter Haltung zu tun; Anna sei vollständig ausgewogen gewesen und habe aus der, in ihr durch die religiöse Erziehung geweckten Liebe zu CHRISTUS und zur Jungfrau Maria heraus gehandelt und ebenso Nächstenliebe im Tun und im Gebet praktiziert.

Der Artikel gesteht zu, dass es aus falschen Haltungen des Rigorismus und Voluntarismus heraus - vom Jansenismus inspiriert -  Übertreibungen gegeben habe, besonders in Frank­reich. Die hl. Thérèse von Lisieux habe mit ihrer „Spiritualität des kleinen Weges“ Vertrauen und Liebe in die Mitte gerückt. Benedikt XVI. habe nun in der Enzyklika Spe salvi (Nr. 40) von diesem „Aufopfern“ in einer verbreiteten Weise der Frömmig­keit gesprochen und zwar „Übertriebenes“ eingeräumt, aber dann angeregt, das Wesentliche und Helfende darin wieder zu sehen: „Was kann das heißen: ‚aufopfern’? Diese Menschen waren überzeugt, dass sie ihre kleinen Mühen in das große Mitleiden CHRISTI hineinlegen konnten, so dass sie irgendwie zu dem Schatz des Mitleids gehören, dessen die Menschheit bedarf. So könnten auch die kleinen Verdrießlichkeiten des Alltags Sinn gewinnen und zum Haushalt des Guten, der Liebe in der Menschheit beitragen. Vielleicht sollten wir doch fragen, ob solches nicht auch für uns wieder zu einer sinnvollen Mög­lichkeit werden kann“, schreibt der Hl. Vater.

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Firmung mit Einführung in Verhütung: eine Änderung

In der FMG-INFORMATION 93 S. 29 berichteten wir vom Ein­satz einer Frau aus Baden-Württemberg, die voll Sorge wegen der seit Jahren mit der Firmvorbereitung verknüpften Verhü­tungsaufklärung sich an den zuständigen Bischof und nach einiger Wartezeit an den Präsidenten des Pp. Rates für die Familie im Vatikan gewandt hatte, und wir konnten aus den beiden positiven Antwortschreiben zitieren. Ein Nachfrage bei einem an der Firmvorbereitung beteiligten Priester ergab nun, dass das Thema „Verhütungsmittel“ aus der Firmvorbereitung entfernt worden sei; die Jugendlichen werde jetzt das „Warten bis zur Ehe“ nahegebracht.

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Wahre Liebe wartet

Bensheim/Zürich. Eine Broschüre der Aktion „Wahre Liebe wartet“ (vgl. www. wahreliebewartet.de) kam uns kürzlich in die Hand und erweist sich als recht beeindruckend. Da sind in buntem grafischen Gewand zahlreiche Aussagen junger Menschen, darunter Musiker, Sportler usw., zitiert, die freudig bezeugen, dass sie noch jungfräulich sind oder sich nach Ein­sicht in ihr falsches Verhalten für den Weg der Enthaltsamkeit bis zur Ehe entschieden haben. Es werden Argumente aufge­zeigt, zum Teil auch biblisch begründet, und Anregungen ge­geben. Über die Entstehung der Bewegung schreibt Prof. Richard Ross, Ideengeber und Begründer:Es war 1993, als die Behörden in den USA uns sagten, sie glaubten nicht mehr daran, dass die Jugend ihr Verhalten noch ändern könne. Grund dafür war die erfolglose Aufklärungspolitik von öffent­lichen Stellen. Mich hat diese Aussage sehr beschäftigt und nachdenklich gemacht.

Zwei junge Mädchen sagten mir kurz darauf, sie seien die letzten zwei Jungfrauen in ihrer Schule. Ich wusste, dass das so nicht stimmen konnte, verstand aber auch, wie einsam sie sich fühlten. Mir war bewusst, wie gefährlich und entmutigend es sein kann, wenn man so empfindet. Sie mussten also auf irgendeine Weise all die anderen kennenlernen, die wie sie in Reinheit leben...“ Der Slogan „True Love Waits“ fiel ihm ein, und eine Jugendgruppe, der er die Idee vorstellte, fand Gefal­len. „Es dauerte nicht lange, dann war die Aktion in den ganzen USA bekannt... In jeder bekannten Zeitschrift und Zeitung der USA wurde darüber berichtet... Mitmachen konnte jeder, der das Versprechen sexueller Enthaltsamkeit bis zur Ehe auf einer kleinen Karte unterschrieb. Wir sammelten diese Karten und steckten sie im Sommer  ´94 in den Rasen vor dem Weißen Haus in Washington. Das Bild dieser 211.000 Karten ging um die ganze Welt... Jugendleiter aus der ganzen Welt fragten nach, ob diese Initiative nicht weltweit Ausbreitung finden sollte, was ich bejahte. GOTT hat ‚Wahre Liebe wartet’ schon in über 100 Ländern dieser Erde verbreitet...“

 

Anm.: Es ist erfreulich, dass in den letzten Jahren auch in neuen katholischen Bewegungen das Bewusstsein der Rein­heit und Keuschheit bei jungen Leuten gewachsen ist und bezeugt wird, wenn auch nicht in dieser gleichen Weise und Diktion. Doch es gibt auch die Erfahrung, dass jemand sich an einer Universität oder Schule unter all denen, die ihre Ge­schlechtlichkeit ausleben, sehr allein vorkommt und von den anderen verspottet oder gemobbt wird, und dass kaum stüt­zender, regelmäßiger Kontakt zu gleichgesinnten katholischen jungen Menschen gefunden wird. Es braucht noch viel Gnade, bis das Wort von Kardinal Newman wieder erfahrbar wird: „Die katholische Religion hat die Gabe, die jungen Herzen zur Keuschheit zu führen“.

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Mormonischer Arzt zu „Humanae vitae“

Rom. Er glaube, die Enzyklika Pauls VI. sei ein „inspiriertes Dokument“. Es greife grundlegende Aspekte der menschlichen Natur auf. Paul VI. treffe „den Nagel auf den Kopf, was die Schattenseiten von Empfängnisverhütung, Sterilisation und Abtreibung und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft an­geht“, so äußerte sich der bekennende Mormone, praktische Arzt und Professor an der Universität Utah, Dr. Joe Stanford in einem Interview mit „Zenit“ (14.10.08). Für ihn als Nichtka­tholiken sei die Enzyklika kein kirchlich verbindliches Doku­ment. Viele katholische Ärzte, die er kennen und achten lernte, hätten ihm gesagt, dass „Humanae vitae“ ein moralischer Wegweiser in ihrem Leben sei. Daher wollte er wissen, was in dem Dokument steht. Die Argumentation Pauls VI. scheine ihm „in der Tat zwingend“. Sie könne „ins Herz dringen und eine große Wirkung entfalten“, sagte der Arzt, der in der natürlichen Empfängnisregelung (Creighton Model FertilityCare, NaPro-Technologie) forscht.

 

 

 

 


Vorwort der FMG-INFORMATION 95:

 

Liebe Freunde und Mitarbeiter, verehrte Leser und Förderer!

Schon vor der Gründung des „Freundeskreises Maria Goretti e. V.“ stand ein Flugblatt „Rom hat gesprochen“, das eine Reihe grundlegender Aussagen der Kirche zum GOTTgegebenen Eltern­recht und zur „sexuellen Aufklärung“ zusammengetragen hat. An diese Aussagen aus Enzykliken und Texten des 2. Vatikanischen Konzils erinnerten sich offensichtlich die Führer der Kirche in Deutschland in den 70er Jahren nicht, sondern ließen die Eltern im Stich und nahmen die Einführung und gesetzlichen Zementierung der Pflicht-Schulsexual„erziehung“ mit der Verletzung und Leugnung des vorrangigen Elternrechts durch Staat, Schule und Bundesverfassungsgericht widerspruchslos hin.

Vor nunmehr 25 Jahren, am 22. Oktober 1983, hat der Heilige Stuhl aber, angeregt von der Bischofssynode 1980, diese sich auf Ehe und Familie, Lebensrecht und Erziehung beziehenden Rechte in einem wertvollen Dokument – der „Charta der Familienrechte“ – zusammengefasst und „allen Personen, Institutionen und Autoritäten vorgelegt, die mit der Sendung der Familie in der heutigen Welt befasst sind“. Und es handelt sich nicht um katholische „Sondermeinungen“, sondern um die grundlegenden Rechte, die „im Gewissen des Menschen und in den gemeinsamen Werten der ganzen Menschheit enthalten“ sind – „vom Schöpfer dem Herzen jedes Menschen eingeschrieben“. Es sollte ein „prophetischer Aufruf zugunsten der Familie“ sein, „die geachtet und gegen jeden widerrechtlichen Zugriff verteidigt werden muss“. Papst Benedikt XVI. würdigte kürzlich diese „Charta“ und die darin zusammengefassten „unveräußerlichen Rechte“. Einige Zitate aus ihr haben wir auf die Titelseite gestellt.

Denn die natürlichen, vom Schöpfer gegebenen Rechte der Eltern werden mehr und mehr ausgehebelt und geleugnet. Politik und Veröffentlichte Meinung erwecken, wenn vereinzelte schlim­me Fälle aufgegriffen werden, geradezu den Eindruck, dass die Eltern generell unfähig sind und die Kinder möglichst früh schon „professionellen“ Erziehern in „Kitas“ und Ganztagsschulen übergeben werden müssten. Dass dahinter vorrangig Wirtschaftsinteressen und Ideologien wie die Gender-Theorie stehen, wird vertuscht. Und wo Eltern angesichts der Missstände und ideologischen Ausrichtung von Schulen ihre Verantwortung aus christlicher Überzeugung heraus wahrnehmen, wie hinsichtlich der verführerischen, verhütungsorientierten Sexual„erziehung“, stehen sie in einem harten Kampf. Bis hin zu Gerichtsstrafen und Entziehung des Erziehungsrechts, wenn sie „Homeschooling“ praktizieren, wie es in zahllosen westlichen Ländern legitim und fruchtbar ist.

Die „Charta der Familienrechte“ ist hochaktuell, und wir bitten unsere Politiker – und wenigstens jene, die sich „christlich“ nennen –, endlich für diese aus der Schöpfungsordnung entspringenden Rechte einzutreten. Und wir bitten unsere Bischöfe, diese Rechte von Politik und Gesellschaft einzufordern.

Und Sie alle, liebe Leser und Freunde, bitten wir in Ihrem Umfeld diese Rechte zu vertreten und zu verteidigen.

Mit freundlichen Grüßen, in Dankbarkeit für Ihr Engagement, Ihre finanzielle Förderung und betende Unterstützung

Ihr

FREUNDESKREIS MARIA GORETTI e. V., München.

 

 

 

 

 

 

 

 

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